Nachtigallen und Lärchen [Ramon, Melissa]

[Februar '17]
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Sousanna
Ravnos
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Re: Nachtigallen und Lärchen [Ramon, Melissa]

Beitrag von Sousanna »

Auch der Byzantinerin war Melissas Bick eindeutig in jeder Hinsicht unangenehm. Himbeerrote Flecken zeichneten sich auf ihren Wangen ab und nervös begannen ihre Schneidezähne auf der Unterlippe herumzunagen. Sie glaubte, nun spüren zu können, wie Caterina sich dereinst gefühlt hatte, bei jenem Treffen der vier Damen, und nun wunderte es sie überhaupt nicht mehr, weshalb sogar die Toreador eingeknickt war. Die ohnehin schon nicht sonderlich große Frau, schrumpfte noch ein wenig weiter zusammen. Rasch huschten die Rehaugen zwischen Ramon, den Wachen und der Senatorin hin und her.

Melissa, Ramon, die Wachen... was zur Hölle sollte sie auf diese Frage antworten? ... die Wachen, Melissa, Ramon, die Wachen, Melissa... egal was sie sagte, sie würde in dieser Situation verlieren ... Ramon, Melissa, die Wachen, Ramon ... wusste er eigentlich in welchen Schwierigkeiten sie hier steckten? ...
Der Blick der Ravnos nordete sich auf die Frau vor ihr ein und wahrheitsgemäß antwortete sie: "Ich habe nicht damit gerechnet, dass wir euch heute begegnen würden. Wir hatten nur vor, einen Spaziergang zu machen und sind für eine Unterhaltung stehen geblieben, wie es manchmal so ist. Natürlich hätte ich zuvor Bescheid gegeben und um ein Treffen mit euch gebeten, wäre das unsere Absicht gewesen."
Sie wirkte ehrlich gequält, vielleicht sogar ein wenig niedergeschlagen. Ihr war sehr wohl bewusst, dass hier schlimmere Dinge auf sie beide warten konnten, als von ein paar Wachen verprügelt zu werden - und selbst das wollte Sousanna nun wirklich nicht erleben.

"Melissa, ich bin ehrlich und will deine Zeit nicht noch länger verschwenden und deine Geduld nicht überstrapazieren.", murmelte sie schließlich und streifte sich fahrig durchs Haar. "Ich weiß nicht, ob etwas geschehen ist. Ich bin es gewohnt, von Männern angesehen zu werden und habe schon lange aufgegeben, mir darüber Gedanken. Blicke, ja selbst Worte ignoriere ich... es mag sein, dass Ramon etwas Derartiges mitbekommen hat und ich nicht..." Ein schweres, erschöpftes Seufzen folgte und sie schüttelte schließlich den Kopf, als verneine sie einen Gedanken, den sie selbst eben hatte. "Ich denke aber nicht, dass er vorhatte, deinen Wachen wirklich Gewalt anzutun." Als ihr Blick kurz zu dem Prediger huschte, lag ein stummes Flehen darin.

"Und wie ich bereits sagte, ist sein Name Ramon, Sohn vom Blute des Dominic aus dem Clan der Brujah.", versuchte sie sich an einer raschen, möglichst korrekten Vorstellung. "Er weilt erst seit einigen Monaten hier, stammt aber eigentlich aus Iberien."
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
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Friedrich Hölderlin
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Melissa
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Re: Nachtigallen und Lärchen [Ramon, Melissa]

Beitrag von Melissa »

Melissens Augen wanderten zu den Sterblichen um sie herum, huschten über die Gesichter, markiertn sie mit ihren Namen, die Beziehungen zur restlichen Truppe, zu ihrer Famiglia und den Anderen. Worte waren gefallen, die sie nichts angingen. Sie hatten sie jedenfalls gehört. Aber hatten sie verstanden? Hatten sie sich die Worte gemerkt?

