[Fluff] Schwarze Segel [Acacia]

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Acacia
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[Fluff] Schwarze Segel [Acacia]

Beitrag von Acacia »

Nur das leise Knarren der Holzplanken und das leise Atmen der vielen Menschen war zu hören. Hin und wieder klirrte eine Kette oder ein leises Husten erklang und doch war es unnatürlich still. Angstvolle Augen starrten auf die genagelten Stiefel, die unter den schwarzen Umhängen der Besucher hervorschauten. Sogar der Schläger, der sonst der gemeinste und großmäuligste aller Wärter war, ging geduckt und schlich regelrecht durch das stinkende Deck. Es stank nach Menschen. Ungewaschenen, hungernden, kranken Menschen, die auf kleinstem Raum ohne den geringsten Komfort zusammen gepfercht wurden. Die geschlagen und getreten wurden und die ihre Notdurft neben dem Platz, an dem sie gekettet waren verrichteten. Selbst die Wächter waren verlotterte, verdreckte Gestalten. Klein, gebeugt vom vielen bewegen in zu niedrigen Räumen und bösartig.

Ganz anders waren da die Besucher. Ihre Gestalten ragten hoch wie Türme auf und nur manchmal mochte man einen kurzen Blick unter die düsteren Kapuzen erhaschen. Ihre Umhänge waren sauber und die Waffen an ihrer Seite sprachen von Geld und Macht. Hin und wieder hob ihr Anführer eine Hand und deutete auf eins der zitternden Bündel am Boden. Dann eilte der Schläger und kettete den armen Tropf los und scheuchte ihn hinaus. Keiner von ihnen kam zurück und niemand wusste ob es ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war … vermutlich ein schlechtes. Wie alles hier unten in dem Bauch des Sklavenschiffes.
Wir sind wie Eisblumen, wir blühen in der Nacht. Wir sind wie Eisblumen viel zu schön für den Tag.
Wir sind wie Eisblumen, kalt und schwarz ist unsere Macht.
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Acacia
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Re: Schwarze Segel (Fluff)

Beitrag von Acacia »

Sorgsam fuhr die Kreide über das schwarz der Tafel. Linien entstanden, fügten sich aneinander, bis sie Dinge formten, die Kopfschmerzen bereiteten, wenn man sie ansah. Die dunkelbraunen Augen lagen ohne zu blinzeln auf der Zeichnung, kein Herzschlag ließ sie milchblasse Hand erbeben, kein Atemzug störte den Fokus. Immer und immer wieder zeichnete sie dieselben Linien, dieselben Schrecken, während das Wispern in ihrem Kopf lauter wurde, drängender, hungriger. Bald. Bald würde es soweit sein.

Der Hunger tobte in ihr, während die Dunkelheit um sie herum wogte, geiferte und gierte. Kein Hunger, der von so etwas Profanem wie Brot oder Vitae gestillt werden konnte. Nein dies hier ging tiefer, war ursprünglicher, dunkler. Langsam nur schritt sie voran und hob dabei kaum die Füße. Leise erklang ein nasses Gleiten bei jedem Schritt, ein Plätschern und Gurgeln, welches sich seltsam dickflüssig anhörte. Kein Stöhnen, Jammern oder Schreien war mehr zu hören. Alles war unter der Klinge aus schwarzem Obsidian verstummt. Lange Schnitte waren dem Verlauf der Adern gefolgt und nun war die Luft gesättigt von dem süßen Duft des Blutes. Vorsichtig trat sie einen weiteren Schritt nach vorn auf die flache Plattform, die gerade so eben aus dem roten Meer hinausragte und doch war es weit genug. Alles musste genau stimmen.

