[1089] Spuren im Sand [Benedetto (SL), Ilario]

Wenn die Sonne hinter das Appenningebirge sinkt, kriechen die Verdammten aus ihren Löchern. Dies sind ihre Geschichten.
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Ilario
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[1089] Spuren im Sand [Benedetto (SL), Ilario]

Beitrag von Ilario »

Nachdem ihm der Zwischenfall am Strand von Burgus gemeldet worden war, hatte Ilario die Elysiumsgarde zusammengerufen und instruiert. In der Folgenacht marschierte nun ein Dutzend Mann in dunklen Mänteln gen Burgus und von dort aus weiter zum Strand. Sie alle waren bewaffnet und auf der Hut, die Hand am Schwertgriff oder Pfeil und Bogen schussbereit. Womöglich eine Falle?
Sobald sie sich dem Strand näherten, gab Ilario ein paar ebenso leise wie knappe Kommandos, woraufhin die Gruppe sich etwas zurückfallen ließ. Der Schatten selbst näherte sich weiter dem vermeintlichen Ort des Verbrechens und schloss kurz die Augen. Als er sie wieder öffnete waren sein Blick von tiefem Schwarz des Abgrunds selbst erfüllt und die Dunkelheit der Nacht verbarg ihre Geheimnisse nicht länger...

War da jemand am Strand, was war zu erkennen?*


*Wahrnehmung und Aufmerksamkeit, keine Mali wegen Dunkelheit: @Schattenwandler (Martin) I rolled 7d10 for you which resulted in 39.
Results: 6 2 9 2 2 9 9.
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I Tarocchi
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Re: [1089] Spuren im Sand [Benedetto (SL), Ilario]

Beitrag von I Tarocchi »

Vor Ilario breitete sich eine für die eigentlich eher verschlafenen und gottesfürchtigen Verhältnisse von Burgus doch eher ungewöhnliche Szenerie aus: Zunächst einmal müsste er, um den eigentlichen Strand von Burgus zu betreten, an einem Seil vorbeigehen, welches kurzerhand zwischen ein paar in den Sand gesteckten Pfählen gespannt war und den gewöhnlichen Zutritt versperrte.

Dann konnte Ilario weitere solcher Absperrungen am Strand und auch an der Böschung erkennen und auch einige Mönche, die darum her standen. Die meisten trugen Lampen mit sich oder hatten diese an den Pfählen angebracht. Etwa in der Mitte des Strandes lag auch ein kleines Boot und nicht zu weit davon in Richtung von San Marcellino standen ein paar Handkarren unter einem improvisierten Zelt, das den Inhalt der Karren wohl hauptsächlich gegen den Seewind und bei Tage wohl auch gegen die Sonne schützte.
Ilario konnte neben den Mönchen auch wenigstens einen Bewaffneten sehen, einen kräftigen Mann mit einer Axt und zur Zeit auch einem handfesten Spaten. Dieser stand auf den Spaten gestützt da und spähte hinauf zur Straße als würde er etwas abschätzen.

Und dann war da Frater Benedetto. Er trug eine Kappe, die seinen ansonsten sehr kahlen Kopf gegen den Seewind schützte, der an seiner dunklen Kutte zerrte. Augenscheinlich war er es wohl, der die Mönche hierhin oder dorthin schickte. Er hielt eins von seinen Wachstäfelchen in den Armen und stand gerade bei jenem an Land gezogenen Boot, um dort etwas auf dem Täfelchen zu skizzieren. Neben ihm stand einer der Mönche mit einem Brett mit Schreibzeug und Schnüren wie sie auch beim Bau oder in dem sorgfältigen Anlegen von Kräuterbeeten zum Vermessen gebraucht wurden.
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Ilario
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Re: [1089] Spuren im Sand [Benedetto (SL), Ilario]

Beitrag von Ilario »

Sich an seine Leute mit knapper Geste wendend, schlossen diese auf und folgten auf einen erneute in etwa acht Schritt Abstand. So, dass klar war, dass der Blutvogt hier nicht alleine war aber ohne den Eindruck einer direkten Angriffsabsicht aufkommen zu lassen.

