[1077] susurro est negotium [Achilla (SL), Drita]

[Januar '23]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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I Tarocchi
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Re: [1077] susurro est negotium [Achilla (SL), Drita]

Beitrag von I Tarocchi »

Die Nosferatu lauschte Drita und dann verneigte sie sich tief und noch ein wenig tiefer, biegsam wie ein Weidenzweig, doch begleitet von einem feinen, reißenden Geräusch. Wie eine schmale und lange Naht, die irgendwo an ihren Gewändern oder an ihr riss.

“Bitte verzeiht, verehrtes Licht. Nein, ich will und wollte nicht Euren Tanz vorhersagen. Zu schön sind sie alle anzusehen, diese Tänze in der Nacht, zu gefährlich und für eine wie mich auch oft genug noch so wundervoll überraschend!” Sie sah auf, mit diesem weißen Maskengesicht und glänzenden Augen.

“Die Vermutung auf Schwarz wird Euch entgegenschlagen, einfach, weil dort in Genua auch viele sein werden, die jung und blind sind. Weil der Schwarze Seneschall Euer Blut teilt.” Sie zuckte mit den Schultern. “Doch bereits die Wahrheit des verehrten Ilario zeigt, dass die Dinge nicht ganz so einfach liegen.”

Anstatt sich unaufgefordert wieder ganz aufzurichten, kauerte sich die Nosferatu hin. Schmutzigweise Seide raschelte um sie her, in einem beinahe-perfekten Rund um sie herum. Vielleicht war das Kauern nicht nur ein Zeichen des Respekts sondern auch eine kunstvolle Geste und eine reine Lust an diesem weißen Beinahe-Rund. Mit den dünnen, langen Fingern ihrer linken Hand griff Achilla beiläufig nach einem kleinen Strang von Holzperlen, die sonst einfach an dem Kleidrock gebaumelt hatten. Sie spielte ein wenig damit, klick-klick-klick-klick.

“Tophet. Als es auf uns damals zurollte, hatte ich auch nicht den Hauch einer Ahnung. Aber nun weiß ich: Es ist ein uralter …Ritus. Je nachdem, wen man fragt, ist er heidnisch und düster, mit Blutopfern - noch dazu von Kindern - und mit dem Anbeten von diesem oder jenem Götzen, Geist oder Dämon. Ich fragte einmal einen gelehrten Priester aus Byzanz danach und er bekam beinahe Schaum vor dem Mund.” Klick-klick-klick und Achilla lachte ein bisschen.

“Aber das Wort steht auch in der Bibel. So oder so, selbst die Menschen erinnern sich an ein solches Ritual und es ist wohl eine Art von …Gericht, Scheideweg, Läuterung. Wer vorher besudelt und im Unrecht hindurchgeht, muss es überstehen. Und wenn er’s übersteht, geht er am Ende wieder heraus und die Sache ist bereinigt. …oder so bereinigt, wie etwas unter unsereins in der Nacht sein kann, wo fast jeder eine lange Erinnerung hat.”

“Für Genua jedenfalls war’s so ein Großreinemachen, in der Arena von Luccoli. Für all die Dinge, die in den Fünf Nächten geschehen waren. Und seither… und sonstwie nach dem Unwillen der beiden Ahnen.” Die Nosferatu sagte dieses “die beiden Ahnen” ganz selbstverständlich und leichthin. Vielleicht eine Spur zu beiläufig und vielleicht lenkte diese etwas zu übertriebene Theater-Beiläufigkeit Dritas Gedanken kurz auf die Tatsache, dass da noch wenigstens ein dritter Ahn gewesen war. Natürlich sprach die Nosferatu das nicht lauter aus als genau so wie sie es hier tat, denn eine der Verborgenen verrät nicht einen der Verborgenen lauter und deutlicher als unbedingt nötig. Offenbar war dies Achillas Mittelweg zwischen dem Gesetz des Handels mit Drita und der Tatsache, dass Nosferatu untereinander wohl ganz und gar eigenen Gesetzen folgten.

