[1077] Venedig - Quis hic habemus? [Vergonzo, Achilla (SL)]

[Januar '23]
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Vergonzo Faro
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Re: [1077] Venedig - Quis hic habemus? [Vergonzo, Achilla (SL)]

Beitrag von Vergonzo Faro »

Er hörte ihren Bericht und es regte sich vorerst nichts im lächeln des Nosferatu. Abschließend nickte er und sah Achilla an.
„Ich hätte geholfen. Wir sind vom selben Blut. Und dies ist dicker als Wasser. Etwas das die anderen nicht verstehen. Diejenigen die nicht über ihr Ego hinweg sehen können, wo uralte Fehden sie in Ketten legen.“
Eine kurze Pause entstand.
„Das Tier ist für uns vermeintlich so klar in einigen Nächten, doch werden die wenigsten von uns die wahre und tiefe Natur des Monster ergründen können. Käfige halten nicht. Das Tier im Käfig bedeutet wir im Käfig. Nur wer versteht das Tier und wir eins sind, zwei Seiten einer Münze, untrennbar vereint, der hat den ersten Schritt in die richtige Richtung getan. Du hast recht wenn du sagst, dass nur ein Teil, Blut zum Beispiel, nicht reicht.“ Hier stoppte er, glaubte es sei genug darüber gesagt worden. Achilla war keine Anfängerin auf dem weg, im Gegenteil.
„Ich baue Neues, richtig. Mit Blut, Schweiß und Willen. Ich hätte aus dir was Neues geschaffen. Aber das wärst nicht mehr du gewesen.“ Sanft nickte er ihr zu, sie habe das wohl den richtigen Weg gewählt damals.

Als sie ihm ihre Hand entgegenbrachte führte er seine Hand mit der Innenfläche nach oben gedreht unter ihre, so dass sie ihre Hand darauf ablegen konnte und sein Daumen sie sanft berührte.
Neben dem Offensichtlichen gab es auch hier versteckte Symbolik und Aussagen, die Achilla sicher erkannte.
Er nickte ihr aufmunternd und vertraut zu.

Als die Informationen zu Benedetto kamen lachte er glucksend auf.
„Der alte tote Pfaffenfurz. Sehr interessant.“ Kurz bebte sein Buckel beim amüsierten Kichern.
„Ist es ein Stück…“ begann er und berichtete über den gewünschten Inhalt.
Dann sah er sie neugierig an und wartete darauf ob er damals den gleichen Inhalt forderte oder jetzt einen neuen.
Man soll bauen, als wollt man ewig leben, und leben, als sollt man morgen sterben.
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I Tarocchi
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Re: [1077] Venedig - Quis hic habemus? [Vergonzo, Achilla (SL)]

Beitrag von I Tarocchi »

Achilla lachte, dass ihr trockener, zerbrechlicher Körper knirschte und knackte. “Pfaffenfurz, in der Tat!”

“Ja, das ist ungefähr, was er gefordert hat. Und er hat’s bekommen, für alle sichtbar. Ilarios Gesicht war am Ende wie aus Stein gemacht. Das Lächeln war so dünngeschabt wie ein alter Hosenhintern.” Sie baumelte ein wenig mit den Beinen.

“Tja, was Benedetto und ich damals für einen Handel hatten, das war ein wenig kurios. Er hat versucht, mich zu erpressen, ich habe ein wenig dagegen gehalten, wir wurden uns einig. Und auf so einer Einigkeit baute sich der Handel auf, Theater gegen Godeoc.”

Und dann erzählte sie einfach: “Er hat mich in Clavicula gesucht. Was nicht das Schlaueste ist, was einer tun kann. Wurde dann wohl beinahe abgestochen, aber er ist auch ein zäher Kerl, der bleiche Mönch. Ich habe ihn aufgesammelt, weil er so lieblich roch, Gosse und Wein, Blut und Anrüchigkeit… oh - und der Skandal eines Ancilla von den hohen Clans mitten im Rinnstein von Clavicula natürlich.” Achilla baumelte mit den Beinen.

“Er hat’s so aussehen lassen als wär’s die ganze Zeit sein Plan gewesen, aber naja. So oder so, er hatte irgendwie mit seinen Zaubereien herausgefunden, dass ich ihn fürchterlich beklaut hatte. Und er wollte wissen, wer mit drinhing - das war seine Erpressung. Weil ich seine Domäne gebrochen hatte und all das.” Sie winkte ab und wedelte ein wenig durch einen kleinen Tanz von Motten über ihrer einen Schulter.