So kamen sie näher, direkt in das Blickfeld Benedettos, dem Ilario mit Amt und Alter angemessenem Respekt zu nickte. Schließlich blieb er etwas mehr als drei Schritt vor dem anderen Ancilla stehen.


"Verehrter Benedetto, möchtet ihr mir erklären was hier vor sich geht?" Fragte Ilario mit ernster Miene. "Ich mache mir gern mein eigenes Bild und höre mir verschiedene Perspektiven auf die Geschehnisse an..." Was das Ungesagte hier implizierte würde dem Ancilla nicht entgehen und Ilario gab ihm Zeit zu antworten, ehe er mit raumgreifender Geste auf den sie umgebenden Sand wies. "Finden sich noch Spuren... besonderer Art?" Im Tonfall fanden sich lauerndes Interesse, Verdacht und Sorge gleichermaßen.
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I Tarocchi
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Re: [1089] Spuren im Sand [Benedetto (SL), Ilario]

Beitrag von I Tarocchi »

Benedetto hielt seine kleine Wachstafel auf dem Unterarm fest und stierte Ilario entgegen als dieser mit seinem Gefolge näher kam. Einige der Mönche und auch der Geselle mit der Axt sahen nun herüber.
Frater Benedetto jedoch nickte Ilario zu und klopfte mit seinem Griffel gegen den Rand des Wachstäfelchens. Tak-tak-tak, viel schneller als das Geräusch der Wellen, sogar schneller als die etwas behäbigen Schritte der Gerüsteten auf dem sandigen Untergrund.

"Verehrter Ilario", sagte er erst einmal, wie eine Art Bestandsaufnahme des Umstandes, dass der andere Ancilla nun einmal hier war. "Ihr seid zügig gekommen. Und das noch bevor ich Euch als Blutvogt gerufen habe." Benedettos doch in dieser Nacht irgendwie leichenstarrer Blick machte den Anflug von Humor, den er vielleicht in diese Feststellung gelegt hatte, zunichte.
Dennoch rang er sich zu einem blassen Lächeln mit noch blasseren, etwas bläulichen Lippen durch und machte dann eine Geste über den Strand weg.

"Ich wurde attackiert", erklärte er. "Mindestens zwei Kainiten waren beteiligt. Dort oben lagen etwa ein Dutzend Strauchdiebe im Gebüsch", meinte er und deutete zur Straße zurück. "Dort auch einer an der Böschung, mit einem Speer. Das war ein Kainit. Die Übrigen dort oben waren Menschen. Einer davon nun tot, umgebracht von dem mit dem Speer. Offenbar auch mithilfe von Blutskräften. Ich habe die Leiche gesichert und erste Untersuchungen angestellt. Leider wurde wohl diese Anwendung von Blutskräften für den Mord hier oben von einigen weiteren Menschen beobachtet."

Er wandte sich dann etwas zur Seite, um zu dem kleinen Boot zu deuten. "Ich war in der Zeit hier unten und habe eine andere Attacke zurückgeschlagen. Paolo hatte mich um ein Treffen gebeten. Doch als ich hierherkam, ist er auf mich zugesprungen um mich zu schlagen und dann... ." Benedetto deutete auf mehrere Paar Spuren im Sand, die sicherlich nicht zu einem Menschen gehörten. Offenbar war es ordentlich hin und her gegangen, die Spuren überlagerten sich zum Teil und hier und da waren die Abdrücke recht tief. Man konnte die Spuren von Klauen im Sand erkennen, aber der Wind und die Witterung hatten wohl die feineren und leichteren Abdrücke umher auch schon verwischt.
"...zwischen zwei und drei Metern groß, mit Schuppen, Klauen und Fell", listete Benedetto mit einem Blick auf sein Wachstäfelchen auf. "Das bezeuge leider nicht nur ich sondern auch weitere. Die Bestie hat sich später in Burgus gütlich tun wollen, weil sie ihre Beute nicht so leicht bekommen konnte. Insgesamt ein Todesopfer hier am Strand und ein paar weitere Schäden im Dorf." Der Frater ratterte diese Dinge herunter, begleitet vom Tak-Tak-Tak seines Griffels gegen den Holzrahmen des Täfelchens.

