Pfad, Pfadwerte, Tugenden und Degeneration

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I Tarocchi
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Pfad, Pfadwerte, Tugenden und Degeneration

Beitrag von I Tarocchi »

Ich wollte hier einmal ein paar grundsätzliche Sachen zum Thema Pfad, Pfadwerte, Tugenden und Degeneration schreiben. Gern auch beantworten oder diskutieren - es geht mir darum, dass wir bei dem Thema mehr zueinander finden als es zum Teil der Fall ist.

1. Im PnP werden Pfad, Pfadwerte und Degeneration selten bespielt und in Genua ist das anders.
Bei uns schauen wir stärker auf den Pfad, das damit verbundene Weltbild des Charakters, auf Selbstbeherrschung versus Instinkt, auf die Tugenden und was sie bedeuten.
Bei uns hat es konkrete Folgen, wenn wer im Pfad tiefer ist (muss länger ruhen, ist weniger gefestigt) oder höher ist (muss weniger ruhen, ist in sich gefestigter, hat evtl. eine "Aura"). Zusätzlich hängen die Kosten für das Menschlichwirken ("Blush of Life") auch vom Pfad und Pfadwert ab.


2. Pfadwerte können fallen und sinken und sind durchaus beweglich gedacht
Das hier ist mir sehr wichtig: Als Spieler hat man nichts verkehrt gemacht, wenn man mal einen Pfadwurf ablegen muss. Im Gegenteil, dann hat man normal gespielt und dem Charakter ist irgendwas interessantes passiert, das diesen Charakter moralisch herausfordert.

Es ist normal für Vampire, dass sie mal etwas entgegen ihres Pfades tun. Dann versuchen sie, das irgendwie vor sich selbst zu rechtfertigen und genau DIESER Versuch ist der Degenerationswurf.
Wenn er gelingt, kann der Vampir vor sich selbst irgendwie rechtfertigen, was er angestellt hat. Alles ist gut - oder vielleicht ist es sogar ein "Moment der Wahrheit" und der Vampir fühlt sich so sehr bestätigt, dass eine Pfadsteigerung gekauft werden könnte.
Wenn das nicht gelingt, dann muss der Vampir wenigstens tief in sich drinnen irgendwie anerkennen, dass etwas falsch lief und er was getan hat, was seinem "Glauben", seinem Pfad widersprochen hat. Diese Pfadsünden können ganz unterschiedlich sein, aber in jedem Fall fühlt der Charakter, dass er gegen sein eigenes Weltbild/Credo/seinen Pfad verstoßen hat. Er fühlt sich schuldig deswegen. Der Pfadwert sinkt dann.

ABER mit einer Sühne kann der Pfadwert auch schnell wieder steigen. Das klingt jetzt sehr christlich angelehnt, Buße und Sühne, aber das gilt tatsächlich für alle Pfade. Ein Sünder, z.B. müsste vielleicht Sühnen, indem er besonders genußvolle Dinge mit Blut zelebriert (was nicht Gewalt, Tod und Raserei heißt sondern Genuss, vielleicht auch das Entdecken bisher unbekannter Stimulationen) und so die innere Bestie sättigt und vollstopft.
So eine Sühne verbilligt die Kosten fürs Wiedererlangen des frisch verlorenen Pfadpunktes.


3. Pfadpriester können helfen
...bei Pfadsteigerug, bei der Sühne, beim Verständnis für den Pfad. Sie sind nicht zwingend Altruisten, denn vor allem sind sie selbst Individuen mit einem hohen Pfadwert und die Pfade können auch welche sein, die Eigennutz, Monstrosität und ähnliches fördern. ABER so grundsätzlich sind sie nicht nur öffentlich als Pfadpriester bekannt, weil sie angeben wollen, sondern auch, weil sie tatsächlich irgendwie etwas für den Pfad und seine Wandler tun. Wenn ein Vampir also eine Art Glaubenskrise hat und merkt, dass er feststeckt oder das Wassail (wenn die Pfadpunkte auf 0 sinken) näherrückt, dann denkt der Vampir vielleicht auch mal über seine Existenz nach. Es liegt dann nicht ganz fern, vielleicht einen Aschepriester des eigenen Pfades (oder eines anderen, wenn eine Veränderung angestrebt wird?) aufzusuchen.


