Zum Ende wird es dünn [Sousanna, Acacia]

[Mai '17]
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Toma Ianos Navodeanu
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Zum Ende wird es dünn [Sousanna, Acacia]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Genau eine Woche später, nachdem Sousanna und Agatha die Werkstatt des Drachen verlassen hatten, erwartete besagter die beiden wieder zurück.
Neben ihm selbst war nur Jakob da.

Neben den gewöhnlichen Werkzeugen, stand auf einem Tisch eine Schale mit Resten von Brot und Käse und auf dem Boden zusammengebunden wie ein Päckchen lag ein Mensch, der mit schreckgeweiteten Augen zu dem Adligen aufsah. Er war nicht geknebelt, doch obwohl sein Mund zu einem Schrei geöffnet war drang kein Laut daraus hervor.
Bedauernd schaute er immer mal wieder auf das arme Opfer, doch rührte keinen Finger ihm zu helfen. Schweigend, wartete der Ghul, während Toma im angrenzenden Raum war und arbeitete.
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Sousanna
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Re: Zum Ende wird es dünn [Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Panik hatte die Ravnos die letzten Nächte verfolgt wie das widerwärtige Monster, das der Drache war. Ihre stumme Begleiterin war für sie zum Ausdruck ihrer Sorge geworden. Dennoch hatte sie sich bemüht, der Frau große Freundlichkeit entgegenkommen zu lassen. Es war ihre Form der Rache gewesen, für alles, was ihr heute Nacht angetan werden würde. Hilflosigkeit nahm hin und wieder seltsame Formen an...
Sie stand ihr auch noch ins schöne Gesicht gemeiselt als Sousanna heute Nacht vor der Werkstatt ankam. Offensictlich eine weitere Kunstfertigkeit, die der Handwerker besaß.

Tiziano, der sie begleitet hatte, schien ebenso angespannt. An seinem Kiefer traten immer wieder Muskeln hervor und hätte sie es nicht strickt verboten, hätte er wohl am liebsten das Haus des Peinigers seiner geliebten Herrin einfach abgebrannt oder seine Wut an seiner Dienerin ausgelassen. Doch da sie ihm erklärt hatte, dass ihr dies noch größere Schwierigkeiten verschaffen würde, versuchte er sie auf seine Art und Weise zu trösten. Mit der größten Sanftmut, die die Hände eines Schlägers aufbringen konnten, hatte er ihr eine Hand auf den Arm gelegt und sie mit ernster Entschlossenheit angeblickt, als sie einige Meter vor der verhassten Tür stehen blieb.
"Wenn es sein muss, sterb ich für dich auch, mein geliebtes Reh.", hatte er ihr zugeflüstert und dann zärtlich ihre Hand geküsst.
Ein trauriges Lächeln eroberte ihre hübschen Züge, erfüllten sie mit einer bittersüßen Melancholie. Er wollte ihr nur helfen, auch wenn er vielleicht nicht der Geschickteste. Sanft hatte sie ihn angeblickt und recht leise erwidert: "Wenn sie kommt, wird das nicht nötig sein. Lass uns daran denken, wie großartig unsere Feier sein wird, wenn es überstanden ist."

Er verstand nicht, wie seine kluge Schönheit sich auf eine einzige Frau verlassen konnte. Wieso sie so viel Gewissheit darin setzte, dass das Erscheinen einer einzigen hohen Dame - irgendwie so etwas musste sie wohl sein - sie retten und vor dem Schlimmsten bewahren konnte? Dennoch nickte er. Sousanna würde wissen, was sie tat.