"Die Bestie, Paolo, wurde aber mit Feuer abgewehrt und letztlich zur Flucht ins Meer zurückgetrieben. Das Boot musste er hier lassen, wie Ihr seht. Bislang keine weitere Spur von ihm. Ich habe die Anzahl der Menschen, die ihn als Bestie gesehen haben, glücklicherweise eingrenzen können." Er warf einen kalten und berechnenden Blick auf Ilario. Wahrscheinlich war heute Nacht jeder Blick, den er mit diesen Leichenaugen auf irgend etwas werfen konnte, kalt und tot.

"Ihr seid erstaunlich zügig hier. Entweder wusstet ihr von dem Angriff bereits im Voraus oder jemand wollte Euch davon wissen lassen." Und auch das klang wie ein simpler, logischer Fakt, den die Geißel, der Chronist von Genua anführte. Er wartete, was der Blutvogt dazu sagen wollte.
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Ilario
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Re: [1089] Spuren im Sand [Benedetto (SL), Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Wenn ich von diesem Angriff gewusst hätte, hätte er nicht stattgefunden. Wenn ich euch angreifen wollen würde, dann sicher nicht auf solche Weise und falls doch, hätte ich es hier und heute zuende bringen können." Ilario hob beschwichtigend eine Hand, nein das lag definitiv nicht in seiner Absicht. "Ein Angriff auf die Geißel, einen Amtsträger, ist gewissermaßen auch ein Angriff auf die Domäne selbst. Vielleicht ist das hier Teil einer beginnenden Schattenoffensive durch feindliche Kräfte... In jedem Fall gilt es Paolo zu finden und gefangenzunehmen. Die Verwandlung in dein solches Untier scheint eine machtvolle, seltene Gabe des Blutes. Solltet ihr also Hinweise erhalten wo er steckt, teilt sie mir umgehend mit. Ein Kampf könnte die Stille arg strapazieren."

Mit gerunzelter Stirn blickte Ilario sich um, ohne jedoch Benedetto länger aus dem Fokus seiner Aufmerksamkeit zu lassen. Kurz zählte er die anwesenden Mönche durch.

"Die Sorge um die Stille ist es auch, welche mich heute Nacht so schnell hierher führte. Jemand kam zu mir und behauptete, ihr hättet jenes Monster," der Blutvogt zeigte auf die groteske Fußspur, "beschworen. Von Paolo war keine Rede, doch andere Sterbliche hätten es mitbekommen. Zudem bezichtigt euch jene Quelle vermutlich die Anzahl erlaubter Gebundener zu überschreiten. Ihr hattet einige Mönche dabei, die von euch und euren Kräften Kenntnis zu haben schienen... laut jener Quelle. Könnt ihr euch das erklären verehrter Benedetto?"
Ein schiefes, sarkastisches Lächeln huschte über des Schattens Gesicht, ehe er ergänzend fortfuhr. "Natürlich kann es auch sein, dass hier jemand unsere gegenseitige Rivalität nutzen möchte. Vielleicht hoffte jemand ich würde eine sich bietende Gelegenheit sofort nutzen und euch festsetzen wollen... Ein schwieriges Unterfangen, welches sehr leicht zu einem offenen Kampf eskalieren würde. Vielleicht rechnet sich jemand aus, dass er oder sie gewinnen würde, gleich wer von uns beiden verlöre. Oder auch nur von der Schwäche die zwei sich aufreibende Ancilla für die Domäne bedeuten? Ein äußerer Feind der Domäne? Ein Innerer? Ein aufstrebender Neugeborener der gern geschwächte Ränge der Ancilla sähe? Mein sehr verehrter Ältester der mich gern scheitern sehen würde oder euch aus dem Spiel nehmen möchte? Der verehrte Ferrucio, aus seinen ihn antreibenden Gründen? Ihr sehr verehrter Benedetto, die Möglichkeiten sind mannigfaltig. Vielleicht seid ihr auch schuldig dessen was man euch zur Last legt... aber ich bin vorsichtig. Wären wir beide es nicht, wären wir keine Ancilla."
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I Tarocchi
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Re: [1089] Spuren im Sand [Benedetto (SL), Ilario]

