[1090] In Vino [Agnellina, Drita, Harl]

Wenn die Sonne hinter das Appenningebirge sinkt, kriechen die Verdammten aus ihren Löchern. Dies sind ihre Geschichten.
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Harl
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Re: [1090] In Vino [Agnellina, Drita, Harl]

Beitrag von Harl »

Erde war mehr als bloßer Dreck , als ein Untergrund auf dem man stand, damit man nicht in den leeren Raum fiel. Sie war der Mutterkuchen der Pflanzen, der Nährboden der Nahrung für alle Lebewesen, der Anfang und das Ende eines jeden Lebens.

Erde, wie alle Dinge, erinnerte sich. Wurde verändert, angepasst, zerstört, umgegeraben...
Hier hatten sich Füße in das weiche Erdreich gepresst vor mehreren Monden.
Hier hatte sich Gewalt ereignet und ihre Spuren in der Mutter Erde hinterlassen.

Hier hatte Agnellina gestanden und gekämpft. Sich gewehrt. Hier wurde sie gehalten...
und es war Harl als könnte er den Griff eines fremden Wesens spüren, dass hier sicher gestanden hatte, als wäre es ein Teil von ihr, dieser Erde, ein altes Gefühl, ein herrisches. Ein umfassendes. Wie Ranken mit Dornen die ihn umschlangen, fest und gefährlich und erwachsen aus der Erde.
Was oder wer auch immer Agnellina festgehalten hatte, hatte das getan, weil es das konnte, weil es sich es erlaubte. Weil es hier her gehörte, weil es ein Teil dieser Welt, dieser Stadt, dieser Erde oder dieses Weinbergs war?

In Harls Gedanken blitzen Bilder auf, die nicht wirklich Teil dieses hier und jetzt waren. Die vielleicht nicht mal Teil der Vergangenheit waren, aber sie gehörten hier her.
Geschlitzt Augen, wie die einer Schlange. Eines grün, das andere braun, oder war eines blau? Oder doch rot? Harl konnte es nicht fassen, es war wie ein Flackern in seinem Verstand in seiner bildhaften Vorstellung. Und alles verschwamm, wurde formlos und wabernd.*
Harl gab ein halb ersticktes Zischen von sich und kämpfte mit sich, um nicht die nackten Finger und Zehen aus der Erde zu ziehen. "Teil.. dieses Landes", raunte er. "Herr..in.. des Landes?" Er wiegte sich vor und zurück, die Augen weit aufgerissen, mondbleich und silbern und auf Bilder gerichtet, die die anderen nicht sehen konnten.
"Hier verwurzelt, Heimatgrund", raunte er. "Augen, Fenster in die Seele? Doch Fenster sind in einer Wand und diese Wand ist nicht fest, ist.. ist.. hat keine Form und so haben die Fenster keine Form und keine Farbe oder alle Formen und alle Farben. Un-Form? Keine Form? Wandel? Form-Wandel? Kann die Seele dann gleich bleiben?!"
Der Malkavianer bleckte die Zähne und riss die Finger aus der Erde, aber die Zehen steckten noch immer fest. Er hielt sich die sehenden Augen zu, aber das half nicht, hatte nie geholfen und würde niemals helfen, wenn er tat, was er tat, und sah, was er sehen sollte.

Für eine Weile hielt er still und versuchte, einen Weg zurück zu sich zu finden.

---
*von Sam als Paolos Spielerin
“We live on a placid island of ignorance in the midst of black seas of infinity, and it was not meant that we should voyage far.” - Lovecraft (The Call of Cthulhu)

Harl (Beschreibung)
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Agnellina
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Re: [1090] In Vino [Agnellina, Drita, Harl]

Beitrag von Agnellina »

Sie respektierte zunächst seinen Kreis, seine gezogene Linie als eine Grenze. Vielleicht kannte sie derartige unchristliche Zaubereien. Vielleicht war sie einfach nur respektvoll gegenüber seinen Malereien im Boden. Damals am Strand hatte sie jeden Schritt behutsam gesetzt, um die von ihn in den Boden geritzten Zeichen nicht zu zertreten.
Sie blieb stehen und ihre Beine waren in leichter Schrittstellung gespreizt für einen festen Stand. Bereit umzudrehen, bereit zurückzuspringen, sie verharrte angespannt auf ihrem Platz.
Schweigend verfolgte sie seine Bewegungen und hörte seinem kratzig gehauchtes Gebrabbel zu. Man störte keine Zeremonien, keine Rituale. Sie gab kein Echo auf seine Fragen, wusste zu schweigen und zu lauschen. Regeln einhalten. Dennoch wach sein. Sich nicht einlullen lassen. Kein Bruder.
Keine Bewegung, als würde sie befürchten damit einen Jagdimpuls auslösen zu können.
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Harl
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Re: [1090] In Vino [Agnellina, Drita, Harl]

Beitrag von Harl »

Es dauerte eine Weile. Harl kauerte still da, lauschte dem Wind, den Sternen, den Wurzeln, der Erde. Agnellina war da, doch sie war wieder sie und er war er.
Mit einer langsamen Geste griff er nach seinem Speer und durchbrach mit dem Speerschaft den Kreis in der Erde.

