[1048] Licentia poetica [Achilla, Adamo, offen]

[Mai'21]
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Signora Achilla
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Re: [1048] Licentia poetica [Achilla, Adamo, offen]

Beitrag von Signora Achilla »

“Ohhh”, hauchte die Signora und der laut ging in ein gurrendes Lachen über. Es hatte einen überraschenden Wohlklang - etwas, das sonst vielleicht von einer Maske gedämpft worden wäre. Ihr Lächeln wäre strahlend gewesen, wäre es nicht so rissig, so verrottet.
“Ich glaube fast, ihr gehört zu den wenigen, die überhaupt darauf geachtet haben!” Sie legte kokett die Fingerspitzen vor den Mund und neigte sich ein wenig vor als würde sie nun ein unerhörtes Geheimnis verraten.
“Ihr solltet natürlich auf meine Worte nun gar nichts geben, denn sie klingen wie unverschämte Schmeichelei”, raunte sie. Es war ein Bühnenflüstern, laut genug, dass jemand in Gesprächsnähe es wohl durchaus hören konnte.
Sie richtete sich wieder auf, zupfte ihr Kleid zurecht und verriet ihnen in einem plötzlichen, melodischen und immer schneller werdenden Schwall von vertraulichen, fast schon intimen Worten: “Für diese Maske spielen Schwarz und Weiß keine Rolle. Doch die Schrift? Das Wissen? Die Bücher…? Oh. Begehrt, umkämpft, gestohlen, herumgeschoben, ignorant mißachtet, wie ein Goldschatz gehortet und allein dadurch schon ungenutzt und darum wertlos gemacht. Doch in Wahrheit? Papier, Pergament? Brüchig, vergänglich. Morgen wird’s an euch vielleicht schon fort sein, ja? Das Wissen bleibt.” Sie hob kurz die Hand und deutete Tomas Brust, dann deren Kopf. Dann wischte sie ihre eigene Geste in einem verschnörkelten, flatterhaften kleinen Wink fort:
“Und es bleibt zugleich nicht: Jedes Quäntchen mehr, jeder Tropfen verändert das gesamte Gemisch. Es ist ewig, doch nur, weil es ewig veränderlich ist. Sagt mir, werte Toma, wer sollte diese Maske tragen wenn nicht ihr?”

Und dann machte sie einen kleinen Seitenschritt, um mehr neben als vor Toma zu stehen. Mit ihnen sah sie gemeinsam über die Zuschauerränge, zu anderen Maskierten.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1048] Licentia poetica [Achilla, Adamo, offen]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Sie legten den Kopf schief und dachten über die Worte nach, doch konnten diesen nicht ganz nachfühlen. Sie wandten auch einmal den Blick zu Benedetto und zurück zu ihr. "Warum ähnelt sie dann der Maske des...verehrten Chronisten? Einzigartig wie die anderen ist sie nicht und es erzeugt ein falsches Bild." bemerkten sie leise an Achilla gewandt.
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Signora Achilla
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Re: [1048] Licentia poetica [Achilla, Adamo, offen]

Beitrag von Signora Achilla »

“Tch”, machte die Signora dazu und winkte ab. “Seht sie Euch genauer an, seine Maske. Ihr werdet sehen, dass sie ähnlich aussieht, doch die entscheidenden Feinheiten sind anders. Zwei Gelehrte, zwei Wissende, himmelweite Unterschiede.” Sie schnalzte mit der Zunge, klack-klack.

“Seht Euch Eure an, eh? Das sind die verschiedensten und besten Dinge, die geschrieben aufzutreiben waren. Und allesamt führen sie zu etwas, das einer machen kann. Ihr könntet, wenn Ihr wolltet. Anleitungen, Anekdoten, Reisen, Rezepte.”

