[1087] Piacere [Allegra, Ilario]

[Ilario]

Bei einer Gelegenheit da die illustre Kappadozianerin das Elysium aufsuchte, trat Mariam höflich an sie heran und bat sie ihr zu folgen. Der verehrte Signore Contarini wünsche sie kennenzulernen.

So Allegra ihr folgte, führte die Dienerin sie die Treppen hinauf zu Terrasse. Das Licht des fast vollen Mondes erhellte die Terrasse und den darunter liegenden Garten ebenso wie die schmale Gestalt Ilarios. Über der dunklen Tunika, grauen Beinlingen und Schuhen, trug der Blutvogt und Hüter einen nachtschwarzen Umhang. Einzig die silberne Schließe funkelte im Mondlicht. Er beobachtete anscheinend den Garten oder den Nachthimmel, war von der Ankommenden abgewandt. Ein knapper Wink mit der Rechten deutete ihr aber näherzukommen, lud ein ebenfalls den Ausblick zu genießen.

[Allegra Aldighieri]

Allegras Wege hatten sich bislang noch nicht viel mit dem des Hüters und Blutvogtes gekreuzt. Natürlich hatte sie ihn auf dem Hoftag gesehen vor fast 10 Jahren, aber wer war da nicht zugegen gewesen?

Nach dem Erpressungsversuch Gabriels, ihr den Stillebruch in Platealonga anzuhängen und zum Blutvogt durchzustechen - wahrscheinlich in der von der Caitiff verdrehten und verzerrten Schilderung der Ereignisse, anstatt so wie sie tatsächlich vorgefallen waren - hatte sie nicht viel Verlangen danach, Ilario aufzusuchen. Noch gefährlicher, als Ilario aufzusuchen, war es aber Ilario nicht aufzusuchen, wenn er seine ausdrückliche Einladung aussprach. Ancillae versetzte man nicht so einfach, nicht als einfache Neugeborene und geduldeter Gast.

So folgt sie natürlich Mariam zu ihrem Meister. Zu Ilarios Erscheinung in dunklen, gedeckten Farben - oder eher deren Abwesenheit - bildete sie wieder mal einen scharfen Kontrast, mit einem grün-blau gestreift bedrucktem Kleid byzantinischer Musterung, einer dunkelorangenen Weste, einem dunkelgrünen langen Rock - und dem lile Hüfttuch, dass sich trotz seiner beeindruckenden Färbung und Auffälligkeit besser an einer Hure als an einer reichen Händlerin machen würde.

Auf den Wink tritt die Kappadozianerin gemessenen Schrittes an Ilarios Seite, ohne plötzliche abrupte Bewegungen, in einem weiten Kreis in dem sie möglichst lange in seinem periphären Sichtfeld liegt, anstatt schnurstracks von hinten heranzuschleichen wie eine Meuchlerin.
Sobald sie neben Ilario zum Stehen gekommen und ihrer Einschätzung nach gut wahrnehmbar ist, neigt sie sich dem Hüter tief zu, spricht ihn aber weder von sich aus an, noch drängt sie sich in sein Sichtfeld und nimmt ihm die Aussicht. Stattdessen blickt auch Sie auf den Garten hinaus, dem Älteren die Initiative überlassend, wann er sie ansprechen würde.

[Ilario]

Einen Moment ließ er sie warten, dann nahm Ilario die Verneigung mit einem Nicken zur Kenntnis. Sah sie an, dann die Muster und Farben ihres Gewands, wo er etwas zu suchen aber nicht zu finden schien. Dann sah auch er wieder hinaus in die Nacht. "Werte Allegra, gut dass ihr meiner Einladung gefolgt seid. Wir hatten noch nicht das Vergnügen einander kennenzulernen, etwas das ich gern nachholen würde."

