[1081] Das Küken im Schatten des Auerhahns [Allegra, Benedetto (SL)]

[Allegra Aldighieri]

"Es braucht sicherlich alles Zeit, Kathedrale wie auch die Heiligsprechung. Und ein paar bewegte Hebel in der Kirche - wobei Herold Macario mir bereits vorauseilend angeboten hat auszuhelfen, wohlwissend um meinen Mangel jeglicher Kirchenkontakte. Am Ende werde ich ihm mehr Gefallen schulden als ein Bauer Steckrüben an seinen Lehnsherrn, wenn es so läuft wie es dem wohlwerten Herold deucht."

Sie zählt mit ihren Fingern auf..

"Ich hätte natürlich die Möglichkeit, einen anderen Herold aufzusuchen und mir eine andere Aufgabe zuweisen zu lassen. Aber das würde kein gutes Licht auf mich und unser Haus werfen, und es würde immer der Ruch daran hängen dass ich schlichtweg unfähig gewesen wäre meine ursprüngliche Aufgabe zu erfüllen. Dieser Ruch würde derzeit dadurch verstärkt dass der einzige andere derzeit aktive Herold ein Clansbruder ist.
Abgesehen davon ist unsicher, ob die unbekannte andere Aufgabe irgendeine Verbesserung darstellen würde.
Viele gesicherte Nachteile, nur ungewisse Vorteile. Ich sehe insbesondere derzeit, wo ich nur über Galeno gehen könnte, keinen Sinn darin, diesen Weg zu gehen.

Bleibe ich also erst einmal bei den Möglichkeiten, während ich diese Aufgabe verfolge. Insbesondere, wie ich verhindere mich zu tief in Gefallensschulden bei den Magistern zu verstricken."

Mit der freien Hand hat sie eine Locke hervorgefummelt und spielt an dieser herum, während sie weiterspricht. Der vertraute Stimulus hilft ihr dabei, ruhig und konzentriert zu bleiben.

"In Kirchenkreisen ist Macario bei weitem nicht der einzige, der helfen kann. Indem ich ganz andere Kainiten frage, kann ich einerseits meine Schulden weiter streuen und zum anderen den Wert der Gefallen drücken, da es mehr potentielle Anbieter gibt.

Liviu Cosma ist ein ehemaliger Kleriker, und geradezu verzweifelt auf der Suche nach potentiellen Verbündeten und nach Möglichkeiten, den Ruf seines Hauses aufzubessern. Er ist zwar nicht besonders nützlich, aber ausgesprochen preisgünstig bei Sachen im Rahmen seiner Möglichkeiten, besonders wenn man seine Anliegen so verkaufen kann dass sie sein weiches Herz ansprechen.

Mit Ferrucio und Galeno weiß ich von zwei weiteren Kainiten, die ihre Finger in der Kirche haben. Echten Kontakt hatte ich noch mit keinem, und beides sind nicht die Art von Leuten die ich leichtfertig aufsuchen sollte, um mich bei ihnen zu verschulden. Aber bereits die Andeutung, stattdessen auch diese beiden aufsuchen zu können, kann mir dabei helfen den Preis irgendwelcher Gefallen zu drücken.

Euch selbst muss ich natürlich mit aufzählen - aber ich will Euch nicht unnötig mit solchem Kram behelligen. Ich will nicht die Sorte von unfähiger und nutzloser Neugeborener sein, die bei der kleinsten Schwierigkeit zu ihrem Ältesten angerannt kommt, sich an seinen Rockschoß hängt und mit großen Augen aufblickend darauf wartet, dass er sich für sie um die große böse Welt kümmert."

Sie hat sich offensichtlich noch viele weitere Gedanken zur Erfüllung ihrer Aufgabe gemacht, macht aber erst einmal eine größere Pause nach ihrem langen Wortschwall.

[I Tarocchi]

Wieder dieses Glucksen von Benedetto. Er schien sich darüber zu amüsieren, wie offen Allegra diese Dinge aussprach.

“Wenn es dir gelingt, eine echte Heiligenrelique heran zu schaffen, dann kann ich dafür sorgen, dass du sie direkt der Weißen Prinzessin zum Wohlgefallen zu Füßen legen darfst. Verkaufe es als Erfüllung der Aufgabe, die der Herold ja ohnehin nur für sie aussprechen darf. Lass ihn im Staub zurück und halte dich gleichzeitig aus dem Kathedralenstreit zwischen ihm und dem Nosferatu heraus. Gewinne die Gunst der Herrin der Domäne, wenn dein "Fundstück" es wert ist.” Benedetto, der Allegras Mitbringsel auf einem der Pulte niedergelegt hatte, faltete seine wulstigen, weichen Hände vor dem Bauch.
“Oder verspiele sie gründlich und meine auch, denn ich habe dir dann immerhin bis vor die höchst verehrte Aurore den Weg geebnet. Und nachdem ich dir diese Möglicheit biete, wäre es unhöflich mir gegenüber, das einfach abzulehnen.” Er gluckste wieder und amüsierte sich offenbar dieses Mal darüber, wie offen er die Dinge aussprach.