“Die Zigeuner hatten mich wahrscheinlich als Sündenbock dastehen lassen wollen und Ilario schert sich einen Dreck um uns, wenn wir ihm nicht nützen. Da ist er ganz ehrlich berechenbar, der Gute.”

“So oder so, ich hab’s ihm verraten, weil ich nicht wegen Domänenbruch aufgeknüpft werden wollte. Und noch ein paar anderen Sachen. Und weil mir seine Bücher scheißegal waren. Wer liest solches Zeug? Blut mit all seinen Geheimnissen ist nicht so trocken, dass man es in Seiten pressen sollte.” Sie schnaufte einmal und gestand dann. “Ich hab’ ihm vielleicht auch gesagt, dass ich nicht lesen kann? Ich weiß es nicht mehr. Zu dem Zeitpunkt hätt’ ich ihm alles gesagt, was er hätte hören wollen, wahr oder nicht. Aber was ist schon wahr, eh?”

“Danach jedenfalls waren wir uns einigermaßen einig und er war zornig genug auf Ilario. Die Ravnos waren außerhalb seiner Reichweite, längst weg. Aber Ilario direkt vor seiner Nase, ein Rivale, ein Ancilla. Also wollte er mich da reinziehen, als einen Spielstein in so einem Messerstechen unter den verehrten Älteren. Darum bot er mir an, mir zu sagen, wo Godeoc ist. Und er wollte ein Theaterstück, dass ein paar Sachen enthält.”

Sie begann aufzuzählen: “Ilarios Teilhabe am Bücherklau, natürlich. Galenos und Sofias dumme Idee beim Verrat an Aurore, als sie dafür gesorgt haben, dass dieser Prinzensohn aus Savona draufgeht, der Aurore gegen Lydiadas in den Fünf Nächten hätte helfen sollen und dann erbärmlich abgeschossen wurde wie ein alter Hund im Hinterhof.” Für einen Moment überlegte sie. “Noch ein paar andere Feinheiten, so dass Benedetto Grund hätte, auch ganz offen heraus auf Ilario zornig zu sein. Und so dass die ganze Domäne sieht, dass es nicht der Clan des Todes war, der Aurore verraten hat, sondern nur zwei dumme Neugeborene und Kinder ohne eine Ahnung von Politik und Welt.” Sie wischte vage mit der Hand durch die Luft. “So ungefähr.”

“DAS Stück jedenfalls habe ich gemacht. Lang und breit, mit Musik und Lichtern, Schauspielern, Blut und Rosen und allem, was dazu gehört. Und alle waren da, Ilario und Benedetto vorneweg. Da kann er schlecht sagen, er hätt’s nicht bekommen, der alte Benedetto. Wenn er ein zweites Stück haben will, dann können er und ich gern einen Handel machen. Doch erstmal sollte er den ersten abbezahlen.”
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Vergonzo Faro
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Re: [1077] Venedig - Quis hic habemus? [Vergonzo, Achilla (SL)]

Beitrag von Vergonzo Faro »

Vergonzo knirschte bei Achillas Bericht mit den Zähnen.
Er hätte das Stück doch besuchen sollen, dann wäre ihm beim Gespräch mit Benedetto direkt dessen Heimtücke aufgefallen. Aber das sagte er ihr nicht. Sie wusste das er nicht da gewesen war.
"Ich...versteh´!!" gab er knapp, seinen Unmut zügelnd, antwort, während er ein altes Stück Brett in die Hand nahm und es knackend mit dem Daumen brach. Stück für Stück drückte er Teile davon ab.
"Diese Information hilft mir sehr. Und auch wenn unser Credo die Handhabe vorgibt, werde ich dir meinen Dank dafür geben. Wie kann ich dir helfen? Benötigst du eine Information aus Genua? Oder willste den Gefallen offen lassen, bis du ihn brauchst?" bot er ihr als Gegenleistung an.

Dann folgte eine weitere Frage.
"Und sollte ich dir einen weiteren Handel mit dem Leichenfresser vermitteln, was verlangst du von ihm für ein weiteres Stück?"
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I Tarocchi
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Re: [1077] Venedig - Quis hic habemus? [Vergonzo, Achilla (SL)]

Beitrag von I Tarocchi »

Irgendwie konnte Achilla milde Besorgnis ausdrücken, bei diesem Anblick von Vergonzo, der ein Brett zerbrach zerbrach wie ein Kind einen morschen Stock zerkrümelte. Sie konnte das in kleinen, flatternden Zuckungen ihrer Finger, in winzigen Regungen ihres Kopfers bei den Geräuschen, mit dem leisen Knirschen ihres eigenen, morschen, zusammengenähten, geflickten und aufgebauschten Körpers.

