[1089] Geplänkel und Geplatsche [Harl, Vincente]

Wenn die Sonne hinter das Appenningebirge sinkt, kriechen die Verdammten aus ihren Löchern. Dies sind ihre Geschichten.
Benutzeravatar
Vincente Carlos
Lasombra
Beiträge: 559
Registriert: Do 19. Mai 2022, 20:00

[1089] Geplänkel und Geplatsche [Harl, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

Genüsslich streckte er sich. Sein Wirbel knackte und er fragte sich, ob er nicht doch langsam alt wurde. Dabei sollte für ihn die Zeit doch eigentlich still stehen!
Er fuhr sich mit der Hand in den Nacken und versuchte die Verspannung dort wegzureiben, aber so richtig gelingen wollte es ihm nicht. Sein Opfer in dieser Nacht hatte ihm ein paar ordentliche Schläge verabreicht, bevor er ihn überwältigt hatte. Vielleicht kam es daher.

Er schüttel diese Gedanken ab, nun da er endlich satt war. In seine Behausung wollte er aber noch nicht wieder zurück, dafür war die Luft zu lau und der Abend doch noch zu jung. Daher beschloss er einen kleinen Umweg zu nehmen und die Stille der Natur zu erkunden. Irgendwo hier musste auch ein Fluss sein, dem könnte er folgen und noch vor Anbruch des Tages wieder wohlbehalten in der Stadt sein. Also machte er sich auf den Weg. Wasser war niemals eine schlechte Idee...
Benutzeravatar
Harl
Malkavianer
Beiträge: 595
Registriert: Mo 4. Sep 2023, 15:53

Re: [1089] Geplänkel und Geplatsche [Harl, Vincente]

Beitrag von Harl »

…Wasser war niemals eine schlechte Idee. Das war ein Überlebensmotto, wenn man es so sehen wollte, und eines, dem Harl gewissenhaft folgte. In einer Küstenstadt wie Genua wurde das sehr einfach, insbesondere, wenn die Tore für die Nacht geschlossen worden waren. Entweder, man war drinnen, oder man war draußen, oder man hatte einen Weg vom einen zum anderen gefunden.

Er hatte gleich mehrere, aber der simpelste war nun einmal genau das Wasser. Die Kette, die die freie Fahrt in den Hafen behindern konnte, war kein Hindernis, wenn man kein Schiff hatte, das behindert werden konnte. Doch Harl mit all seinen Möglichkeiten hatte selten genug Gründe, um nach Genua hinein zu gehen. Noch weniger, seit er sich mit einem sehr wehrhaften Genuesen angelegt hatte, der womöglich einige Kumpane besaß, die nach ihm suchten.

Kurz, es war einfacher, irgendwo anders zu sein und Wasser war niemals eine schlechte Idee. Im genauen Fall war dies das Wasser des Polcevera, welcher von Norden her aus dem bergigen, abschüssigen Umland Genuas ins Meer mündete. Harl war eine Kreatur der See, doch er liebte die Art, wie das weichere, süßere Wasser aus dem Landesinneren von den Bergen berichtete, von den Wiesen, Hügeln. Von Eis, dessen bloße Existenz Harl als etwas äußerst Seltenes begriff.

In dieser Nacht badete er in diesem süßen Wasser, schrubbte seine Haut mit Ufersand und wusch sich all den Filz und die Kletten aus den Haaren, die mit seinen Besuchen an Land einfach einhergingen. Auf die Weise jedenfalls bemerkte er nicht sogleich, dass jemand sich seinem Stückchen Fluss und Flussufer näherte.
“We live on a placid island of ignorance in the midst of black seas of infinity, and it was not meant that we should voyage far.” - Lovecraft (The Call of Cthulhu)

Harl (Beschreibung)
Benutzeravatar
Vincente Carlos
Lasombra
Beiträge: 559
Registriert: Do 19. Mai 2022, 20:00

Re: [1089] Geplänkel und Geplatsche [Harl, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

Vincente war froh, als er den Fluss endlich erreicht hatte. Er war kein Gangrel und konnte sich daher nicht wie ein Tier im Freien bewegen, war in seiner Gestalt und seinen Sinnen der Natur ausgeliefert – wenn auch nicht völlig hilflos.

Dennoch war er erleichtert, als er das Unterholz hinter sich ließ und nicht mehr über Wurzeln stolperte. Äste hatten nach ihm gegriffen und halb hatte er schon befürchtet, er wäre einem Angriff ausgesetzt. Vincente konnte nur hoffen, dass seine Kleidung nicht zerrissen war, jetzt, wo der Stoff vom Tragen endlich anschmiegsam und weich war.

