[1063] Fratelli della morte [Galeno, (SL)]

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Nubis
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[1063] Fratelli della morte [Galeno, (SL)]

Beitrag von Nubis »

Es war mittlerweile Winter und Galeno trat einen eher beschwerlichen Weg an. Er war nicht lang, doch hatte er ihn schon lange nicht mehr unternommen. Die Füsse trugen ihm über den kargen Boden der Strasse, vorbei am Friedhof und hin zu den Toren von Burgus und seinem Kloster.

Am Tore angelangt, teilte er mit, dass er zu einem Gespräch geladen sei und hoffte, dass der Torwächter informiert war. Und so verschluckten ihn irgendwann die Klostermauern von San Marcellino.
Seinen Ghulen hatte er bescheid gegeben, wo er hin gehen würde. Doch er hatte keinen von ihnen hier her mitgenommen. Er traute der Sache nicht ganz und doch hoffte er, dass alles gut enden würde.

Er würde sicher geführt werden, so wie stets, wenn er ihn aufgesucht hatte, wusste aber auch, wo die Schreibstube lag und könnte auch alleine dort hin wandern.

Gekleidet war er in einer Mönchskutte der Benediktiner. So, wie sie vor Jahrzehnten zu ihm gehört hatte, wie eine zweite Haut, so war sie nun recht fremd geworden, nur ein Stück zum Verkleiden. Kleidung an sich war nur eine Darstellung nach Aussen, zählte viel und eigentlich doch nichts. Das Innere dafür umso mehr. Und er hatte sich verändert, auch wenn der ehemalige Mönch noch tief in ihm steckte.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
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Il Canzoniere
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Re: [1063] Fratelli della morte [Galeno, (SL)]

Beitrag von Il Canzoniere »

San Marcellino, das außerhalb von Burgus auf dem angrenzenden Hügel thronte, war in dieser Nacht von den Sternen erleuchtet und vom Mond beschienen. Wenn vielleicht auch kein Vollmond war, würde es bald soweit sein. Die Strecke war daher nicht ganz so beschwerlich wie zu anderen Zeiten. Dennoch war der Anstieg hinauf zum Kloster nicht ganz ohne. Für andere Leute in Galenos Alter war der Anstieg sicher nichts mehr. Er jedoch hatte wenig Probleme die schmale Seitentür zu finden, zu klopfen und in Citus Gesicht zu blicken. Kaum hatte sich der Mann verändert, seitdem Galeno ihn das letzte Mal gesehen hatte. Auch wenn es nun wirklich eine ganze Weile her war. Mit einem freundlichen Nicken wurde er eingelassen. Die Tür hinter ihm wieder geschlossen und dann hinüber zum Hauptgebäude geführt. Auch im Kloster hatte sich nur hier und da etwas verändert. Das Gebäude in dem früher der Speisesaal stand fehlte, an seiner Stelle stand ein etwas neuer wirkendes Gebäude, ansonsten war alles mehr oder weniger beim Alten. Die spärlich erleuchteten Gänge innen rochen sogar beinahe noch so wie beim letzten Mal, als ob die Zeit hier wirklich langsamer vergehen würde als außerhalb der dicken Klostermauern.

Wie beim letzten Mal brachte Citus ihn bis zur schmalen Wendeltreppe hinab ins Studierzimmer, die Galeno alleine beschritt und die ihn wie die Speiseröhre hinab trug in ein damals ätzendes Szenario. Wer wusste wie es heute ablaufen würde?

Im Studierzimmer hatte es offenbar ein paar Veränderungen gegeben. Andere, ein wenig modernde Schreibwerkzeuge und Tiegel zum mischen von Farben standen herum. Einige davon offen. Der scharfe Geruch von Blei lag in der Luft. Die schwarze Tür auf der anderen Seite des Raumes war noch immer schwarz, vielleicht sogar noch schwärzer als früher. Oder war es lediglich das schwache Licht hier drin welches es so wirken ließ?