Die Blicke der Byzantinerin huschten währenddessen durch die Nacht. Sie hoffte so sehr, dass die Herrin des Elysiums kommen würde, wie sie es ihr zugesichert hatte. Dann konnte man ihr gar nichts so Schreckliches antun, zumindest würde ihr nicht mehr angetan als unbedingt nötig war.
Währenddessen zwang sie sich um einen ernsten, aber nicht ganz so verschreckten Ausdruck zu zeigen. Sie hatte nichts zu befürchten. Ihr Blut war so dick wie das der meisten Blutsauger hier - und auch wenn ihr das manchen vorwarfen. Und wenn das hier vorbei war, würde sie ergründen ob es eine Intriege war und sich rächen wenn ja. Besser wütend sein als traurig. Sie würde an alle wundervollen Nächte nach dieser einen Schrecklichen denken.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
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Acacia
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Re: Zum Ende wird es dünn [Sousanna]

Beitrag von Acacia »

Es war spät geworden heute Abend. Unvorhersehbare Probleme hatten sie aufgehalten und die nötigen Gespräche in die Länge gezogen. Immer ungeduldiger war die Schattenherrin dabei geworden und es hatte sie Mühe gekostet ein glattes Gesicht zu wahren. Doch schlussendlich waren alle Beteiligten zufrieden. Dennoch wollte sich das befriedigende Gefühl, welches sie sonst immer nach der Lösung solcher Probleme durchflutete, nicht einstellen, zu drängend war die Sorge zu spät zu kommen und ihr Wort nicht halten zu können. Allein bei diesem Gedanken stieg die Galle bitter ihre Kehle hinauf und sie beschleunigte ihren Schritt noch etwas. So war die dunkel gewandete Gruppe in dieser Nacht auch nicht mit gemessenem Schritt unterwegs, sondern eilte sich durch die Straßen und Gassen der nächtlichen Stadt. Erst wenige Meter vor der Gasse, in welcher die Werkstatt des Drachen lag, wurden ihre Schritte langsamer und ruhiger, sodass sie nicht abgehetzt wirkten, als sie um die Ecke bogen.
Wie immer hatten die fünf Wächter ihre Herrin in die Mitte genommen und wie immer waren sie von schwarzen Umhängen verhüllt, die ihre Gesichter und vor allem das Acacias verbargen. Schnell hatte sie die wartende Ravnos entdeckt und sobald sie dicht genug herangekommen waren, öffnete sich der Kreis der Wächter wie eine Blume um die andere Frau und ihren Begleiter in ihrer Mitte willkommen zu heißen. Die schmalen Hände Acacias hoben sich und sie schlug die Kapuze weit genug zurück, dass Sousanna ihre blassen Züge erblicken konnte, die ein freundliches, beruhigendes Lächeln trugen. „Verzeih. Ich bin spät.“, sprach sie freundlich, während Alberico an ihrer Seite den Wächter der Ravnos aus kalten, kritischen Augen musterte und sich ganz offensichtlich eine Meinung bildete. Eine kleine Geste des alten Ghuls reichten, damit sich die anderen vier Männer beinah lautlos und wie Schatten in der Gasse und um das Haus herum verteilten um jegliche von außen drohende Gefahr von ihrer Herrin abzuhalten.
Wir sind wie Eisblumen, wir blühen in der Nacht. Wir sind wie Eisblumen viel zu schön für den Tag.
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Sousanna
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Re: Zum Ende wird es dünn [Sousanna, Acacia]

Beitrag von Sousanna »

Unruhig war die Ravnos auf und ab gewandert. Die letzten Minuten waren ihr quälend vorgekommen. Wie Honig, der sie langsam zu ersticken drohte. So atmete Sousanna fast schon erlöst auf als die Herrin der Schatten schließlich in der Gasse erschien. Unwillkürlich hatte sie ihr ein strahlendes Lächeln voller Erleichterung zugeworfen, während sie zur Begrüßung knickste. Fast war es, als ginge in ihrem Inneren die Sonne auf.
Jetzt würde alles gut werden. Sie war gekommen und sie würde dafür sorgen, dass alles richtig von statten ging.
"Ich bin froh, dass ihr Zeit gefunden habt, mich hier zu begleiten.", erwiderte sie etwas verlegen, ein wenig überrascht davon, dass die Lasombra sich tatsächlich bei ihr entschuldigte.