Sie war dicht genug an Toma heran, dass sie nun leise sprechen konnte. Eher verhalten und verborgen deutete sie zu Benedetto herüber. “Er hingegen hat nur, was ich aufgeschrieben habe. Dieses Stück heute Abend, um genau zu sein. Als Ausgleich für eine ganze Bibliothek, die er verloren hat. Darauf seid ihr fast allein gekommen. Ihr seid gewieft, eh?”
Achilla, so nah, hatte einen ganz eigenen Geruch. Genau genommen war es wohl nicht ihrer sondern der der hundert und mehr Dinge, die sie in den letzten Tagen an sich gerafft, die sie genossen und in die sie eingetaucht war, freiwillig oder nicht: Puder und Kreide, Schlamm und Scheiße, Rosmarin, Lavendel, Schminke, Schweiß, Blut, Wein und Suppe, alles zusammen bis einem schwindelig werden konnte.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1048] Licentia poetica [Achilla, Adamo, offen]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Vielleicht waren sie gewieft, doch vielleicht hatten sie auch nur geraten. Dinge gehört. Dinge gesehen und verschiedenstes verknüpft. Doch schlussendlich war es nur Achilla die die Gewissheit brachte.
Die feinen Details in den Masken waren ihnen nicht aufgefallen, zu dunkel war es dazu auch in dem Theater während der Vorstellung gewesen und sie zu weit entfernt von dem Kappadozianer dabei. Doch wo sie dies nun so sagte. War es wirklich nur Schmeichelei? War nichts davon war? Doch wenn, warum?
Und wenn es wahr war. Warum?
Und wenn es so war, war dies wirklich ein adequater Ausgleich? Wohl kaum. Doch es war eine Form der Rache.

Sie überlegten und sie nickten.
"Und ihr zahlt. War es das wert?"
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Signora Achilla
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Re: [1048] Licentia poetica [Achilla, Adamo, offen]

Beitrag von Signora Achilla »

“Uh, fragt mich dies noch einmal in zehn Jahren oder in zwanzig, ja?” Achilla zwinkerte ihm zu. Ihr eines Augenlid war in der Mitte entzwei gerissen, so dass das Zwinkern nur halb gelang.
“Es ist das Privileg der Mächtigen und sehr, sehr Schlauen, solche Dinge im Voraus zu wissen. Und ich? Ich bin nur eine Frau der Bühne, eine Verborgene und eine beschissen schlechte Zielscheibe für unsereins. Oder so muss ich hoffen, eh?” Sie konnte grinsen, offenbar. Es war die Sorte Grinsen, bei der man Zähne zeigte, faulig gebrochen, gesplittert und scharf, verwachsen und voller hässlicher Schneiden. Das galt wohl nicht Toma sondern dem Rest der Welt, so wie sie sich im halbdunklen Raum umsah.
Sie neigte sich ihm zu und flüsterte: “Ihr seid begehrenswert, mit allem an Euch - und all den Geheimnissen, die Ihr aus totem Fleisch und Körpern errungen habt! Lasst Euch niemals etwas anderes sagen. Oder wenn doch, dann lasst sie wenigstens den Preis dafür zahlen.”

Dann richtete sie sich wieder auf und erklärte in einem annähernd förmlichen Tonfall. “Ihr könnt die beiden, die Ihr wollt, heute Nacht mitnehmen oder Ihr macht mit dem werten Herren Adamo aus wie sie sonst in Eure Obhut gelangen. Die übrigen werde ich ihm überlassen, für dies Haus. Halten kann ich sie nicht, denn eine wie ich, die hat nicht Eure Möglichkeiten, aber sie hält sich gern an das erlassene Wort der Herrin der Domäne - und sucht keinen Ärger mit Liktoren.”
Das war wohl auch ein Abschiedswort an ihn, denn sie nickte herüber zu der kalten Schulter von Iulia Cornelia und daran vorbei zu Benedetto. "Ich muss noch ein, zwei kleine Zeilen sagen und hören diese Nacht", erklärte sie leise. "Ihr entschuldigt mich dafür...?"
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1048] Licentia poetica [Achilla, Adamo, offen]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Toma hob überrascht eine Augenbraue bei diesen doch sehr intimen Worten die sie an sie richtete. Freundliche Worte und aufmunterte. Brauchten sie diese? Warum schien es ihr nötig dies zu sagen? Oder war es wahre Bewunderung?
Sie fühlten sich jedoch nicht bevormundet, sondern tatsächlich geschmeichelt, wenn auch dennoch etwas verwirrt.

Sie nickten ihr zu. Dankend oder zustimmend oder beides.
"Wenn ihr beide entbehren könnt, so ja dann nehmen wir sie mit. Wir werden jedoch jemanden schicken der sie gleich abholt. Mit uns sollten sie nicht gehen." So wie sie aussahen, würden die Menschen sicher in Panik geraten.

"Wir lassen euch dann wieder euren anderen Gästen widmen." stimmten sie ihr zu und beendeten das Gespräch.