"Ja", sagte sie dann. "Wissen aus Genua, das wäre gut. Vor allem darüber, wie die verehrte Drita sich macht. Und wenn es wertvoll ist, dann kann ich es direkt wieder zurück zu dir verhandeln und tauschen, so dass wir beide dran gewinnen würden. Hier hat man großes Interesse dran, dass und wie die Drita sich macht. Und wieder andere haben großes Interesse an dem, woran andere so ein großes Interesse haben und so weiter und so fort. Kurzerhand: Das wäre ein guter Anfang und könnte sich auch darüber raus gut lohnen."

Sie rutschte ein bisschen auf ihrem Platz hin und her und schob mit ihren umwickelten Zehenspitzen und Sandalenfetzen ein paar abgebrochene Stückchen des Bretts zu einem kleinen Häuflein zusammen.
"Für ein weiteres Stück? Einen mittleren und einen kleinen Gefallen vom alten Benedetto. Mehr obendrauf, wenn sein Wunsch für die Bühne mich auch mehr kostet als einfach nur ein Stück einfach nur auf einer Bühne."
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Vergonzo Faro
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Re: [1077] Venedig - Quis hic habemus? [Vergonzo, Achilla (SL)]

Beitrag von Vergonzo Faro »

Er nickte vestehend.
"Gerne halte ich den Kontakt mir dir, so dass wir Informationen langfristig austauschen können. Wie könnten wir diesen Kontakt aufrecht halten? Mein erster Gedanke wären Tierboten."

Ihre Besorgnis beachtete er kaum, sie wusste er würde ihr nichts tun.
"Benedetto,...es wird ihn mehr kosten als nur das. Wenn er wirklich versucht uns zu verarschen...in seinem Alter sollte er wissen wie wir sind. All dies nur um zu testen wie eng oder weit oder aktiv unsere Brut, unser Blut ist, wie stark? Na gut, dann soll er darauf eine Antwort bekommen die aussagt, wie stark wir sind!" knurrte er heraus mit einem Grinsen im Gesicht das selbst einem hartgesottenen Seemann die Knochen gefrieren lassen konnte.
"Du wirst deine Gefallen bekommen! Erstens schuldet er uns noch den alten Preis UND er hat uns bei seinem Versuch direkt neu beauftragt. In meinen Augen kam er also zwei mal mit der selben Anfrage und er hat nicht mal die erste bezahlt."
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I Tarocchi
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Re: [1077] Venedig - Quis hic habemus? [Vergonzo, Achilla (SL)]

Beitrag von I Tarocchi »

"Ai, ja, so klingt es für mich", meinte Achilla, halb amüsiert über Benedettos Unverfrorenheit, halb giftig aus demselben Grunde. Und dann zuckte sie mit den Schultern, so dass Knochen und Leder knirschten und eine kleine Wolke aufgescheuchter Motten um ihren Kopf tanzte.

"Tiere als Boten sind meist ein rechtes Glücksspiel", meinte sie dann. "Zur Not, wenn's schnell gehen muss, ja. Verschlüssele die Botschaft dann und sei auf der Hut. Wir sind nicht die Einzigen, die zu ihnen sprechen können." Sie wackelte ein wenig mit dem Kopf und sagte dann: "Aber meine Fahrenden, die ziehen auf und ab, hin und her, und sie kommen meistens an, wo sie ankommen wollen. Nicht so schnell wie ein Vogel fliegt, aber viel, viel schlauer. Wenn du eine Botschaft hast, dann frage nach Mauricios familia vor Genuas Toren oder am Hof der Wunder. Sie kommen dort ein- oder zweimal im Jahr durch. Gib' Mauricio oder seiner Frau eine Botschaft für Beatrice in die Hand... oder du kriegst vielleicht eine von dieser Beatrice - das bin ich."
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Vergonzo Faro
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Re: [1077] Venedig - Quis hic habemus? [Vergonzo, Achilla (SL)]

Beitrag von Vergonzo Faro »

Er nickte und merkte sich ihre Worte.
"Nun, dann werde ich Mauricio mal einen Besuch abstatten. Sicher das sie noch auf deiner Seite stehen oder könnte sie sich jemand geschnappt haben?"