Ilario hatte nicht die Absicht das Amt des Blutvogtes zum Spielball der Interessen anderer Kainiten verkommen zu lassen, aber auch nicht es zahnlos erscheinen zu lassen. Dies war einer von mehreren guten Gründen, weshalb dieses Treffen stattfand und dass es in dieser Form stattfand.
Er deutere auf den nächtlichen Garten hinaus. "Was seht ihr dort, wenn ihr genau hinsschaut, werte Allegra?" Fragte der Lasombra lauernd, als wolle er hier durchblicken lassen, dass die Antwort mehr wäre als nur jene auf die gestellte Frage.

[Allegra Aldighieri]

Allegra lächelt freundlich, als ihre Kleidung so eindringlich besehen wird, und entspannt ihre Haltung etwas. Sie ist ungemein stolz darauf, sich so teure und feine Sachen leisten zu können, und genießt es wenn auch andere das bemerken - auch wenn das nur unwahrscheinlich der Grund für das Interesse des Ancillas an ihrer Garderobe ist.

"Einen schönen Abend, verehrter Herr Contarini. Auch ich würde mich sehr darauf freuen, diese Lücke in meinem Bekanntenkreis endlich schließen zu dürfen."

Sie folgt dem Fingerzeig, blickt über die Brüstung hinaus, und zögert nur kurz, gerade solange wie sie braucht um alles bewusst aufzunehmen.

"Ich sehe den stillen Rosengarten. Oft bin ich die letzten zehn Jahre hierher gekommen, und mir sollte jeder Winkel vertraut sein - aber doch wirkt alles so anders von hier oben, kleiner, entfernter, durch die ungewohnte Perspektive verzerrt.

Besonders die Fontana Rossa erkenne ich von hier oben wieder, die mich schon bei meinem ersten Besuch so in den Bann geschlagen hat und deren Illusion ich jedes Mal von neuem bewundern kann - aber von hier oben sieht man nur einen schwachen Abglanz, erahnt den besonderen Effekt mehr als ihn wirklich wahrzunehmen. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich den Abglanz wirklich wahrnehme, oder ob meine Sinne mir nur einen Streich spielen weil ich den Effekt schon oft gesehen habe und seine Anwesenheit einfach erwarte."

[Ilario]

"Interessant, dann könnt ihr sicherlich auch nachvollziehen, dass eine veränderte Perspektive mitunter dafür sorgt... Dinge hinterfragen zu müssen. Die eigene Wahrnehmung und auch die Anderer."
Weiterhin sah der Lasombra hinaus, weniger hinunter, als vielmehr in den Nachthimmel über Genua. "Deshalb, unter anderem, wollte ich mir ein Bild von euch machen. Wisst ihr, werte Allegra, dass es Kainiten, mit gutem Leumund, gibt die schwere Vorwürfe gegen euch erheben? Könnt ihr euch vorstellen was dies für Vorwürfe sein könnten und wer sie gegen euch erhebt?" Ilario kam hier direkt zum Punkt und wandte sich der jüngeren Kainitin zu, beobachtete ihre Reaktion. Vielleicht war diese auch viel wichtiger als die wörtliche Antwort oder eine ganz eigene.
"Andere Blutvögte hätten vielleicht einfach mit der nötigen Brutalität gehandelt und hinterher gefragt, doch dies ist weder meine Absicht noch meine Art. Daher diese Gelegenheit." Und auch, weil er sich nicht gerne benutzen ließ. Zudem schwelte immer noch diese kleine Fehde mit dem fetten Mönch und diese Neugeborene gehörte nunmal zu dessen Clan.

[Allegra Aldighieri]

Allegra bleibt völlig gefasst, als die Frage gestellt wird, und lässt sich ihre Nervosität nicht anmerken.[1]

"Ich danke Euch dafür, dass Ihr mir vorher die Gelegenheit gebt mich zu äußern. Es gibt einige Unstimmigkeiten, wenn es um den Vorfall geht an den ich denke - aber lasst mich nicht vorgreifen, sondern erst einmal sehen ob ich richtig vermute.