“Für eine wie mich war das Tophet eine große Schau. Ich hatte mir nichts zu Großes zu Schulden kommen lassen - oder mich jedenfalls nicht dabei erwischen lassen. So war ich fast ausschließlich eine Zuschauerin, bis auf den Moment, an dem ich vorkriechen und einen Eid leisten musste. Vasallenschwur, schwer und fest und noch eine Spur fester. Ich wurde eine Harpyie, in dem Schwarzweißen Spiel auch auf der Seite von Lydiadas.” Sie zögerte einen Moment, dann sagte sie:
“Ich sah mich nicht unbedingt so. Obwohl es schlechtere Herren gibt als ihn. Er ist grausam und mächtig und achtlos und böse. Doch er ist auch direkt und hart und verbirgt nichts davon. Er ist einer, den man fürchten kann. Doch er ist auch einer, bei dem man weiß, woran man ist.” Sie schnalzte mit der Zunge und wiegte den Kopf.

“Die Weiße Prinzessin sandte ihr eigenes Kind ins Rennen. Ein Freispruch, eine blutige Christentaufe und direkt das Harpyienamt dazu. Es wirkte beinahe verzweifelt. Doch ihr Kind ist trotzdem ihr Kind, mit einer Ahnenlinie geradewegs zurück zu Kain und auch noch bemerkenswert kurz. Neugeboren, strahlend schön, rein und mit dem Angesicht absoluter Unschuld. Stolz wie alle ihres Blutes und noch ein wenig mehr, denn sie kennt nichts anderes als die Existenz für ihr Blut, als Kind des Prinzen, als die Reinste der Reinen, die Schönste der Schönen. Mein Rat: Selbst dann, wenn man alles an ihr hassen will wegen alledem, ist sie doch ein wunderbares Werkzeug. Das Werkzeug des Prinzen zwar, doch wenn Euer Wille in dieser oder jener Sache ganz und gar in dieselbe Richtung geht, dann auch für Euch.”
Achillas Worte waren bei dieser Beschreibung von Iulia Cornelia und ihrem Stand merkwürdig flach geworden. Es fehlten auch die Bewegungen, die sie sonst gebrauchte, um ihre fehlende Mimik auszugleichen. Keine Gesten, kein rechter Klang in den Worten. Als hielte sie dort irgend etwas mit aller Gewalt zurück und die Worte allein mussten für das Wissen genügen, das sie damit Drita preisgab.

Doch dann schnippte sie mit den Fingern, ließ das Perlenband fallen und wollte wohl mit ihrer Beschreibung des Tophets schnell fortfahren… .
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Drita
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Re: [1077] susurro est negotium [Achilla (SL), Drita]

Beitrag von Drita »

"Haltet ihr meinen Bruder Ilario für jemanden der auf Weiß spielt? Oder seht ihr seinen Tanz tatschlich dazwischen?" Die Neugierde dies bezüglich war einfach zu groß, um die Frage ungestellt zu lassen.

Drita ihrerseits erhob sich, als die Nosferatu sich setzte. Die Lasombra schlenderte durch den Raum, ohne jedoch Achilla die geschenkten Teile ihre Aufmerksamkeit zu entziehen. Drita betrachtete das weiße Rund, dann die Meeres-Umgebung. Nachdenklich.

"Ich glaube nicht das das funktioniert. Ein Freispruch löscht Erinnerungen nicht aus, egal durch welchen Knüppelgang man gehen musste. Vielleicht reinigt man sich vor den Augen unseres Herrn. Aber vor den Augen der anderen Kainiten? Nur weil ein Prinz heute einen Traditionsbruch vergibt, ist man nicht davor gefeit, dass er morgen die Blutjagd ausruft."

Ein Schulterzucken. Das Tophet also. Drita war neugierig, wie jenes in Genua aussah, als...