[Allegra Aldighieri]

Allegra steht wieder einen ganzen Moment baff da und schaut Benedetto aus großen, weiten, leichenstarrenden Augen an. Das lief mal wieder sehr viel besser, als sie erwartet hatte - aber dann war da diese Einschränkung im letzten Satz, so als wolle ihr Ältester sie auf einen bestimmten Pfad leiten.

"Eine Reliquie komplett am Herold vorbeileiten würde vieles, vieles für mich viel, viel einfacher machen. Macario bestand zwar darauf, dass die Reliquie zu seiner Domäne bringe und ausschließlich dort lagere - aber wenn sie bereits in Aurores Händen liegt und von ihren eigenen Augen für gut befunden wurde, was will er machen? Einen wütenden Protestbrief schreiben?"

Den Einwand, den sie hat, versucht sie taktvoll und vorsichtig vorzubringen.

"Alleine, eine richtige, wahre, ordentliche Reliquie aufzutreiben, die ohne wenn und aber heilig ist und nicht erst durch den Prozess der Heiligsprechung reifen muss, das wäre eine Schwierigkeit, auf die ich zu sprechen kommen wollte. Sankt Syrus' bereits gefundene Reliquien scheiden aus, ebenso bisher unentdeckte Reliquien an seinem Geburtsort wenn ich nicht den Magistern in die Hände spielen will.

Damit bleiben nur noch Reliquien von außerhalb Genuas - Mailand, Massilia, Pisa, vielleicht noch viel viel weiter weg. Ich müsste entweder legal in eine fremde Domäne einreisen und mein eigentliches Motiv verschleiern - oder mich hineinschleichen - beides riskant und unsicher. Dann die Knochen aus einem gut gesicherten Gemäuer stehlen das vor versengender Heiligkeit möglicherweise nur so trieft, und müsste mich sowohl mit Blutsaugern als auch Sterblichen rumschlagen die es nicht so witzig finden wenn die kleine Allegra mit ihrem Allerheiligsten davonspazieren will."

Sie faltet ihre Hände zusammen, schaut den feisten Mönchen mit großen Augen an und verfällt in ihre süßeste Kleinmädchenstimme.

"Daher ist die Frage - gilt dieses Angebot nur für Reliquien, oder auch für "Reliquien", wie die mit einer schönen Geschichte versehenen Zufallsknochen die Ihr mir zuerst empfohlen habt?
Letztere kann ich mir schnell aus dem Hut ziehen. Bis dann auch nur die Grundmauern der geplanten Kathedrale stehen, habe ich mehr als genug Zeit um Revio oder einen anderen Seligen reifen zu lassen und die Weiße Prinzessin mit einem noch großartigeren Schatz zu überraschen, beste Grüße von Haus Kappadozius inklusive.
Oder bis eine der anderen Städte des westlichen Mittelmeers in Kriegswirren gerät und ihr Lokalheiliger leichte Beute wird, wenn ich schnell zupacke."

[I Tarocchi]

Benedetto beobachtete Allegra und ihre Allüren mit jener Kleinmädchenstimme mit der etwas distanzierten Kennermiene eines Kunstkritikers. Abrupt wandte er sich ab und begann, die Regale ab zu gehen und einige der Schriften zur Hand zu nehmen. Er schien etwas zu suchen, erklärte jedoch nicht, was.

"Die Frage wäre, ob du gut genug in deinem Handwerk bist, um das zu tun", meinte er währenddessen zu Allegra hin. "Du kannst mir deinen 'Fund' vorlegen bevor du es anderswo wagst. Dann sehen wir weiter." Er begann, einen kleinen Stapel an Papyrusblättern und -kärtchen auf einem der Schreibpulte aufzuschichten.
"Entweder so oder du musst tatsächlich etwas stehlen. Und darfst nicht erwischt werden. Es dürfte auch nicht zu nah sein, denn die Leute und die Kirche werden mit einer Reliquie protzen. Wenn du richtig gut wärest, würdest du eine falsche Fährte legen."

Er klopfte dann mit der flachen, fleischigen Hand auf das Schreibpult neben dem aufgeschichteten Stapel. "Deine Studien beginnen hiermit. Damit kann ich erkennen, wo du stehst und was als nächstes kommt." Er setzte dann sein Wachstäfelchen, das bislang einfach am Schreibpult gehangen hatte, daneben.

"Offensichtlich liegt einige Arbeit vor dir."

[Allegra Aldighieri]

Allegra trifft erstmals ihren Clansältesten Benedetto in dessen Domäne. Als Geschenk überreicht sie ihm ein selbstgeschriebenes Dossier über die jüngere Geschichte Rhegiums.
Sie unterhalten sich über verschiedene Kainiten der Domäne und über Allegras Aufgabe.
Benedetto stimmt zu, Allegra in den Grundlagen der Gelehrsamkeit zu unterweisen.