Pflege alter Bekanntschaften[Melissa]

[Januar '17]
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Titus
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Re: Pflege alter Bekanntschaften[Melissa]

Beitrag von Titus »

Die blasse Aura des Kappadozianers war überwiegend in Gold und hellem Blau gehalten, die wie eine einzige Harmonie das Wesen des Kainskindes beherrschten. Unterschwellige leuchtete das zornige Rot auf, als Melissa ihre Vorwürfe formulierte.
Sein Gesicht verfinsterte sich ein wenig mehr, ansonsten schienen ihre Vorwürfe an ihm abzuprallen. Er richtete sich ein bisschen mehr auf seinem Stuhl auf. Seine Stimme war ruhig, doch unterschwellig hatte sie etwas mehr Deutlichkeit gewonnen.


"Wenn Ihr die Gründe für meine Entscheidung hören wollt, braucht Ihr nur danach zu fragen. Doch die Verantwortung für Eure Niederlage tragt Ihr. Hört auf, sie mir zuschieben zu wollen."
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Melissa
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Re: Pflege alter Bekanntschaften[Melissa]

Beitrag von Melissa »

"Meine Verantwortung", sagte die Tzimisce und nickte. "Es war allein meine Verantwortung, zu vertrauen oder nicht zu vertrauen. Offenbar dachte ich, du würdest die Pflichten, von denen du und deinesgleichen geifern, tatsächlich einmal erfüllen. Weiß Gott, warum ich das glaubte, nachdem es dich die letzten Jahre nicht geschert hat, wer Christen in dieser Stadt gemordet hat. Christen die du vor ein paar Jahren erst zu schützen geschworen hattest."

Melissa schnaubte, machte eine wegwerfende Handbewegung, als sie seine Eide in den Staub warf.
Sie musterte seine Aura. Ruhe und Ekstase. Eine seltsame Mischung, nur dann und wann unterbrochen von aufflackerndem Rot. Sie setzte wieder an, stieß mit ihren Worten zu, sobald das helle Blau in seiner Seele Überhand zu nehmen drohte, gab dem Feuer in ihm Futter.
Ihre Stimme war schneidend, anklagend. Kräftiger als auf dem Hof, zielgerichteter.
Beim Prozess war es wie ein Rundumschlag gewesen, ein gewaltsames Reißen an allen Fassaden und Masken um sie her, wie in der wilden Hoffnung auch nur eine davon zu Fall zu bringen. Eine hektische, panische Wut, in der sie ganz außer sich Gift und Galle gegen jeden versprüht hatte.
Ihr und heute war sie ganz sie selbst. Methodisch zustechend, wie die Natter im hohen Gras, an der Eurydike und auch Orpheus zugrunde gegangen waren.
"Also? Wir hören. Seit wann wiegen deine Pflichten gegenüber Ketzern und Heiden schwerer als die gegen Christen?"
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- Giovanni Faldella
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Titus
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Re: Pflege alter Bekanntschaften[Melissa]

Beitrag von Titus »

Titus erhob sich langsam, angespannt und sein Gesicht kalt wie der Tod selbst. Die Luft wurde dicker. Das rot seiner Aura nahm zu, das helle blau wandelte sich zu hellem grün.

"Du weißt nichts von meinen Pflichten. Ich werde jetzt gehen...wenn Du wieder Vernunft angenommen hast, können wir vielleicht nochmal reden."

Ein warnender Unterton mischte sich in seine Stimme.
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Melissa
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Re: Pflege alter Bekanntschaften[Melissa]

Beitrag von Melissa »

"Das wirst du nicht", zischte Melissa.

Auch sie hatte sich erhoben. Ihre schlanken Hände hatten sich zu Fäusten geballt, impotent und unfähig bohrten sich Nägel in das zarte Fleisch. Sie zitterte, vor Wut, vor Trauer, vor Gefühlen, die mit einem Mal aus ihr heraus brachen, die sie versteckt hatte in Jahrzehnten der Einsamkeit, in der sie sich niemandem hatte offenbaren können, weil niemand ihre Schwäche hätte riechen dürfen. Jahrzehnte, in denen sie ihr Innersten verschlossen hatte vor sich selbst und der Welt, brachen sich Bahn.