Weiß schimmerte ihre Haut in der Dunkelheit, nur verdeckt von langen Schlangen schattengleichen Haars. Wie gierige Tentakel umfloss es ihren Körper und umspielte ihre Knie. Fänge blitzten, Haut riss und sie beugte sich vor. Sie durfte nicht schwach sein, ihr Geist musste klar sein. Alles musste genau richtig sein!
Beinah schlafwandlerisch wanderten die aufgerissenen Finger über den kalten Stein. Malten scheinbar zufällige Linien und erschufen so Muster. Der berauschende Duft von Vitae mischte sich mit dem des profanen Blutes.
Zuerst war es nur ein Wispern. Rau und abgehackt. Seltsam archaisch. Doch wurde es lauter, perlte klarer von ihren Lippen, während der Hunger begann sie zu zerreißen … doch sie musste es richtig machen.
Ihr Wille schrumpfte zu einem winzigen Punkt zusammen, zu einer Klinge, die nur ein Ziel kannte, nur ein Ziel brauchte. Schneller und schneller glitten ihre Finger über den Stein bis sie in der Mitte des Ganzen auf die Knie sank und blendende, grelle Helligkeit über sie kam.
Alles war weiß. So rein und klar und für einen Moment breitete sich die Unendlichkeit vor ihren Augen aus ohne dass sie sie vor diesem Schrecken verschließen konnte.
Ohne dass sie es bemerkte, bäumte sich ihr Körper auf und wabernde Schwärze drang durch die hölzerne Tür, füllte sie und streckte sich weiter aus. Angst erfüllte den Raum und dann flohen sie vor der unendlich tiefen, bösartigen Dunkelheit.
Sie selbst jedoch badete im Licht, schwamm auf den Wellen und hieß ihn willkommen. Schon immer war die Schranke zwischen ihr und dem Dunkel dünn gewesen, aber jetzt … war sie vollkommen.

Vorsichtig öffnete Alberico jene Tür. Drei Nächte hatte er nun gewartet und wusste, dass sie noch lebte … noch existierte. Sie hatte ihm verboten nach ihr zu sehen, doch die Sorge war zu groß. Langsam hob er die Laterne, glitt mit dem Blick über das Meer aus rot und rostbraun, sprang ungerührt über die zerrissenen zu seltsamen Mustern geformten Leichen hinweg und blieb an dem Monster in der Mitte des Raums hängen. Langsam entfalteten sich weiße Glieder und ihr Körper richtete sich auf wie von unsichtbaren Fäden gezogen auf. Schatten peitschten wie vom Sturm getrieben durch den Raum und ein wütendes, hungriges Fauchen erklang. Doch konnte er nicht wegsehen, konnte nicht fliehen. Denn das was sich dort erhoben hatte, war das Schönste, Grausamste, Dunkelste war er jemals gesehen hatte.
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Re: Schwarze Segel (Fluff)

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Wie konnte er es wagen? Wut floss wie ein reißender Strom durch ihren Körper und das Tier in ihrem Innern brüllte und riss an seinen Ketten. Ohne nachzudenken griff sie nach der Vase, die auf dem Tisch neben ihr stand und warf sie gegen die nächste Wand. Splitternd zerbrach das irdene Gefäß und ein Hauch von Befriedigung stieg in ihr auf. Für einen Moment legte sich drückende Stille über den hübsch eingerichteten Raum, während der Blick aus den mitternachtsschwarzen Augen auf den Scherben lag.
Den kommenden Sturm ahnend, trat Alberico einen Schritt in die Türöffnung zurück und presste seinen Rücken gegen das Holz der massiven Tür und dann war es auch schon um die Stille geschehen. Erneut griff sie zu und nahm diesmal eine Holzschatulle, die sie mit so viel Wucht warf, dass sie zerbrach und den kostbaren Inhalt über den Boden verteilte. Schatten lösten sich aus allen Ecken und Winkeln, wirbelten, geiferten, fauchten und formten sich zu schrecklich eleganten Tentakeln. Wie eine Berserkerin wütete die Lasombra durch den Raum, zerstörte, zerhackte, zerschlug und fauchte vor Wut.

Erst als sich der Staub langsam legte wurde das Ausmaß der Zerstörung offensichtlich. Jedes Möbelstück, jeder Fetzen Pergament, jedes Holzpanel war zerstört worden. Gründlich und unwiederbringlich. Nur der kleine Tisch in der Mitte des Raums war unangerührt geblieben, ebenso wie das zersplitterte Stück einer Planke darauf, an das ein Hut und eine Nachricht genagelt worden waren.