Irgendwo oben läutete einen leise Glocke. Oder kam es von unten? Die Akustik mochte in derart geschlossenen Räumen manchmal die eigenartigsten Späße treiben. Viel Zeit sich darüber Gedanken zu machen blieb dem Neugeborenen jedoch nicht. Kurz nach dem Läuten glitt die dunkle Tür geräuschlos auf. Benedettos feiste, bleiche, kränkliche Gestalt scob sich in den Raum, verharrte kurz und musterte den jüngeren Kappadozianer. Dann schob sich ein verschrobenes Lächeln auf sein Gesicht. Knapp nickte er ihm zu und trat vollends ein.

"Guten Abend Galeno. Setz dich doch." bot er ihm einen Platz auf einer schmalen Bank vor einem Tisch an. Er stand so das Benedetto auf der anderen Seite Platz nehmen konnte.
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Nubis
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Re: [1063] Fratelli della morte [Galeno, (SL)]

Beitrag von Nubis »

Für Galeno war der Weg gewohnt und doch recht ungewohnt. Schliesslich gehörte er hier nicht mehr hin. So gar nicht. Und er konnte sich auch nicht vorstellen, jemals in diese mauern wieder zurück zu kehren.

Unten bei Benedetto wartete er ruhig ab, das Klingeln der Glocke irritierte ihn keineswegs. Genauso wenig, wie das Gesicht des fetten Mönches, das wenig später in der dunklen Tür erschien. Er hatte schon vermutet, dass er dort heraus kommen würde. Wahrscheinlich schlief er da sogar.

Er verneigte sich, wie es sich vor einem Ancilla gehörte und setzte sich, sobald auch Benedetto sich gesetzt hatte oder mit leichtem Nachdruck bestätigte, dass Galeno dies auch vorher schon tun könne.

Der jüngere Kappadozianer fingerte ein Mitbringsel hervor. Eine feine Holzbox, in der Schreibzeug verborgen lag. Papiere aus seiner Herstellung und Tinte, die ihm befreundete Händler besorgen konnten. Eine goldene, eine silberen Tinte und eine bläulich eingefärbte Eissengallus-Tinte war vorhanden. Dazu gut gehärtete Federkiele und alles edel in Seide gehüllt, sodass die kleinen Tongefässe für die Tinte nicht zu locker sassen und die Papiere und Federn vor Fremdeinwirkung geschützt waren. Die Holzbox war aus Olivenbaumholz mit einer schönen Maserung. Eine Schreibfeder war darauf als Relief verewigt.

Solche oder ähnliche Boxen verschenkte er schon öfter, doch der Inhalt war immer mal wieder anderes. Mal edler, mal weniger. Mal mehr Papier, mal Tinte und Federn dabei. Für Benedetto war es die teuerste Kiste mit einer sehr guten Auswahl an Papieren verschiedener Dicke und Beschaffenheit, sowie einer doppelten Anzahl Tinte und Federkielen, als sonst. So war auch gleich für etwas Ersatz gesorgt.

"Guten Abend verehrter Benedetto. Ich habe euch eine Kleinigkeit mitgebracht."

Er blickte kurz über die Schreibutensilien, als wolle er sagen: Sicher ein passendes Geschenk.
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Il Canzoniere
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Re: [1063] Fratelli della morte [Galeno, (SL)]

Beitrag von Il Canzoniere »

"Sehr aufmerksam von dir." kommentierte er das Geschenk mit einem freundlichen Unterton, er nahm es entgegen und betrachtete es einen Moment, dann nahm er es in geübter Manier heraus und prüfte es auf seine Tauglichkeit als das Werkzeug das es für ihn war. Er fuhr mit der aufgequolenen Hand über das feine Papier und nickte, offenbar ein wenig aufgeregt.

"Dieses Papier sieht man dieser Tage immer häufiger. Meinst du es wird gar das Pergament ablösen? Wie ich erkennen kann hat es einige Vorteile, aber auch ein paar bedeutende Nachteile. Ich bin mir noch uneinig. Arbeitest du damit? Ich freue mich dieses hier auszuprobieren. Vielen Dank!" gluckste er ein wenig fröhlich, ein wenig mit rasselnder Stimme vor sich hin. Offenbar hatte Galeno einen guten Riecher dafür was sein Ältester liebte.