Beitrag von I Tarocchi »

Tak-Tak-Tak. Benedetto sah Ilario skeptisch an und hakte dann wortwörtlich etwas auf seinem Wachstäfelchen ab anstatt den ersten Teil der Dinge, die Ilario sagte, abzunicken. Der Frater schien die Worte des Blutvogts wohl zumindest nicht hier und heute Nacht anfechten zu wollen.

Stattdessen erwiderte er auf dessen Frage hin: “Wie ich mir das erklären kann? Euer Informant ist hochgradig suspekt. Woher hat er Kenntnis über etwas hier, wenn er nicht hier war? Ist er womöglich die Person von da oben, vom Hang? Der Mörder mit den Blutskräften? Und er will gesehen haben, wie ich ein Monster beschworen habe, aber Paolo will er nicht gesehen haben? Er will die Betbrüder und meine Umstände genau gesehen haben, aber meinen Kampf gegen das Monster hat er nicht gesehen - denn sonst wäre er ja wohl mir zuhilfe gekommen? Oder war er eigentlich mit Paolo im Bunde und hat es sich dann nur anders überlegt, als ich nicht sogleich tot umgefallen bin?”

Benedetto unterstrich jede seiner Fragen mit einem weiteren, kleinen ‘Tak’ seines Griffels. “Suspekt, verehrter Ilario. Ich habe keinen Grund, zu lügen. Ich habe keinen Grund, an diesem Strand ein Spektakel mit Monstern zu beginnen, das die Stille gefährdet und meine eigenen Leute umbringt. Während ich mich dabei von Neugeborenen beobachten lasse, die sich im Gebüsch verstecken wie gemeine Strauchdiebe. Und offenbar so wenig wie Paolo davon absehen, die Stille zu gefährden.” Die Geißel bließ einmal die Backen auf.

“Nein. Als ich hierher kam, kam ich auf eine Einladung von Paolo hierher. Das lässt sich auch einfach anhand eben dieser Einladung beweisen. Er wollte eine Übergabe machen. Ich kam mit einer Eskorte von Männern her, die kräftig genug als Träger sind. Keine Kämpfer und auch keine Blutsdiener. Dass daraus ein solcher Angriff wurde, war sicherlich nicht mein Wunsch. Doch wie Ihr schon sagt, erreicht man ein gewisses Alter nicht, wenn man nicht ein paar Vorsichtsmaßnahmen treffen kann. Darum bin ich unversehrt.” Jetzt leckte sich Benedetto einmal über seine bleichen Lippen und rang sich eine Art von müdem Lächeln ab.

“Aber ich versichere Euch, dass der Schaden, den Paolo und dann wohl auch Euer ‘Informant’...” Benedetto nickte pointiert zu dem Hang hin, wo ebenfalls ein Flecken mit Seil abgesperrt worden war. “...angerichtet haben, unter Kontrolle ist. Ich habe die Stille nicht gebrochen, aber ich werde den Schaden, der angerichtet wurde, eng begrenzt halten. Ich bin sicherlich der letzte, der froh darüber ist, dass direkt vor meiner eigenen Haustür so etwas geschieht. Geschweige denn, dass ich froh darüber bin, angegriffen zu werden.”