„Bring mir Giacomo.“, erklang die leise, vom Schreien raue Stimme der Lasombra und für einen Moment zögerte der Ghul. Doch dann hob sie langsam den Kopf und zwischen den feinen Strähnen, die sich aus der perfekten Frisur gelöst hatten, blickte ihn der Abyss höchst selbst an. In diesem Moment entschied er, dass sein Leben deutlich wertvoller war, als das des bedauernswerten Kindes und so eilte er den Befehl seiner Herrin zu erfüllen.
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Re: Schwarze Segel (Fluff)

Beitrag von Acacia »

Leicht flackernd erhellte die fein ziselierte Lampe den düsteren Raum. Massive Gitter trennten ihn in zwei Hälfte. Gitter so mächtig, dass sie selbst einem rasenden Kainiten Stand hielten. Sie selbst stand im Schatten und beobachtete mit düsterem Ausdruck die Gestalt, die so still und reglos auf dem Boden lag. Spuren seiner Raserei zogen sich über die Wände und die wenigen Möbelstücke lagen zerschlagen und zerbrochen auf dem Boden herum. Schon seit drei Nächte bewegte er sich nicht mehr und wirkte wie tot. Schuld fraß sich durch ihre Brust und doch hatte sie keine andere Wahl. Ihre Schritte waren leise, als sie nach vorn trat und gleich darauf sprang die Tür auf. Niemand war bei ihr, niemand folgte ihr, denn das hier musste sie allein tun.
Die schweren Röcke raschelten als sie sich niederkniete und den schweren Körper sanft auf den Rücken drehte und die so vertrauten Züge mit schmerzerfülltem Blick musterte. „Es tut mir so leid, mein Freund.“, wisperte sie leise und fuhr sacht ordnend durch das volle Haar. Wissend das jedes weitere Zögern sie nicht weiterbringen würde, hob sie ihre Hand und gleich darauf gruben sich ihre scharfen Fänge durch die Haut und schlugen einen Weg zu den darunter liegenden Arterien. Mit sanfter und doch unerbittlicher Hand zwang sie seinen Kiefer auf und ließ die so reichhaltig duftende Vitae fließen. Tropfen wurden zu einem Rinnsal, der die Kehle des anderen hinab rann. Sie wusste, dass das wenige ihn nicht erwachen lassen würde und wenn nur für einen kleinen Augenblick. Dennoch zog sie sich zurück und schloss das Gitter hinter sich, verschloss die Ohren gegen die Raserei und kämpfte doch gegen das widerliche Gefühl des Verrats in ihrer Brust an.

Die folgenden Nächte waren ebenso brutal, ebenso grausam und doch sah sie keinen anderen Weg, musste tun, was getan werden musste, wozu sie gezwungen war um ihre Eide zu erfüllen. Schließlich als es endlich getan war, wies sie ihre Männer an ihn hochzubringen. Sanft betteten sie ihn in das große Bett, welches mit feinen Laken bedeckt worden war. Laken von tiefroter Farbe, auf denen man die Flecken kaum sehen würde. Die Frau, die in das Zimmer geführt wurde, zitterte vor Angst und versuchte die weichen, aber festen Fesseln, die ihre Hände banden zu lösen. Acacia indes legte sanft ihre Hand an die so lebendige Wange der Frau und lächelte voller Mitgefühl. „Hab keine Angst, mein Kind. Dein Tod wird etwas Gutes sein und deine Seele wird in Gottes Himmelsreich aufsteigen.“ Leise waren ihre Worte und eindringlich, während sie weitersprach und der Geist des Menschen sich dem so viel stärkeren Willen der Untoten unterwarf. Schließlich setzte sie sich ganz freiwillig auf das Bett und wartete darauf, dass das Monster erwachen und sie schlachten würde ….
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Re: Schwarze Segel (Fluff)

Beitrag von Acacia »

Das Klopfen an der Tür war leise und sie senkte den Kopf ein wenig, als wolle sie ihr Gesicht verbergen. Das ehemals gute Kleid hatte Schlammspritzer und Risse und auch aus dem ordentlichen Knoten hatten sich einige Strähnen gelöst und wehten nun im Wind der kühlen Nacht. Als sich das kleine Fenster in der Tür öffnete hob sich ihr Blick und der Soldat blickte in große, dunkle Augen, die voller Angst und Hoffnung standen. „Bitte. Ich muss den Hauptmann sprechen. Es ist wichtig.“ Die Stimme war dunkel und weich und doch klang sie gehetzt und ein wenig gepresst. Er konnte gar nicht anders, als der schönen Fremden die Tür öffnen, wirkte sie doch wie ein in Bedrängnis geratener Engel. Ein Wesen, dem er auf jeden Fall helfen musste.