"Euch", korrigierte Melissa Sousanna mit einem letzten Blick. "Eine Senatorin und Vassallin spricht man in der Regel mit Euch an, sofern nicht anders von der Höherstehenden angeboten."
Ihr Tonfall war noch überaus freundlich, bemüht um die Fassade, die erst langsam zu bröckeln begann. Sie seufzte, schloss für einen Moment die Augen.
"Gute Güte, Sou", murmelte sie. Etwas wie Mitleid lag in ihrer Stimme, als die Ravnos aus einem Fettnäpfchen ins nächste taumelte.

Rasch setzte sie ihre Maske wieder gerade, reckte sich.
Und wandte sich Ramon zu. Ihr Blick legte sich über ihn. Sie nahm sich ihre Zeit, ihn zu begutachten, seine Kleidung, seine Stiefel, sein Gesicht, schließlich auch seine Augen in aller Ruhe zu betrachten, bevor sie ihn ansprach. Eine lange, lange Beobachtung, während der ihre grünen Augen über jede Feinheit seines Körpers zu wandern schienen.
Die Sterblichen um sie herum waren angespannt. Weder verstanden sie, was vor sich ging, noch warum ihre Herrin sich Zeit nahm, noch wer diese zwei Menschen waren. Ihre Blicke huschten von ihrer Herrin zu dem Fremden, immer noch unsicher, was geschehen würde.
Aber sie wagten nicht, ihre Waffen oder ihre Achtsamkeit zu senken.

"Wer hat euch als Gast in der Stadt aufgenommen?", brach Melissa dann ihr Schweigen.
Sie schien wenig beeindruckt von dem Neuankömmling, von seinem Schwert nicht und seinem laxen Verhalten nicht. Ihr Blick war wieder eisig geworden, sie hatte alles Mitleid, was sie der Ravnos heute Nacht gegenüber empfunden haben mochte, soeben aufgebraucht. Die Arme vor der Brust verschränkt, fuhr sie dann fort:
"Ihr zwei habt ein verdammtes Glück, dass ich Erbarmen mit dem nervös plappernden Ding habe, das dort schlottert. Deine Männergeschichten werden dir noch einmal zum Verhängnis werden. Es ist das zweite Mal, dass ich dich vor den Autoritäten rette, Sou."
Kurz sah sie zu der Ravnos, wartete auf eine Bestätigung, ob sie diese ihre Schuld akzeptierte oder ablehnte. Dann erst widmete die Tzimisce sich wieder dem Brujah.
"Was dich angeht, Kerl, findest du mich in gnädiger Stimmung und mit wichtigen Dingen beschäftigt. Ich weiß nicht, wie man es in Iberien hält, aber hier gibt es Regeln und Gesetze. Gesetze, von denen ihr beide eben zwei gebrochen habt, und nur meine Güte steht zwischen euch und den Klauen ihrer Hüter."

Sie endete, betrachtete die Reaktion des Brujah scharf, ließ ihre Worte ebenso wie das Verhalten der Ravnos einsickern.
Er hatte sich in direkten Streit mit ihren Dienern begeben und als Gast somit - wissentlich oder nicht - die Domäne verletzt, die all diese Diener als Verantwortung des Drachen von Broglio in Besitz nahm.
Sousanna hatte soeben seinetwegen die Stille gebrochen und ihn der Welt der Sterblichen preisgegeben, denn sie konnte keinesfalls wissen, wer von den dutzenden Diener Melissens hinter den Schleier geblickt und für vertrauenswürdig befunden worden war.
Die Tzimisce lauerte geduldig auf die ersten Regungen ihrer Opfer.
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Ramon
Brujah
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Re: Nachtigallen und Lärchen [Ramon, Melissa]

Beitrag von Ramon »

Ramon war sichtlich angespannt, Melissa verdrehte die Tatsachen, nur um sich einen Vorteil zu verschaffen.. und bei Sou schien das auch noch zu funktionieren.. er sollte wirklich ein Wort zum Thema Selbstbewusstsein mit ihr wechseln.[b/]

