[1111] Das Einhorn und der Oktopus [Nicolò, Giuliano]

Wenn die Sonne hinter das Appenningebirge sinkt, kriechen die Verdammten aus ihren Löchern. Dies sind ihre Geschichten.
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Giuliano
Brujah
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Re: [1111] Das Einhorn und der Oktopus [Nicolò, Giuliano]

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Giuliano hatte aufmerksam zugehört, ohne Nicolò zu unterbrechen, und seine Miene blieb dabei ernst, doch nicht verschlossen. Als der Salubri seine Herkunft und seine lange Bindung an Genua offenlegte, schien Giuliano ihn mit neuem Blick zu betrachten – nicht mehr als Fremden, sondern als einen, der diese Stadt ebenso tief verinnerlicht hatte wie er selbst.

Bei der Erwähnung des Krieges gegen Madhia zuckte Giulianos Kiefer leicht, fast unmerklich.


„Ja,“ sagte er leise, seine Stimme rauer als zuvor. „Ich war dabei. In den Feldern, in den engen Gassen, in den Nächten, wo der Rauch vom Hafen bis zu den Hügeln zog. Es war kein Krieg wie in den Liedern. Es war Dreck, Angst, Blut und zu viel Verlust, um ihn noch zählen zu wollen.“

Er schwieg einen Moment, seine Augen waren auf einen Punkt am Tisch gerichtet, als sähe er durch das Holz hindurch etwas, das längst vergangen war. Dann hob er langsam wieder den Blick, als Nicolò den Namen der Prinzessin aussprach. Er hielt einen Moment inne, fuhr sich dann mit der Hand über das Kinn.

„Ihr Tod…“ Seine Stimme wurde leiser. „…kam für viele überraschend. Und es gab nie klare Worte dazu. Manche sagen, sie sei gefallen, um einen Verräter zu schützen. Andere behaupten, es war ein Urteil aus der Ferne – oder ein Dolch in der Nacht.“

Er blickte Nicolò jetzt direkt an, offen und forschend.

„Ihr sprecht von ihr mit Bedauern. Wisst ihr mehr?“
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Nicolo Trevisan
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Re: [1111] Das Einhorn und der Oktopus [Nicolò, Giuliano]

Beitrag von Nicolo Trevisan »

Sein Blick wirkte traurig bei Giulianos Worten und er seufzte kurz auf. Seine Stimme war leise und fern von Erinnerungen getragen.
"Ich habe noch keinen Krieg wie in den Liedern erlebt, nur das Leid derjenigen, die fielen und zurückgelassen worden. Oder derjenigen die vom Schlachtfeld flohen."

Nicolò nickte schließlich, er wollte das Thema nicht vertiefen, denn er erkannte das Unbill von Giuliano.

"Mich hat ihr Tod ebenso überrascht... Zunächst ereilten mich Gerüchte, denn ich war ja schließlich in der Ferne. Ich traf die verehrte Drita, welche ihren Tod bestätigte. Doch untersuchte ich auch die Überreste der Villa Illuminata in ihrem Auftrag, so dass ich die Zerstörung mit eigenen Augen gesehen habe. Doch mehr noch, als das was ich sah, überzeugt mich etwas anderes. Ich nahm dort etwas war, spürte den Nachhall von der Beendigung ihres Traums und dem Triumph von etwas gewalttätigem darüber."

Nicolò schaute auf den Tisch, während er sich erinnerte und seine Hände hatten sich unwillkürlich verkrampft. Auch nach den mehreren Jahren, die es nun her war, bereitete ihm die Erinnerung an jenes Gefühl Unbehagen. Dann atmete er bewusst aus und die Verkrampfung seiner Finger löste sich. Er schaute wieder auf und nun Giuliano direkt an.
"Die Hintergründe sind mir unbekannt und von den Gerüchten kann ich keine bestätigen, noch sie entkräften. Gründe für ein Urteil aus der Ferne gab es wohl, zumindest in den Augen der Könige und Ahnen. Und doch hätte ich dann vermutet, dass es zumindest Hinweise gegeben hätten, alleine um eine Warnung auszudrücken..."
Auf Nicolò's Gesicht war noch immer der Nachhall des Bedauerns zu erkennen und es war offensichtlich, dass ihn das Thema trotz der mittlerweile fast zehn vergangenen Jahre beschäftigte.
"Was denkt Ihr darüber?"
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Giuliano
Brujah
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Re: [1111] Das Einhorn und der Oktopus [Nicolò, Giuliano]

Beitrag von Giuliano »

Giuliano beobachtete Nicolò als er über seine Erfahrungen bei der Untersuchung berichtete genau und versuchte seine Worte einzuordnen.

