Schwert und Dolch des Herrn [Titus, Angelique]

[Angelique]

Angelique war wieder irritiert. Wieder dieser Irrglaube, verflucht zu sein. Warum glaubten das nur alle? War das eine Lüge der Alten, um die Jungen in Angst zu halten?

Aber sie wollte ihn nicht mit einer ermüdenden Diskussion langweilen. Sein Glaube, so seltsam er auch war, schien hierin sehr gefestigt zu sein.

"Alles geschieht so, wie ER es bestimmt hat. Vertraut IHm und Ihr habt nichts zu fürchten." So versuchte sie den an sich zweifelnden Mann zu trösten.

[Titus]

Titus nickte und legte den Kopf in den Nacken, um an die karge Decke der Schreibstube zu blicken, so als hoffe er dort das Angesicht Gottes zu erblicken.

"Du hats recht, Angelique. Ich muss ihm vertrauen und doch...das Wasser in den Weihbecken der Gotteshäuser brennt mir auf der Haut. Ich kann die Gebete wahrhaft gläubiger Männer nicht ertragen, ohne dass sich die Bestie in meiner Brust vor Panik erhebt und fliehen will. Die heilige Hostie des Abendmahls verbennt mich innerlich, wenn ich die Kommunion erhalten möchte. Heilige Reliquien wage ich nicht anzublicken, wenn ich auch nur von weiten zu den Heiligen beten möchte, zu denen sie gehört..."

Die schmerzerfüllte Stimme war so ganz untypisch für den Gotteskrieger.

[Angelique]

Mitleidvoll sanft antwortete das Mädchen.

"Mir geht es doch genauso.

Doch genau das ist die Prüfung des HErrn für uns. Ich pilgere, nähere mich den heiligen Stätten so nah es nur irgend geht, hege und pflege die Knochen Namenloser, bis der Glaube der Menschen sie heiligt und ich sie nicht länger berühren kann, ohne Schmerz zu fühlen. Ein guter Schmerz ist das dann. Ich habe dann etwas geschaffen, das GOtt gefäälig ist und den Menschen Heil bringt.

Es ist unsere Via Dolarosa und am Ende steht die Gnade GOttes. Der Schmerz ist nur der der Läuterung, nicht der der Strafe. Habt Ihr dies erst erkannt, wird die Geißel Euch Verzückung bringen in der Agonie, denn sie ist nur von dieser Welt, nicht von der höheren."

[Titus]

"Schmerz ist die Reinigung der Seele."

Stimmte Titus zu und senkte den Kopf wieder, um Angelique anzublicken. Das sonst so harte Gesicht hatte abgesehen von der unnatürlich blassen Farbe einen weichen Zug angenommen. Er streckte den rechten Arm aus und hielt Angelique seine große Hand hin, mit der Handfläche nach oben. Eine stumme Bitte ihre Hand auf die seine zu legen.

[Angelique]

Stumm tat die kleine verlorene Seele ebendies.
Aufmunternd versuchte sie ein Lächeln, das irgendwie naiv kindlich und trotz Bitterkeit hoffnungsvoll wirkte.

Sie versuchte das Gefühl zu vermitteln, dass da draußen eine kleine, zerbrochene und dennoch unerschütterliche Gemeinde war, die auch noch sein würde, wenn die Welt voll Teufel wäre und Schatten die Sonne verdunkeln, kalter Stein das letzte Grün ersticken und hedonistische Sünde die letzte Unschuld schänden würde.

[Titus]

Für einen Augenblick betrachtete Titus die kleine Hand, die sich auf seine gelegt hatte. Dann beugte er sich vor und küsste sie auf den Handrücken und berührte sie anschließend mit der Stirn.

"Ich danke Dir Angelique, es ist gut Dich an meiner Seite zu wissen."

Titus erhob sich.

"Ich muss Dich jedoch für diese Nacht verlassen...es ist spät und der Morgen graut bald."

[Angelique]

Sie verbeugte sich vor dem Gleichgesinnten.

"Ja, es ist spät und auch ich werde mein Studium in einer anderen Nacht fortsetzen.
GOtt befohlen und Schiavo, Herr Titus!"

Auch sie erhob sich und strebte dem Ausgang des Gemäuers zu.

[Titus]

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Angelique und Titus treffen sich in einer Schreibstube im Kloster San Marcellino. Sie unterhalten sich über den Glauben, die Ereignisse beim Hoftag und beim Prozess. Titus erfragt ihre generelle Unterstützung, um in Genua für den Via Caeli Fuß zu fassen. Zuletzt tauschen sie sich in Ihrem Streben nach Gottes Vergebung aus und über die Schwierigkeiten auf dem Dornigen Weg des Himmels.