Schwarz und Weiß. Jedes Spiel setzten also beide Ahnen - Drita hatte das Fortlassen des Dritten mit einem stillen und äußerst knappen Nicken einfach hingenommen, ohne weiter nach zu fragen - setzte sich also auch in den Kreis der Neugeborenen weiter fort, nachdem der offene Streit beendet war. Ein fast schon fröhliches Lachen erklomm ihren alten Lippen, als Achilla sich und ihre 'Gegenseite' beschrieb.

"Die Harpyie scheint eine ganz besondere Person zu sein, nicht?", bohrte sie weiter nach. Langsam drehte sich dabei der Kopf wieder zu Achilla, diese nicht so einfach mit dem Weiterbeschreiben davon kommen lassend.
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I Tarocchi
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Re: [1077] susurro est negotium [Achilla (SL), Drita]

Beitrag von I Tarocchi »

Achillas Maske war ein Kunstwerk. Sie war so geschnitzt, geleimt und gemalt, dass man allerlei Regungen hineinlesen konnte, wenn man wollte: Ein vages Lächeln. Eine starr neutrale Miene. Einen Anflug von Tadel oder Ablehnung. Es kam auf die Körperhaltung der Nosferatu an, die eine wahrhaftige Schauspielerin war, aus einer Familie von Schauspielern, mit einem Leben voller Masken und Bühnen und Szenen bis dieses Leben ein Ende gefunden hatte. Doch selbst dann hatte ihre Schauspielerei nicht geendet, ihre Maskenschneiderei, ihre Kunst.
Was war wirklich wahr von dem, was sie sagte oder tat? Was war an ihr überhaupt wahr? Selbst ihr eigener Körper war ausgehöhlt, ausgestopft, vernäht, geschneidert, geschnürt und geformt. Waren diese geschwungenen Hüften echt? Wenn man die erschreckende Zerbrechlichkeit ihrer dünnen Hände sah, konnten einem Zweifel kommen. Aber es sah so echt aus, wenn man es denn so sehen wollte.

Genau diese Sorte von Echtheit hatte Achillas kleines, perlendes Lachen. Es war ein bezaubernder, melodischer Laut, ein bisschen hilflos, mit einer Prise Leichtigkeit und einem Hauch von Harmlosigkeit.
“Ah, strahlendes Licht, verehrte Drita, ein jeder von uns in der Nacht ist besonders. Sind wir nicht alle einzigartige Funken in einem Tanz in der endlosen Schwärze? Wir glühen auf, so wunderschön, unverwechselbar, umeinander kreisend und tanzend. Einige verglühen schnell und sind schnell vergessen, andere treiben schier endlos im Nachtwind dahin, werden weiter und weiter getragen… .”

Sie streckte sich als wollte sie nach einem solchen treibenden Funken in der Luft greifen.
“Iulia Cornelias Seltenheit ist nicht die Kürze ihrer Ahnenlinie oder gewiss doch prachtvollen Namen, die sich wie Perlen an einer Kette darin aufreihen. Ihre Seltenheit ist ihr Herz. Es ist gut und rein.”
Wieder lachte Achilla und es klang ein bisschen gepeinigt, hatte einen Anflug von Hysterie, von Verzweiflung.
“Wer hat so etwas, verehrte Drita? Wer? Es ist so fürchterlich, schrecklich tragisch.”

Achilla zog ihre Hand aus der Luft zurück als hätte sie sich dort an jenem Funken verbrannt. Sie presste sie eng an ihre morsche Brust und hielt schützend die andere Hand darüber. Und dann kroch etwas kleines, helles unter ihren Fingern hervor. Die Motte breitete ihre zarten Flügel aus und tanzte in die Luft als könnte wenigstens sie mit den Funken mithalten, von denen Achilla gesprochen hatte.
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Drita
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Re: [1077] susurro est negotium [Achilla (SL), Drita]

Beitrag von Drita »

Wenn Drita eines in den Jahren gelernt hatte, dann das jeder von ihnen eine Maske trug. Und, dass man sie immer so erstrahlen lassen konnte, wie man sie dem anderen gerne zeigen wollte. Aber die Kunst, die Achilla da zeigte mit einer hölzernen Maske eben jedes zu bewerkstelligen, was Drita mit ihrer Mimik so gerne tat, war grandios. Wie gerne hätte die Lasombra die Nosferatu auf der Bühne gesehen? Sie schaffte es ganz gewiss ihr Publikum in ihren Bann zu ziehen.