Lasst mich zuerst ein Wort des Grußes an euch richten, Senatorin unter dem Monde.
Wir kamen mit keiner bösen Absicht , also ist es nicht nötig die Gegend nach Bewaffneten Streitkräftenoder Meuchelmördern abzusuchen.
Er Kommentierte offensichtlich das panische Umblicken Melissas
Lasst eure Harte Schale sich öffnen, Sousanna ist eine gute Bekannte, wie es mir scheint, auch ich hege keinerlei Absicht euch zu Schaden, es würde mich vielmehr freuen, mehr von euer freundlichen Art mitzukriegen, die ihr offensichtlich so selten zeigt.
Ich hoffe euch ist aufgefallen als ihr mich so ausgiebig mustertet das auch ich durchaus ein angenehmer Zeitgenosse sein kann. Um eure Frage zu beatworten : aufgenommen wurde ich von der verehrten Acacia, Momentan leben ich und meine Gemeinde in Ravecca, das wie ihr wisst unter dem Schutz des verehrten Matteo steht, ich begrüße euch gerne in unserem Kreis, wenn wir dieses Missverständnis aus dem weg räumten... ich drohte euren Wachen nur, da sie Sousanna begafften, aber ich bin sicher das ihr solch unwürdiges Verhalten nicht gutheißt, und vertraue darauf das es sich in Zukunft ändern wird...

Desweiteren wüsste ich nicht, welche Gesetze wir gebrochen haben sollen... wollt ihr mich aufklären ?
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Wie lässt man alles hinter sich?
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Sousanna
Ravnos
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Re: Nachtigallen und Lärchen [Ramon, Melissa]

Beitrag von Sousanna »

Oh Gott, was hatte sie da getan? Hatte sie den Verstand verloren und alles vergessen, was man ihr je eingebläut hatte? Schon als sie geendet hatte, hatte Sousanna jedes bisschen an Farbe verloren und auf Melissas Zurechtweisung hin, hatte sich ihr Blick beschämt gesenkt. Sie wünschte sich gerade nichts weiter, als dass die Sonne aufgehen und sie zu Staub verbrennen möge. Dieses Gefühl war mit Sicherheit bedeutend angenehmer als die brennende Scham. - Zumindest würde es weniger lange anhalten.
Nur matt konnte sie noch flüstern: "Bitte verzeiht mir... ich kann nur noch um Vergebung bitten..."

Wie gerne wäre sie einfach geflohen, doch die Ravnos fürchtete, dass diese Flucht von kurzer Dauer gewesen wäre und noch viel schlimmere Konsequenzen mit sich gebracht hätte, als alles, was sie sich heute Abend bereits eingebrockt hatte.

Umso mehr erfüllten sie Ramons Worte mit blanker Panik. War er diese verfluchte Form der Existenz schon so leid, dass er hier gerade tatsächlich um seine Vernichtung oder zumindest um eine Starre bettelte? Verzweifelt versuchte sie, seinen Blick zu fangen, ihn durch Blicke und leichtes Kopfschütteln zum Schweigen bringen. Er mochte Qual und Leid mögen. Sie tat es nicht. Er musste aufhören! Sonst würde diese Nacht ein schreckliches Ende nehmen.
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Melissa
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Re: Nachtigallen und Lärchen [Ramon, Melissa]

Beitrag von Melissa »