„Was ich denke?“ fragte er dann, und in seinem Gesicht zuckte der Ansatz eines grimmigen Lächelns. „Ich denke, dass zu viele in dieser verdammten See der Schatten Entscheidungen treffen, weil sie bequemer sind – nicht weil sie richtig sind. Dass Macht mehr zählt als Weisheit, und dass manchmal die Besten sterben, weil sie sich weigern, die Sprache der Angst zu sprechen.“

Ein Moment des Schweigens. Dann, leiser:

„Ich glaube nicht an Märtyrer. Aber ich glaube, dass Aurore mehr war als nur eine Fürstin. Sie war ein Symbol. Und Symbole… erschrecken die, die ihre Throne auf Angst bauen.“ Seine Stimme wurde härter bei den letzten Worten, aber nicht lauter – nur entschlossener.

„Für uns spannender ist die Frage, wer an ihre Stelle tritt...ich kann mir kaum vorstellen, dass der Thron von Genua nicht bald jemanden Anlockt, der ihn besteigen will.“
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Nicolo Trevisan
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Re: [1111] Das Einhorn und der Oktopus [Nicolò, Giuliano]

Beitrag von Nicolo Trevisan »

Nicolò's Augenbrauen hoben sich, ob aus Überraschung über die gefallenen Worte oder nicht ließ sich schwer sagen. Er sprach ebenso leise und doch entschieden.
"Sie war ein Vorbild, jemand der zeigte, dass der Traum einer Gemeinschaft möglich ist und diesen Weg selbst als Ahn und sogar Prinz zu gehen. Etwas das wohl den Wanderen auf einigen anderen Wegen ebenso nicht gefallen mag."
Schließlich nickte er. Giulinao zu, "Ich sehe es wie Ihr, auch wenn ich hoffe, dass die Weisheit einen höheren Stellenwert einnimmt. Aber wer an Ihre Stelle treten wird, ist schwierig zu sagen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die See es zulässt, dass ihr die Domäne entgleitet. Also wird jemand kommen, der mit der See verbündet ist."

Nicolò's Hand fuhr vom Tisch zu seinen Bart und kratzte ihn ausgiebig. Er brummte etwas wie "hm..." und schien mehr auf den Tisch vor sich zu blicken, während er überlegte. Schließlich gab er sich einen Ruck und hob er wieder den Blick, um Giuliano direkt in die Augen zu schauen.
"Vielleicht wäre es möglich unsere Zusammenarbeit auszuweiten. Momentan besitzen die Schatten den meisten Einfluss in dieser Stadt, wenn man die Verborgenen außer acht lässt. Einst hatte ebenso der Clan des Todes eine Vormachtstellung."
Kurz hielt er inne, während sein Blick weiterhin auf seinem gegenüber lag. Dann langsam öffnete sich sein drittes Auge auf der Stirn um Giuliano gänzlich zu betrachten - jedenfalls musste dieser intensive Blick einem so vorkommen. Diese dritte Auge unterschied sich nicht von den anderen beiden - es hatte die gleiche Form und die gleiche Farbe, nur die fehlende Nasenwurzel ließen die Ränder symetrisch erscheinen.
"Die Absichten und Ansichten welche man hat und denen man Taten folgen lässt, verraten einem viel über sein Gegenüber. Daher ein Angebot... Unsere beiden Clans sind nicht sonderlich zahlreich in Genua vertreten, aber gemeinsam könnte man mehr erreichen. Wenn Ihr also bei etwas Hilfe benötigt - über unsere Abmachung hinaus, meine ich - lasst es mich wissen und ich werde sehen, was ich tun kann. Vielleicht entsteht daraus ja auch mehr..."

Nicolò betrachtete ihn noch ein paar Augenblicke weiter aus seinen drei Augen, bevor er jenes auf der Stirn langsam wieder schloß und geduldig seine Antwort abwartete.
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Giuliano
Brujah
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Re: [1111] Das Einhorn und der Oktopus [Nicolò, Giuliano]

Beitrag von Giuliano »

Giuliano war in der Bewegung erstarrt, als das dritte Auge sich auf Nicolòs Stirn öffnete. Seine Augen verengten sich leicht, als er den Salubri nun wirklich ansah, mit allen drei Blicken auf sich gerichtet. Für einen Moment herrschte Schweigen, so dicht, dass man das dumpfe Lachen der Gäste und das Klirren der Tonkrüge deutlich hören konnte.