Dann offenbarte die Jüngere die Besonderheit der Ventrue. Schweigend nahm Drita dies auf. Ihr Gesicht zeigte fast einen bedauerlichen Ausdruck. Schrecklich? Fürwahr. Tragisch? Die Wahrscheinlichkeit einer Tragödie war nicht sonderlich gering.

"Ich habe viele Kainiten mit einem reinen und guten Herzen gesehen. Wer auch immer von uns solche auswählt, um sie in die Nacht zu holen, ist mir allerdings schleierhaft. Sie sind dazu verdammt in der Schwärze der Nacht zu vergehen oder am Ende genauso schwarz zu werden. Jede noch so reine Rose verdorrt im Laufe der Jahrhunderte. Keine reine Seele überlebt so lange, ohne zu verderben. Die Frage ist also, wie lange hält ihre Seltenheit? Und... ist ihre Reinheit das einzige, was sie so Besonders macht?"

Drita trat näher und streckte ihren Finger nach der einzelnen Motte aus.

"Trotzdem hoffe ich für euch, dass ich mich mit meiner Schwarzmalerei irre."
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I Tarocchi
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Re: [1077] susurro est negotium [Achilla (SL), Drita]

Beitrag von I Tarocchi »

"Ach, sei's drum", gurrte Achilla da und versuchte wohl, die Sache als ganz und gar nebensächlich abzutun. Als wäre es alles nicht so wichtig für sie, haha, nur eine kleine Episode im Großen Stück der Nacht. "Und das Schwarzmalen ist wohl auch eine Sache, die dem Clan der Schwarzen Nacht ganz natürlich nahe liegt", behauptete sie mit einer kleinen Prise Humor.

"Der Rest vom Tophet... ach, blutig war's, Steinewerfen, vor allem aber so viele starrliegende Kainiten, die am Ende zu den Banu Haqim geschifft wurden, dass man unweigerlich das Rechnen anfängt." Sie hob die Hand und streckte die Finger hoch wie um daran abzuzählen.
"Wie schwer wiegt eine junge, verdammte Seele und all ihr Blut für den Clan der Richter-und-Henker? Und was kann man sich von ihnen kaufen? Und wie viel davon? Wer genau hat es gekauft und was hat er darum in der Hinterhand?"
Achilla lachte ein perlendes, harmlos klingendes Lachen. "Ai, ob die höchst verehrte, schöne Herrin von Genua versucht, sich neue Waffen und Verbündete zu kaufen? Aber ich habe den Verdacht, dass auch genau Ihr selbst, verehrte Drita, ebenso eine Antwort auf diese Frage seid. Denn eines ist gewiss über diese Weiße Prinzessin: Sie geht nicht kampflos unter. Sie überlebt und sie ist klug und sie hat viel, viel schärfere Waffen als all die alten Herren und Damen glauben wollen. Und die jungen auch."

Damit faltete Achilla ihre Hände ineinander, in einer etwas kompliziert wirkenden, sorgfältigen Geste als hätte sie Angst, dass einer ihrer Finger abbrechen könnte, wenn zuviel Druck auf ihn ausgeübt wurde. Und vielleicht war das auch so.
"Habt Ihr noch Fragen, verehrtes Licht?"
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Re: [1077] susurro est negotium [Achilla (SL), Drita]

Beitrag von Drita »

Es gab Dinge die konnte selbst eine Maske nicht verbergen. Und sei sie auch noch so hölzern und voll. Manchmal sagten Gesten und nicht vorhandene Mimiken einfach soviel mehr aus, als die Worte, die man sprach. Kleinigkeiten, die einen Gefallen in andere Licht tauchen können. Drita nickte zufrieden - während Achilla schon über das Tophet sprach.

