[1060] al-ǧabr [Angelique, Giada]

[Giada Salvaza Rossi]

“Ja, dazu musste ich nicht einmal die Bibliotheken zählen. Es sind allein bereits die Schriftstücke, die einfach zu erwerben sind, gegenüber jenen, die mit größter Eifersucht gehütet werden. Die lateinischen Schriften in den Klöstern sind auf diese Weise nicht mehr in Gold und Silber aufzuwiegen.”
Da sprach offensichtlich die praktische Erfahrung aus der Lasombra.

“Ich frage mich, woher dies kommt? Ich kann es verstehen, dass Wissen zu Macht führt und darum wohl gehütet wird. Ich kann es verstehen, dass nicht unbedarfte Geister mit Dingen verirrt und versucht werden sollen, für welche sie nicht gewappnet sind. Doch es ist offenkundig, dass in anderen Ländern und Reichen solche Zurückhaltung nicht herrscht und mir scheint, dass uns dies zu Nachteilen führt.”

[Angelique]

Angelique seufzte. "Es ist irregeleitete Glaube. Selbst in Ostrom werden nur noch die Heiligen Schriften diskutiert und die Kommentare überliefert.
Alles andere ist bedeutungslos geworden. Als die Kaiser die Bibliotheken schlossen, verfaulten die nicht mehr getrockneten Schriftrollen und die nicht mehr kopierten zerfielen zu Staub."

[Giada Salvaza Rossi]

“Es mag an solchen wie uns sein, in Erinnerung zu halten, was wir können.” Giadas Bemerkung klang gewichtig. “Ihr seid offenbar bereits ein Träger dieser Pflicht. Ich will es ebenso werden, auch wenn mein Beginn bescheiden ist.” Das klang auch nicht nach falscher Demut sondern nach einer recht nüchternen Einschätzung.

“Beginnen wir also mit der Sprache als Schlüssel zum Geschriebenen und Gesprochenen.”

[Giada Salvaza Rossi]

Angelique und Giada treffen einander wie verabredet zu einem Unterricht und zum gelehrten Gespräch. Beide diskutieren (und betrauern) die Lage der Wissenschaft, der Verbreitung von Wissen und die Rarheit von Büchern und Bibliotheken in dieser Zeit.