Dann setzte er zu vermutlich dem letzten Thema an.
"Kann ich dich über die Giovanni Dinge fragen? Ich weiß im Grunde woher sie kommen und die Personen die es in dieser Sache zu wissen gibt, allerdings weiß ich nicht woher sie angeblich Dinge wissen, die selbst unsereins nicht weiß oder herausfinden kann? Weißt du etwas über ihre Blutskräfte und wofür sie diese nutzen?"
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I Tarocchi
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Re: [1077] Venedig - Quis hic habemus? [Vergonzo, Achilla (SL)]

Beitrag von I Tarocchi »

Achilla schnalzte leise mit der Zunge und dann meinte sie unumwunden: "Das ist heikel, Gonzo. Sie sind Leichenfresser, Totensprecher, Grabräuber, Kappadozianer, eh?" Ein wenig nervös zupfte sie an einem der Bänder ihres Kleides herum.

"Was ich mir zusammenreimen konnte, bislang, das ist so: Die Erben vom alten Kappadozius, die haben's mit dem Tod und den Leichen. Sie haben irgendeine Hexerei, eine Zauberei. Ich habe mal den Galeno in Genua gesehen, wie er ein blaues Grablicht aus seiner hohlen Hand gezogen hat. Und Benedetto... er behauptet, dass er Godeoc finden kann und es sah so aus wie Zauberei, was er angedeutet hat, wie er herumgewühlt hat im Dreck und nach Zeichen gesucht hat."

Sie schniefte ein wenig oder vielleicht versuchte sie nur, etwas aus ihrer Nase zu bekommen, das sich nun krümmte und zappelte und unter ihrer Maske hervorfiel mitten in Achillas Schoß.

"So ist mein Verdacht, dass sie irgendwie mit den Toten sprechen können oder dem Totenreich seine Geheimnisse entlocken. Doch das ist eben, was die Kindeskinder von Kappadozius so machen, eh? Wahrscheinlich seit es sie gibt. Doch diese hier, in Venezia... heh." Sie machte ein kleines Kichern am Ende, das ein bisschen klang wie ein nervöser Schluckauf.
"Da kreuzt sich so alte, schwarze Zauberei mit dem mörderisch schlauen Verstand von Augustus Giovanni. Er nimmt all die schwarze Hexenskunst und paart sie mit der Schläue von siebenundsiebzig alten Füchsen und der Ruchlosigkeit von einem ganzen Sack voller Lasombra und, ehrlich gesagt, einem so direkten und brutalen Geschäftssinn von einer ganzen Brut von Nosferatu. Und dabei raus kommt... das nun. Er setzt Kinder in die Welt wie Bauern eine Saat auf dem Feld ausbringen und Ernte hält er, oh ja, das tut er ganz gewiss."
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Vergonzo Faro
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Re: [1077] Venedig - Quis hic habemus? [Vergonzo, Achilla (SL)]

Beitrag von Vergonzo Faro »

Er lauschte den Worten seiner Schwester genausten. Nickte hier und da, vor allem an der Stelle wo sie riet, wie sich deren Kräfte wohl zusammen reimen ließen.
"Glaubste sie sind eine Bedrohung oder suchen sie lediglich einen Platz zum Sein?" ihre Einschätzung schien Bedeutung für den Nosferatu zu haben.

"Kannst du mich an einen dieser Giovanni vermitteln, wenn ich an Augustus schon nicht ran komme? Auch wenn er mir lieber wäre...." fragte er dann nach.

"Jemand mit Wissen, wir unsereins, sollte durchaus mal genauer beleuchtet werden. Schließlich ist dies unser Gebiet." stellte er trocken fest und kicherte.
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Re: [1077] Venedig - Quis hic habemus? [Vergonzo, Achilla (SL)]

Beitrag von I Tarocchi »

Achilla tippte sich nachdenklich an das Kinn ihrer Maske. "Ai, ich könnte dir ein oder zwei nennen, aber ich würde dir raten, dass du den Kopf unten behältst. Wen sie nicht kennen, wen sie nie gesehen haben, den können sie nicht in ihre Spiele verstricken. Drita, das verehrte Licht... ich glaube wohl, dass sie den einen oder anderen von denen hat, der ihr die Taschen gefüllt hat. Sie ist eine Ancilla, ja? Aber keine, die hier eine geworden ist. Oder die einen großen Namen hat. Hinter ihr ist, so wie's ausschaut, nur eine Spur aus Staub und Asche und nichts. Das heißt, sie hat auch keinen, der ihr den Rücken freihält oder die Hand drauf hat... ."