Ihre Wächter waren von ihren Plätzen am Rand des Lichtkegel abgerückt, hatten einige Schritte näher zu dem Paar gemacht. Ihre Blicke huschten zu Melissa, dann zu Titus, wieder zu Melissa. Mehr besorgt, wie sie reagieren könnte, als über das was der Nekromant tun könnte.

Gerechtfertigt oder nicht - mit jedem Wort, das Titus schweigend hinnahm, redete sie sich mehr in Rage.

"Ich bin die Ausreden von Deinesgleichen leid. Ich bin es Leid, dass ihr mich hinhaltet, wenn ich um Hilfe bitte, und nur fordert. Immer nur fordert und tadelt und fordert und schimpft ihr, als zähle nichts als eure Heiligkeit und eure gute Sache - und doch sehe ich nur mich und die meinen für diese aufrechte Sache leiden.

Du und Benedetto - was habt ihr je getan? Was habt ihr getan, während Brimir oder die Huren in meine Zuflucht eindrangen, dreißig meiner Freunde, Kinder und Frauen, getötet und mein Gewissen für immer geschändet haben mit dem Blut Unschuldiger?

Was habt ihr getan, als ich die Toten eures Krieges vor euch aufbahrte und euch angefleht habe, eure Pflicht zu tun und mir Gerechtigkeit zu geben? Es sind meine Jungen, die dort draußen sterben, abgestochen beim Pissen oder in ihren Betten erdrosselt, um eure Feinde in Schach zu halten. Eure Feinde, nicht meine. Es sind meine Kinder, die für Rache aus ihren Krippen gestohlen werden von vier Huren oder auf offener Straße zerrissen.

Was habt ihr getan, als Alerio gemordet worden ist und ich allein mich mit Angelica - einem Kind! Einem Kind, das bitterlich weinte an meinen Knien um den einzigen Freund, den sie auf der Welt hatte - gegen die Könige warf? Die Könige, gegen die ihr allein gewettert habt, als wären sie der Teufel, die mir und ihr und uns alles gestohlen haben, was einst Alerio gehört hat?

Was habt ihr getan, als es an euch wahr, mir Gerechtigkeit zu geben und den Mörder meiner Freunde zu verurteilen? Ihr habt ihn gehen lassen! Freigesprochen habt ihr ihn, einen Mörder, ein Tier, eine Bestie, einen verdammten Ketzer und Büttel derjenigen, gegen die ihr zu kämpfen behauptet.
Wie verängstigtes Vieh habt ihr hinter den Mauern eurer Abtei gekauert und abgewartet, was geschehen wird.

Meine Männer habt ihr geopfert und mich. Beiseite geworfen wie eine Puppe habt ihr uns, benutzt, als Spielzeug für die Schatten übrig gelassen, die sich an mir bedienen wie es ihnen gefällt. Dem Herrn der Tiefen vorgesetzt, damit er mich verschlingt mit seinen Blicken, damit er in mich dringt mit seinen kalten Messern, meinen Geist vergewaltigt, mich Stück für Stück bloß legt und alles, was ich bin, vor sich findet, wie eine rohe, zuckende Masse und sich daran vergeht."


Sie sackte zurück auf ihren Stuhl, als wäre alle Kraft aus ihr gewichen, als hätte allein die Erinnerung an jene eine Nacht, in der sie Lydiadas in ihr Heim gelassen hatte, sie ausgelaugt. Trännen rannen zwischen ihren Fingern hindurch, dick und blutig, und benetzten ihre blasse Haut, machten ihr die Sprache schwer.
Die Männer um sie her sogen scharf die Luft durch die Nase ein. Der Geruch von Blut, von Zorn und Trauer und Schmerz, legte sich in die Luft, veränderte etwas in den Männern. Wie Pheromone. Der eine Wächter an ihrer Seite legte ihr eine Hand auf die Schulter. Sein Blick, der sich auf Titus legte, war hasserfüllt. Der eines Tieres in menschlicher Gestalt, nur durch Sorge um Melissa in seinen Ketten gehalten.
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Titus
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Re: Pflege alter Bekanntschaften[Melissa]