Sobald sie über die Schwelle trat, glitt ihr Blick über die Männer in dem Raum und sie wartete scheinbar schüchtern an der Tür, während der Soldat los eilte und gleich darauf mit dem Hauptmann zurückkam, der kurz erstarrte, als er sie erblickte. Dennoch deutete er einladend auf einen Tisch, der recht mittig im Raum stand und deutete ihr sich zu setzen, während er sich ihr gegenüber niederließ und konsequent ihren Blick mied. „Was kann ich für Euch tun?“, erkundigte er sich knapp, während sie die Hände im Schoß faltete und für einige lange Herzschläge schwieg. „Das, was du da an deinen Eiern fühlst, ist meine Macht, Gherado.“, murmelte sie leise, sodass nur der Hauptmann sie verstehen konnte. „Wenn du irgendeinen Wert auf diesen Körperteil legst, siehst du mich jetzt besser an.“ Summend bettelten die Schatten in ihrem Kopf um das Blut des Menschen, lockten sie einfach zuzudrücken und zu reißen, all die unwürdigen hier zu vernichten und in ihrem Blut zu baden … doch der Mann vor ihr hob erschrocken den Kopf und blickte sie an, sodass Enttäuschung durch ihren Geist wallte. Enttäuschung, die nicht die ihre war. Dennoch blitzte kurz ein eiskaltes Lächeln auf ihren Lippen auf, ehe ihre Stimme sich zu einem beruhigenden, sanften Schnurren senkte. „Du möchtest mit mir diese privaten Themen nicht in der Öffentlichkeit besprechen. Wir werden in einen deiner Privaträume gehen um uns zu unterhalten. Allein, in deinen Räumen. Du wirst keinen Verdacht erregen und mir helfen.“ Samtweich glitten die Worte von den wunderschönen Lippen und der Mann konnte gar nicht anders als zu nicken und dann aufzustehen. Höflich half er ihr hoch und winkte nur ab, als ihn ein fragender Blick traf.

Alles Fragile fiel von ihr ab, als die Tür sich hinter ihnen schloss und sie sich zu ihrer vollen Größe aufrichtete und dabei vollkommen ignorierte wie ihr Kleid aussah. „Sieh mich an.“, forderte sie kalt und der Blick des Mannes ruckte zu ihr. „Trink mein Blut.“ Keinerlei Raffinesse lag in ihren Worten, sondern purer, grausamer Zwang, ehe sie sich selbst das Handgelenk aufbiss und er sich beinah wie ein Verhungernder auf das kostbare Blut stürzte. Seine Hände schlossen sich wie Schraubstöcke um den schlanken Arm und voller Gier stürzte er sich auf das rote Nass. Ihr wurde schlagartig klar, dass er nicht freiwillig loslassen würde und ihre Lippen pressten sich aufeinander. „Lass los!“, fauchte sie, während leise Besorgnis in ihr aufstieg. Der Mann hatte das Turnier gewonnen und sie war … keine Kämpferin. Dennoch drang ihr Befehl zu ihm durch und er ließ sie los, griff aber gleich wieder nach ihr, als sie die Hand hob um die Wunde zu verschließen. Mit einem mehr oder weniger geschickten Sprung brachte sie sich in Sicherheit und mit einem gewisperten, seltsam falschen Wort wurde der Raum in tiefste Dunkelheit gehüllt. Dennoch war sie nicht schnell genug und die Arme des Ghuls schlossen sich mit aller Kraft um ihren schmalen Körper. Sie wusste, dass sie sich aus solch einem Griff nicht mit reiner Gewalt befreien konnte und so war es erneut ihre Stimme, die wie Gift in das Ohr des Menschen troff. „Hör auf mich anzugreifen.“ Und obwohl er nichts weiter wollte, als seine Zähne erneut durch die zarte Haut zu schlagen, erneut an die süße Vitae zu kommen, bezwang ihr Wille den seinen und mit einem Stoß landete er auf dem Stuhl.

