[1078] Das Bouquet der Debatten [Hof, Alle]

[Februar '23]
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Drita
Lasombra
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Re: [1078] Das Bouquet der Debatten [Hof, Alle]

Beitrag von Drita »

Sie war langsamer als der Mönch - das lag in dem Unglaube, der sich gerade in ihrem Gesicht abzeichnete. Sie brauchte zu lange, um die lange Reihe abzugehen:

Nubis
Angelique
Gabriel

Fürsprecher.

So nannte man das heute also. Das Bild einer Person begann sich immer deutlicher abzuzeichnen. Kopfschüttelnd blickte sie dann zu Giada. Hatte Vincente nicht ihre Hilfe erwähnt? Ein deutlich kürzerer Blick fiel zu Ilario. Dann machte sie den Ansatz ein Bewegung nach vorne und... ... blickte in das Gesicht des Kappadozianers. Zu langsam - nun war der Totengräber am Führen.

Ganz kurz setzte der Impuls ein, ihn doch noch zu verdrängen und den Gefallen von Vincente in ihrer Hand zu wissen. Aber dann mit einem Mal lächelte sie zufrieden in Benedettos Richtung. Sie verneigte sich sichtlich, obwohl die Beiden noch kein Wort miteinander gewechselt hatten und ließ ihn gewähren.

Das, was er da gerade getan hat - wahrscheinlich sogar unabsichtlich -, war soviel mehr wert, als das, was Benedetto von Vincente für das Übersetzen bekommen würde; und mehr noch als der Stich, den er versuchte dem Clan Lasombra zu versetzen. Vor den Augen Aller - und Aurore - hatte der Kapadozianer Drita als Eidwahrerin dieses Gefallens auserkoren.
Feuer und Sturm, Erdbeben mögen meine Waren zerstören.
Ich verliere nicht Viel, wenn mir das Vertrauen meiner Kunden erhalten bleibt.
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Gabriel Ducas
Brujah
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Re: [1078] Das Bouquet der Debatten [Hof, Alle]

Beitrag von Gabriel Ducas »

Hätte er als Fürsprecher reagieren müssen? Verstand der junge Gelehrte überhaupt was da gesprochen wurde? Oder hatte er schlicht mit Glück, seinen Kenntnissen und seiner Interpretation der Etikette seine eigene Vorstellung mit mehr Glück als Verstand über die Bühne gebracht? Selbst wenn er es verstanden hätte, hätte er Fürsprache gehalten? Nach den Worten Vincentes? Nach den Worten Aurores? Die Anspannung hatte sich gelegt, nachdem der Blick der Ventrue Ahnin nicht mehr auf ihm lag, und er verfolgte das weitere Geschehen aufmerksam. Kurz glitt sein Blick neben sich als Benjamin vortrat um etwas zu sagen, aber es war nur ein flüchtiger Moment. Auch Vergonzo erhielt einen kurzen Blick als dieser sprach. Aber die Augenblicke waren so flüchtig, dass man wohl davon ausgehen musste, dass der Gelehrte keine Ahnung hatte, was die beiden da sagten. Ein Vorteil der steifen Veranstaltung war, dass man doch viele Dinge beobachten konnte, wenn niemand dazwischen quatschte oder hibbelig wurde. Kleine Bewegungen, ein Lächeln oder ein Nicken hier und da waren wie plötzliche Blitze in einer ansonsten ruhigen Nacht.

Nachdem Vincente nach der Übersetzung des feisten Mönches nun reagieren konnte, verkündete der Seneschall im Anschluss den nächsten Punkt der nächtlichen Agenda. Sowohl bei den Worten des Chronisten als auch des Lasombra Ahnen verblieb der Blick des Brujah auf den Sprechenden. Gossenitalienisch. Der Treueeid. Das hatte er ganz offensichtlich verstanden. Nachdem Lydiadas geendet hatte und ohne den Kopf zu bewegen, suchte Gabriel mit den Augen die Versammelten ab. Wer würde wohl vortreten? Er selbst sah kurz in Richtung seines Lehensherren und verblieb vorerst auf seiner Position.
At the end of the masquerade
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It's only down from here
You think you have a choice, but there's no other way

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Ilario
Lasombra
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Re: [1078] Das Bouquet der Debatten [Hof, Alle]

Beitrag von Ilario »

Dass Vincente bar jedes Verstehens und jeder Übersetzung vor Aurore getreten war und sie anscheinend beschlossen hatte an ihm irgendeine Art Exempel zu statuieren, ließ Ilario aufhorchen. Interessant war für ihn nicht der Fakt an sich, sondern das Warum. War es eine Stichelei in Richtung des Clans der Schatten? War es wegen Vincentes Herkunft? Oder war es die Tatsache, dass er Hohen Blutes war und jemand wie Aurore einfach erwartete, dass die Kinder Hoher Clans das Lateinische beherrschten?