Er runzelte einen Moment die Stirn.
“Nein, ich komme zu dem Schluss, dass ich attackiert werden sollte. Es sollte ein Hinterhalt werden, aber Paolo kam nicht gegen meine Verteidigung an. Der Kainit aus dem Gebüsch sollte wohl sein Spießgeselle sein, wahrscheinlich mit den Strauchdiebin dort oben im Bunde. Doch als Paolos Attacke fehlschlug, wollte er sich zurückziehen. Es gab dort oben eine Meinungsverschiedenheit unter Gaunern und das kostete einen davon das Leben. Und dann lief er wohl vermutlich gleich zu euch, um seine Pfründe zu sichern. Aus Angst davor, dass ich ihm sogleich auf die Schliche komme. Vielleicht auch aus Angst vor Paolo, der mit der Hilfe eines Spießgesellen an der Seite womöglich mehr Erfolg gehabt hätte.”
Benedetto stierte Ilario mit seinem starren, toten Blick an und hatte das Blinzeln wohl gänzlich vergessen.


“Dass er zu Euch lief, ist nicht ganz dumm, denn offenbar wusste er von einem kleinen Teil der Vergangenheit zwischen uns. Doch dumm ist dabei, dass er dabei glaubt, gleichzeitig mich mit etwas so Fadenscheinigen beschuldigen und Euch damit manipulieren zu können. Als wären wir zwei Neugeborene im ersten Jahrzehnt. Die Frage ist nun, was wir damit machen. Ich werde nicht gern attackiert. Oder beschuldigt.” Benedettos Starren wirkte wie das einer fetten Kröte am Wasser. Als ihm nun doch einfiel, einmal zu blinzeln, war es langsam und zähflüssig, was den Eindruck von der Kröte nur unterstrich.

“Wenn meine Vermutungen richtig sind, dann weiß Euer Informant ein gutes Stückchen mehr über diesen Angriff als er Euch sagte. Ich schlage vor, dass er befragt wird und das gründlich. Ich schlage vor, dass Ihr und ich das gemeinsam tun. Mit Rücksicht auf unsere gemeinsame Vergangenheit. Dann wird sich wohl einiges aufklären lassen.”
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Re: [1089] Spuren im Sand [Benedetto (SL), Ilario]

Beitrag von Ilario »

Ilario musterte den Chronisten still, während dieser sprach. Hin und wieder nickte er, als sei die Darstellung Benedettos schlüssig. Sie erschien zumindest plausibel, auch wenn Ilario dem Kappadozianer natürlich nicht traute. Vielleicht wäre dies hier doch eine gute Gelegenheit ihn auszuschalten? Dann wäre sein leichenhafter Rivale aus dem Weg und Ilario glaubte sich hier durchaus im Vorteil, doch es gab Unwägbarkeiten, Risiken die er nicht ohne Not eingehen wollte denn Benedetto war alt und verschlagen. Zudem wussten zu viele, dass er und der Frater hier aufeinandertrafen. Auch wenn er ihm zu gern zerschmettern würde, war Ilario doch eine Kreatur der Vorsicht. Sie beide waren sich in dieser Hinsicht recht ähnlich vermutete der Lasombra.

"Nun, mein Informant drängte zur Eile... doch ich werde seine Version dieser Geschichte hier eingehend überprüfen. Euer Vorschlag ihn gemeinsam zu befragen wäre natürlich zu eurem Vorteil. Allerdings könnte ich mich durchaus dazu bereit finden, aus Rücksicht auf unsere gemeinsame Vergangenheit wie ihr es nennt. Wäre für euch damit diese Unstimmigkeit bezüglich des Ravnos-Raubzuges aus der Welt zu dem mich der verehrte Caspar verpflichtete?" Nun zuckte Ilario mit den Schultern, und sah sein Gegenüber mit kalter Miene an. "Wir wissen beide, dass gewisse Konflikte und Rivalitäten zwischen Ancillae nicht zu vermeiden sind, dennoch bietet sich hier vielleicht eine Möglichkeit. Vielleicht sind Gespräche möglich, eventuell sogar ein Abkommen oder Handel? Wenn wir übereinkommen schlage ich vor, dass wir uns Paolo schnappen und dann zusammen mit meinem Informanten befragen."