Von diesem Moment an schien ihre Stimme mal von hier mal von dort zu kommen und diese Dunkelheit zerrte an seiner Seele und schien das Leben selbst aus ihm heraussaugen zu wollen und ihm wurde klar, dass das hier ein wahres Monster war. Alles was er vorher gesehen hatte war nur ein Abklatsch dessen, während ihre Worte eiskalte Angst durch seine Venen kriechen ließen. Doch schließlich waren es die Worte „Ja, Herrin.“, die ihn diese Nacht überleben ließen und doch zugleich sein Schicksal besiegelten.
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Re: Schwarze Segel (Fluff)

Beitrag von Acacia »

Wie verrückt schlug sein Herz gegen seine Brust, als er rannte wie noch nie zuvor in seinem Leben. Blut troff von seiner Stirn wo die Platzwunde erneut aufgerissen war, aber es kümmerte ihn nicht. Was sollte ihn auch das bisschen Blut stören? Er war so oder so dem Tode geweiht und Angst schnürte seinen sowieso schon engen Brustkorb zu. Sie würde ihn für die Worte töten, die er zu überbringen hatte und doch würde sein Tod noch viel grausamer sein, wenn er es nicht tat. Oh gnädige Dunkelheit, bitte lass es schnell und schmerzlos geschehen!

Stolpernd taumelte er durch die Tür der Hütte und fiel sofort auf die Knie, als er seinem nächtlichen Engel gewahr wurde. „Sie … sie haben ihn…“, keuchend drangen die Worte über seine Lippen und er sah Sorge auf ihren wunderschönen Zügen aufleuchten, während die roten Augen des Tiers aufglühten, welches ihm seine geliebte Herrin genommen hatte und sie tief in diese Wildnis verschleppt hatte. Eine Wildnis, die ihrer Erhabenheit niemals gerecht werden würde. Doch für den Moment ignorierte er diesen alten Groll. „Männer mit Masken und Männer von Roger de Arles haben das Anwesen überfallen. Sie brachten fünf eurer Wächter um … und“, er schluckte panisch und bemühte sich darum die Ruhe zu bewahren. „Und sie nahmen Alberico mit sich …“

Die nächsten Momente schienen sich unendlich zu dehnen. Er konnte sehen wie Zorn sich auf die blassen Züge des engelhaften Monsters legten und sie zu der wahren und puren Vervollkommnung von Gottes Rache werden ließ. Schatten peitschten wie Schlangen durch den Raum, erhoben sich wie düstere Wellen und schlugen wild um sich. Zerrend rissen sie an allem stofflichen und doch konnte er nur in die unendlich tiefen Mahlströme ihrer Augen blicken. Doch dann verging der Moment und seine Herrin verwandelte sich zurück in das beinah sterbliche Wesen, welches sie als Maske vor ihrer ganzen grausamen Herrlichkeit trug.


Für einen Moment stand das Tier wieder in ihren Augen, als die Flamme der Kerze sich zischend in das tote, blasse Fleisch ihrer Hand fraß und sie die Kiefer aufeinanderpresst, während der Gestank der verbrannten Haut den Raum erfüllte. Doch die Dunkelheit, die sich um sie herum ausbreitete, war nicht einfach mehr dunkel. Dort war ein Fleck tiefster Schwärze. Beinah zärtlich lockte sie das Wesen aus purem Nichts zu sich und leise Worte strömten über ihre Lippen. Worte, die keinen Sinn zu ergeben schienen und die furchtbar falsch in ihrer Anordnung klangen. Wie ein kreischender Misston im Gefüge der Welt.

„Bist du sicher, dass du das tun willst?“ Die Stimme war vertraut und so tröstlich wie die sanfte Hand ihrer Mutter, die sie früher in den Schlaf gewiegt hatte. Doch noch mehr gefiel ihr der Zorn, der darin lag und der ihrem Schmerz zu Diensten sein wollte. „Er hat meinen Sohn und er weiß, dass ich kommen werde….“ Schwer legte sich die Hand des anderen auf ihre Schulter und drückte für einen Moment zu.