Ilario erwartete, dass sich einer von Vincentes Fürsprechern dessen Problem annahm. Er erwartete, dass Galeno hier aushalf. Doch Benedetto war schneller, nun konnte Ilario keinem der anderen mehr ein Zeichen geben Vincente zu helfen. Statt aber nun zu grollen, mache er gute Miene zu des Kappadozianers bösem Spiel, nickte diesem anerkennend zu. Zudem reifte ein Gedanke, vielleicht konnte man die Verstrickung Vincentes nutzen.

Vasalleneide. Dies versprach interessant zu werden und der Hüter beobachtete mit Argusaugen wer wohl vortreten mochte um in den Kreis der genuesischen Vasallen aufgenommen zu werden.
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
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Giada Salvaza Rossi
Lasombra
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Re: [1078] Das Bouquet der Debatten [Hof, Alle]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Giada schien nicht viel mehr als Verachtung für die lausige Vorbereitung von Vincente zu haben. Einmal mehr begab er sich in die Hände anderen Blutes: Die Ventrue zuvor, nun der Kappadozianer. Sie hatte ihn zu warnen und zu lehren begonnen, doch Vincente erschien bestenfalls alle paar Jahre einmal zu seinen Lehrstunden, wenn überhaupt.

Und so beobachtete sie sein Verschulden und Stolpern ohne Mitleid und ohne Reue. Wie jeder aus dem Blut der Schatten würde er sich selbst behaupten und seine eigene Stärke finden müssen - oder fallen.
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Atessa Federizzi
Toreador
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Re: [1078] Das Bouquet der Debatten [Hof, Alle]

Beitrag von Atessa Federizzi »

Der Lasombra namens Vincente schien etwas besonderes zu sein in den Augen der weißen Prinzessin - nur scheinbar nichts Gutes. Hatte er einfach persönlich sich in die Nesseln gesetzt oder galt diese Rüge dem gesamten Clan der Schatten?
Schließlich war er Kind eines hohen Clans, in die Sprache zu wechseln, die er offenkundig nicht verstand war ein deutliches Zeichen. Zu seiner "Rettung" trat dieser fleischgewordene Unfall auf zwei Beinen und begann zu übersetzen.
Die junge Rose beobachtete das Schauspiel, bis das Thema gewechselt wurde.

Ein Lehnseid.
Interessiert sah sich Atessa um, mied aber jeglichen direkten Blickkontakt zu den anderen anwesenden Kainiten. Niemand sollte auf die Idee kommen können, sie mit einem leichten Kopfnicken zu etwas aufzufordern, wonach sie anscheinend nicht strebte.

Still stand sie an dem Fleck, zu dem sie sich nach ihrer Anerkennung zurückgezogen hatte - und beobachtete und wartete. Wie viele der hiesigen Anwesenden, die nicht gerade frisch in die Domäne gekommen waren wie sie oder Allegra waren eigentlich Vasallen?
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Allegra Aldighieri
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Re: [1078] Das Bouquet der Debatten [Hof, Alle]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Allegra beobachtet sehr genau, wie die Weiße Prinzessin mit Vincente umspringt, ist aber eher mitfühlend - immerhin war er so nett gewesen, die Ancillae aus der Menge hervorzuheben, und damit der frisch eingereisten Kappadozianerin ihrerseits Fehltritte zu ersparen. Und sie hatte selbst mit Aurores Ansprache in Latein zu kämpfen.

Beim Aufruf zum Lehnseid bleibt sie einfach an Ort und Stelle knieen und rührt sich nicht. Sie hat bisher in der kurzen Zeit noch nicht einmal einen einzigen Fürsprecher finden können, wie konnte sie da erwarten dass ein solches Ansinnen ernst genommen würde? Abgesehen davon hatte sie es nicht eilig, sich durch einen Eid zu binden, auch wenn es wahrscheinlich früher oder später unumgänglich war.
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Macario
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Re: [1078] Das Bouquet der Debatten [Hof, Alle]

Beitrag von Macario »

Um der Posse Vincentes reckte Macario seinen Hals in Richtung Ilarios...