„Warum habt ihr drei Augen?“

Fragte er und nun war da eine Spur Misstrauen in seine Stimme.
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Nicolo Trevisan
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Re: [1111] Das Einhorn und der Oktopus [Nicolò, Giuliano]

Beitrag von Nicolo Trevisan »

Nun war tatsächlich Überraschung in Nicolòs Zügen zu sehen, als sich seine Augenbrauen hoben und er leicht die Augen aufriss.
"Nun es ist die Gabe Saulots und liegt in unserem Blut. Es ist auch der Grund, warum wir unter anderem als der Clan der Einhörner bezeichnet werden. So wie die Kappadozianer als Clan des Todes immer mehr dem ähneln, als was sie bezeichnet werden..."
Seine Brauen sanken wieder und er legte die Hand wieder ruhig auf dem Tisch ab.
"Ich bin überrascht, dass Ihr das nicht wusstet. Aber wir Salubri sind selten geworden und wie auch die Verborgenen sich verdeckt halten, sorgen wir auch dafür, dass man es nicht sofort sieht."

Jetzt wo, es einmal offen gewesen war, war auch nun der Knoten als geschlossenes Auge für den Eingeweihten einfach zu erkennen. In seinen Augen jedoch war eine gewisse Traurigkeit zu erkennen, welche diese Worte ausgelöst hatten.
Kurz war er in sich versunken, doch dann richtete er sich wieder auf und nun ging etwas von ihm aus, dass an den ersten Windhauch nach langem Stillstand in einer lauen Sommernacht erinnerte. Kaum wahrnehmbar, doch erfrischend und belebend für die Luft. Die meisten Kainiten mochten das Gefühl verbreiten einem Raubtier gegenüberzustehen, doch Nicolò's Ausstrahlung im hier und jetzt war irritierend friedlich und fast unheimlich sanft – das übliche Grauen das vielen von ihnen anhaftete fehlte an ihm.*

"Ihr habt nichts von dem Auge zu befürchten. Im Gegenteil, einst heilte ich Euren Erzeuger mit dieser Gabe und holte ihn aus der Starre zurück auf Wunsch ihrer höcchsten Verehrten Princeps."

__________________
*Pfad-Aura (Via Humanitatis - Pfad des Odems) durch Wegwert
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Giuliano
Brujah
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Re: [1111] Das Einhorn und der Oktopus [Nicolò, Giuliano]

Beitrag von Giuliano »

Giuliano ließ Nicolòs Worte ohne Unterbrechung auf sich wirken, seine Miene jedoch blieb wachsam – nicht feindlich, aber von dieser rauen, tief eingegrabenen Skepsis geprägt, die nur jemand trägt, der zu oft erlebt hat, wie Vertrauen mit Dolchen bezahlt wurde. Seine dunklen Augen verengten sich leicht, als er auf das nun geschlossene dritte Auge starrte.

„Der Clan der Einhörner, ja?“ Er sprach leise, fast wie zu sich selbst, und schnaubte dann ein kaum hörbares Lachen aus. „Das ist einer dieser Namen, die in den Tavernen immer klingen wie Märchen, bis man plötzlich selbst vor dem verdammten Einhorn sitzt.“

Als Nicolò die Geschichte mit seinem Erzeuger erwähnte, verengten sich Giulianos Augen erneut, diesmal deutlich spürbarer. Er zog scharf Luft ein durch die Nase, sein Kiefer spannte sich. „Ihr habt ihn… geheilt?“, wiederholte er, und in seiner Stimme lag etwas Unergründliches – nicht Wut, aber auch kein Wohlwollen. „Das hätte ich nicht erwartet.“

Ein Moment Schweigen hing zwischen ihnen, schwer wie der Duft von altem Wein und kaltem Eisen in der Taverne. Dann atmete Giuliano hörbar aus, sein Gesicht entspannte sich ein wenig, und er schüttelte leicht den Kopf, als würde er einen inneren Kampf niederzwingen.

