[1070] Sotto il tetto del padiglione [Vincente, Nubis] [Die Kunst des Wettkampfs]

[Nubis]

Heute war die Zeit, wieder einmal ein paar neue Gesichter kennenzulernen. Die anderen konnten schliesslich jederzeit auch so aufgesucht werden, doch von neuen wusste man meist noch nicht, wo sie sich niederlassen wollten oder untergekommen waren und die Kommunikation war oft etwas schwierig und oftmals sollten sie ohnehin Eigeninitiative zeigen und sich bei den Älteren vorstellen, statt umgekehrt.

Doch heute war wieder solch eine Nacht, in der man den Spiess umdrehen konnte und kurzerhand einen Neuling auf dem falschen Fuss ertappen konnte. Er war schon ein wenig aufgefallen. Jemand, der sich eher herumschlich, als sich offen vorzustellen. War es Unsicherheit?
Gabriel Ducas hatte sich ihm dann angenommen und ein Gespräch geführt, während der Herold sich dem seinen gewidmet hatte, doch bei der nächsten passenden Gelegenheit, trat der Mann in reichen, weiten Gewändern aus edlen Stoffen an Vincente heran. Nicht in Persona, sondern durch einen intensiven Blick und einer offenen, einladenden Körperhaltung, einer kleinen Geste mit der Hand, die unter einem grossen Glockenärmel verborgen lag. Nicht viel war von dem Mann aus der Entfernung zu sehen. Hauptsächlich nur die Stoffe in schönen Farben und mit Stickereien versehen und natürlich das blasse, knochige Antlitz gaben einen Eindruck von jenem wider, der wohl Interesse an dem Neuankömmling äusserte.

[Vincente Carlos]

Der Abend gestaltete sich als durchaus interessant und lohnenswert. Vincente hatte bereits kurz nach Betreten des Pavillons Bekanntschaft mit dem Neugeborenen Gabriel Ducas gemacht.
Als er sich nun nach dem geführten Gespräch umsah, spührte er einen Blick auf sich gerichtet und drehte den Kopf in die entsprechende Richtung.

Etwas entfernt sah er einen Mann in reichen, weiten Gewändern, der zu ihm hinüberblickte und mit der Hand eine dezente Geste der Aufforderung machte. Offenbar wurde er um ein Gespräch gebeten, wie schön.

Man soll sich immer ein wenig rar machen und schon ist man gefragt, schoss es ihm durch den Kopf. Er blickte sich kurz um, ob noch andere seiner Aufmerksamkeit bedurften und ein Gespräch suchten. Nicht, dass sich gerade ein weiterer Gast zu ihm auf dem Weg befand und er ihn dann stehen lassen würde. Da keiner der anderen Personen Interesse an ihm zeigte, verließ er seinen Standort und näherte sich dem neuen Gesprächspartner.

Lächelnd blieb er vor dem Herrn stehen, neigte das Haupt und sprach: „Wohlwerter Herr, mein Name ich Vincente Carlos, Neugeborener und Kind von Kasib Sami, Ancilla des Clans Lasombra. Gestattet, dass ich mich zu euch geselle an diesem schönen Abend?“

[Nubis]

Ein einfaches Nicken kam zur Antwort, dann folgte ein längeres Schweigen. Stille legte sich um sie, bis auf das Hintergrundrauschen weiterer Gespräche oder gar dem Klackern einiger Figuren auf einem Brett.

"Ein weiterer Schatten, der gen Genua gezogen ist. Interessant. Ich bin Nubis, Herold Genuas und Neugeborener im Blute des Todes. Kind von Bruder und Prior Martinus, Ancilla im Blute Kappadozius, Kind von Hephaistos, Seneschall von Florenz und Ahnherr des Clans des Todes."

Er liess die Worte erst eine kleine Weile im Raum zwischen ihnen schweben, ehe er fortfuhr.
"Von euch wurde mir bereits berichtet."
Tatsächlich folgte ob dieser Feststellung erst einmal nichts weiter. Lediglich ein paar schwache Fältchen spielten um die Mundwinkel herum, doch sie konnten beinahe alles bedeuten. Das Mienenspiel eines Totenschädels war nicht sonderlich aussagekräftig. Die wohlklingende, raunende Stimme, die fest, aber doch ein Flüstern war, zeugte allerdings davon, dass er es tatsächlich wie eine Feststellung betonte. Eine mit einer guten Portion Ernsthaftigkeit.

[Vincente Carlos]

Vincente betrachtete sein Gegenüber aus der Nähe. Während der eine Herold jung und wie das blühende Leben selbst aussah, zumindest soweit man dies als Untoter konnte, war dieser offenbar das genaue Gegenteil. Er fand diese Polarisierung höchst interessant. Das Gespräch mit Toma war nicht sonderlich gut gestartet, vielleicht hatte er bei diesem hier mehr Glück. Er würde einfach gebührend über etwaige Kunst staunen, sollte denn welche zur Sprache kommen. Und: Falls er sie erkannte.