Beitrag von Titus »

Titus nahm die Worte hin und Titus bleiche Miene spiegelte die Bitterkeit der gesagt Worte wieder. Die Emotionalität, die Melissa zeigte schien Titus nicht sonderlich zu berühren, zumindest zeigte er es nach außen nicht. Die aufkommende Stille brach er nicht gleich und er ließ das Gesagte zunächst im Raum stehen.

Den Blick des Leibwächters erwiederte er, als dieser ihn anstarrte und er schickte mit seiner Erwiederung eine deutliche und unheilvolle Warnung mit, dass er zum Äußersten bereit war sollte es zu Gewalt kommen.

Dann schließlich sprach Titus mit deutlicher und angespannter Stimme.


"Das ist unser aller Krieg, Melissa, das weißt Du ganz genau. Du hast mit uns allen zusammen gesessen und es mitbeschlossen. Niemand hat behauptet der Krieg wird schnell vorbei sein und ohne Verluste von statten gehen. Die Könige in der Stadt sind übermächtig und hier in der Stadt haben sie am härtesten zugeschlagen, so wie Benedetto es prophezeiht hat. Sowohl Antigonos am Hafen, Du hier in Borglio als auch Alerio wart der Amboss, auf dem die ersten Schläge am härtesten niedergehen würden. Auch Antigonos Männer wurden in Scharen ermordet und er selbst durch den unheiligen Geodoc vernichtet. Alerio wurde vernichtet von dem verräterischen Fabrizio, der auch dafür noch zur Rechenschaft gezogen werden wird.

Und auch wenn Du das nicht sehen willst, waren Benedetto und ich nicht untätig, denn wir haben viel dafür geopfert heilige Männer und Frauen vor dem teuflischen Seneschall in Sicherheit zu bringen, die er morden wollte wie Herodes die neugeborenen Söhne Israels morden ließ. Und uns ist es bei weitem nicht bei allen gelungen.

Brimir mag als Kettenhund der Könige Deine Leute ermordet haben, so muss er dafür bestraft werden und nicht für eine Tat, die er vielleicht nicht begangen hat. Ich bin nicht wie die Könige, die ihren in Ehre verschleierten Stolz vor sich her tagen und ihre Rechtschaffenheit bei sich jeder bietenden Gelegenheit über Bord werfen, um ihr Ziel zu erreichen. Der Weg Gottes ist kein leichter Weg, er ist sogar ein sehr schwieriger Weg, aber es ist der enzige Weg, der für mich in Frage kommt.

Dieser Krieg ist noch lange nicht vorbei Melissa und wird noch viel von uns abverlangen. Doch wenn wir ihn gewinnen wollen, so dürfen wir uns nun nicht auseinander treiben lassen."

Vielleicht mochte man mit jedem Wort und jedem Satz, den Titus sprach, soetwas wie Eifer in seiner Stimme hören. Er war nicht so emotional, wie Melissa ihre Worte gesprochen hatte, doch war es ein deutliches Zeichen dafür, dass ihm das ganze nicht Gleichgültig war.
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Melissa
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Re: Pflege alter Bekanntschaften[Melissa]

Beitrag von Melissa »

"Ach!", machte Melissa und horchte plötzlich auf. "Ach, ja dann ist ja alles gut, Titus. An mein Herz, mein treuer Freund, wenn es nichts als Glauben an euch braucht, und die Kröte im Kloster, dann habt ihr ihn. Scheffelweise sollt ihr ihn haben, ihr habt ihn euch verdient mit den letzten Erfolgen und den treuen Diensten. Wenn es etwas länger dauert, dann ist das doch kein Problem, wir haben alle Zeit der Welt! Es steht ja nichts weiter auf dem Spiel als die Leben Unschuldiger."