Wohl aber nur der Feststellung wegen, dass dieser ebensowenig einschritt.
Dass der Älteste kein Deut machte, war für den Herold mehr als vorhersehbar.
Dass ein weiterer Ancilla dem Naivling einen Gefallen abpressen würde, schien umso mehr die logische Folge.
Sollte der feiste Benedetto nur nach Vincente greifen, umso näher würde man ihm kommen können, ohne selbst Wagnis einzugehen.
Er, der seine Finger ausstreckte nach dem Blute der Schatten, er selbst machte sich angreifbar.
Wähnte der Grabräuber sich derart sicher?


Mitleidig blickte Macario daraufhin für einen Augenblick zur Szene des Vincente.

Er hatte sehr wohl Mitleid. Mitleid für den Erzeuger dieses Tölpels. Was für eine Schmach, was für eine Erniedrigung. Man würde davon gewiss auch in Pisa hören.
Wie kann man von Licht sprechen, wenn man nicht, wenigstens einmal,
die Erfahrung der Finsternis gemacht hat.
Zenon von Kition
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I Tarocchi
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Re: [1078] Das Bouquet der Debatten [Hof, Alle]

Beitrag von I Tarocchi »

Es war Tankred Drengot, der nach einigem Warten in höflicher Zurückhaltung, vortrat, um vor der Herrin Genuas seinen Eid abzuleisten. Schwer klirrte seine Rüstung, als er das tat und für wenigstens einen Moment wirkte er wie das Sinnbild eines aufrechten, starken Kriegers und Soldaten, eines Beschützers, eines Schildes für die Schwachen und wider die dunklen Gefahren dieser Welt.
Er hatte Benjamins Waffen, die er diesem abgenommen hatte, wieder aufgehoben, denn liegenlassen wollte er sie schlechterdings. Doch zwischen ihm und dem Allesfresser hatte es auch einen Blickwechsel gegeben und letzter kam, um die Dolche zu nehmen und Tankred dafür dessen Schwert zu erreichen. Es war auch der Allesfresser, der für diesen Moment bei Arashs reglosem Körper blieb, um darüber zu wachen.

Dieses Schwert war offenbar fein und vielleicht sogar meisterlich gearbeitet. Der Griff war frisch gebunden und am Knauf mit roten Halbedelsteinen besetzt. Vor allem aber steckte es in einer festen Scheide aus Holz und Leder, welche nun mit einem weißen Tuch und einer roten Kordel so umwunden worden war, dass man die Waffe nur sehr umständlich - wenn überhaupt - ziehen konnte.
Tankred hob sie auch nur kurz auf beiden Händen an, um sie Aurore einmal zu präsentieren. Dann legte er das Schwert andächtig nieder, als auch er selbst sich nun niederkniete.

Spätestens diese Bewegung machte auch jene hübschen Illusionen von Kriegerstolz oder ritterlichem Glanz zunichte, denn der Körper des Nosferatu war bei all seiner Größe und Kraft verwachsen und ungleichmäßig. Sein eines Bein war steif und wollte nicht so recht. So polterten seine Knie mit einem eher dumpfen, schmerzhaften Knacken auf den harten Boden. Doch Tankred ertrug die Demütigungen und den Verrat seines eigenen Körpers mit stoischer Miene.

“Ich, Tankred Drengot, Neugeborener aus dem Clan Nosferatu, will Euch den Treueeid leisten”, erklärte er laut und klar.
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Vincente Carlos
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Re: [1078] Das Bouquet der Debatten [Hof, Alle]

Beitrag von Vincente Carlos »

Dass der Fette sich so schnell bewegen konnte, überraschte ihn. Fast schien es, als bräuchte die Masse einen Moment, bevor sie begriff, dass die Beine stehen geblieben waren. Erst dann kehrte sie, die voraus geeilt war, brav wieder zum Rest zurück, um sich wieder zu vereinen und an ihren Träger zu schmiegen. Vincente nahm dies als Anlass sich zu ermahnen, dass das Äußere eines Kainiten täuschen konnte, ja fast schon täuschen musste, und Masse mit ihrer vermuteten Trägheit keineswegs Gefahrlosigkeit zu bedeuten hatte. Das Erscheinungsbild diente nicht nur dazu, Menschen hinters Licht zu führen. Auch sie selbst konnten leicht getäuscht werden. Und man vergaß es schnell.

