Harl gab ein halb ersticktes Zischen von sich und kämpfte mit sich, um nicht die nackten Finger und Zehen aus der Erde zu ziehen. "Teil.. dieses Landes", raunte er. "Herr..in.. des Landes?" Er wiegte sich vor und zurück, die Augen weit aufgerissen, mondbleich und silbern und auf Bilder gerichtet, die die anderen nicht sehen konnten.Erde war mehr als bloßer Dreck , als ein Untergrund auf dem man stand, damit man nicht in den leeren Raum fiel. Sie war der Mutterkuchen der Pflanzen, der Nährboden der Nahrung für alle Lebewesen, der Anfang und das Ende eines jeden Lebens.
Erde, wie alle Dinge, erinnerte sich. Wurde verändert, angepasst, zerstört, umgegeraben...
Hier hatten sich Füße in das weiche Erdreich gepresst vor mehreren Monden.
Hier hatte sich Gewalt ereignet und ihre Spuren in der Mutter Erde hinterlassen.
Hier hatte Agnellina gestanden und gekämpft. Sich gewehrt. Hier wurde sie gehalten...
und es war Harl als könnte er den Griff eines fremden Wesens spüren, dass hier sicher gestanden hatte, als wäre es ein Teil von ihr, dieser Erde, ein altes Gefühl, ein herrisches. Ein umfassendes. Wie Ranken mit Dornen die ihn umschlangen, fest und gefährlich und erwachsen aus der Erde.
Was oder wer auch immer Agnellina festgehalten hatte, hatte das getan, weil es das konnte, weil es sich es erlaubte. Weil es hier her gehörte, weil es ein Teil dieser Welt, dieser Stadt, dieser Erde oder dieses Weinbergs war?
In Harls Gedanken blitzen Bilder auf, die nicht wirklich Teil dieses hier und jetzt waren. Die vielleicht nicht mal Teil der Vergangenheit waren, aber sie gehörten hier her.
Geschlitzt Augen, wie die einer Schlange. Eines grün, das andere braun, oder war eines blau? Oder doch rot? Harl konnte es nicht fassen, es war wie ein Flackern in seinem Verstand in seiner bildhaften Vorstellung. Und alles verschwamm, wurde formlos und wabernd.*
"Hier verwurzelt, Heimatgrund", raunte er. "Augen, Fenster in die Seele? Doch Fenster sind in einer Wand und diese Wand ist nicht fest, ist.. ist.. hat keine Form und so haben die Fenster keine Form und keine Farbe oder alle Formen und alle Farben. Un-Form? Keine Form? Wandel? Form-Wandel? Kann die Seele dann gleich bleiben?!"
Der Malkavianer bleckte die Zähne und riss die Finger aus der Erde, aber die Zehen steckten noch immer fest. Er hielt sich die sehenden Augen zu, aber das half nicht, hatte nie geholfen und würde niemals helfen, wenn er tat, was er tat, und sah, was er sehen sollte.
Für eine Weile hielt er still und versuchte, einen Weg zurück zu sich zu finden.
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*von Sam als Paolos Spielerin