Tatsächlich hatte er bei näherem Betrachten seines Gegenübers einen Moment gebraucht, um die sich ihm aufdrängenden Erinnerungen zu verscheuchen. Wenn man ein Stück Haut straff über einen Schädel spannte, sahen sich Menschen auf einmal alle ähnlich. Geradezu auf erschreckende Weise. Kurz glaubte er in dem fremden Gesicht ein vertrautes zu sehen. Aber das konnte nicht sein. Das andere Gesicht hatte der Tod geholt und es auch nicht wieder hergegeben. Manchmal blieben die Toten eben doch tot. Und er hatte besagten extra tief verscharrt.

Vincente hoffte, dass man ihm die unterschiedlichen Gefühle, die da unerwartet in ihm aufkamen, nicht ansehen konnte. Er war nicht bereit sich diesen zu stellen, nicht heute Abend. Niemals. Daher unterdrückte er diese so schnell wie möglich.

Das also ist der andere Herold, dachte Vincente. Wie überaus praktisch ihm hier zu begegnen, das erspart mir einen Weg.

„Wohlwerter Herr“, begann er und neigte das Haupt wie er es schon bei Toma gemacht hatte, „es freut mich eure Bekanntschaft zu machen. Wenn ich mich vorstellen darf: Ich bin Vincente Carlos, Neugeborener aus dem Clan der Lasombra, Kind des Kasib Sami, Ancilla des Clan Lasombra“, stellte er sich der Form halber noch einmal selbst vor, auch wenn sein Gegenüber offenbar bereits wusste, wer er war. Nach einer kurzen Pause ergänzte er: „Aber da euch bereits über mich berichtet wurde, wisst ihr das natürlich längst. Ich hoffe, euch sind nur gute Dinge zu Ohren gekommen. Jedenfalls freut es mich, einen“, er ging hier in Gedanken kurz die verschiedenen Möglichkeiten – zweiten, anderen? – durch und entschied sich letztlich für, „weiteren Herold Genuas meine Aufwartung machen zu dürfen.“

[Nubis]

"Euren Namen und euren Erzeuger kenne ich nun bereits zum zweiten Male durch euch und ja, da ihr euch beim werten Toma Ianos Navodeanu in ungünstiges Licht gerückt habt, auch daher. Ich hörte, ihr seid hier hergesandt worden, in der Rolle als Diplomat für Pisa?"

Der Herold betrachtete ruhig sein Gegenüber, schien aber weiterhin die Veranstaltung auch im Auge zu halten. Er wollte wohl dies Gespräch auch nicht zu lang halten, sodass wichtige Veranstaltungspunkte nicht untergehen würden.

"Oder erhofft ihr euch auch etwas für euch? Neue Einsichten und Erkenntnisse, Macht oder schlichtweg ein Leben in einer neuen Domäne?"
Seine ruhigen Worte führten wohl auch dazu, dass die Umgebung selbst etwas kühler wurde. Sogar eine Blume in den Gefässen, in denen sie hier die Veranstaltung zieren sollten, liess den Kopf mehr und mehr hängen, als wäre sie entspannt, schläfrig oder würde die letzte Ruhe suchen.

[Vincente Carlos]

Vincente sah wie die Blumen, die eben noch einem jeden Raum zur Zier gereicht hätten, in seiner Nähe die Köpfe hängen ließen. Er konnte ihnen buchstäblich von einen Moment auf den anderen beim Verwelken zusehen.
Na großartig. Noch so einer mit „Kunst“. Er unterdrückte ein Schaudern - auch, weil es mit einem Male kühler wurde. Als ob das Kainiten-Sein nicht schon seltsam genug war, es gab immer noch welche unter ihnen, die noch eine Schippe drauf legten. Wenigsten kann man diese, sofern es sich um Kunst handelt, nicht mit einem Wasserschaden verwechseln. Er fröstelte.

„Ihr seid richtig informiert. Ich bin aus diplomatischen Gründen nach Genua entsandt worden. Ein friedliches Miteinander birgt schließlich Vorteile, die letztlich einem jeden zu Gute kommen.“

„Was mich betrifft, so lerne ich gerne neue Orte kennen. Mir ist bewusst, dass die Welt groß ist und viele Wunder, Schönheiten und Rätsel bereit hält. Dinge und Orte eben, die es zu entdecken gilt.“ Freude legte sich in seine Stimme, als er dies sagte und an die Orte dachte, die er bereits erkundet hatte. Und jedes mal, dachte er, wenn ich an einen Ort zurückkehre, hat dieser sich wieder ein wenig verändert, sodass ich nie an genau den gleichen Ort einkehre.

„Darf ich fragen, ob ihr an diesem Abend auch am Turnier teilnehmt?“

[Nubis]

"Nunja, es hängt viel vom Diplomaten ab, ob Friede herrscht oder Feindschaft droht. Und je nachdem von woher der Diplomat stammt, sollte er eine gewisse Erfahrung mitbringen. Ihr werdet sicher einige schwere Prüfungen erleben."