'Geschenke' für die Assamiten also. Die Händlerin rieb ihr Kinn. Nickte.

"Wir werden sehen, wem ich als Waffe diene und wen ich mir selbst als Waffe aneigne. Aber das werden kommende Eide festlegen, die wiederum von vergangenen und gebrochenen abhängig sind."

Sie zuckte mit den Schultern, als sei es am Ende doch gar nicht so abwegig, dass Drita sich gegen weiß entschied.

"Eine Letzte: Berichtet mir doch bitte über meinen Ältesten, meine liebe Achilla?"
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Re: [1077] susurro est negotium [Achilla (SL), Drita]

Beitrag von I Tarocchi »

Hier stockte die Nosferatu einen Augenblick bis ihr wohl klar wurde, dass Drita vermutlich den Ältesten der Lasombra in Genua meinte, nicht jenen in Venedig. Das Mißverständnis wurde ganz offenbar in diesem Stocken, in einem kleinen, nervösen Kichern und einer flatterhaften Geste mit beiden Händen, haha, natürlich der Älteste… . Es war ein echtes Schauspiel, so wie Achilla all diese Dinge darstellen konnte, mitsamt ihrem eigenen Mißverstehen. Ob es echt war? Ob sie einfach nur die Stimmung etwas lockerte? Drita ablenkte oder ihr schmeichelte? Sich selbst herabsetzte, um die andere zu erhöhen? Oder war sie tatsächlich nervös, wenn sie von den Ältesten der Lasombra oder wenigstens diesem speziellen Ältesten sprechen sollte?

“Der hoch verehrte Lydiadas”, begann sie dann und tatsächlich gab sie ihrer Stimme einen kleinen, nervösen Unterton, ein bisschen schrill, ein bisschen luftig.
“Er kommt von weiter aus dem Süden. Wartet, lasst es mich in der klangvollen Länge aufsagen, in der er auch das erste Mal seinen Auftritt in Genua gemacht hat: …”

Sie räusperte sich einmal, hustete dann trocken und dann noch einmal, bis es schon so schien als würde die Maske verrutschen müssen. Irgend etwas in ihrer trockenen Kehle machte ein Geräusch als würde etwas pudertrockenes reißen und etwas bröckelte unter dem Kinn der weißen Maske hervor, bräunlich und gräulich und unansehnlich. Sie setzte neu an:
“Lydiadas, Ahn vom Blute Lasombras, consigliere del padrone profondo, sanguigno cacciatore di Catania, Herr der Tiefen, aus der Linie Ahriman min alzilals, Ahnherr des Clan Lasombra, Kind Lasombras, erster seines Blutes.”

Sie neigte den Kopf etwas zur Seite als würde sie selbst dem Klang so großer Worte noch etwas nachlauschen. Dann kommentierte sie ein wenig leiser: “Er war dort unten bei Catania wohl eine Art Geißel, doch für mehr als eine Region und auf dem Land und zur See. Sich dort unten zwischen all den Seefürsten, Tiefen und Untiefen, Haifischbuchten, Strudeln und Strömungen derartig zu behaupten, das ist der Beweis für seine Stärke. Seine Härte. Und eine große Menge Blut an seinen Händen. Das ist der ‘sanguigno cacciatore di Catania’.”

“Der ‘consigliere del padrone profondo’ ist eine Catanianische Angelegenheit, soweit ich es weiß. Und das ‘Herr der Tiefen’... ah. Ich glaube, dass Euer Blut, das Blut der Bestien und ein wenig auch das meine wohl die Einzigen sind, die wenigstens ahnen, wie …tief diese Tiefen sein können. Und am Ende weiß es wahrscheinlich nur Euer Blut wirklich.”