Man mochte ihn für dumm halten, doch dem war nicht so. Er war sehr wohl in der Lage aus der Situation Rückschlüsse zu ziehen. Auch er würde in dieser Nacht Urteile über andere fällen. Schließlich gibt das Schwert nicht nur Auskunft über den, auf den es zeigt, sondern immer auch auf den, der es hält. Oder dumm glotzend in der Nase bohrt und daneben steht.

Was Aurore mit alledem zu bezwecken hoffte, das wusste vielleicht nicht einmal sie selbst. Wenn sie für Neulinge keine Geduld hatte, dann oblag es ihr, sie nicht einzuladen. Ganz einfach. Für die einen war sie extra ins Italienisch gewechselt. Andere hatte sie nicht dafür gerügt, dass sie versuchten Latein zu sprechen und dabei vorgingen wie jemand, der versuchte eine Leiche schnellstmöglich nach begangener Tat mit einem stumpfen Beil zu zerlegen, ohne jemals auch nur ein Schwein zerlegt zu haben und daher nicht einmal klug genug war, den Körper an den Gelenken zu zerteilen. Selbst für seine Ohren hatte es schwerfällig und mühsam geklungen. Jedes Wort war wie ein Kampf erschienen. Und das Fleisch schien dabei gewonnen zu haben. Sicher hatte es da viel Raum für Interpretation gegeben, den sie jedoch nicht genutzt oder besser gesagt wohlwollend ausgelegt hatte.

Bei ihm jedoch schien sie nun missgünstig, als erwartete sie ernsthaft, dass ein Seemann, der gerade einmal so Lesen und Schreiben konnte, auch noch fließend Latein konnte. Offenbar hatte sie ihn noch nie beim Halten eines Federkiels gesehen. Und selbst wenn er es gelernt hätte, da war er sich sicher, so hätte sie ihn für seine Aussprache gerügt oder seine Worte absichtlich missverstanden. Man konnte immer Anstoß finden, wenn man es wollte. Blieb die Frage nach den Details. Ob es an seinem Clan, seinem Erzeuger und dessen Beziehungen, oder den Fürsprechern lag. Vielleicht galt der Hieb auch gegen Lydias, der schließlich neben ihr saß statt unten beim Fußvolk zu knien. Nun denn, um Aurores Absichten zu ergründen würde er sie besser kennen müssen. Und wenn es nach ihm ging, so könnte er darauf bis auf Weiteres verzichten. Wahrscheinlich hatte Liutprand sein Betragen von ihr, dachte er kurz.

Dass die Fürsprecher oder sein Clan nicht vorgetreten waren, um ihm zu helfen, ließ auch tief auf sie alle blicken. Bei Ilario hatte er eine Ahnung, warum, schließlich hatte er etwas dergleichen in ihrem Gespräch angedeutet. Aber die anderen? Es zeigte einen Riss in der Front, durch den bequem ein Heer hätte spazieren können. Er war erstaunt, dass sie sich diese Blöße geben wollten. Gerade hier, am Hof der Ventrue.

Lieber gaben sie den Gefallen weg, an einen fremden Clan. Ließen zu, dass er andere Verpflichtungen und Bündnisse annahm, ja annehmen musste, statt die Bindung zu ihnen zu stärken. Er hatte sich nicht ohne Grund nicht nur Fürsprecher aus den eigenen Clansreihen gesucht. Aber was solls, dachte er. Er war es gewohnt in bunt zusammengewürfelten Mannschaften zu dienen, sich Freunde und Kameraden dort zu suchen, wo ihn das Leben hinführte. Statt denen am weit entfernten Ufer nachzutrauern.

Hätte er die Loyalität und den Zusammenhalt testen wollen, er hätte es nicht besser gekonnt. Und: Wer besser als ein Seemann verstand sich darauf, das Segel nach dem Wind zu richten, um volle Fahrt aufzunehmen? Aber mit der Sache würde er sich auch noch später näher beschäftigen können.

Daher nickte er nur kurz Benedetto zu, zum Zeichen, dass er sich bewusst war aufgrund der geleisteten Übersetzung in dessen Schuld zu stehen. Aufmerksam hörte er zu und hoffe, der Mönch leistete sich beim Übersetzen keinen Schabernack. Dabei blieb er in der demütigen Haltung, in der er vor Aurore getreten war, und wand sich, von dem kurzen Nicken in Benedettos Richtung abgesehen, auch nicht von ihr ab. Benedetto mochte sprechen, doch es waren letztlich Aurores Worte, die aus seinem Mund kamen.