Der beißende Geruch des Lampenöls drängte sich in ihre Nase, als sie die Gestalt mit der Fackel anstarrte. Zwischen ihnen nur der Sand … und das Öl. Eine Bewegung ihrerseits löschte das fauchende Feuer unter dem gnadenlosen Nichts der Schatten und für einen Moment schien so etwas wie Anerkennung auf den Zügen des Fremden, die irgendwie vertraut wirkten. „Acacia.“ Die Betonung ließ einen eiskalten Schauder über ihren Rücken rinnen, doch blieb ihre Mimik glatt. „Maximinianus. Du hast deine Fähigkeiten verbessert.“ „Du auch wie mir scheint.“, kam die so schrecklich vertraute Antwort mit der falschen Stimme, aus dem falschen Körper.
„Du hast etwas, was mir gehört. Ich will ihn zurück.“ Mühsam hielt sie das Tier unter Kontrolle, brauchte alle ihre Willenskraft um dem anderen nicht zu zeigen wie sehr er sie getroffen hatte. „Ja, habe ich. Ich will, dass du die Prinzessin zurückholst, dass sofort alle Angriffe gegen mich eingestellt werden, dass du Mailand und Sizilien davon abhältst hierher zu kommen und den Status Quo wiederherstellst.“ Spott zeigte sich auf den Zügen der Lasombra und sie schüttelte den Kopf. „Nein, das kann ich nicht und das weißt du auch.“ Sofort entbrannte eine Diskussion zwischen den beiden. Scharfe Worte wurden gewechselt und bittere Anschuldigungen gemacht.
„Ach diese wimmelnden Niederen rennen doch nach rechts, wenn du nach rechts blickst und nach links, wenn du nach links blickst. Oder meinst du diese Diebin, die von Menschen abstammt oder diesen Gangrel, der jedem Stock hinterherhechelt. Zuerst hatte ich den Stock, jetzt hast du ihn und bald wird ihn ein dritter haben.“ Giftig gossen sich die Worte über ihr aus und sie zog die Augen zusammen. „Du bist ein guter Herrscher und ein guter Verwalter, aber du verstehst nichts von Loyalität. Deine Arroganz macht dich blind für das, was geschieht.“ Geringschätzung flackerte über die Züge des Menschen und die nächsten Worte waren eine weitere Zurechtweisung. Immer weiter und weiter drehten sich ihre Worte, eins gab das andere und doch schien keiner nachzugeben. Es war ein komplizierter Tanz aus wohlüberlegten Beleidigungen, kalten Herausforderungen, angedeuteten Schmeicheleien und fast Eingeständnissen. Schließlich jedoch hatte er sie in eine Ecke gedrängt und sie presste die Lippen zusammen. Er hatte sie besiegt und sie wussten es beide.
„Nun gut. Ich verspreche, den Status quo wieder herzustellen, wie du es gefordert hast, solange Alberico nur innerhalb der nächsten drei Tage wieder bei mir ist.“ Wie Asche schmeckten diese Worte, denn sie waren nicht wahr. Sie wusste, dass sie ihr Wort für die Sicherheit ihres Kindes opfern würde. Sie gab auf was ihr am Heiligsten war um ihr Herz zu retten und nicht vollkommen zu dem Monster zu werden, welches sie eigentlich war.
Wir sind wie Eisblumen, wir blühen in der Nacht. Wir sind wie Eisblumen viel zu schön für den Tag.
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Re: Schwarze Segel (Fluff)

Beitrag von Acacia »

Die Dunkelheit war ein dunkelgrauer Schleier in dieser Nacht. Wie ein gigantischer Edelstein hing der Mond rund und schwer am Himmel und strahlte beinah schmerzhaft hell. Seine kleinen Verwandten, die Sterne, verblassten beinah vollkommen in seinem Glanz und funkelten matt am düsteren Firmament. Ein riesiger Baum war von Jahren umgestürzt und hatte seine jüngeren Artgenossen mit in den Tod gerissen. Heute klaffte immer noch eine Wunde inmitten des dichten Waldes und ließ das Licht des Mondes alles in silbernen Licht baden.
Inmitten dieser Mischung aus dunklen Schatten und silbern strahlendem Licht standen düstere Gestalten. Dort wo der Wald begann konnte man Bewaffnete erkennen, deren Gesichter jedoch verhüllt waren und einen gigantischen Wolf, der langsam durch die Schatten strich. Inmitten der Lichtung jedoch standen nur zwei hochgewachsene Gestalten. Die eine schmal und schlank wie eine Weide, die andere breit und robust wie eine Eiche.

Geschmeidig sank der Mann vor der Frau aufs Knie. „Verehrte.“, erklang ein einzelnes Wort in der Nacht, während er die Hände hob um eine Gabe darzubieten. Leise Worte folgten und doch konnte man sie kaum verstehen. Ein Lächeln schimmerte auf den blassen Zügen auf und sie strich die Handschuhe von ihren Händen um die Gabe entgegen zu nehmen. Blut troff über die bleichen Hände, die sich um das frische Herz schlossen. „Steh auf.“, erklang vom Wind getragen die dunkle Stimme des düsteren Engels in der Nacht. „Du gehörst zu den meinen und als solcher musst du das Knie nicht beugen.“