In aller Ruhe wartete Ilario wie Benedetto wohl auf diese Offerte reagieren würde und setze noch eine weitere Überlegung hinzu. "Fraglich ist natürlich ob dieser Angriff euch als Person Fakt oder womöglich hier die verbliebene Geißel der Domäne ausgeschaltet werden sollte... Gibt es eurerseits Verdachtsmomente in diese Richtung? Ach, und vielleicht wäre es gut, sollte diese Angelegenheit bis vor unsere höchstverehrte Herrin getragen werden, wenn einer oder mehrere eurer Mönche als Augenzeugen gehört werden könnten. Das wäre sicherlich gut um eure Schilderung zu untermauern." Bot er hier eine Möglichkeit für Benedetto seine Zeugen vorzubereiten? Oder hatte auch dieser sinistere Zug weitere Hintergedanken?
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Re: [1089] Spuren im Sand [Benedetto (SL), Ilario]

Beitrag von I Tarocchi »

“Natürlich ist die Befragung zu meinem Vorteil”, gab er ganz unumwunden zu. “Denn so kommt die Sache heraus, wird dem Blutvogt klar vorgelegt, die Gefahren für die Domäne werden analysiert und der Angriff auf die letzte aktive Geißel, auf mich, besser eingeordnet.” Benedetto sah auf seinen Schreibgriffel herunter als würde er ihn erst jetzt bemerken.
“Natürlich habt Ihr recht: Ich habe ein persönliches Interesse daran, diese Befragung durchzuführen”, stellte er dann jedoch fest als würde das präzise kleine Schreibgerät ihn zu solcher Präzision und Klarheit inspirieren. Er drehte es ein wenig in seinen Fingern und lächelte dann.

“Seht, wenn bereits Neugeborene denken, sie könnten unsere gemeinsame Vergangenheit benutzen wie ein grobes Tau, um uns grob hierhin und dorthin zu ziehen, dann ist wohl Zeit, dass wir ein paar Dinge verändern”, meinte er dann. Benedettos kleine, dunklen Augen hatten wenigstens ein bisschen Anschein von Leben zurückgewonnen, als er nun blinzelte und einen gewissen Glanz in seinen Blick zurück beschwor.

“Natürlich wird die zertrampelte, geraubte Mühe von über einem Jahrhundert Arbeit nicht mit einer kleinen Plauderei mit einem Neugeborenen einfach weggewischt”, meinte er zu Ilario, doch klang dabei recht jovial, so wie ein Händler auf dem Langen Platz, der über die Preise von ganzen Schiffsladungen zu verhandeln beginnt.

“Aber es wäre ein Auftakt”, sagte er also. “Ein Auftakt für eine.. Na.. sagen wir für eine verlässliche Achse zwischen Blutvogt und Geißel in Genua. Das könnte gut damit beginnen, dass ich die Augenzeugen zusammenkehre. Die Mönche, diese Strauchdiebe, vielleicht bekomme ich sogar noch einen weiteren, brauchbaren Zeugen. Und natürlich euer Informant.”
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Re: [1089] Spuren im Sand [Benedetto (SL), Ilario]

Beitrag von Ilario »

