[1060] Toter Winkel [Giada, Jacques]

[August '21]
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Giada Salvaza Rossi
Lasombra
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Registriert: Mo 14. Jun 2021, 21:34

Re: [1060] Toter Winkel [Giada, Jacques]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Ihr habt Recht. Gott greift nicht ein. Dies ist, was uns die Priester sagen, wenn sie von der strafenden Hand Gottes predigen und in eiferndem Zorn mit dem Finger auf uns zeigen. Doch Gott greift nicht ein mit strafender Hand.”

Es klang desolat, hoffnungslos. Zugleich lagen in den Worten Härte und Stolz gleichermaßen, von der Art, dass man sich die Seele an ihren scharfen Kanten hätte schneiden können.
“Es ist ein zu kindliches, zu tumbes Verständnis, zu denken, Gott griffe derart ein. Er griff ein, als er die Welt fügte, als er ihre Gesetze schmiedete, die Gestirne in ihre Bahnen setzte und das Auf und Ab der Meere gebot.”

“Er griff ein, als er den Menschen schuf, mit einem Verstand, der zu Gedanken und Fragen fähig ist eben so wie jenen, die Ihr aussprecht. Und Er griff ein, als er die Endlichkeit all dessen bestimmte und damit auch Behaftung mit Makeln. Menschen sind keine Engel und eben darum sind sie frei. Die Freiheit zu Frevel, Fehler und Fall ist ihnen gegeben und darum besitzt es hohen, vielleicht gar heiligen Wert, wenn sie stattdessen Reinheit, Güte und Größe wählen.”

“Doch was macht dies aus uns? Sind wir nur eine weitere Prüfung und Versuchung für sie, dass sie in umso strahlendere Höhen steigen und sich beweisen könnten? Ist dies eine Prüfung für uns, dass wir stark genug sind, uns trotz unserer langen Zeit, trotz des Roten Hungers in unserer Brust und Seele, trotz der Verlockungen der Macht doch beweisen?”

Sie sah Jacques prüfend an. “Meine Herrin Mutter im Blute ist dem so nah. Ich kann es spüren, wenn ich sie ansehe. Andere, darunter der Ketzer selbst, hießen sie Santa Noellina. Unzählige Stunden habe ich mit ihr über diese Fragen gesprochen, noch weit mehr habe ich schweigend mit dem Lauschen verbracht, wenn sie sprach - und wenn sie schwieg.”
“Ich hätte ihrem Pfad und leuchtendem Vorbild folgen können. Doch ich will beides ihr überlassen. Ich will sehen, ob es einen Ausbruch aus alledem gibt, einen Weg hinter dieses gefügte Gewebe dieser Welt.”

Die Lasombra sagte diese Worte ruhig und ernst. Sie kamen nicht von einer spontanen Entscheidung des Augenblicks her sondern waren etwas fest gefügtes, das über Jahre und Jahrzehnte errichtet worden war. Dies war ein Teil von Giada selbst, wenn man den Händlerreichtum, den Prunk, den Anschein einer Frau hinter sich ließ.

“Ich will einen Ort der ...Übung finden. Für uns beide, womöglich. Ein Ort, an den Sterbliche nicht gelangen können und an welchem sich erproben lässt, was wir vermuten. Solche Orte sind unwirtlich und unzugänglich. Ich - oder wir - müssten ihn uns zueigen machen. Was sagt Ihr dazu?”
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Jacques Benoît
Nosferatu
Beiträge: 215
Registriert: Mo 4. Feb 2019, 04:49

Re: [1060] Toter Winkel [Giada, Jacques]

Beitrag von Jacques Benoît »

Als für einen winzigen Moment dieser Kern, ihr Kern offenbar wurde - jenseits ihrer Fassade und all dem weltlich Tand, hob Jacques den Kopf beinahe instinktiv. Etwas regte sich in ihm mit Neugier, mehr Neugier als zuvor und er schaute die Lasombra an wie wohl wenige es wagen würden, hatte ihre Ausstrahlung, ihre Gegenwart etwas an sich was es von Grund auf unterband. Doch wie sie beide wussten waren sie jenseits davon, jenseits des Weltlichen, Formalen, gar des etikettierten Nächtlichen. Dies war einer dieser Augenblicke an denen nur zählte was sie waren und wollten und nicht was irgendwer von ihnen erwartete, ihnen gebieten oder von ihnen verlangen würde.

Dieser Augenblick war so ehrlich wie schonungslos und hatte genau deswegen eine Schönheit, die trotz all ihrer Düsternis in Tod und Finsternis nicht von der Hand zu weisen war.

Dieser Augenblick war so klar wie Tau an einem Sommertag.

Er war echt.

Echt.



Der Nosferatu verharrte einen Augenblick in seiner Pose, den Blick ruhend auf der schwarzen Mitte von Giadas Augen. Dann sprach er leise, beinahe heiser, mit einer Stimme die den Charme eines geübten Geschichtenerzählers mit sich trug: "Und so geschah es, daß eine Säule aus nachtschwarzer Jade und die andere aus benetztem Leichenmarmor das Tor der Erkenntnis trugen. Eine Pforte die ein Sterblicher nicht sehen, geschweige denn passieren konnte. Zu einem Tempel aus Schweigen und Dunkelheit."

Er lächelte ein wenig in sich hinein.

"Lasst uns das tun. Ihn finden und zueigen machen! Fernab der Augen und der Ohren derer, die dort nichts verloren."
Ich kann nicht, solange sie noch atmen.
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Giada Salvaza Rossi
Lasombra
Beiträge: 1587
Registriert: Mo 14. Jun 2021, 21:34

Re: [1060] Toter Winkel [Giada, Jacques]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »


Auf eine Verabredung hin treffen sich Jacques und Giada. Sie lernen einander als Forscher und Wissenssuchende in verschiedenen Bereichen kennen und schließen eine Art Pakt des Austauschs bei ihren jeweiligen, düsteren und vielleicht verbotenen Studien. Beide beschließen, einen einigermaßen sicheren, von den Sterblichen fernen Ort für ihre dunklen Praktiken zu finden.
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