"Hör mir genau zu, Bursche, und zwar sorgsam", zischte Melissa, die einen Schritt näher gekommen war. Der Hauptmann hinter ihr folgte ohne zu zögern. Seine Hand wanderte zum Schwertgriff, kam aber an der Hüfte kurz daneben zum liegen. Er war nervös, offenkundig, seine Soldaten nicht weniger, die nicht zu mögen schienen, wie nah die Tzimisce und der Brujah sich kamen.
Melissa ignorierte sie. Ihr Blick sprühte Flammen, ihre Stimme hatte alle falsche Freundlichkeit abgelegt.
"Bevor ich mich und meine gute Erziehung vergesse.
Lass mich dir erklären, was dein Erzeuger offenbar versäumt hat.
Ihr beide kommt in mein Haus. Mitten in der Nacht, unangekündigt. Und du bietest keinen Respekt, keine Freundschaft. Du kommst hier an und führst dich auf, als wärst du wer. Du schnauzt meine Leute voll, weil sie ihre Arbeit tun. Und das heißt du beleidigst mich. Das.hasse.ich.

Ich bin ein falsches Wort von dir davon entfernt, dich und wer auch immer mit dir gekommen ist, aus der Stadt werfen zu lassen. Acacia hasst Fehler und wird nichts lieber tun, als dir das Gastrecht wieder entziehen, da du es offensichtlich liebst, darauf herum zu trampeln. Und sei dir verdammt sicher, dass sie es tun wird, wenn ich ihr erzähle, was du hier gerade vom Zaun brichst.
Weil ihr zwei beschlossen habt, heute in mein Revier zu marschieren und mir meine Nacht zu ruinieren.
Du befindest dich auf meinem Land, in meinem Revier und du redest mit meinen Leuten, als wären es Diebe. Und das heißt du redest mit mir, als wäre ich ein Dieb. Das heißt du erklärst mir, wie ich mich zu benehmen habe.
Meine Jungs tun und lassen auf meinem Land in meinem Revier, was immer ihnen zu tun einfällt, capisce?

Wärst du in Freundschaft zu mir gekommen, hättest du dich meinen Wächtern angekündigt und höflich um meine Zeit gebeten, anstatt sie mir mit dieser Narretei zu stehlen, so müsste ich dir nicht die Grundregeln von Domäne und Stille erklären, die du mit Füßen trittst. Dann säßen wir mit Sousanna bereits drinnen und sie würde mir erzählen, was die Herrin dieses Sestiere für dich tun kann.
Lass es mich also noch ein aller.letztes Mal versuchen, weil Sousanna mir eine Freundin ist und für dich um Vergebung bittet:
Was habe ich getan, dass du mich so respektlos behandelst?


Ihre Stimme kam gepresster aus ihrer Kehle, wie von unterdrückter Wut. Sie beherrschte sich, offenbar. Es schien aber auch, als würde jedes weitere Wort über den von ihr zumindest so empfundenen Bruch ihrer Domäne sie weiter in den Zorn treiben und ihre Beherrschung testen.
Als mache allein der Gedanke daran sie rasend.
Aber noch war da ein Ausweg. Ein einfacher, schlichter Ausweg, der aus nichts weiter als einem Wort bestand. Ein Wort, das sie als Antwort auf ihre Frage erwartete.
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Ramon
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Re: Nachtigallen und Lärchen [Ramon, Melissa]

Beitrag von Ramon »

Der Brujah kochte.... jede einzele Faser seines Gesichtes glich einer angespannten Bogensehne, bereit jeden moment den tödlichen Pfeil auf Melissa niederzulassen... Doch dann blickte er hinüber zur Ravnos... er musste einen Weg finden wie er Melissa zurechtweisen konnte, ohne das sie dabei in Gefahr war.. und sein erhitztes Blut war ein guter Ratgeber was Rachepläne anging. Langsam wandelte sich die Bogensehne zum sanften Seidentuch, welches Ramons Blicke auf Sou zu fixieren schien.. seine geballte Faust öffnete sich wieder,und mit einem leichten Nicken wendete er sich Melissa zu.

Verzeiht... diese Unangebrachte Haltung ist wohl meines Blutes Schuld.. ich möchte die Verantwortung dafür auf mich nehmen... ihr sagtet etwas von einem Tisch ? gern würde ich euch mehr über die Eigenheiten meines Clans näherbringen so ihr es wünscht. Ich weiß, das keiner von uns diese Begegnung geplant hatte, aber lasst uns doch nun versuchen das beste draus zu machen...