Nubis blieb neutral, so auch sein ganzes Äusseres.
"Ich reise auch ab und zu, jedoch weniger wegen der Orte selbst", sprach er, doch führte dies nicht weiter aus.

Sein Blick wanderte über die Anwesenden und den Tisch, an dem die Turniere statt fanden.
"Ich werde nicht an diesem Abend in dieser Form teilnehmen. Nein. Ich bin aufgrund des gesellschaftlichen Anlasses hier. Als ein stiller Bewunderer so mancher Züger der Teilnehmer."

Sein Blick lag schon seit Beginn der Worte auf Vincente. Doch suchte er nie die Augen. Sondern blickte stets zu Mund oder Stirn, Wange, Nase...kein Fokus auf den Sternen der Seele.
"Und ihr?"

[Vincente Carlos]

„Diplomatie ist sicher kein einfaches Pflaster. Doch letztlich wächst ein jeder mit seinen Aufgaben.“ Ob man ihm diesen Satz dereinst als Ermutigung gesagt hatte und er ihn nun nur wiederholte, oder ob er selbst daran glaubte, ließen seine Worte nicht erkennen. Wahrscheinlich war es eine Mischung und beidem.

Er blickte sich in der Gesellschaft um. „Ich könnte mir vorstellen, dass es auch hier nicht nur um die tatsächlichen Schachzüge geht. Mit Sicherheit wird auch an einem Abend wie diesem die ein oder andere Allianz geschmiedet, gefestigt oder zerrüttet.“ Seine Augen wanderten dabei wahllos über die Gäste und blieben an keiner Person bedeutungsschwer haften. Er kannte die anderen noch nicht gut genug, um irgendwelche Andeutungen machen zu können.

„Wenn ihr nicht der Orte wegen reist, seid ihr vielleicht selbst der Diplomatie wegen unterwegs?“ In seiner Stimme klang ein wenig Hoffnung, wenn auch nicht besonders viel. Vielleicht hätte er hier einen Mit-Diplomaten vor sich, was seine Arbeit erleichtern könnte. Ein Herold lernte zwangsläufig die verschiedensten Personen kennen, eine solche Verbindung wäre zumindest sehr nützlich.

Ihm fiel auf, dass der Blick des anderen stets zu wandern schien, dabei aber nie seine Augen erreichte. Er hielt seinen Blick neutral, er würde nicht starren und so ein Auge in Auge forcieren, wenn sein Gegenüber nicht wollte.

„Ich?“, wiederholte er Nubis Frage. „Nun, ich bin noch nicht lange in der Stadt und dies ist die erste Gelegenheit, bei der ich andere aus unserer Gesellschaft treffen kann. Wenn man nicht weiß, wen man suchen muss, lässt es sich Personen nicht schwer finden.“ Er lächelte über seinen Scherz. „Auch habe ich mich zum Turnier angemeldet. Es wird mir sicherlich helfen, mich in diesem für mich neuen Spiel zu verbessern.“

[Nubis]

"Oder geht mit ihnen unter...ja...", ergänzte Nubis nickend die Worte seines Gegenübers.
"Hier an diesem Abend geht es sowohl um die Schachzüge auf dem Brett, als auch um die fernab davon." Auch da nickte er wieder.

Dann aber schüttelte er mit dem Kopf. "Diplomatie ist es weniger, wenn auch nicht ausgeschlossen."
Aber auch hier schien er nicht weiter darauf einzugehen.

Sein Blick glitt noch einmal über die Gäste und kehrte wieder zu Vincente zurück.
"Dann euch ein gutes Spiel, welches euch Kontakte oder Erkenntnisse bringen wird.
Solltet ihr einmal in Genua Hilfe benötigen, oder eure Fürsprecher mitteilen wollen, so könnt ihr jederzeit um ein Treffen bitten."

Seine Worte wirkten ehrlich und nicht einfach so hervorgebracht. Auch sein Blick lag eine Weile nachdenklich auf seinem Gegenüber.

[Nubis]

Nach einer Weile des Gespräches war es an der Zeit, dies zu beenden. Schliesslich ging es vor allem um den Wettkampf.
So trennten sich vorerst die Wege der beiden Kainiten.



Zusammenfassung:

Nubis und Vincente treffen einander beim Schachturnier im Elysium und lernen sich ein wenig kennen. Es wird klar, dass die Herolde sich über den Lasombra ausgetauscht hatten, da Nubis einige Dinge schon zu wissen scheint oder Anspielungen tätigt. Themen wie Ziele, Reisen und Diplomatie, aber auch die Teilnahme am Wettbewerb werden kurz behandelt. Lange wird es allerdings nicht, denn Nubis scheint nicht für ein wahrlich grosses Gespräch offen zu sein. Schliesslich stehen zu diesem Wettstreit andere Themen im Mittelpunkt.