Sie lachte, bitter und hysterisch, zerriss das, was sie für Ausflüchte hielt, in der Luft. Ein blutiger Klumpen, der sich in ihrer Kehle gesammelt hatte, landete vor Titus im Staub.

"Ich spucke auf Ehre und Rechtschaffenheit, wenn sie blind machen für Gerechtigkeit. Ich spucke auf den Weg Gottes, wenn er von mir verlangt, die zu opfern die ich liebe, um eine Idee zu retten. Wofür ist er gut, wenn wir unsere Menschlichkeit für ihn verraten müssen? Jedes einzelne meiner Kinder bedeutet mir mehr als die Wahrheit der Geißel oder die Unschuld von Brimir oder die Ehre von Matteo. Masken, alle, die sie sich aufsetzen, um sich über die eine traurige Wahrheit zu täuschen: Dass sie Mörder sind und kaltherzige Monster."

Sie verzog das Gesicht, wischte sich mit dem Handgelenk Reste ihres Blutes von den Wangen. Ihre Miene war gänzlich anders als diejenige Titus'. Hart, nicht weniger unnachgiebig - aber voll von Emotionen, die dicht unter der Oberfläche brodelten. Die letzten Jahre hatten Melissa gezeichnet auf eine Art und Weise, die sich tiefer als bloß in unterbliches Fleisch eingegraben hatte.
Zorn und Trauer lagen darin. Zorn über die Starrköpfigkeit selbstgerechter Vampire. Trauer über ihre eigene Unfähigkeit, sie mit Worten zu erreichen und für Harmonie zu sorgen, wo sie nur Chaos sah.
Und auch eine gewisse Härte, ein Verlangen danach, diese Sturheit zu brechen wie einen Zweig und sich ein Nest daraus zu errichten.
Sie war, immerhin, ein Drache.

"Aber in einem Punkt hast du Recht. Wenn wir jetzt noch gewinnen wollen, was Inkompetenz in vier Jahrzehnten ruinierte und Untätigkeit verdammte...müssen wir zusammenhalten.
Deswegen bist du hier. Um dich zu rechtfertigen, warum du unserer Sache in den Rücken gefallen bist. Warum du mir in den Rücken gefallen bist vor der gesamten Domäne und uns sabotiert hast. Warum du für Uneinigkeit sorgst, wo wir Einheit brauchen. Warum du ungesühnt lässt, was Strafe verlangt. Warum du auseinander treibst, was ich mit Mühe und mit endloser Arbeit zusammenhalte. Warum du in den Staub stößt, was deine Verbündete sein sollte.
Erkläre dich, Littore, oder ich werde dein Rutenbündel für dich übernehmen, auf dass die Fascis besser genutzt werde und anständiger."


Die Wachen in der Werkzeughalle bewegten sich nicht, blieben am Rand des Lichtkreises stehen, zwischen dem Gast und dem Ausgang. Sie hatten aber ihre Hände nicht von den Speeren und ihre Blicke nicht von Titus genommen. Anspannung wallte in ihnen auf, bereit sich in Blut und Gewalt Bahn zu brechen. Dem Liktor sein Amtszeichen zu entreißen und es in die Händ ihrer Herrin zu legen, sollte sie es verlangen.
Flucht vor Melissens Anschuldigungen wäre nicht unmöglich - vorbei an den drei Leibghoulen Melissens, hinaus auf den Hof und mit etwas Glück über die Mauer, noch ehe Hunde und Miliz hinterher wäre. Der Weg nach Ravecca wäre nicht weit. Aber gefährlich.
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Titus
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Re: Pflege alter Bekanntschaften[Melissa]

Beitrag von Titus »

Titus Miene veränderte sich, dem leise brodelnden Zorn wich eine Totenkälte, die auf diese Weise nur ein Kappadozianer zustande brachte.