Ihr Begleiter unterdessen hatte nach dem ersten Schrecken, in dem er sich schützend vor sein Reh gestellt hatte, nicht umhin gekonnt, diese neue Erscheinung fasziniert zu betrachten. Ja, seine Herrin hatte ihn vorgewarnt, dass diese hohe Dame ganz besonders war, doch er hatte bei dieser Erzählung gelacht.
Schöner als sie? Das ging gar nicht. Er hatte sich getäuscht. Vor ihnen musste einer der Engel stehen, von denen der Priester immer sprach.
Verdutzt stand ihm der Mund offen bevor er sich tief verneigte, um so seine grobschlächtige Form der Ehrerbietung zu erweisen. Sousanna hatte ihm geraten, nicht zu sprechen, wenn er nicht angesprochen wurde, und er würde sich daran halten. Hier fühlte er sich wie der erbärmliche Räuberhauptmann, der er nun einmal war.
Auch wenn er den Blick des Leibwächters dieses Engels mit dem klassisch stolzen Trotz der Straßen erwiderte.

Die Byzantinerin warf ihm einen kurzen, mahnenden Blick zu. Ob in Konstantinopel oder Genua, sie hatte sich lang genug auf den Straßen herumgetrieben, um zu wissen, dass nur ihre "Bitte" an Tiziano ihn von irgendwelchen dummen Protzgebärden abhielt.
Glücklicherweise senkte er sofort den Kopf und ließ diese Einschätzung seinerselbst über sich ergehen und sie nickte leicht, bevor sie sich ernst und höflich an die Herrin des Elysiums wandte: "Wollen wir dann hinein?"
Man sah ihr ihre Anspannung deutlich an, doch war sie zuvor ängstlich und aufgekratzt gewesen, hatte sie nun etwas von jemandem, der sich für einen Kampf wappnete, der zwar schmerzhaft, aber nicht tödlich sein würde.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: Zum Ende wird es dünn [Sousanna, Acacia]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Agatha freute sich nach hause zu kommen.
Sie hatte bei Sousanna nichts zu fürchten gehabt, in der Tat hatte sie sie sehr viel netter behandelt als er es je würde, besser als sie es auch von ihr erwartet hatte. Dennoch war sie ihr fremd und ihre ganze Umgebung, die Leute mit denen sie sich traf. Das war nicht ihre Welt und so wartete sie sehnsüchtig auf den Tag an dem sie einfach wieder nach hause konnte. Es war absurd, warum wollte sie dahin zurück? Zu dem Teufel? Sie hasste ihn, dennoch konnte sie nicht vorstellen einfach abzuhauen. Nie wieder zu kommen.Etwas zog sie wieder zurück hierher und je näher sie in dieser Nacht der Werkstatt kamen desto erleichterter fühlte sie sich auch. Alles war gut gegangen. Sousanna war wieder hier. Der Teufel würde zufrieden sein und sie nicht bestrafen.
Sie hatte in der einen Woche allerhand erlebt, auch wenn sie immer nur der stille Beobachter war. Das hübsche Monster hat allerhand andere Monster getroffen. Das hatte ihr Angst gemacht. Hier gab es so viele von ihnen. Und die anderen Menschen bekamen es einfach nicht mit.

Dann warteten sie. Wie immer. Ihr Leben bestand so oft nur noch aus warten oder....als sie daran dachte, was sonst ihre Aufgabe war, zog sie das Warten doch vor.

Als sich dieser gefallene Engel ihnen offenbarte knickste Agatha tief und hielt den Blick demütig gesenkt und würde so verharren, bis sich diese mächtigen Frauen zum gehen entschlossen oder sie ansprechen würden, was sie aber nicht erwartete.


Sobald die Kainiten sich entschlossen hätte die Werkstatt zu betreten, beziehungsweise vorher anzuklopfen, würde Jakob ihnen öffnen und sie mit einer tiefen Verbeugung ins innere einladen.
Überglücklich würde er seine Frau in die Arme schließen, die davon etwas überrumpelt wirkte, bis Toma den Raum aus dem Nebenraum heraus betreten würde. Steif und gehorsamst würden die Ghule sich an der Wand aufstellen und sich nicht mehr rühren.