Als er das Ufer erreichte, krempelte er sich die Hosen hoch und sah zu wie das Wasser seine Beine umspielte. Seine bloße Anwesenheit genügte, um die Ströme zu verändern und hier und da kleine Wirbel zu verursachen. Und da er als Toter die Kälte nicht zu fürchten hatte, würde er sich später auch nicht die Seele aus dem Leib pissen. Er starrte noch eine Weile länger auf die Wirbel, fasziniert, dass diese sein Leben als Kainit so gut wiederzugeben wusste. Auch er musste nichts weiter tun, als sein. Auch im Stillstand warf er Wellen und Veränderte den Fluss – ob er wollte oder nicht.

Alles endet im Meer, dachte er. Und so beschloss er dem Lauf des Wassers zu folgen, statt sich weiter seinen Gedanken hinzugeben. Geduldig folgte er dem Lauf, watete durch seichte Stellen oder kämpfte sich eine Böschung hinauf, wenn der Weg zu beschwerlich, das Wasser zu tief, die Strömung zu reißend wurde...

Als er eine sandige Uferstelle erreichte, bemerkte er plötzlich, dass er in dieser Nacht nicht mehr alleine war. Erst glaubte er nicht recht, was seine Augen ihm sagten. Aber das Bild das sich ihm bot, blieb: Jemand badete. In tiefer Nacht.

Er betrachtete die Gestalt erst aus der Entfernung, aber von seiner Position konnte er kaum mehr als Umrisse erkennen. Die Gestalt schien klein, aber da die wenigsten Leute sich in aufrechter Position wuschen war dies nur eine Vermutung. Die Haare schienen länger zu sein. Er erinnerte sich an eine andere Begegnung im Wald um Genua. Vielleicht hatte er Glück und die Unbekannte hatte wieder seinen Weg gekreuzt...

Er setzte eine fröhliche Miene auf, näherte sich und rief aus etwas Entfernung: „Wenn eine Baumdirne badet, wird sie dann automatisch zur Flussdirne?“ Er hatte schon länger darauf gehofft, der Schönheit erneut zu begegnen und wie es schien, hatte er in dieser Nacht wohl Glück.
Benutzeravatar
Harl
Malkavianer
Beiträge: 595
Registriert: Mo 4. Sep 2023, 15:53

Re: [1089] Geplänkel und Geplatsche [Harl, Vincente]

Beitrag von Harl »

Mit dem Ruf hielt Harl in seinen Bewegungen inne. Untertauchen? Zu flach.
Er hob das Gesicht in den Wind, witterte. Lauschte dem Ruf nach. Den Schritten, dem Wasser um ihn herum. Er drehte sich halb herum und griff unter dem Wasser nach einem Stein. Leute, fand Harl, unterschätzten Steine. Sie waren überall. Sie ließen Schädel und Nacken brechen.


Der Erste Mord war mit einem Stein getan worden.

Doch er hörte keine Jagdlust in dem Ruf. Es klang nicht einmal Spott, wie sonst. Oder Wut oder Verachtung oder was sonst den Menschen einfiel, wenn sie Harl sahen. Es klang nach einem, der noch Lust im Körper hatte. Und die Dinge nicht so ernst nahm. Ein Tonfall wie dieser starb viel zu schnell in der Nacht.


Trotzdem hielt er den Stein unter Wasser fest. Versteckt. Man wusste nie.

“Werd’ deine Kleider los und komm’ rein”, raunte er zurück. “‘ch nehm’ die Dirne am Baum und im Fluss.” Mit der freien Hand machte er einen Wassertropfenspritzendenn Wink in die Richtung von ein paar Bäumen und Gestrüpp in Vincentes Nähe und dann zum Flussufer hin.
“We live on a placid island of ignorance in the midst of black seas of infinity, and it was not meant that we should voyage far.” - Lovecraft (The Call of Cthulhu)

Harl (Beschreibung)
Benutzeravatar
Vincente Carlos
Lasombra
Beiträge: 559
Registriert: Do 19. Mai 2022, 20:00

Re: [1089] Geplänkel und Geplatsche [Harl, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

Vincente hielt kurz inne, als er eine fremde Stimme hörte, die dazu noch von einem Mann kam. Damit hatte sich seine Frage, ob er die Schönheit, der er kurz einmal im Wald begegnet war, vor sich hatte, geklärt.

Das hieß aber nicht, das der Abend nicht dennoch interessant werden konnte.

Vorsichtig machte er ein paar Schritte auf den Fremden zu, damit er ihn besser betrachten – und im Blick behalten – konnte. Das Angebot ließ ihn lächeln, die Vorsicht jedoch noch nicht vergessen.

