[Fluff] Fluch [Angelique]

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Angelique
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[Fluff] Fluch [Angelique]

Beitrag von Angelique »

Angelique hetzte durch die Gassen Genuas. Sie stolperte, stürzte, sprang wieder auf und rannte weiter. Wie Trunken stieß sie gegen Bruchsteinwände und hinterließ eine feine Blutspur, wo sie sich die Haut aufschürfte. Sie schaute sich panisch und voll Grauen um. Passanten und Wachleute hatten keine Zeit sich zu wundern. Sie hatten alsbald genug mit sich zu tun. Unerklärliche Gefühlsausbrüche ließen die Stadt an manchen Ecken vor Gelächter oder Zornesgebrüll erschallen, wo das kleine Mädchen vorüber gelaufen war. Manch Duell oder Schlägerei brach unvermutet aus. Die meisten bekamen nicht einmal mit, dass die Quelle des plötzlichen Wahns das unscheinbare Mädchen war. Einige hatten das Pech gerade in einer paranoiden Gemütslage zu schein. Diese bekamen den Hauch eines Eindrucks, was in der Unglücklichen vorging, als Wellen des Wahnsinns sie übermannten und ihren Verfolgungswahn steigerten. Aber die meisten bekamen natürlich nur mit, dass etwas auf ihren einfältigen Geist anbrandete, ohne mehr zu tun, als ein unheimliches Gefühl zu hinterlassen.

Was das untote Mädchen dagegen fühlte, hatte keinen menschlichen Maßstab, an dem man es hätte abmessen können.
Aus der Stadt und ihren Menschen war für sie ein kafkaeskes und surreales Höllengemälde geworden, das einen Hieronymus Bosch erstaunt hätte.
Von einem Moment auf den anderen hatte es angefangen. Wände bluteten und verzerrten sich zu einem Labyrinth unmöglicher architektonischer Konstruktionen. Die Schreie der Verdammten hallten durch diese euklidische Gesetze höhnende Landschaft. Mal versank sie im Boden, mal bewegte sie sich an Wänden oder rückwärts. Überall brachen Dämonen aus den Lücken der Realität und begannen sie zu jagen. Geflügelte Dinge oder amorphe Schrecken mit schleimigen und pulsierenden Pseudopodien griffen nach ihr.
Gesichter von einst bekannten oder geliebten Menschen sah sie in brodelnden Kesseln oder unter Folter und Schändung durch tierhafte Teufel mit grinsenden Gesichtern im Bauch entsetzlich leiden.

Der Himmel brach auf und der Stern Wermut fiel mit Gift und Feuer auf das Land herab.

Sie rannte und rannte. Wenn die höllischen Schergen ihrer ansichtigt wurden, höhnten sie, dass ihr Glaube falsch wär und alle, die wie sie ihm gefolgt waren, in ewiger Verdammnis litten, sie aber ein noch abscheulicheres Schicksal erwartete. Sie hatte gezweifelt, sie hatte das Wort Gottes missbraucht, sie hatte jede einzelne Todsünde begangen und auch noch so getan, als gebe es ein jedes Mal eine gute Begründung dafür und hatte die Bedeutung der Gebote verdreht.

Dies machten ihr die Diener der Finsternis deutlich, wenn sie sie in die reißenden schwarzen Klauen und zuckenden, von weißlichem Schleim bedeckten Tentakel bekamen. Sie erklärten ihr, während sie ihr Haut und Fleisch von den Knochen rissen, das es keinen Zyklus der Wiedergeburt gab, nur ein Leben, und dass sie das ihre vergeudet hatte. Gestorben ohne die Sakramente, verdammt wie all die kreischenden ungetauften Säuglinge, die die Teufel vor ihren Augen in die Flammen warfen. Verdammt durch den Fluch Michaels, wie die anderen Kainiten glaubten, zum Untod, zum Anathema allen guten Lebens. Lachend gossen die Teufel flüssiges Kupfer in sie, bis es ihr erkaltend aus dem Mund hervorquoll und zwackten ihre Brust mit glühenden Zangen. Die Strafe für Ehebrecherinnen und Dirnen wie dich, erklärten die Monströsitäten geiferten.

Angelique schrie und schrie. Als sie keine Stimme mehr hatte und kraftlos in den besudelnden Griffen der Höllenbrut hing, setzten die Dämonen noch einen in ihrer Grausamkeit drauf.
Alerio hat dich nie geliebt, höhnten sie. Und das wusstest du die ganze Zeit über. Du hast nicht nur andere belogen, du hast sogar dich selbst belogen.
Das ist eine so unterhaltsame Kunst, sie soll belohnt werden. Und aus ihrer Masse löste ein engelshaft schöner Junge mit schwarzen Rabenschwingen aus Schatten und spitzen Hörnern. Sein zynisches Lächeln war ihr nur zu gut bekannt. Als er begann sie zu foltern, merkte Angelique dass alles vorherige nur ein spielerisches Necken gewesen war.
Wieder schrie das Mädchen. Und schrie. Und schrie.