Die Aufmerksamkeit des Drachen lag sodann ganz auf Sousanna und Acacia, die er mit einem überraschten Blick bedachte, bevor er vor ihr den Kopf neigte. „Wohlwerte Hüterin, willkommen, eine Freude euch hier zu sehen.“ Dann würde sein Blick auf Sousanna fallen und sie nur mit einem knappen Nicken bedenken. „Sousanna. Schön, dass ihr gekommen seid. Wie ich sehe habt ihr euch in der Tat Unterstützung mitgebracht?“ Wie er es empfand dass es von allen Kainiten Genuas die Hüterin der Elysien war, konnte man seinem Gesicht nicht entnehmen.
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Acacia
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Re: Zum Ende wird es dünn [Sousanna, Acacia]

Beitrag von Acacia »

Sousannas Erleichterung war beinah mit Händen zu greifen und auch wenn Acacia wusste, dass es nicht das Vertrauen der Ravnos war, welches fehlte, so stimmte es sie dennoch ein wenig missgünstig. „Ich habe es versprochen und ich halte mein Wort immer.“, erwiderte sie dennoch sanft, wenn auch mit einem Hauch Stahl in der Stimme, bei dem der Blick Albericos kurz auf seine Herrin fiel. Er kannte sie schon so lange, dass er selbst bei den feinsten Änderungen in ihrer Gestik, Mimik oder Stimmlage sagen konnte was sie dachte und wie sie sich fühlte, egal wie gleichbleibend kühl ihre Ausstrahlung dabei bleiben mochte.
Dem klassischen Trotz der Straße begegnete der alte Ghul mit jahrzehntealter Arroganz, war er sich doch sicher, dass der Schläger nicht einmal altern, geschweige denn zu Staub und Knochen zerfallen würde, wenn er kein Blut mehr bekäme. Und auch seine Bildung schien mehr als mäßig zu sein. Allerdings passte er zu der hübschen, kleinen Ravnos. Wie der geifernde Kettenhund zu einem Mädchen, welches dessen Kette unerbittlich festhielt. Denn er hatte viel zu viel gesehen um Sousanna ihre süße Unschuld auch nur einen Augenblick zu glauben.

Auf Sousannas Frage hin nickte die Herrin der Schatten und legte der Ravnos kurz beruhigend die Hand auf den Arm. Es würde schon nicht so schlimm werden. Wie immer ignorierte Acacia die sie umgebenden Ghule weitestgehend und betrat dann die vertraute Werkstatt sobald ihnen nach einem Klopfen geöffnet wurde. Erst im Innern strich sie die Kapuze ganz von ihrem Haupt, während Alberico sich hinter ihr deutlich entspannter als die Tzimisceghule aufstellte. Sobald Toma den Raum betrat wurde er von Acacia interessiert gemustert und sie nahm die Veränderungen wahr, die sich seit ihrem letzten Treffen getan hatten und von denen es immer irgendwelche gab. „Toma, es freut mich, dass Ihr mich trotz meines unangekündigten Eindringens so freundlich aufnehmt. Sousanna bat mich sie zu begleiten, damit es keinen Zweifel am Ausgang der Untersuchung gibt, wer auch immer diese Zweifel äußern mag.“, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln und einem anmutigen Neigen des Kopfes als Respektsbezeugung gegenüber dem Tzimisce. Danach würde sie sich eher zurückhalten und sich lediglich dem Beobachten widmen.
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Sousanna
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Re: Zum Ende wird es dünn [Sousanna, Acacia]

Beitrag von Sousanna »

Man konnte es Talent nennen oder auch Fluch, doch Sousanna war schon immer recht gut darin gewesen, auch kleine Stimmungsänderungen wahrzunehmen. So hoben sich kurz die Schultern, wie um sich vor dem Stahl zu schützen. Und ein entschuldigender Blick war zur Herrin der Schatten hinüber geflackert. Sie hatte nichts falsch machen wollen und es tat ihr leid, wenn sie etwas getan hatte, dass ihre Begleiterin verärgern würde.
Tiziano unterdessen redete sich in seiner Gossenarroganz ein, dass der Andere Glück hatte, dass die byzantinische Schönheit ein so sanftmütiges Wesen war. Sonst hätte er schon gewusst, was er mit einem so eingebildeten Pinsel zu tun hätte. Doch das liebreizende Wesen über das der Schläger wachte, hatte ihn beschworen, nichts dergleichen zu tun und erst dann einzugreifen, wenn sie ihn darum bat. - Und wie konnte er eine Bitte abschlagen, die diese vollkommenen Lippen verließ?