„Ah, ihr seid nicht die Person, die zu treffen ich gehofft hatte.“ Er warf einen prüfenden Blick auf seine Umgebung. „Ihr habt ihr nicht zufällig eine hübsche junge Frau in Kleidung eines Waldburschen gesehen?“ Wenn man seiner Stimme genauer lauschte, so mochte man heraushören, dass die Gesuchte derzeit nicht das vorrangige Interesse genoss. Hatte Vincente hier doch zweifelsohne eine interessante Person vor sich, die eine lohnenswerte Nacht versprach...
Benutzeravatar
Harl
Malkavianer
Beiträge: 595
Registriert: Mo 4. Sep 2023, 15:53

Re: [1089] Geplänkel und Geplatsche [Harl, Vincente]

Beitrag von Harl »

Es war recht dunkel, doch der Mond und die Sterne standen hell an einem klaren Himmel und Harls Badeort im Bach war nicht von Felsen oder Bäumen überschattet. Und so konnte Vincente vielleicht nicht sehen wie bei Tage, doch die drahtige, vernarbte Gestalt konnte er schon ausmachen.

Nun war Harl nicht eben ein Schönheitskönig. Sein gerade tropfnasses, strähnig graues Haar klebte ihm am Gesicht, den Schultern und dem Rücken. Seine Nase war ein oder ein paar Male gebrochen und nicht besonders gerade wieder zusammen gewachsen und es gab kaum eine Stelle auf seinen Schultern, Armen, dem nackten Oberkörper, dem Gesicht und wahrscheinlich auch überall sonst auf seinem Körper, die nicht irgendwo alte Blessuren bezeugte. Sein Gesicht war eher schmal und eher spitz und das auch eher fliehende Kinn sollte vielleicht durch einen Bart ausgeglichen werden, aber der war eher fransig, ziemlich dünn und so salzgrau, dass er nicht unbedingt starke Akzente setzte. Kurzum: Es gab selbst unter Claviculaner Messerstechern durchaus hübschere Gesellen als diesen.

Was Vincente nicht sah, waren Kleider oder andere Sachen des Mannes. Das Einzige, was er wohl trug, war ein gewickeltes Armband, das eigentlich nur aus einer sehnigen Schnur bestand die mehrfach um Harls Arm gewunden worden war.

Der Mann im Bach allerdings schien sich von nichts davon bekümmern zu lassen. Er stand nun auf, so dass das Wasser von seinem Körper herunter rann und Vincente ihn in beinahe seiner ganzen Pracht sehen konnte. Damit wurde allerdings auch sichtbar, dass er einen Stein gepackt hatte und diesen in der Hand wog. Offenbar war er wohl bereit, seine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen. Sein eines Auge war gänzlich bleich, als wäre es erblindet, doch mit dem anderen schien er Vincente scharf zu mustern und abzuwägen, ob dieser eine Gefahr werden wollte.

“Näh”, meinte der Mann im Bach und lächelte ein Lächeln, das einfach nicht ganz menschlich wirkte. Vielleicht war es einfach zu hungrig, vielleicht war es auch einfach die gesamte Ausstrahlung dieses Mannes, die ihn wirken ließ wie ein Raubtier, das nur irgendwie die alte, narbige Haut eines Menschen übergestreift hatte so wie der Wolf im Märchen einen Schafspelz überstreift.

“‘s wär’ mir aufgefallen, so ein Mädchen”, raunte der Mann im Bach. “Ist nicht die sicherste Gegend für …nh… Nachtspaziergänge und hübsche Mädchen”, fügte er dann hinzu und es blieb unheilvoll offen, ob er vielleicht einer der Gründe für diesen Umstand war.



–--
mal einfach gewürfelt fürs Wetter/Sichtverhältnisse (0 mies, 10 gut): 10 - super Sichtverhältnisse für Nachts
“We live on a placid island of ignorance in the midst of black seas of infinity, and it was not meant that we should voyage far.” - Lovecraft (The Call of Cthulhu)

Harl (Beschreibung)
Benutzeravatar
Vincente Carlos
Lasombra
Beiträge: 559
Registriert: Do 19. Mai 2022, 20:00

Re: [1089] Geplänkel und Geplatsche [Harl, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

Vincentes Blick trank die sich ihm bietende fremde Gestalt als wäre sie ein seltener Wein. Was hatte er doch statt der Gesuchten für einen interessanten Ersatz entdeckt.

Er registrierte den Stein und auch das Armband, schätze die Gefährlichkeit von beidem ein. Mit der richtigen Sehne konnte man einem Mann gut den Hals zuschnüren...und ein Stein, nun, der ließ einen Stolpern oder um seine Knochen fürchten.

Begleiter oder Besitztümer nahm er nicht wahr. Wer also war der Fremde, der sich in der Wildnis so sicher fühlte?