Als nächstes warf er einen Blick auf die Eisengallustinte, entkorkte sie, roch daran, und ließ es ein wenig gegen das Licht hin und herschwappen. Mit einem Nickenden "Blau. Dunkel. Hmhmh..." quittierte er dieses Geschenk, verkorkte es sorgfältig erneut und wandte sich dann wieder seinem Gast zu. Mit einem gurgelnden geräusch, das eine Art Lachen sein konnte, fragte er: "Du willst mir sicher nicht die ganze Nacht beim Untersuchen deines Geschenks zuschauen oder? Berichte doch am besten schon einmal was dich hierher treibt, nach all diesen Jahren. Und stör dich nicht daran wenn ich währenddessen die anderen beiden Tintenfässchen anschaue, ja?" seine gierigen, patschigen Hände hatten bereits die goldfarbene Tinte aus dem Kästchen gefingert. Kurz hielt er dann noch einmal inne und warf einen Blick über den Tisch, viel- und auch gar nichts sagend. Dann fuhr er einfach mit dem begutachten des Geschenks fort, während er Galeno lauschte.
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Nubis
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Re: [1063] Fratelli della morte [Galeno, (SL)]

Beitrag von Nubis »

Er beobachtete den Kappadozianer, wie er das Papier untersuchte und anschliessend die Tinten und verfolgte auch dessen Blick, um womöglich erahnen zu können, was ihn wohl bewogen haben könnte, inne zu halten.

"Ob es das Pergament ablöst? Ich denke, das werden wir sehen. Es wäre eine interessante Betrachtung, auf welche Eigenschaften mehr Wert gelegt wird. Pergament ist wetterfester, langlebiger und die Tinte zerfliesst darauf weniger stark, als auf Papier, dafür ist es sehr teuer in der Herstellung, auch wenn man es ein weiteres Mal abschaben könnte und wiederverwenden könnte. Papier dagegen ist einfach in der Herstellung, damit auch kostengünstiger und je nach Einsatzgebiet sogar modulierbar. Man kann ihm Eigenschaften geben, die bei Pergament so nicht möglich sind. Ausserdem denke ich, dass einige Eigenschaften, die im Moment das Pergament dem Papier voraus hat, sich auch erreichen lassen. Wenn ich die ersten Papiere mit diesen hier vergleiche, so ist das Zerlaufen der Tinte schon viel besser kontrollierbar geworden. Und für das Wetter, nun, ich transportiere es oft in behandelten Holzschachteln oder in Leder eingeschlagen. Dann passiert dem Papier ebenfalls nicht sonderlich viel."

Galeno sprach, als würde er sich stark mit der Materie auseinander gesetzt haben. Wissen, keine Annahmen, wenn es um die Eigenschaften ging und um mögliche Pläne, diese zu verbessern.

"Das Papier stammt hier aus Genua. Aus meiner Produktion. Nachdem ich von euch verbannt wurde, habe ich meinen eigenen Weg gesucht und ich war erstaunt, ihn in einem Umfeld zu finden, den ich so nicht genau erwartet hatte. Die Medizin und die Forschung an den Toten liegt mir zwar im Blut und wird auch weiter verfolgt, doch Handel und Handwerk und die Entwicklung eben solche Neuerungen scheinen gut in meiner Hand aufgehoben zu sein."

Er räusperte sich.
"Durch mich besitzt der Clan des Todes in Genua mittlerweile einen guten Einfluss im Kunsthandwerk und in verschiedenen Bereichen der Stadt...Domus, die Siedlung Nord und Nervi. Natürlich ist es nicht das, was ihr mir einst aufgetragen habt, doch es ist etwas. Ich hatte das Forum Medicorum beobachtet, doch war es in dieser Zeit zu riskant und auch Seinfriedas Kloster war...."

Er seufzte leicht.
"...war ebenfalls ausserhalb meiner Reichweite. Ich hielt es tatsächlich für angebrachter, erst einmal etwas aufzubauen, wohinter unser Clan wahrscheinlich auch nicht besonders bemerkt wird. Auch da unser Clan in den Jahren mehr und mehr schrumpfte. Wir sind nur noch zwei...die Nächte waren nicht günstig für die Machtstellung des Clans. Zudem verfolgte ich natürlich mein Amt mit grossem Interesse und schickte euch auch stets die Aufzeichnungen zu den Neuankömmlingen...als ein Bonus oder gut gemeinte Geste, da wir doch beide vom Blute Kappadozius sind."