Gingen beim Hinausgehen noch bei Adamo vorbei, der mit Galeno in einem Gespräch war und nickte diesem zu.
Sie würden noch in aller Höflichkeit diesem ihre Glückwünsche für den Abend übermitteln, jedoch nicht lange bleiben, da sie die Aufnahme der erhandelten Schauspieler noch vorbereiten mussten.
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Ilario
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Re: [1048] Licentia poetica [Achilla, Adamo, offen]

Beitrag von Ilario »

Nachdem Ilario zunächst verstimmt das betrachtet hatte was er für tragende Elemente des Gebäudes hielt, nahm er den konzentrierten Blick des feisten Mönchs auf und trat einen Schritt an diesen heran. In gedämpftem Tonfall drangen mit Bedacht gesprochene Worte an des Kappadozianers Ohr.
"Ein bemerkenswertes Machwerk, recht fantasievoll. Man könnte denken, dass hier Schurkenstreiche und Heldentaten verquickt werden mit Akteuren deren Handeln ein anderes war. Lasst uns darüber einmal austauschen, an einem weniger indiskreten Ort als diesem Theater."
Der Blick seiner meergrauen Augen suchte kurz Achilla und Adamo, fand dann aber schnell wieder zum Chronisten. Sie wussten beide viel zu viel übereinander. Der Hüter wartete kurz ob Benedetto noch etwas erwidern würde und wandte sich dann zum Gehen. Er würde diesen Abend nicht vergessen, seine Gedanken kreisten um Asche und Blut.
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
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Il Canzoniere
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Re: [1048] Licentia poetica [Achilla, Adamo, offen]

Beitrag von Il Canzoniere »

Der Mönch starrte Ilario einen Augenblick lang an. Hätte de Maske nicht die Hälfte seines Gesichts verdeckt, man hätte noch besser sehen können wie unleidlich er über diese ganze Angelegenheit war. Dann nickte er. So ein Gespräch war sicher mehr als überfällig.

Er räusperte sich, obwohl man am Geräusch dessen wie trocken es war durchaus erkennen konnte das es eher etwas psychologisches war. Dann erwiderte er: "Sicher. Wie wäre es wenn ihr nach San Marcellino kommt? Das ist für jeden von uns so etwas wie vertrautes Territorium." ätzte er ein wenig. Auch wenn er den Tonfall seiner Stimme dabei erstaunlich gut unter Kontrolle hatte.

Sein Blick folgte einen Moment jenem des Hüters, dann fand er wieder zu diesem zurück. "Vielleicht bringt ihr mir bei der Gelegenheit ja auch einmal etwas mit."
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Nubis
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Re: [1048] Licentia poetica [Achilla, Adamo, offen]

Beitrag von Nubis »

"Es war unterhaltsam," meinte Galeno lächelnd zu Adamo und endete so von seiner Seite aus das Gespräch vorerst.

Er beobachtete das Geschehen im Raum weiter. Verfolgte mit den Augen den Wechsel von Gesprächspartnern des einen oder anderen. Vielleicht etwas zu lange blieben die Augen auf Ilario und Benedetto haften, als sie miteinander Worte tauschten.

Das Stück war allerdings vorbei und er überlegte zu gehen. Hier waren zu viele, die wohl diese Nacht noch Achilla sprechen wollten und er könnte es auch ein anderes Mal in einer vielleicht geeigneten Zeit tun. Aber vielleicht waren auch die Zeiten nie günstiger, als heute.

So verweilte er dann doch noch etwas länger, um noch einmal abzuwarten und zu beobachten.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
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Iulia Cornelia
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Re: [1048] Licentia poetica [Achilla, Adamo, offen]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Nachdem die Harpyie von keinem der beiden Ranghöheren ein entsprechendes Zeichen erfahren hatte, war die Ventrue bereits aufgebrochen und gegangen gewesen, noch weit bevor Achilla, überhaupt erneut aufgeschlagen war. „Ich werde mich nun zurückziehen.“, hatte sie dem Kainiten an ihrer Seite zuvor noch zu verstehen gegeben, bevor sie ernst und mit nüchterner Stimme ergänzt hatte: „Ich denke, ich habe genug gesehen von diesem Theater.“ Galant hatte sie danach ihm ihre Hand angeboten, so er sie begleiten wollte. Ansonsten hätte sie sich nur mit einem Nicken höflich von ihm verabschiedet, bevor sie sich in Richtung der Ancillae angemessen lange und respektvoll verneigt hatte, um anschließend das Theater zu verlassen.
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