“So oder so, dieser Lydiadas ist gnadenlos. Er ist schmucklos, hat nichts übrig für kainitische Spielchen, Politik oder Gehabe. Als bei ihrem Freispruch die schöne Iulia Cornelia ihn mit all den schönen Ventrue-Titeln zu sehr strapazierte, hat er ihr einfach das Wort abgeschnitten. Und wahrscheinlich konnte sie glücklich sein, dass es nur das Wort war.” Achilla konnte das mit einer Leichtigkeit sagen als spräche sie über die Schönheit eines Abends oder die Köstlichkeit eines Duftes. Nur ihre Hände sprachen eine ganz andere Sprache, mit ineinander verschränkten Fingern, die während dieser Erläuterungen starr und leicht gekrümmt waren, wie Messer, wie Klauen.

“Man könnte denken, er wäre in einer schlimmen Lage, weil er Aurore nicht hat absetzen können. Weil er zugleich aber auch nicht einfach nach Catania zurück kann. Weil jemand aus der See der Schatten dort oben im Norden eben sein muss. Weil er vielleicht noch weiter wollte als ‘nur’ dorthin. Ah… .” Die Nosferatu wiegte den Kopf.

“Doch dieser Ahn ist ein Meister von Jagd und Blut, Mord und Kälte. Ein Teil von ihm, so heißt es und so sieht es auch aus wenn man ihn anschaut, geht ständig im Schattenreich. Vielleicht hat er seine Seele an die Nacht verkauft, wenn wir noch etwas haben wie eine Seele. So oder so: Er ist niemandes Freund und er ist nicht zu unterschätzen. Ihr müsst Euch hüten, verehrtes Licht, denn dieser Schatten ist tief und ich würde vermuten, dass er kein Freund der Männer und Frauen aus Venecia ist.”
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Re: [1077] susurro est negotium [Achilla (SL), Drita]

Beitrag von Drita »

Drita nahm ihre Regungen auf. Welche der Schlussfolgerungen sie daraus zog? Eine spezielle? Mehrere? Es blieb hinter der Maske aus Lächeln hängen. Doch am Ende waren ihre Worte weit wichtiger.

"Wenn er auf kurze Vorstellungen steht, werde ich ihm sicher gefallen", zog Drita das Resümee mit einem Lächeln auf den Lippen. Hatte sie wirklich gerade einen Witz gemacht, der nicht aus Ahnensprech bestand? So nahbar. Doch im Grunde lenkte sie sich damit nur von dem Grauen ab, den der Gedanke ihre Vorstellung bei Lydiadas mit brachte. Sie hoffte dies heraus zögern zu können, doch früher oder später musste sie sich an den Ahnen heran wagen.

Drita beendete das Gespräch im Anschluss nicht apprut. Die beiden unterhielten sich noch eine Weile über die Gegebenheiten in Venedig, den neusten Tratsch, Schmankerl. Immerhin hatten sie die Nutzung dieses Raumes so teuer bezahlt, dass keine von Beiden es nicht vollends auskosten wollte. Und wer wusste schon, ob dies das letzte Gespräch werden würde? Doch auch jener Abend ging zuende, ein neuer Tag brach ein und es wurde Zeit, dass man sich trennte.



Achilla und Drita treffen sich im Elysiums von Venedig - dem Haus des Flüsterns. Drita offerierte Achilla einige Gefallen von einem Kaninten, der den Verborgenen Venedigs massiv schaden wollte und damit gescheitert war, im Austausch zu Informationen über Genua. Diese Informationen waren längst veraltet und überholt, bedurften sicher der einen oder anderen Nachbesserung, aber sie waren eine gesunde Grundlage, um den Schritt nach Genua zu machen. So berichtete Achilla über ihre Zeit in Genua, die ihr bekannten Kainiten, das Leben dort... aber auch über den Bürgerkrieg, der die Fackelträger der Inquisition über die Nacht brachten. Drita nahm die Informationen gerne mit, verwies zwischendrin auf die Anwesenheit von Vergonzo und tauschte mit Achilla die ein oder andere Tuschelei aus. Alles in Allem erlebten die Beiden einen durchweg unterhaltsamen Abend, der bis in die frühen Stunden des neuen Tages reichte.
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