Achilla wiegte den Kopf. "Aber irgendwie hat sie dann auf einmal doch etwas Rückhalt und volle Taschen wie durch Zauberhand. Und Galba war's nicht, Tiberian war's wohl auch nicht - denn dann würde das verehrte Licht sich ganz anders aufblasen, hier in Venedig. Nah... . Ich denke, sie hat Gönner gefunden und die haben wahrscheinlich ihre ganz eigenen Pläne."

Achilla sprang damit auf. "Lass mich etwas schreiben für die Schöne Morgenröte, die Weiße Prinzessin, meine Lehnsherrin von einst. Oder vielleicht noch, wenn irgendwer auf Recht und Ordnung pochen will... ." Das schien sie dann selbst nachdenklich zu stimmen. "Warte hier ein Weilchen? Ich brauche nicht lang, denke ich."


---der Brief, den Achilla später Vergonzo gibt---
An die höchst verehrte Aurore, die Weiße Prinzessin,
Prinz von Genua, Ahn vom Blut der Könige,
Kind des Geoffrey le Croise, Ahn vom Blut der Könige,
Kind des Alexandre de Paris, Ahnherr vom Blut der Könige,
Kind des Ventrue, erster seines Blutes,
Kind des Enoch, des Weisen,
Kind des Kains, des Ersten,
welcher ich einst den Lehnseid schwor,

Ich wende mich mit diesen Zeilen an Euch, weil ich endlich die Möglichkeit und die Gelegenheit habe, Euch zu schreiben. Der wohlwerte Baumeister Vergonzo Faro hat sich bereit erklärt, Euch diesen Brief im Stillen zu bringen.

Zuerst will ich Euch versichern, dass ich nicht verloren ging und nicht zu Asche verging. Auch meine Verehrung für Euch und Euren Glanz ist nicht gemindert, ebensowenig wie meine Hinwendung zu Eurem Kind, der wohlwerten, lieblichen Iulia Cornelia. Ich hoffe, dass es Euch und auch ihr gut erging und Genua zur Pracht und Blüte findet.

Ich selbst wurde dort in Genua aufs Schrecklichste überfallen und geschlagen. Es war bei Tage, dass Fremde in mein Heim eindrangen und alle Menschen dort erschlugen. Die allermeisten davon waren gewöhnliche Sterbliche, welche einfach nur ihr Leben zubrachten wie sie es eben tun. Es waren die Todesschreie und das Blut, welche mich aufweckten. Ich hatte ein Schlupfloch unter den Bodendielen und das Blut rann zu mir herab.

Den Gaben meines Blutes verdanke ich es, dass ich fliehen konnte. Die Drohung von Feuer, Waffen und Mord war dicht und ich fürchtete um mich selbst ebenso wie um alle anderen. Also kroch ich davon, hinaus aus meinem Heim und in die dunkelsten Gassen von Clavicula.

Meine geliebte Herrin, ich vertraue Euch an, dass ich danach nicht klar bei Verstand war. Klar genug war ich, dass ich begriff, dass meine Häscher mir auf den Fersen waren. Doch die Trauer zerriss mir das Herz und ich war von Todesangst zerrüttet. Ich wusste nicht, wohin ich mich wenden könnte oder sollte und ich floh aus Genua heraus. In meiner Panik glaubte ich, Euer Lehensschutz wäre zerbrochen und ich fürchtete Euren Zorn ebenso wie den des hoch verehrten Lydiadas oder den des hoch verehrten Godeoc. Aus allen Richtungen fürchtete ich Gefahr.
Bitte habt ein Einsehen für meine Angst und dafür, wie vernebelt mein klarer Verstand war. Dort draußen ließ ich mich treiben, folgte wie betäubt bekannten Wegen und Weisen, mit Reisenden und Fahrenden. Es hat mich am Ende zurück in meine einstige Heimat, Venedig, gezogen.

Hier habe ich ein Obdach erhalten, durch den hoch verehrten Herren Galba. Er war es, der mir den Kopf wieder zurecht rückte, dessen Worte mir einen Halt gegeben haben und in dessen Schuld ich seither stehe. Ich begleiche diese Schuld seither so gut ich es vermag.

Vielleicht jedoch kann ich Euch auch aus der Ferne dienen? Vielleicht hättet Ihr eine Verwendung für ein Auge und Ohr im stolzen Venedig?

In Hoffnung auf Eure Güte und Geduld mit mir,
Achilla,
Neugeborene vom Clan der Verborgenen,
Kind von Columbina,
einstige Harpyie Genuas
Gesperrt

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