Während er sprach zog er sein Schwert, weder Melissa, noch die Leibwachen aus den Augen lassend. Die Stimme klang entschlossen, ohne jede Furcht oder Zweifel.


"Ich schulde nur Gott Rechtfertigung. Ich sehe, dass Du den Glauben verloren hast, Melissa, möge Gott Deiner Seele gnädig sein. Wenn Du mich nicht in Frieden gehen lässt, werde ich mir den Weg freischlagen."
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Melissa
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Re: Pflege alter Bekanntschaften[Melissa]

Beitrag von Melissa »

'Du wirst keinen Frieden finden auf dieser Erde', spottete Melissa, 'Denn du bist Gottes Prüfung für diese Menschen, nicht ihre Erlösung!'
Worte, nichts als die giftigen Worte einer verbitterten und enttäuschten Frau, in Hass gesprochen. Und doch trafen sie ihn tiefer, als jede Klinge an diesem Abend, zerstörten mehr als die Gewalt, die folgen sollte. Denn sie säten Zweifel in seinem Geist, Zweifel über den er sich erhaben dachte. Über den er erhaben sein musste, wollte er Erfolg haben auf seinem Weg.
Aus den Augenwinkeln sah Titus' ein Zucken – und reagierte, schob die Gedanken beiseite, tiefer in die Verstecke seines Geistes.

Der erste Hieb Titus' wurde vom Speer Echions abgelenkt, fraß sich nur mit der Spitze in dessen Schulter, Mehr Nachlässigkeit würde er ihnen nicht schenken, schwor der Nekromant, und schüttelte die beiden Ghoule ab, die ihm in den Arm fallen wollten, so wie ein Hund die Flöhe.

Sein zweiter Hieb öffnet dem Hauptmann die Seite, ließ ihn aus zwei klaffenden Wunden blutend zurück.
Ein Geheul dröhnte in seinen Ohren, als der Hauptmann zu Boden ging, lauter als jede Stimme sein dürfte. Ein Geheul brach sich Bahn, das animalisch war, wie irre. Ein Geheul, das im ganzen Viertel aufgenommen wurde von einem Dutzend Kehlen oder zwei. Ein Geheul, das fünf Jahre nicht gehört worden war: Melissa.
Wie aufgepeitscht warfen die verbliebenen zwei Wachen sich auf den Nekromanten, fegen ihn in einem Moment der Unachtsamkeit von den Beinen.

Titanengleich zwang Titus sich auf die Knie, unheiliges Blut rast in seinen Adern. Ein Schlag trieb Chtonio die Luft aus dem Leib, ließ ihn wanken. Die Hand des Nekromanten richtete sich gegen den anderen, stieß ihm das Schwert durch den Leib, als wäre er aus Tuch gemacht und nicht aus Fleisch und Knochen und Leder. Mit einem faustgroßen Loch in der Brust sank er zu Boden, Titus' Klinge blutbefleckt.

Mühelos erhob er sich, wandte den Blick zu dem letzten Soldaten in einer verlorenen Schlacht. Sein Schwert stieß nach vorne, bereit dem Mann den Bauch zu öffnen, seine Eingeweide zu zerreißen. Der Mut der Verzweiflung ließ den Ghoul einen Stoß führen, traf die Klinge genau richtig, um sie abzulenken und den Nekromanten aus dem Tritt zu bringen. Irritiert runzelte der die Stirn über so viel Glück.

In diesem Augenblick sprang Melissa vor.
Fast wie beiläufig fraß Titus' Schwert sich erneut in einen Leib, spießte die Tzimisce auf, bevor ihre Fänge sich in seine Kehle bohren konnten. Ihre Hände greifen noch nach ihm, suchen Halt an seiner Brust, seiner Rüstung, dann sackt sie zusammen. Tot.