Einen Moment lang folgte der nachtschwarze Blick dem Schreibgriffel und dessen Bewegungen. "Natürlich ist es nur ein Anfang, vielleicht kann ich dann auch irgendwann dieses Schmierentheater vergessen. Mir ist durchaus bewusst wer da meinen Ruf schädigen wollte. Vielleicht können wir irgendwann auch zu einer Übereinkunft kommen, über das was wir beide begehren und ausloten, wer es mehr will und braucht. Wer von uns bereit wäre es dem anderen zu überlassen und zu welchem Preis." Nun legte Ilario die Hände ineinander wie ein Händler, der ein in der Zukunft mögliches Geschäft ansprach. Eine Möglichkeit, kein Versprechen. Das Handelsgut der Bischof von Genua

"Also dann ein Auftakt... Wir sammeln Zeugen und Beteiligte zusammen, wenn möglich alle, und konfrontieren alle zusammen. Wir decken den kompletten Vorgang auf, inklusive einer möglichen Verschwörung gegen euch, euer Amt oder die Domäne. Ich erwarte auch, dass ihr jegliche weitere Sichtung dieses Monstrums umgehend mir oder den Liktoren mitteilt. Diese Gefahr für die Stille muss gebannt werden, am besten in einer gemeinsamen Aktion. Ein nochmaliges Entkommen der Kreatur muss vermieden werden." Noch war viel zu viel unklar, was den ganzen Vorfall betraf und auch Benedettos Worten traute Ilario nicht wirklich. Allein, diese Kreatur erinnerte ihn an etwas... Es galt viel nachzuforschen und Licht ins Dunkel zu bringen. Oder den Schleier der Dunkelheit über all dies zu breiten, je nachdem wie man es betrachten mochte.

"Die Situation hier habt ihr im Griff, ich nehme euch beim Wort und mache mich umgehend selbst daran Aufklärung und Inquisition in Gang zu bringen."
Er wartete die Antwort des Kappadozianers noch geduldig ab, auch ob dieser das Gespräch noch weiterzuführen gedachte. Falls dem nicht so war, verabschiedete Ilario sich respektvoll von Benedetto und machte sich mit seinen Männern auf den Rückweg. Zumindest heute Nacht würde nicht noch mehr totes Blut vergossen.
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Re: [1089] Spuren im Sand [Benedetto (SL), Ilario]

Beitrag von I Tarocchi »

"Auftakt", schmatzte Benedetto einmal mit feuchten Lippen. Er wirkte zufrieden genug damit, wenn auch sein Blick wieder etwas glasiger wurde. Ausgelaugt wirkte das - oder vielleicht war der Frater in Gedanken bereits dabei, seine nächsten Schritte zu planen?

"Abgemacht. Ich gehe davon aus, dass ich Euch bereits in den nächsten Nächten ein paar weitere Informationen bringen kann, die die Zusammenhänge beleuchten. Ihr werdet verstehen, dass ich nach wie vor wissen will, wer Euch mit so infamem Unsinn füttern wollte. Und ich will selbst sehen, was derjenige noch preisgeben kann", betonte er diesen Teil seines Anliegens.
"Darüber lässt sich wohl auch Vergangenes begraben." Benedetto schien diese Wortwahl tatsächlich amüsant zu finden, denn sie ließ ein Lächeln über sein Gesicht zucken. "Und wer weiß, vielleicht finden sich dann für die Sache von damals auch die tatsächlich Verantwortlichen."


Bereits eine Nacht nach einem konspirativen Angriff auf Benedetto am Strand von Burgus kommt der Blutvogt Ilario mit einem bewaffneten Geleitschutz dort an. Er findet den Frater dabei vor, wie dieser selbst den Ort des Angriffs untersucht. Die beiden Ancilla beginnen ein mißtrauisches Gespräch über den Vorfall, mögliche Zeugen oder Beteiligte und auch die eigene, schwierige Vergangenheit. Sie finden aufgrund von beiderseitigem Interesse zu einer Art vorsichtigen Abmachung zur Zusammenarbeit in der Aufklärung des Falls.
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