Sein Blick verhärtete sich kurz, dann nickte er langsam, fast widerwillig. „Ich sage nicht, dass ich Euch ganz traue. Noch nicht. Aber ich gebe Euch das: Ihr habt meine Neugier geweckt. Und meinen Respekt.“

Er streckte die Hand wieder über den Tisch, diesmal langsamer, wie ein Mann, der weiß, dass ein Handschlag mehr sein kann als nur ein Wort. „Also gut. Wir versuchen’s. Schritt für Schritt. Aber ich schwöre Euch eines: Sollte ich je das Gefühl haben, Ihr zieht mich oder die Meinen in irgendetwas hinein, das sie gefährdet… dann kennt Ihr den Ruf meines Blutes. Ich werde nicht zögern.“

Ein Schatten lag auf seinem Gesicht, doch seine Miene war fest, ehrlich.
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Nicolo Trevisan
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Re: [1111] Das Einhorn und der Oktopus [Nicolò, Giuliano]

Beitrag von Nicolo Trevisan »

Nicolò seufzte tief, doch seine Körperhaltung blieb ruhig und entspannt – er wirkte ganz in sich ruhend.
Er schien leicht in sich gekehrt, als er leise vor sich hin murmelte:
„So ist es wohl, doch hinter Märchen verbirgt sich oft ein Kern aus Wahrheit.“

Dann hob er den Blick – mit Augen, die den Eindruck erweckten, bis tief in die Seele zu sehen.
„Ich hätte es auch nicht erwartet… Euer Erzeuger und ich hatten so unsere Differenzen, gar trotze ich ihm kurz zuvor noch, um jene zu schützen, die ebenfalls in Starre liegend in der Arena waren…“

Nicolò ließ die Worte im Raum stehen und erwiderte den Blick fest. In seinen Worten lag weder Prahlerei noch Aufschneidertum – nur eine schlichte Feststellung dessen, was geschehen war.

„Aber es war der Wille der höchst verehrten Aurore, alle jene zu heilen, die dessen erwählt wurden. Es gab eine Abmachung, und der höchst verehrte Seelord – damals noch Seneschall – entschied sich für den werten Salvador. Also tat ich, was dem Clan Salubri aufgetragen wurde.“

Dann lehnte Nicolò sich kurz zurück, blickte auf die ausgestreckte Hand und ergriff sie schließlich. Sein Griff war fest, doch seine Hand fühlte sich warm an – auf eigentümliche Weise beruhigend, als wecke sie ein vergessenes Gefühl, eine Erinnerung daran, wie es war, als Sterblicher zu atmen.

Er nickte schließlich und sagte:
„Ihr kennt mich tatsächlich wenig, sonst wüsstet Ihr, dass ich solche Worte weder leichtfertig sprechen würde, noch jemanden irgendwo hineinziehen würde. Ich bin nicht Aspirant auf der Via Humanitatis um der Stellung willen, sondern weil ich diesen Pfad wirklich lebe. Aber Ihr habt Euch mit Euren Worten, vor allem aber Euren Taten auch meinen Respekt verdient. Versuchen wir es also – Ich weiß, Vertrauen wächst nicht in einem Atemzug. Aber vielleicht… haben wir den ersten getan.“
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Giuliano
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Re: [1111] Das Einhorn und der Oktopus [Nicolò, Giuliano]

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Giuliano legte ebenfalls keine übermäßige Kraft in seinen Griff, doch ließ der Händedruck erahnen, welche Kraft in dem Arm steckte. Auch Giulianos Haut war warm und rosig, so als würde er immer noch leben und atmen.

"Ich bin nicht mein Erzeuger." Sagte Giuliano vielleicht eine Spur schärfer, als er es gewollt hätte, doch dann lächelte er und schüttelte den Kopf. "Mir ist es sehr recht, dass er...nicht da ist."

Dann nickte er, um zum eigentlichen Thema zu kommen.

"Gut, ich bin sehr daran interessiert zu wissen, wenn irgendein Ahn sich anschickt den Thron in Genua zu besteigen. Sollten mir Informationen und seien sie auch nur Gerüchte zu Ohren kommen werde ich sie mir Euch teilen."

Er schien sehr zufrieden mit diesem Pakt.

"Ansonsten steht Euch meine Tür offen, wenn Ihr über etwas sprechen wollt und Euch meine Meinung interessiert. Wenn ich Euch sprechen wollte, wo könnte ich Euch denn erreichen?"
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