Acacias Berührung ließ eine traurige Dankbarkeit in der Ravnos aufflammen. Ja, sie hoffte, dass sie diese Werkstatt wieder heil verlassen würde und doch fühlte sie sich wie eine Verurteilte, die zur Hinrichtung schritt. Stumm auf den Boten hoffend, der ihre Begnadigung mit sich trug.
Auf einen Blick hin blieb ihr Ghoul auch etwas zurück, auch wenn er es offensichtlich sehr ungern tat.

Den Drachen begrüßte sie dann mit einem, wie sie hoffte, freundlichen Lächeln und einer angedeuteten Verneigung.
"Ich bin froh, dass wir diese Unannehmlichkeit heute aus der Welt schaffen können.", erwiderte die Sünderin ernst und gefasst, aber immerhin ehrlich. Es wäre einfach eine zu große Lüge gewesen, zu behaupten, dass sie sich freute hier zu sein. "Aber ich möchte nicht euer beider Zeit verschwenden. Was gedenkt ihr heute zu tun oder besser, was soll ich tun, um mein wahres Wesen zu beweisen?"
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: Zum Ende wird es dünn [Sousanna, Acacia]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

"In der Tat hatte ich nicht mit euch gerechnet, doch Ihr habt mir bisher keinen Grund gegeben eure Anwesenheit oder Person geringzuschätzen, Acacia. Ich vertraue euch dahingehend, dass ihr die Situation mit der nötigen Objektivität betrachten werdet." Erwiderte Toma an Acacia gewandt. "Ich gehe davon aus, dass ihr also wisst, worum es geht? Dass ich Sousanna auf eine mögliche Dünnblütigkeit untersuchen werde? Eine Untersuchung, die mir aufgetragen wurde und wahrlich nicht aus reiner Boshaftigkeit erfolgt, das versichere ich euch." Er wies auf einen Hocker, auf dem
"Setzt euch, beobachtet, bezeugt, doch haltet euch sonst bitte zurück."
Das war ihm wichtig. Er duldete keine Störung bei seiner Arbeit. Dass überhaupt so viele Personen hier waren, war ihm schon ein Dorn im Auge, aber er hatte es Sousanna nun mal erlaubt und es würde ihm nicht zuträglich sein, wenn er nun Acacia hinauswerfen würde.

So wandte er sich dann auch erst einmal der Ravnos zu. "Es gibt einige Punkte, denen ich gern nachgehen würde, wie ich euch schon gesagt hatte. Nicht alle könne wir in dieser Nacht klären, doch es wäre ein Anfang.
Beginnen wir erst einmal mit dem was wir bisher über euch wissen." sagte er und lies seinen Blick zu seinem Ghul schweifen.
"Jakob. Mitschreiben!" Genannter löste sich sogleich von der Wand und ging zu einer der Werkbänke an der gegenüberliegenden Wand, wo er Wachstafeln schon bereit gelegt hatte. Mit einem schmalen Holzgriffel würde er nun alle Erkenntnisse notieren, die sie an diesem Abend machen würden.

"Nun, wie ich bereits in der ersten Nacht, in der ihr hier wart, herausfinden konnte, scheint euer Körper tot zu sein, doch fließt stetig mehr Blut durch ihn, als bei anderen Kainiten." stellte er diesen Fakt noch einmal fest, dabei Acacia und die Ghule völlig ignorierend. "Dies scheint der Grund für eure lebendig wirkende Haut zu sein."

"Ihr atmet. Obwohl ihr es nicht müsstet. Als ich euch untersuchte, bewegten sich eure Lungen nicht." Er betrachtete sie ernst und nüchtern, mehr wie ein Studienobjekt, denn wie eine gleichrangige Kainitin.