Bei seinen letzten Worten zwang sich Ramon zu einem Lächeln, fast schien es die Kraft der Beherrschung zu sein, die Besitz von ihm ergriffen hatte.
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Melissa
Tzimisce
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Re: Nachtigallen und Lärchen [Ramon, Melissa]

Beitrag von Melissa »

"Dann tragt die Verantwortung für eure Taten auch", riet Melissa ihm.
Ihre Achtung schien er mit dieser halbseidenen Entschuldigung nicht erlangt zu haben.
Aber sie trat einen Schritt zurück und sah von unmittelbarer Bestrafung ab.
Trotzdem ließ sie ihn noch nicht ein. Sie musterte ihn weiter, beobachtete die Regungen seines Gesichts, die geballte Faust, das angestrengt denkende Gesicht, das gezwungene Lächeln.

"Dann seid willkommen in meinem bescheidenen Heim. Genießt die Gesetze der Gastfreundschaft und zehrt von ihren Gaben, solange mein Haus euch Zuflucht gewährt."
Die Situation entspannte sich fast augenblicklich, sobald die Tzimisce es so wollte. Der Hauptmann entfernte seine Hand von der Hüfte. Die Wachen lockerten ihre Griffe um die Waffen und zogen sich auf ihre Posten am Durchgang in der Mauer zurück.
"Tretet ein, für diese Nacht, und erzählt mir von euren Reisen."
Die Worrte, die die Tzimisce gewählt hatte, klangen nicht wie ihre eigenen. Sie klangen nicht, als ob die Senatorin sie wirklich besitzen würde oder selbst auch nur gesagt hatte. Sie hatte sie mehr intoniert, mit einem feierlichen Unterton, der in krassem Gegensatz zu der Situation selbst stand, und sie wie ein Ritual wirken ließ.

Melissa trat zur Seite, um die Ravnos und den Brujah in ihren Hof - und damit einen Teil ihres Jagdgebiets - einzulassen.
"Sou, Liebes? Sei so freundlich und zeig unserem Gast doch den Weg."Sie behielt den Brujah im Auge, wenn die beiden an ihr vorbei gehen sollten. Als Sou, die zweifellos nicht wusste, in welchem der Gebäude Melissa mit ihnen reden wollte, kurz zögerte, fügte sie hinzu:
"Die dritte Tür auf der linken Seite. Das Gebäude hinter dem Lager, wo sich die Arbeitsstuben befinden."
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Sousanna
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Re: Nachtigallen und Lärchen [Ramon, Melissa]

Beitrag von Sousanna »

Ebenso angespannt, wie furchtsam hatte Sousanna den Prediger beobachtet und auf sein Ruhigerwerden hin, ganz leicht den Kopf geneigt, wie um ihm zu zeigen, dass er sich am Anfang eines richtigen Weges befand. Wenn er so weiter machte und noch mehr Reue und Demut zeigte, hatten sie möglicherweise eine winzige Chance diese Nacht halbwegs unbeschadet zu überstehen.
Als die Tzimisce schließlich ihr vorläufiges Urteil gefällt hatte - und die Händlerin hätte tatsächlich mit einem Jahr Keuschheit gewettet, dass es nur vorläufig war und eine Bestrafung noch ausstand, atmete sie das erste Mal an diesem Abend leicht auf.
Der Blick, der zu der Kainstochter hinhuschte, war voller Dankbarkeit. Kurz war sie versucht gewesen, sich in einen weiteren Fluss an Plappereien zu ergehen, wie gütig diese Geste war, doch sie zwang sich zu schweigen. Zu groß war die Gefahr, dass sie in ihrer Angst wieder zu viel oder Falsches sagte und so alles wieder in eine absolute Katastrophe wandelte.
So beließ sie es bei jenem einen Blick und hoffte, dass die Drachin verstand, dass sie zumindest diese Geste der Gastfreundschaft sehr zu schätzen wusste.