Das Geheul steigerte sich zu einem irren Rasen, das sich wie ein Sturm an den Mauern des Hofes brach. Glockengeläut begann, es zu begleiten.
Titus' Blick richtete sich auf den letzten verbliebenen Ghoul, der sich vor seine Herrin warf. Er zögerte nicht, fegte den störenden Speer mit einem Hieb beiseite, packte Chtonios an der Kehle. Sein Blut floß in Strömen, als der Nekromant sein Fleisch mit bloßen Fängen zerriss und den Durst des Kampfes löschte.
Er warf ihn beiseite wie einen zerbrochenen Krug.

Um ihn her nur Tod. Vor der Tür, mit Fackeln, mit Alamgeläut und Geheul, das Leben, das ihn hasste.
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Melissa
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Re: Pflege alter Bekanntschaften[Melissa]

Beitrag von Melissa »

Die Halle war ganz ruhig, wie das Auge des Sturms, den Titus und Melissa in diesen kurzen Minuten losgetreten hatte. Ein Sturm, der drohte, sie beide zu verschlingen. Titus' Blick ging zu der Tür, durch die er gekommen war. Hunde warfen sich dagegen, jaulten und tobten. Das Holz erbebte unter ihrem Einschlag. Es klang wie ein ganzes Rudel.
Stimmen mischten sich darunter, die Geräusche von Stiefeln und Alarmglocken, von lauten, wütenden Rufen, von Hundeführern, von Armbrüsten, die gespannt wurden. Fackeln, die entzündet wurden. Mehr als drei Männer diesmal. Klang mehr wie eine Armee, die mobilisiert wurde, denn wie ein Haufen Säufer und Händler im Gasthaus.

Der Nekromant wandte sich Melissa zu. Sie lag am Boden, bewusstlos. Sein Schwert hatte ihr Kleid zerfetzt, dreißig Zentimeter Fleisch durchstoßen und ihre Seite von der Hüfte bis unter die Brust aufgerissen. Erstaunlich wenig Blut trat hervor, obwohl die Wund garstig klaffte.
Ein letzter der Ghoule, der Hauptmann, der bereits zwei seiner Schläge eingesteckt hatte, kroch zu ihr. Er hinterließ eine Blutspur von einiger Breite. Der Mann kam nicht auf die Beine, stützte sich aber auf seinen Speer, hielt ihn mit zittrigen Händen und bleichem Gesicht in seine Richtung. In den Augen der gleiche unverzeihliche Hass wie zuvor. Ein letzter, vergeblicher Akt des Widerstands.
Ohne lange zu überlegen rammte Titus dem noch zuckenden Ghoul seine Stiefel ins Gesicht, trat ihn einige Fuß weit von seiner Herrin. Er rührte sich nicht noch einmal. Der Nekromant hob Melissa auf, als wäre sie eine Puppe. Sie wog kaum mehr in seinen starken Händen, achtzig, neunzig Pfund vielleicht, die er mit einer Hand im Nacken vor sich her trug. Gerade rechtzeitig, als die Meute vor der Tür durch brach.

Ein Dutzend Mann der Stadtwache, ebenso ausgerüstet wie die drei toten Ghoule, strömte herein. Einige von ihnen mit Armbrüsten auf ihn gerichtet, drei mit Fackeln. Sechs Mann richteten Speere auf ihn, über die Hunde hinweg, die vor ihnen in das Lager jagten.
Die Tiere waren beinahe gefährlicher. Mastinos: Groß, bullig, zweihundert Pfund Muskeln und wütender Geifer jeder von ihnen. Zwei von ihnen zogen dicke Ketten hinter sich her, hatten sich von weiß Gott wo losgerissen, als sie den unnatürlichen Ruf ihrer Herrin gehört hatten. Einer lag noch an der Kette, die um den Unterarm eines Mannes gewickelt war, an dessen Speer das Georgskreuz flatterte.
Nur Melissens Körper schien die Meute davon abzuhalten, sich sofort auf ihn zu stürzen.
„Lass sie sofort los!“, brüllte der Capo über das Geheul der Hunde weg, das nicht abriss, sondern lauter wurde, gieriger, frenetischer.