Ihr spielt sicher auf diese Fangfrage an, die der wohlwerte Gabriel Ducas mir vor einigen Monaten in der Kirche San Giorgio zu dem Vorfall in Clavicula vor ein oder zwei Jahren gestellt hat? Mit der er mir unterstellt hat, ich würde auf offener Straße Genicke zwischen meinen Oberschenkeln brechen wie Grashalme und mir den Leichnam dann über die Schulter werfen wie einen Wollschal?"

Unterschwellig schüttelt sie leicht den Kopf, so als ob das absolut absurd wäre.

"Wie mir auffällt, sprecht spracht Ihr von Kainiten im Plural, verehrter Ilario. Gehe ich damit recht in der Annahme, dass zwischenzeitlich noch weitere Beschuldiger aufgetreten sind?"

[1] Gefühle verbergen: Manipulation + Ausflüchte (+WK) 5 Erfolge Link

[Ilario]

"Vielleicht..." Weiter ging er nicht auf die Frage nach weiteren Beschuldigern ein. Vielleicht gab es auch keine? "Nun, der werte Signore Ducas hat schon des Öfteren ein Auge auf Verfehlungen gehabt und sicherlich erwarten so einige, dass der neue Blutvogt ein Exempel statuiert. Allerdings habe ich nicht vor aufgrund von Verdächtigungen meinen Weg mit Asche und Blut zu pflastern, noch ihn so zu beginnen. Nein, wer die Stille bricht wird einfach verschwinden. In aller Stille."

Einen Moment ließ Ilario der Leere, der Stille nach diesen Worten Raum, eher er sacht lächelnd fortfuhr. "Vielleicht hätte ich sogar Verwendung für jemanden der Genicke wie Grashalme brechen kann, ob nun mit den Oberschenkeln oder den Armen wäre mir einerlei. Nur erwischen lassen von einfachen Sterblichen sollte dieser Jemand sich nicht... Aber alles der Reihe nach, berichtet mir doch ausführlich wie jener Vorfall sich aus eurer Perspektive zugetragen hat." Wieder folgte eine kleine Pause, gefolgt von einem Stirnrunzeln. "Hätte der werte Herold vom Blut der Gelehrten eurer Ansicht nach einen Grund euch eine solche Fangfrage zu stellen? Möglicherweise einen anderen als den offensichtlichen?"

[Allegra Aldighieri]

Allegra spielt an einer Locke, um ihrer Konzentration auf die Sprünge zu helfen, ehe sie rekapituliert, der Vorfall war schon eine ganze Weile her.

"Es gibt eine Gruppe Söldner, die in Clavicula herumgeht und sich an armen jungen Frauen vergreift - Frauen, deren Wort kein Gewicht vor Richtern hat, und die zu wehrlos wären, um sich ihren Drohungen zu widersetzen, falls sie doch versuchen sollten zu ihrem Recht zu kommen. Bis sie sich eines Tages an der falschen Frau vergriffen, an einer Sterblichen die ebenso recht- und wehrlos wie die vorigen war, aber einen großen Vorteil hatte - sie kannte mich.

Ich hatte einen Namen mitsamt Beschreibung - Eude. Eigentlich wollte ich nur weitere Namen aus ihm rausprügeln, von seinen Mittätern. Aber als ich ihm ins Gesicht geschaut habe, in diese trügerisch lieben blauen Augen, und dann auch noch erfahren habe, dass er ein Eheweib hat, dass er auf solche Art und Weise betrügt, mit jungen Dingern die er mit Gewalt dazu zwingt sich zu fügen... da hat die rote Wut mich übermannt, und ich habe mein Messer wieder und wieder in ihn gerammt.

Als ich dann wieder klar denken konnte, war da ein großer Auflauf von Menschen, die den Totschlag beobachtet hatten.
Ich musste schnell entscheiden, und entschied dass es Fragen aufwerfen würde wenn ein Kettenhemd von einer zarten Maid mit einem Messer so zugerichtet werden kann, und habe daher seinen Leichnam auf der Flucht mit mir getragen anstatt ihn zurück zu lassen - nicht protzerisch mit einer ausgestreckten Hand empor gehoben, sondern über die Schulter geworfen und mit beiden Armen gehalten, wie man es einer Frau wie mir gerade noch so zutrauen könnte, wenn die Angst ihr Flügel verleiht.