Kurz überlegte er. Da aber alles sicher nur weitere Fallstricke enthalten konnte, entschied er sich für die kürzeste mögliche Antwort. Und antwortete mit „Ja, er hat mir seine Fürsprache verkauft“.
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Roya
Malkavianer
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Registriert: Do 20. Apr 2023, 23:00

Re: [1078] Das Bouquet der Debatten [Hof, Alle]

Beitrag von Roya »

Royas graue Augen glitten grüblerisch über den Saal, als dieser sich nach der Verkündung des Seneschalls für einen Augenblick in ein regelrecht gespenstisches Schweigen verwandelt hatte, ganz so als wären sie nun allesamt gleichermaßen von einem Moment auf dem Nächsten auf einer Beerdigung und nicht auf dem feierlichen Teil einer Zeremonie gelandet.

Sie betrachtete Jene, die sich mit ihr vorgestellt hatten und bereits deutlich länger als sie hier verweilten. Jene, die bereits Fürsprecher benannt hatten oder auch Jene, die nicht zuvor vorgetreten waren. Mochten sie denn allesamt bereits Vasallen sein?! Doch so ja, weshalb hatte gerade sie, eine dem Prinzen völlig Fremde, die Aufgabe erhalten, die Geißel zu unterstützen und keiner ihrer anderen Vasallen?!

Nachdenklich ging ihr Blick hin zu dem Thron, auf dem der Herrscher zurückgelehnt saß, hinüber zu ihrem Seneschall. Ein leises Rascheln ihrer viellagigen Stoffe durchbrach unangenehm die Stille, als sie ihrer beider Hände auf Höhe ihrer Brust hob. Ihre linke umfasste dabei ihre geschlossene rechte, während über ihr Gesicht ein kurzes Aufflackern zuckte, als sie diese leicht knetete.

Innerlich seufzte Roya. Sie konnte die Fäden des Schicksals nicht einmal im Ansatz so gut lesen, wie ihr Erzeuger. Dennoch fühlte es sich für sie falsch an, dass scheinbar Niemand dem Prinzen schwören wollte. Und so schloss Roya für einen Moment die Augen und fokussierte sich auf sich selbst. Auf das stechende Gefühl, dass ihren Körper durchzog, als ihre Fingerspitzen das Innere ihrer Handfläche berührten:

Vor ihrem geistigen Auge erschien eine einzelne Gestalt, die ein aufgerichtetes Schwert in ihren palen Händen hielt. Ihr Griff war beidhändig und sie hielten das mit dunklem Leder umwickelte Heft der Waffe fest umschlossen. Das Schwert war vor der Klinge mit einer Parierstange in Form von zwei Fledermausflügeln geschützt, die sich rechts und links des runden Korpus in der Mitte wie zum Flug ausgebreitet hatten. Den Körper bildeten drei Kreise, die gleich einer Morgenröte über den Bergen nahe dem Griff aufgingen. Die Schwingen auf dem unbedeckten, muskulösen und doch seltsam verkrüppelt wirkenden Körper der Gestalt der die Waffe trug waren dunkel und wirkten wie zähes Leder, zerfetzt und ausgefranst an ihren Rändern und doch bereit zu einem Sprung in einen Stutzflug. Sein Körper war völlig haarlos, seine Ohren spitz und seine Nase plattgedrückt gleich der einer Fledermaus, während seine Stirn in Sorgen oder auch Zornesfalten gelegt war, derweil die Fänge der Kreatur in dessen Mund spitz ausgefahren waren, ihr weißer toter Blick aus glänzenden Augen ziellos in die Ferne starrend.

Auf die Geräusche des sich bewegenden Tankreds hin, zuckte Roya aus ihren Gedanken auf und starrte überrascht in seine Richtung. Zwei, drei Mal blinzelte sie verwirrt, als das eine, sich mit dem anderen zu überdecken schien. Oder eben auch nicht, war dies nicht die Antwort auf die Frage, die sie sich gestellt hatte. Oder doch?! Vorsichtig sah sie auf ihre Hände herab und löste diese schließlich zögerlich, doch erst nachdem sie sie einen Moment nachdenklich gestreichelt hatte, unschlüssig darüber, was sie da wohl gerade gesehen hatte.
Am Ende einer Nacht sollten deine Füße dreckig sein, dein Haar zerzaust und deine Augen leuchten.
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