„Schade, ich hatte wirklich gehofft ihr noch einmal zu begegnen“, sagte er. „Möchtet ihr nicht den Stein weglegen? Ich habe nicht vor euch etwas zu tun...“ Das 'Solange ihr nicht auf dumme Ideen kommt mir etwas tun zu wollen' stand unausgesprochen zwischen ihnen.
Benutzeravatar
Harl
Malkavianer
Beiträge: 595
Registriert: Mo 4. Sep 2023, 15:53

Re: [1089] Geplänkel und Geplatsche [Harl, Vincente]

Beitrag von Harl »

Der Mann im Bach warf den Stein lässig in die Höhe und fing ihn wieder. Dann zuckte er mit den Schultern und warf ihn über die Schulter fort, zurück in den Bach. Sein scharfer Blick klebte weiter an Vincente, an dessen Bewegungen, an der Haltung.
"Keine schönen Mädchen für dich, heut Nacht", bemerkte er. "Doch ein schöner Junge für mich." Es klang verwegen, womöglich sogar anzüglich.

Der Blick jedoch hat etwas eindringliches. Weiterhin war da diese Ahnung, etwas gegenüber zu stehen, das nicht wirklich menschlich war. Der Blick gehörte dazu, auf eine urtümliche Weise. Halbwilde Köter in den Gassen sahen einander so an, wenn sie sich umkreisten, wenn sie sich das erste Mal trafen. Straßenkater starrten so, wenn jemand unversehens in ihr Revier trat.

--
Auspex1, um nachts besser zu sehen
Auspex2 (Seelenschau), weiterhin Vincente studieren: 6 8 8 10 5 10 5 4
“We live on a placid island of ignorance in the midst of black seas of infinity, and it was not meant that we should voyage far.” - Lovecraft (The Call of Cthulhu)

Harl (Beschreibung)
Benutzeravatar
Vincente Carlos
Lasombra
Beiträge: 559
Registriert: Do 19. Mai 2022, 20:00

Re: [1089] Geplänkel und Geplatsche [Harl, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

Sein Blick folgte ganz automatisch dem Stein, als dieser immer wieder in die Luft geworfen und aufgefangen wurde, bevor dieser schließlich wieder mit einem leisen Plopp im Fluss verschwand. Es war fast unvermeidlich Bewegungen zu folgen, wenn der Rest des sich bietenden Bildes ruhig war. Und Vincente hatte diese Angewohnheit bisher noch nicht gänzlich ablegen können. Ein Makel, an dem er immer noch zu arbeiten hatte.

Seine Augen weiteten sich kurz vor Überraschung. Dann legte er den Kopf schräg. „Mich hat schon lange keiner mehr als schön bezeichnet.“ Insbesondere, wenn man bedachte was es noch für Kainiten unter ihnen gab, nicht zuletzt die Prinzessin selbst. Kurz fragte er sich, ob die Wahrnehmung des anderen vielleicht getrübt war. „Oder jung“, fügte er hinzu. Zum Glück war er verwandelt worden, bevor das erste Grau seine Haare erreicht hatte.

Vincente hielt dem Blick des anderen ruhig stand und ließ sich mustern. Wenn der andere sich hier wusch, so schien er sich hier sicher zu fühlen, die Umgebung vielleicht als sicher und ihm zugehörig zu finden. Er hatte nicht vor einen Revierkampf zu beginnen, aber er würde auch nicht die sprichwörtliche Kehle darbieten, indem er sich ängstlich, eingeschüchtert und als mögliche Beute darbot.

„Seid ihr auf der Durchreise oder habt ihr euch in Genua niedergelassen?“
Benutzeravatar
Harl
Malkavianer
Beiträge: 595
Registriert: Mo 4. Sep 2023, 15:53

Re: [1089] Geplänkel und Geplatsche [Harl, Vincente]

Beitrag von Harl »

Harl neigte den Kopf ein wenig auf die Seite. Etwas im Klang der Stimme des Fremden hatte sich verändert. Er lauschte dem Klang nach während er die Gestalt studierte. Für Vincente könnte es merkwürdig wirken, ein Blick wie dieser. Eng, scharf, zu genau. Zu klar.

Er schnaufte einmal und meinte: "Jünger und schöner als ich, nh?" Mit der Hand klatschte er sich einmal auf den bleichen, nassen Bauch. "Wer bist du, dass du mich nach meinem Woher und Wohin fragst?"
“We live on a placid island of ignorance in the midst of black seas of infinity, and it was not meant that we should voyage far.” - Lovecraft (The Call of Cthulhu)

Harl (Beschreibung)
Antworten

Zurück zu „Forenspiele“