Sobald ich dann außer Sicht war, hatte ich die Leiche... hm... entsorgt. Mein Blut hat ein Händchen dafür, solche Indiskretionen unauffällig zu beseitigen."

Auf die Rückfrage zur Fangfrage nickt Allegra.

"Der wohlwerte Herold ließ Andeutungen fallen zu einem Vorfall, der nur mir und Angelique bekannt war - und bei dem Toten handelte es sich um ein sterbliches Mitglied ihrer Söldnerbande."

Ein sachtes Lächeln huscht auf ihr Gesicht.

"Die hellseherischen Blutskräfte der Autarkis könnten erklären, warum man unter allen jungen Frauen, die unter der Maske gesteckt haben könnten, kainitisch wie ghoulisch, gerade auf mich kommt, um einen Verdacht auszusprechen. Blutskräfte, um die wir uns aber bei den Sterblichen, vor denen wir uns verbergen, aber nicht sorgen müssen - und auch nicht bei Caitiff, wenn und falls sie das auf dem Hoftag ausgesprochene Interdictum wider die Anwendung malkavianischer Kräfte auch tatsächlich würdigen, und nicht einfach bei der ersten sich bietenden Gelegenheit fallen lassen wie einen nassen Sack Mehl, sobald es ihnen unbequem wird."

[Ilario]

"Hm... einen gerüsteten Mann über der Schulter zu schleppen mag ungewöhnlich erscheinen, aber beim besten Willen kann hier kein Fingerzeig auf die Existenz der Nachkommen Kains hineingedeutet werden. Nicht ernsthaft. Etwas unvorsichtig von euch vielleicht, aber nichts was ich ahnden müsste. Vielmehr reiht sich dies ein in eine Reihe von Verdächtigungen, die mit zuwider sind. Es gibt keine Beweise oder Zeugen die lauthals Kainit oder Vampir rufen, und doch glaubt man es sei eine gute Idee Liktoren und Blutvogt beschäftigt zu halten."

Mit nachdenklicher Miene schüttelte der Lasombra das Haupt, nein, das schien ihm gar nicht zu gefallen. "Eure Fehde mit Angelique ist eure Sache. Solange keine von euch die Traditionen verletzt, schlagt meinethalben zurück und ewidert den darauffolgenden Gegenschlag. Ohne solche kleinen, feinen, persönlichen Feindschaften und Rivalitäten... wäre das Unleben womöglich einfach und damit langweilig.
Es scheint mir aber interessant, dass der werte Herold Gabriel euch anschwärzen möchte. Meint ihr er hat persönliche Vorbehalte gegen eure Person? Oder der sehr verehrte Seneschall? Immerhin habe ich dieses Amt jenem zu verdanken und nun, über den Herold, werdet ihr benutzt um mich beschäftigen. Oder zumindest wird dieser euer Vorfall mit dem Söldner dankbar aufgegriffen und genutzt... Ich frage mich schon: Wozu?" Fragend hob er eine Braue und sah Allegra an, vielleicht, nein sicher, spielte auch hier wieder ihr Blut mit hinein. Doch gab es viele Ebenen zu bedenken und herauszufinden inwieweit Allegra willfähriges Werkzeug oder Opfer war.

[Allegra Aldighieri]

Bei einem zufälligen Besuch des Elysiums bestellt Ilario Allegra ein. Ikario spricht Allegra auf den Vorfall 1086 an, bei dem eine zierliche Frau einen normannischen Söldner zwischen ihren Schenkeln erwürgt und wie einen Sack Korn in Windeseile davongetragen haben soll.
Allegra schildert den Vorfall und ihre Motive dafür aus ihrer Perspektive, und macht Mutmaßungen zu Angeliques und Gabriels Motiven hinter deren Erzählungen.