Um nicht noch mehr Unmut hervorzurufen, zeigte die Ravnos schließlich ein rasches Nicken und beeilte sich, Melissas Befehl Folge zu tragen. Ramon einen raschen, bittenden Blick zuwerfend, ging sie vor und versuchte den Weg nach den Anweisungen der Hausherrin zu finden.
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Ramon
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Re: Nachtigallen und Lärchen [Ramon, Melissa]

Beitrag von Ramon »

Ramon folgte Sousanna, der das Gefühl der Unterwürfigkeit im Gegensatz zum Brujah nicht so fremd schien. Die Tatsache , das unklar war, wie der Abend enden würde brachte den Brujah leicht zum schmunzeln. Diese Etikette war doch auf eine ganz eigene Art und Weise erfrischend. Wie ein Schwertkampf, der mit Zungen ausgefochten wurde. Ramon erinnerte sich nochmals an das Angebot des Matteo, und beschloss ihn bald aufzusuchen.
Der Brujah sah sich während er Sousanna folgte, um ihn herum um und versuchte dabei den Kampfsituationssinn unter einer Maske aus Neugier zu verstecken.


@Ramon (Felix) rolled 30 (1 + 8 + 4 + 7 + 10 = 30) = 2 Erfolge fürs Umsehen
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Melissa
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Re: Nachtigallen und Lärchen [Ramon, Melissa]

Beitrag von Melissa »

Der Hof, durch den Sou und Ramon gingen, war ein verwinkeltes, großes Ding.
Er war aus dem Zusammenschluß mehrerer Gebäude entstanden, die beiderseits der Strata Romana, der Hauptstraße im Norden der Stadt, lagen und Stück für Stück zusammengewachsen waren im Lauf der Jahrzehnte. Linker Hand befand sich zunächst ein größeres Lager: Ein langes, großes Gebäude mit breiten Toren, das sich bis nach hinten an die Mauern erstreckte. Dann erst folgte ein schmales Häuschen, in das Melissa ihre Gäste dirigierte. Dahinter folgte ein weiteres Lager, allerdings mit einem zweiten Stockwerk und einem etwas offener gestalteten ersten Stockwer, das Platz für Buden und Handelsstände bot.

Rechter Hand war dagegen eine Ansammlung von Gasthäusern. Drei Stück, um genau zu sein, die mit allerlei Auf- und Umbauten, mit Vorsprüngen, Gängen, Galerien und Balustraden miteinander verbunden worden waren und innerhalb der Grenzen der Mauern aufgebläht worden waren, bis sie sich in jede Nische und Ecke auf der anderen Seite der Straße drängten. Einige Fenster im oberen Stockwerk deuteten auf Platz für einige Gäste hin...und boten gute Sicht auf den Hof, wie auch die Balustraden und Übergänge schwer erreichbar schienen.
Es drang Licht aus ihnen hervor und die gedämpften Stimmen von sich unterhaltenden Männern. Obwohl keine Wächter davor zu sehen waren, mochten sich leicht Dutzende darin verstecken.

Das Häuschen, auf das Melissa zusteuerte, war dagegen einigermaßen freistehend. Zwischen ihm und den es umgebenden Lagern befanden sich jeweils gut ein Meter lange Gassen, die auf der Rückseite von der Steinmauer des Hofs abgeschnitten wurden. Aber es schien, als befände sich auch dorthin eine Lücke.
Offenbar hatte sich die Aufmerksamkeit bei der Erbauung des Hofes nicht auf Feinde im Inneren ausgelegt, sondern auf eine Regulierung des Zugang. Er war dank der hohen Mauer und der Lücken leicht mit nur wenigen Männern vollständig abzuschneiden und sollte Diebe und anderes Gesindel davon abhalten, die Gäste im Inneren zu belästigen. Fast jedes Gebäude war leicht mit nur wenigen Männern gegen eine Überzahl zu halten.