4. Pfadpriester kann man auch werden...
...wenn man einen wirklich hohen Pfadwert hat (9-10) und sich auch als Aschepriester bekannt macht, z.B. durch kultische Handlungen, Zeremonien, sonstwie das Aus"leben" des jeweiligen Pfades. Sicher gibts auch Aschepriester mit 8, weil Pfadwerte ja auch mal sinken können (s.o.). Mit 9 schafft man auch eine Degeneration und ist trotzdem noch echt gut dabei.
Fürs das Werden im Spiel wollen wir allerdings nicht nur Punkte zählen sondern dahinter sollte eben Spiel stecken. Jemand mit einem so hohen Pfadwert "lebt" diesen auch, ist eine Ikone dieses Pfades. Solche Figuren gibt es auch in der Spielwelt (z.B. Ferrucio für den Pfad des Himmels oder direkt in der Nachbarschaft von Genua gibt es auch einen "Leitstern der Sünde" usw.).
In jedem Fall ist für so einen Charakter der Pfad im Zentrum seines Daseins und das sollte auch im Spiel so ungefähr hinhauen.


5. Pfade als "Religion" oder Unlebensphilosophie oder Welt- und Selbstbild des Charakters
Die meisten Vampire wissen, dass es Pfade gibt (vgl. unsere Startwissenssammlung) und dass sie es da draußen sicher auch Pfade gibt, die absolut nicht mit dem eigenen Pfad übereinstimmen. Sie können andere Pfade verteufeln und den eigenen für den besten überhaupt halten.
Zugleich aber wissen Vampire auch, dass ganz ohne irgendeinen Pfad ein Vampir eben verblasst und nichts zurückbleibt außer Bestie. Darum sind Aschepriester erstmal grundsätzlich angesehen (weil sie ihren Pfad und ggf. seine Wandler fördern) außer es ginge wirklich um die monströsesten Pfade oder individuelle Rollenspielkonstellationen.


6. Pfade krachen in ihren Überzeugungen gegeneinander und das z.T. auch unversöhnlich
Wir, so als Menschen der Gegenwart, mit humanistisch geprägter Denkweise und ohne vampirischen, von Blutgier geprägten Fluch können locker sagen "Leben und leben lassen". Bei Vampiren ist das nicht so einfach. Das Vampirsein selbst ist von der Bestie geprägt und hat darum einfach eine unkontrollierbare Komponente. Und die Pfade, die das Dasein pflegen, sind zum Teil sehr gegensätzlich.
Jemand auf dem christlichen Pfad des Himmels und jemand auf den Pfaden der Sünde werden wohl oft grundsätzlich über Kreuz liegen.
Jemand auf den Pfaden der Menschlichkeit wird jemanden auf Pfaden, wo das Morden von Menschen total egal oder sogar toll ist, nicht gut finden.
Andersherum halten viele die Pfade der Menschlichkeit für verweichlicht oder verblendet oder verklemmt oder für eine Leugnung der Inneren Bestie.
Die Bahari finden alle Nicht-Bahari doof, der christliche Pfad des Himmels und der islamische Pfad des Himmels clashen im Kreuzzug gegeneinander usw.
Das könnte man jetzt endlos so fortsetzen. Pfade sind da oft wie zugespitzte Blickwinkel/Perspektiven und Motivationen.

Das Gute ist: das ist so gewollt. Da muss OT gar keine Lösung gefunden werden. Das "Schlechte" (oder vielleicht doch gute, weil es Spiel anstößt) ist: eventuell wird ein Charakter aber dazu gezwungen, IT eine Lösung zu finden oder mit wem auf einem anderen Pfad zurechtzukommen etc. . Das ist dann halt im Rollenspiel und es hat wenig Sinn, OT darüber zu streiten, was nun richtig oder falsch ist. Oder sich darüber aufzuregen, dass es total ungerecht ist (ja, ist es wahrscheinlich, aber das ist IT ganz egal).
Degenerationswürfe könnten auch hier passieren, aber dann hat man OT immer noch nichts verkehrt gemacht. Wie gesagt, der Degenerationswurf ist nur, ob und wie der Charakter die begangene Pfadsünde vor sich rechtfertigen kann.
Meist ist eine gute Herangehensweise, das einfach als Herausforderung im Rollenspiel oder als Spielanstoß zu nehmen. Meist kann man die sogar so bespielen, dass man da was Interessantes für sich draus zieht und/oder vielleicht kommt ein "Moment der Wahrheit" bei rum.
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