Er legte den Kopf leicht schief.
"Dies ist kein Versuch zurückzukommen. Wenn ihr der Meinung seid, dass unsere Wege stets getrennt voneinander fortlaufen sollen, dann ist es an dem und ich werde daran auch nichts rütteln können. Dennoch denke ich, dass wir stets miteinander reden können und wenn eben Jahre dazwischen liegen. Mich interessiert allerdings, wie ihr dazu steht? Den Clan betreffend und den Einfluss innerhalb Genuas...und die zukünftige Entwicklung innerhalb der Domäne."
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Il Canzoniere
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Re: [1063] Fratelli della morte [Galeno, (SL)]

Beitrag von Il Canzoniere »

Benedetto untersuchte wortlos das zweite Fläschchen, während Galeno sprach. Offenbar schwankte seine Konzentration zwischen den Worten seines Clansgenossen und dem Geschenk hin und her. Als Galeno geendet hatte, verkorkte er auch dieses erneut und sah einen kurzen Moment auf, während er es zurückstellte.

"Es klingt ganz so als ob du dich von mir ungerecht behandelt fühlst. Hast du von Seiten Aurores oder Savonas jemals mehr als ein paar unfreundliche Worte gehört, nachdem du das Kind eines tedescischen Prinzen mitten in unserem Jagdgebiet von den Pisani hast niederschlachten lassen, gemeinsam mit dutzenden Soldaten die Aurore beinahe den Thron gekostet hätten? Was glaubst du, das niemand dafür Ärger bekommen hat?" er blickte ihn einen Augenblick aus seinem krötenhaften Gesicht heraus verwundert an, dann griff er nach dem dritten Fläschchen.

"Wir anderen haben das alles abbekommen, Galeno. Wir. Sofia wurde in Starre gelegt und zurück nach Pisa geschickt. Titus bekam Aufgaben auf Sardinien die ihn schlussendlich den Kopf gekostet haben und ich habe viel Laufarbeit tun müssen um auch nur halbwegs im Umkreis ihrer Majestät bleiben zu können. Und du? Du bist Herold geworden. Aurores Herold. Trotz deiner Anwesenheit in Lydiadas Kriegsrat, deiner Verwicklung in den Überfall in Burgus und das du zuletzt wortwörtlich einen Stein auf Aurore geworfen hast.

Das ist Aurores Stil, wie an den Höfen üblich. die Verfehlungen eines einzelnen werden nicht diesem, sondern dem ganzen Clan angelastet, damit man solche Dinge unter sich lösen kann... lösen muss. Und der Herrschende sich nicht die Finger schmutzig oder gar Feinde macht. Aber statt mitzudenken wählst du den Weg eines Autarkis und machst damit alles nur noch schlimmer. Woher kommt es deiner Meinung nach das wir, nachdem wir mächtig genug waren um sogar Godeoc und den Nosferatu die Stirn zu bieten, nun nur noch ein Trümmerhaufen von einem Clan sind?"
er entplombte das letzte Fläschchen, ließ es wie bereits die beiden zuvor, hin und herschwenken und roch daran.

"In Aurores Augen bin ich der Älteste, ganz egal wie zerstritten wir sind. Das heißt das Seinfredas Offensichtlichkeit, sowie Sofias und deine pisanischen Manöver alle auch mir zur Last gelegt wurden. Titus war der einzige der sich gelegentlich um etwas anderes gekümmert hat als sich selbst. Du bist alt genug um zu reflektieren. Wenn du der Meinung bist das du nicht daran rütteln kannst zurückzukommen, dann wird es so weitergehen. Du wirst weiterhin Aurores Brecheisen gegen deinen eigenen Clan sein. Ihr Werkzeug. Und zwar solange bis wir dich beseitigen müssen, weil du nicht mehr tragbar bist. Erst dann können wir wieder wachsen und gedeihen, wie vor dieser ganzen Angelegenheit. Tatsächlich bist du damit der einzige, der daran rütteln kann ob wir uns wieder zusammenschließen und prosperieren wollen. Denn ich werden den Kainsfluch, den Brudermord an dir, nicht ausführen, ganz gleich welchen Druck Aurore auf mich ausübt." er verkorkte auch die letzte Flasche erneut und stellt sie zurück zu den anderen. Er hob den Blick und schaute Galeno nachdenklich an.
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