Bevor Sou an ihrem vorläufigen Ziel angelangt war, hatte der Hauptmann sich beeilt, die drei Vampire zu überholen und ihnen die Tür zu öffnen. Wie Ramon und Sou drinnen feststellten, hatte Melissa zwar die Torwachen des Handelshofes dort gelassen, wo die beiden mit ihnen aneinander geraten waren. Ihre Arbeitsstätte quoll aber über vor Leben in dem finsteren Zwielicht.
Das Innere des Häuschens war schmucklos. Nur wenig Licht legte sich auf die spartanische Einrichtung, das meiste davon sickerte aus der hinteren Ecke hervor, wo sich offenbar eine Art von Küche befand. Das restliche Erdgeschoß wurd von einer Art Aufenthaltsraum eingenommen, eine lange Tafel mit Bänken nahm den größten Teil ein, daran befanden sich ein weiterer Trupp Männer, die die Neuankömmlinge misstrauisch begutachteten. Eine Reihe Speere lehnte hinter ihnen an der Wand, identisch zu denjenigen der Stadtwachen, die meisten hatten Armbrüste vor sich auf dem Tisch liegen, die sie pflegten, oder neben sich auf den Bänken. Sie machten keine Anstalten, sich zu erheben.

Melissa führte ihre Gäste an ihnen vorbei zur Treppe, die in das obere Stockwerk führte. Dort befand sich ein winziger Flur, von dem zwei weitere Türen abgingen: Eine nach rechts, etwa über der Tafel der Männer, die verschlossen war. Und eine gerade zu, die offen stand. Dorthin führte die Tzimisce sie in einen Arbeitsraum, der an der Stirnseite des Hauses gelegen war, direkt über dem Eingang. Ein Fenster erlaubte einen guten Überblick über den größten Teil des Hofes.
Der Arbeitsplatz nahm den Großteil der Fläche ein, auf der anderen Seite befand sich ein Regal. Beide waren überfüllt mit Dingen, die einem Händler und Verwalter gut bekannt sein würden: Rechenhilfen und Mittel, Gewichte, Meßstäbe und Listen. Unendliche Mengen von Listen, die auf durchaus größere Umsätze hindeuteten.
Davor ein einzelner Sitz, auf dem Melissa sich rasch niederließ.
Im Raum selbst befanden sich zwei weitere Männer, Armrbrüste griffbereit, die aus dem Fenster gespäht hatten. Das selbe Fenster, das einen Blick auf die Truppe mit dem Hund erlaubte, mit der Ramon sich beinahe angelegt hatte. Sie traten von ihrer Stellung am Fenster zurück, salutierten ihrer Herrin und zogen sich dann zur Tür zurück, die sie hinter Sou, Ramon, Melissa und dem Hauptmann schlossen. Irgendwo auf dem Weg hatten sie den Mann in Zivil verloren, die Wachen des Handelshofes waren genau dort am Durchgang geblieben.

Der Brujah hatte mit diesen Wächtern im Arbeitsraum zusammen insgesamt sechs bewaffnete Männer zählen können, die sich im Haus befanden. Geräusche von Fußtritten und leisen Stimmen allerdings ließen auf weitere Menschen schließen, die sich in den nicht einsehbaren Räumen befanden. Ob bewaffnet oder nicht war daher schwer zu sagen.
Melissa war entweder in höchstem Maße paranoid - oder hatte eine gesunde und vorsichtige Einschätzung ihrer eigenen körperlichen Kräfte, derer sie in ihrem Kleid und mit ihren zarten Gliedern kläglich wenig zu besitzen schien.
Sie wandte sich ihren Gästen zu, die bis auf weiteres noch stehen mussten.
"Kann ich euch beiden etwas anbieten?", fragte sie im Tonfall durchaus freundlich. "Brot und Salz, Wein?"
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