Eine Nacht später klopfte ein Bote an die Tür des Bischofskastells. Er hätte ein Geschenk für den Herrn und übergab eine schlichte Kiste. Erst wenn man diese öffnete fand man eine Schmuckdose, die mit kostbarem Samt ausgeschlagen war. Auf dem blutigen, weißen Samt lag das Herz des Hauptmanns der Bischofsgarde und ein einziges Wort war der Gabe beigelegt. „Loyalität“
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Re: Schwarze Segel (Fluff)

Beitrag von Acacia »

Salz lag in der Luft und ließ den Wind nach Freiheit und Heimat schmecken. Sanft spielte er mit den Strähnen des langen, schwarzen Haars und ließ es selbst im blassen Mondlicht wie vergossene Tinte schimmern, während sich die feinen Strähnen mit dem ebenso dunklen Schwarz der feinen Spitze ihres Kleides mischten. Ihre blassen Hände lagen auf dem weißen Stein der Brüstung und spürten der Wärme nach, die noch vom Tag geblieben war, während ihr Blick auf die feiernden Menschen zu ihren Füßen lag. Es waren die letzten warmen Tage und Nächte des Jahres, die Ernte war eingebracht und bald würde der lange, harte Winter kommen, den so viele nicht überstehen würden. Es war eine der letzten Gelegenheiten zu feiern und um das Leben zu genießen. Die Häuser waren prächtig mit Blumen, Winden und Fähnchen geschmückt worden und überall glitzerte das Licht unzähliger Fackeln und Laternen. Doch das Feuer störte ihr Tier nicht, thronte sie doch hoch oben über den Massen weit genug entfernt von der dräuenden Gefahr.

„Sieh was das Meer heute Nacht für eine Kostbarkeit an meine Küste gespült hat.“, die dunkle Stimme rieb fremd und doch vertraut über ihre Nerven und ließ ihre Lippen ein leichtes Lächeln formen. Geschmeidig drehte sie sich herum und neigte sacht den dunklen Schopf. „Ich freue mich auch dich zu sehen.“, erwiderte sie leise und verharrte als die schlanken, starken Finger sich um ihre Wangen legten und sich die trockenen, kühlen Lippen kurz auf ihre Stirn legten. „Komm setzen wir uns.“

Leise durchwoben ihre Stimmen die Dunkelheit, die nur vom blassen Licht der Sterne durchbrochen wurde und selbst dieses wurde von den zarten Bahnen der Baldachins gedämpft, die über ihren Köpfen gespannt waren. Erleichterung durchströmte sie während sie über all die Fragen, die Zweifel und den Zorn sprechen konnte und sie spürte wie seine Antworten sie beruhigten, sie erdeten und ihr Halt gaben. Die Wogen ihrer unruhigen Seele glätteten sich und die scharfen Kanten der Zweifel würden gemildert im Licht der aufkommenden Erkenntnis. Wort reihte sich an Wort und bald schon waren die Stunden vergangen und die Sonne würde bald den Horizont bedrohen.

„Warte, najam allayl.“, hielt sie die Stimme der im Schatten sitzenden Gestalt auf. „Ich habe ein Geschenk für dich.“ Ihre Stirn legte sich in beinah misstrauische Falten, als sie erneut näher kam und die Schatulle aus durchbrochenem Silber entgegen nahm. Im Innern war ein weiteres Kästchen verborgen, schlicht und schwarz und sie wusste was sie enthielt – immerhin hatte sie selbst zwei solche in ihrem Arbeitszimmer stehen. Fragend richtete sich der Blick ihrer dunklen Augen auf ein beinah identisches. „Wer?“, fragte sie nur leise und wurde mit einem erfreuten Lächeln belohnt. „Eine der letzten Ketten, die dich band. Die Nemesis deiner Ahnen ist nicht mehr.“ Pure Überraschung malte sich bei diesen Worten auf den Zügen der sonst so beherrschten Lasombra. „Du hast …. Für mich?“ Immer noch überrascht starrte sie für unendlich lange Augenblicke, ja Minuten auf das Kästchen in ihren Händen, während ihr Geist zu erfassen versuchte was das bedeutete. Schließlich jedoch knickste sie elegant und neigte erneut lächelnd den Kopf. „Ich danke dir … sadiq.“, erwiderte sie leise und hob den Kopf erneut. „Segle sicher, najam allayl, wir sehen uns bald wieder.“
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