"Ihr könnt gepflockt werden. Euer Körper geriet daraufhin in die bekannte Starre."

"Ihr habt Kräfte. Kräfte die eindeutig übermenschlich sind. Was war das? Wie konntet ihr Licht erschaffen, das aber nicht das der Sonne war? Ist dies eure einzigste Kraft?"

"Und ihr besitzt nicht die, für unsereins typischen Fangzähne."



Danach schwieg er einen Moment, während die noch zu untersuchenden Punkte im Kopf durchging.
"Sagt, hat Agatha euch schlafen sehen?" Das würde wohl kaum ein Kainit tun, einen fremden Diener an seine Schlafstätte lassen, aber vielleicht hatte sie ja auch ihren Schutz dabei.
"Wenn nicht, dann wird das ein Punkt sein, für den ihr hier bleiben müsst. Gern will ich auch sehen, wann ihr erwacht und wie. Nimmt euer Körper den Zustand eures Todes an? Dazu müssten wir ihn natürlich etwas verändern."

"Das aber zum Ende. Die ersten Dinge, die wir gleich testen können, wären eure Nahrungsaufnahme. Ob ihr essen könnt und wenn ja, wie es euren Körper wieder verlässt."

"Danach ob ihr Blut aufnehmen und einsetzen könnt. Könnt ihr eure Stärke und Widerstandskraft erhöhen? Um letzteres zu testen, werde ich euch verletzen müssen, wo wir auch gleich beobachten können, wie es mit eurer Heilung aussieht."

Der Drache schien erfreut, jedoch nicht aus reiner Freude an ihrem Schmerz, wie es auf sie vielleicht wirken mochte, sondern wegen der Aussicht auf Erkenntnisse.

"Konntet ihr eigentlich euren Erzeuger erreichen?"
fragte er schließlich noch.
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Sousanna
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Re: Zum Ende wird es dünn [Sousanna, Acacia]

Beitrag von Sousanna »

Mit einem Seufzen hatte das Forschungsobjekt genickt. Sie musste dieses schreckliche Gespräch wohl oder über ruhig über sich ergehen lassen. Es half ja leider nichts, wenn sie jetzt bockte. Wahrscheinlich konnte dieser schreckliche Seneschall sie gewaltsam dazu zwingen, so etwas zu ertragen - oder aber gleich das Urteil über sie sprechen. So etwas schien in dieser Blutsaugergemeinde immerhin verbreitet. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf begann Sousanna also zu antworten:

"Ja, meine Haut scheint das vorzugaukeln. Ich kann es aber, glaube ich, unterdrücken, wenn ich es üben würde. Genauso wie das Atmen. Das ist, denke ich, nur Gewohnheit. Ich tue es, weil ich mich viel unter Menschen bewege. Man übernimmt oft Dinge, die das Umfeld tut, nicht wahr?"

Während sie nun weiter sprach, war das Atmen abgeflacht, bis sie überhaupt nicht mehr atmete. Über das ganze Gespräch hin, würde ihr die Atmung fehlen. "Ja, ein Pflock lässt mich erstarren wie die Tote, die ich bin. Und nein, es ist nicht nur Licht. Meine Brüder und Schwestern im Blute ist schon immer im Stande, die Sinne zu täuschen. Das ist es, was ich getan habe. Euch eine Erinnerung an das Tageslicht gezeigt. Andere Kräfte habe ich auch, aber ich weiß nicht, wie ich sie beschreiben soll."

Kurz fuhr sie sich durchs Haar und begann auf und ab zu schreiten. "Meine Fänge fehlen, die hatte ich noch nie. Mein Erzeuger war davon ebenfalls überrascht als ich erwachte.", nickte sie leise und sah dann Agatha und Tiziano an. Zumindest letzterer schien es dieses Mal nicht sonderlich zu genießen, von ihr angesehen zu werden. Er hatte doch keine Ahnung von alle dem - und es gefiel ihm überhaupt nicht, wie dieses missgestaltete Monster mit der Byzantinerin umsprang. "Eure Dienerin hat mich schlafen sehen. Ebenso wie mein Gefolgsmann. Ich scheine wie tot zu sein. Zumindest berichtet man das. Aber befragt sie dazu gern. Einer Veränderung meines Körpers kann ich erst zustimmen, wenn ihr sie mir beschreibt."