Titus richtete sein Schwert auf Melissens Hals, presste sie an sich wie einen Schild. Ruhig. Nur ruhig und keine hektischen Bewegungen.
"Wenn sich einer von Euch sich auch nur bewegt, werde ich sie töten! Ich gehe jetzt und Ihr werdet Eure Herrin zurückerhalten!", sagte Titus.
Einen Moment lang starrte der Capo ihn an. Dann blickte er zu einem seiner Männer. Langsam nickte er.
"In Ordnung. Bis runter zur Strasse, aber wir kommen alle mit. Und wenn du auch nur mit der Klinge zuckst, dann machen wir euch nicht nur kalt, sondern verteilen dich auf den Feldern... Also langsam. Gaaanz langsam...Anselmo, Franco, Mario, Matteo, Rucio, Danio, passt auf das ihn die Hunde nicht sofort anfallen. Der Rest, Speere runter. Lasst den Kerl nicht aus den Augen..."
Schritt für Schritt näherte sich Titus, den kalten Leib als einziger Garant vor sich. Die Wachen bildeten keine Gasse, um ihn einfach heraus zu lassen, sondern umschlossen den Nekromanten in einem Kreis, um ihn Schritt für Schritt hinaus zu führen. Ihre Speere nur eine Armlänge von ihm entfernt krallten sich je zwei in die Nackenfelle der Tiere, die sie nur mit Mühe zurückhalten konnten.

Die Prozession schob sich langsam, unendlich langsam, aus der Werkstatt hinaus auf den Hof.
Draußen angekommen erwartete ihn ein weiterer Trupp, beinahe identisch bis auf die Hunde, Speere gesenkt und mit wütenden Blicken. Sie bildeten eine zweite Reihe, als der Capo mit dem Hund an der Kette mit dem Kopf schüttelte.
Die Straße war noch einmal so lange entfernt, kam aber näher. Genau wie das Geläut der Glocken und weitere Rufe, die durch die nächtlichen Gassen an der Piazza vor der Porta Soprana drangen.
"Bis hierhin und kein Schritt weiter.“, befahl der Capo und die Meute blieb stehen. BILDET EINEN FLUCHTWEG FÜR DAS SCHWEIN!"“, rief er, bohrte seinen Blick in Titus' Rücken. Dann, konzentriert, zu Titus:
"Lass sie vorsichtig runter...ganz, gaanz vorsichtig.... UND DANN VERPISS DICH!"
Der Nekromant entfernte sich aus dem Kreis, langsam, drehte der Menge die Vorderseite zu. Ganz langsam, fast behutsam, ließ er Melissa nach unten gleiten. Er konzentrierte sich, Blut rauschte in die Muskeln seiner Beine, er würde alles Geschick brauchen, um den Tieren zu entkommen.
Kaum berührte Melissens Schulter den Boden, hatte er sich schon umgedreht, sprintete in die Dunkelheit der Strata Romana.
Die Capi brüllten Befehle.
„Sichert Melissa!“, schrie einer über das Geheul, “Giacomo, Luigi, schaut nach den Andren!“
“Tötet den Bastard!“
Eine Mauer aus Leibern und Speeren umschloss die tote Tzimisce.
Der Rest der Nacht verschwand im dröhnenden Gebell der Hunde, die Titus hetzten.

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Re: Pflege alter Bekanntschaften[Melissa]

Beitrag von Melissa »

Melissa und Titus treffen sich in Nordbroglio, um die Ereignisse des Prozesses zu besprechen. Melissa wirft ihm vor, seinen Glauben und seine Verpflichtung gegen die Aufrechten verletzt zu haben, indem er Brimir nicht verurteilte. Titus verteidigt Wahrheit und Gerechtigkeit vor falschen Anschuldigungen und Machtspielchen.
Die Tzimisce verweigert ihm, zu gehen, bis sie keine sie befriedigende Antwort bekommen hat. Es kommt zum Kampf.
Der Nekromant tötet die Ghoule der Drachin mit Leichtigkeit. Mit ihr als Geisel entkommt er der eintreffenden Stadtwache, lässt sie aber schwer verwundet zurück.
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