"Dein Feind war stärker, größer und älter als du", sagte er ihr leise, als er das tat. "Doch solange du mir nicht mehr gibst, kann ich dir nicht mehr geben. 's ist alles im Fluss, immer."

"Doch was ich dir geben kann, ist das: wer dich überfallen hat, hat keine Form. Oder alle Formen, vielleicht weil es die Welt alle Formen kennt und hat und uns in allen begegnet. Es ist aus dem Land gemacht, hat darin Wurzeln geschlagen wie die ältesten Bäume. Es ist eine von uns. Einer. Eines. Spielt keine Rolle mehr bei unsereins, uh? Mann, Frau, Kind, egal. Alles Hunger und Zähne. Wenn ich's wiedersähe, wenn ich den Klang wieder höre, ich würd's wiedererkennen, denke ich. Bis hierhin habe ich keinen in dieser Domäne getroffen mit dieser ...Art, Klang, Seele."
Dann senkte er seine Stimme und fügte an, so dass Drita es möglichst nicht hörte: "Du hast überlebt. Das allein war mehr Sieg als die meisten andern geschafft hätten, wenn's ein echter Angriff war. Schäme dich nie fürs Überleben."

Dann jedoch richtete er sich langsam auf, halb auf den Speer gestützt. Er rollte das Seil zusammen und sah sich nach Drita um.
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Agnellina
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Re: [1090] In Vino [Agnellina, Drita, Harl]

Beitrag von Agnellina »

Ihre Augen ruhten auf ihm, beobachteten die Rückkehr in die Welt.
Sie hörte seine Worte und reagierte mit einem langsamen Blinzeln. Dann schüttelte Agnellina ebenso langsam den Kopf. Nein, wieder eine Ablehnung. Sie würde ihm von sich aus kein Blut geben. Doch ein Aufatmen folgte ebenso. Was auch immer er angestellt hatte, er schien ihr zu glauben und das war für sie der gegenwärtige Kernpunkt der Sache.
„Sag es ihr.“, sagte sie leise. Darum ging es hier doch. Es war nicht die Gangrel, die an der Existenz des Angreifers gezweifelt hatte.
Sie machte einen Schritt zurück und trat zur Seite.
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Drita
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Re: [1090] In Vino [Agnellina, Drita, Harl]

Beitrag von Drita »

Als der Kreis gebrochen wurde und die Worte fielen kam Drita wieder näher. Sie hatte sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten, um den beiden Neugeborenen die Möglichkeit zu geben.

"Der Angreifer hatte keine Form... oder alle Formen und ist aus Land gemacht. Gut gemacht."

Wen von Beiden sie mit dem Lob meinte, oder gar Beide war schwer zu sagen. Aber offensichtlich hatte die Ältere die ganze Zeit über zugehört. Sie rieb sich das Kinn. Die Worte von Harl hatten mehr Inhalt, als Drita an diesem Abend erhofft hatte. Ein leichter Schauder kroch über den Rücken der Lasombra, als sie in Erinnerungen schwelgte. Dann jedoch bleckte sie die Zähne zu einem Lächeln in Agnellinas Richtung.

"Und, wenn ich verlangen würde, dass du dein Blut gibst, um mehr heraus zu finden?"
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Agnellina
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Re: [1090] In Vino [Agnellina, Drita, Harl]

Beitrag von Agnellina »

Agnellina hatte mit ihrer Bewegung den Weg freigemacht, um nicht zwischen Harl und der Ancilla zu stehen. Die Lockerung ihrer Haltung, die mit der Erleichterung über ein scheinbares Ergebnis Harl einhergegangen war, war flüchtig. Ihr Rücken blieb aufrecht, während sie den Kopf senkte, als Dritas Lächeln sie traf.

„Wenn Ihr es für notwendig erachtet.“

Wenn. Sie hörte gut zu. Es war eine Frage, es war keine Aufforderung. So antwortete sie, schickte sich aber nicht zu eilfertigem Tun an. Agnellina war sich bewusst, was sie zugesichert hatte und sie hatte im Sinn, diesen Worten auch Taten folgen zu lassen.
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Drita
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Re: [1090] In Vino [Agnellina, Drita, Harl]

Beitrag von Drita »

Die Ancilla wirkte mit dieser Antwort tatsächlich zufrieden. Sie zögerte leicht, als würde sie sich gedanklich Notizen machen. Ein Nicken folgte, stumm. Anerkennend.

"Was genau könnt ihr mit dem Blut mehr heraus finden? Warum braucht ihr Ihres und nicht das des Angreifers?"

Die Frage ging an Harl. Offensichtlich war die Weitergabe von Blut Nichts, was Drita leichtfertig duldete oder unterstützen wollte.
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