Angelique hetzte durch die Gassen Genuas. Sie stolperte, stürzte, sprang wieder auf und rannte weiter. Wie Trunken stieß sie gegen Bruchsteinwände und hinterließ eine feine Blutspur, wo sie sich die Haut aufschürfte. Sie schaute sich panisch und voll Grauen um.Angelique hetzte durch die Gassen Genuas. Sie stolperte, stürzte, sprang wieder auf und rannte weiter. Wie Trunken stieß sie gegen Bruchsteinwände und hinterließ eine feine Blutspur, wo sie sich die Haut aufschürfte. Sie schaute sich panisch und voll Grauen um.

Die Menschen der Stadt waren noch von der letzten Nacht verstört. Unheimliche Geschehnisse und Ausbrüche seltsamen Wahnsinns waren berichtet worden. Diesmal sah niemand die Pilgerhexe, von der die abergläubischen Waschweiber schwatzten.
Denn Angelique verbarg sich voll Terror. Das jüngste Gericht war gekommen und wieder gegangen. Nur die Toten und Verdammten waren geblieben.
In den geschwärzten Ruinen wankten sie umher. Verrottende Leichname, hungrig nach ...Fleisch. Der süßliche Gestank und das klagende Stöhnen hingen über dem toten, verdorrten Land. Es gab keine Erlösung und keine Vergebung für die, noch da waren und Gott nicht schauen durften. Und Angelique war eine von ihnen. Sie rannte in ewiger Nacht vor ihren Leidensgenossen davon, denen es nach ihr gierte.
Grotesk begannen die Toten zu tanzen. Angelique fand die unerträglich unheimlich, aber auch unheimlich witzig. Sie lachte und lachte, bis sie weinen musste und nicht mehr konnte.
Irgendwann verkroch sie sich in Schutt und Trümmern und überließ sich endlosen Alpträumen.

Angelique hetzte durch die Gassen Genuas. Sie stolperte, stürzte, sprang wieder auf und rannte weiter. Wie Trunken stieß sie gegen Bruchsteinwände und hinterließ eine feine Blutspur, wo sie sich die Haut aufschürfte. Sie schaute sich panisch und voll Grauen um.

Die Menschen Genuas rätselten noch über die Veitstänze, die manche gestern Nacht aufgeführt hatten, als die Pilgerhexe wieder gesehen wurde. Doch war sie das überhaupt? So mit wirren Haaren, blutverkrustet mit Wunden übersät und nur mit Kleidungsfetzen behangen, hätte sie ihre eigene Erschafferin nicht erkannt.

Die Dämonen waren wieder da. Diesmal wehrte Angelique sich. Blut spritzte auf, als ihre Klinge den geflügelten ziegenköpfigen Teufel, der sie packen wollte. Blut! Echtes, rotes Blut! Dämonen hatten doch nur schwarzes, das nichts nährte! Verwirrt schaute das Mädchen auf seine Klinge und leckte diese gierig und mit zitternden Händen ab, genoss den echten Schmerz, als die Schneide sich in ihre Zunge grub.

Sie SAH. Endlich sah sie, wenn auch nur für kurze Zeit. Der Krieger - Gott mochte wissen von welcher Fraktion, weißer Mantel, Bischofsgarde? - hielt sich den Arm, wo mühelos die Klinge sich ins Fleisch gebohrt hatte und Kettenglieder seiner Rüstung in die Wunde gestanzt hatte. Der Mann schrie verblüfft und vor Schmerz.

Angelique erschrak bis ins Mark. Da fiel ihr wieder der Fluch des Ferrucios ein. Oh, gnädiger Gott, dachte sie entsetzt. Was hatte der katholische Teufel ihr angetan? Sie hätte den Mann töten können! Hatte es vielleicht sogar getan in den letzten Nächten. Was wenn sie in ihrem Zustand einem Kind oder Alten oder egal wem begegnete? Was, wenn sie einem Kainiten begegnete? Oder Roger oder Gaius?

Sie erschrak noch tiefer. Sie musste sich von allen fernhalten! Sie durfte niemand begegnen und beten, dass es irgendwann aufhörte!

Wenn es denn je aufhörte. Denn da waren sie auch schon wieder, schauten aus Fenstern, lugten um Ecken und flatterten herbei, während der Mond wie ein strafendes Auge zusah. Verzweifelt begann die kleine Vampirin zu lachen und noch verzweifelter zu weinen. Tausend Tentakel und Klauen griffen nach ihr, Tausend Stimmen höhnten.

Angelique hetzte durch die Gassen Genuas. Sie stolperte, stürzte, sprang wieder auf und rannte weiter...
"I'm a mighty thesaurus! Rawr!"
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