"Essen kann ich nicht, aber das kann ich euch auch gerne zeigen. Blut aufnehmen kann ich und einsetzen auch. Auch das kann ich euch jederzeit beweisen." Schließlich folgte der Punkt, der die Ravnos am meisten beunruhigte - und kurz zögerte sie, bevor sie gequält einwarf. "Auch kann ich euch meine Heilung beweisen, aber ich möchte wissen, wie ihr mich verletzen wollt. Vielleicht finden wir dort einen Kompromiss."

"Mein Erzeuger", die Händlerin lächelte traurig. Kurz war da eine tiefe Melancholie in ihrem Blick. "Wollte, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, ans schwarze Meer. Es wird wohl dauern, bis ihn meine Nachricht erreicht. Aber ich bin mir sicher, dass helfen wird, dieses Missverständnis aufzuklären."
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: Zum Ende wird es dünn [Sousanna, Acacia]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Ob sie ihren Erzeuger wirklich erreicht hatte, war ihm eigentlich recht egal. Es war eine Möglichkeit gewesen für sie und etwas das man dem Seneschall vorlegen konnte, doch für seine Forschung war es nicht von Belang.

Eine Illsuion, sieh an, dachte er als sie von ihrer Kraft sprach.
„Eine Erinnerung an das Tageslicht? Ihr könnt also alles mögliche vorgaukeln? Faszinierend.“ Und es lag in ihrem Blut, das hatte sie gesagt. Das heißt andere Ravnos konnten dies auch.

Als sie von ihren Zähne sprach, dachte er nur: Was bewog ihren Erzeuger wohl sie nicht direkt zu vernichten? War er ein sentimentaler Narr oder einfach auch ein Dünnblut? Doch die Zähne waren nichts neues, das wusste er ja bereits, es gab wichtigeres, so wandte er sich Agatha zu.

„Hast du ihren Schlaf beobachtet, Agatha?“ fragte er seine Dienerin auf deutsch - was die anderen außer Jakob wohl nicht verstanden - worauf diese von der Wand trat, kurz knickste und eifrig nickte.
„Ja, Herr.“ sie zögerte, weil sie darauf wartete zum Sprechen aufgefordert zu werden.
„Und?“ setzte Toma daraufhin nach.
„Sie schlief nur am Tag, so wie Ihr und regte sich auch nie dabei...wie tot...ohne Atmung...“ sagte sie leise mit dünner Stimme. Es gefiel ihr nicht darüber zu sprechen und sie warf Sousanna einen kurzen betretenen Blick zu.
Der Drache nickte und entließ seine Dienerin wieder aus der Befragung. Erleichtert zog sie sich zurück.

Toma blickte zurück zu Sousanna.
„Gut, dann scheint dieser Punkt abgehakt. Was die Veränderung angeht. Es muss nichts großes sein. Etwas das zeigt, dass sich euer Körper wieder in den Zustand eures Todes zurück versetzt.“ Er blickte sie von Kopf bis Fuß an. „Euer Haar abschneiden wird schon reichen.“ Wenn sie gedacht hatte, dass er irgendetwas grausames vorhatte, wurde sie nun eines besseren belehrt. Der Drache hatte wirklich kein Interesse daran sie leiden zu sehen.

„Um zu sehen, wie ihr jedoch heilt, werde ich euch schneiden müssen. Oder lasst es euren Diener oder Acacia tun, wenn ihr mir nicht vertraut.“ Er bot ihr diese Alternative an. Solang es getan wurde, war es ihm egal von wem.

Aus der Schale mit Essen, die auf einem Tisch stand nahm der Drache ein Stück Käse und hielt es Sousanna hin. „Dann kommen wir direkt zu unserem ersten Versuch: Esst das.“ forderte er sie auf und wartete.
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