[Fluff] Von Licht und Dunkelheit [Seresa]

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Seresa
Brujah
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Re: Von Licht und Dunkelheit [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

984 AD: Grenoble (heutiges Frankreich)

Seresa hatte einige Stunden gewartet, bis die Gruppe erneut vor den Toren aufgetaucht war. Vorsichtig schlich sie ihnen hinterher. Als Seresa feststellte, dass die Gruppe sich nur nachts fortbewegte, erlaubte sie sich am Tag einige Stunden zu Schlafen. Immer wieder ängstlich aufwachend, dass sie ihren Engel verloren haben könnte, bevor sie beruhigt wieder einschlief, da die Gruppe sich nicht weiterbewegt hatte. Ein knappes Duzend an Tagen vergingen, in denen sie so der Gruppe unauffällig gefolgt war.

Seresa schief, als sie einen kurzen, aber heftigen Schlag auf ihren Kopf bekam. Als sie aufwachte war es später Abend. Fast Nacht. Neben ihr saß auf einem niederen Baumstumpf ihr Engel, der sie mit einer Mischung aus Unglauben und Belustigung ansah. Seresa wollte sich aufsetzen und sich erklären, strauchelte aber bei dem Versuch und landete mit dem Gesicht auf dem Boden. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie an Händen und Füßen gefesselt war. Sie rollte sich auf die Seite um ihren Blick wieder ihrem Engel zuwenden zu können. Als Seresa merkte, dass sie nur stotterte und keines ihrer Worte Sinn ergeben zu schienen, senkte sie beschämt den Blick, bevor sie ihn wieder auf die Frau warf. Sie war einfach zu schön, als dass man sie nicht hätte ansehen wollen. Ihr Engel schien sie lange nachdenklich und intensiv zu beobachten. Dann nickte sie, als schien sie mit ihrer Überlegung zufrieden zu sein.

Engel: „Noch heute wird dein Blut die Erde tränken und du wirst auf ewig in ihr verrotten.“

Seresa hatte die Luft angehalten, als sie den engelsgleichen und warmen Klang ihrer Stimme vernommen hatte. Trotz der Drohung oder des Versprechens fühlte Seresa keine Angst. Keinen Wunsch zu fliehen. Keinen Wunsch zu kämpfen. Der Engel erhob sich, nickte jemandem den Seresa nicht sah zu und wandte sich von ihr ab. Fast flehend erhob Seresa ihre Stimme erneut.

Seresa: „Bitte.“

Unsanft wurde Seresa hochgerissen, doch kein Laut des Schmerzes oder der Klage kam über ihre Lippen. Stattdessen bat sie weiter. Bat lauter als zuvor.

Seresa: „Bitte wendet Euer Antlitz nicht von mir ab.“

Der Engel war stehen geblieben und hatte ihre Hand erhoben. Seresa spürte wie die Bewegung hinter ihr erstarb. Sie war in eine knieende Haltung gebracht worden. Ein Arm hielt ihren schmalen Körper in einem festen Griff. Seresa verweilte ruhig auf den Knien.

Seresa: „Bitte verlasst mich nicht.“

Sie spürte den warmen Atem des Mannes hinter und die kalte Klinge an ihrem Hals. Seresa schluckte schwer. Den Blick noch immer auf ihren zu entschwindenden Engel gerichtet.

Seresa: „Bitte lass mich nicht alleine in der Dunkelheit zurück.“

Ihr Engel wandte sich langsam zu ihr um und blickte sie fast fragend an. Langsam kam sie zurück zu ihr. Beugte sich zu Seresa herab. Die Klinge an ihrem Hals verschwand. Stattdessen berührte der Engel Seresa unter ihrem Hals. Zwang sie ihren Kopf zu heben. Ein eisiger Schauer durchfuhr Seresas Körper, als sich die kalten Finger des Engels auf ihre warme Haut legten. Ihr jeden Funken Wärme herauszuziehen schienen und sie Seresa stattdessen mit ihrer Kälte überflutete. Wieder und wieder wanderte der Blick des Engels über Seresas Körper, bevor diese schließlich Seresas Kopf zur Seite neigte. Langsam. Behutsam. Unheimlich sanft. Seresa spürte wie der Engel sich ihrem Hals näherte. Seresa spürte keine Angst. Keine Furcht. Alles war gut. Auch dann noch, als sie einen kurzen Schmerz in ihrem Hals spürte und ein leises Seufzen ihre Lippen verließ.

Was folgte, dafür besaß Seresa keine Worte, noch würde sie sich später daran erinnern können. Die Dunkelheit war verschwunden. Für diesen kurzen Moment war nur Friede. Friede und Glückseligkeit. Wärme und Geborgenheit. All die Qualen waren Vergangenheit. All das Leid. All die Dunkelheit. Da war nur sie. Sie und ihr Engel. Dann jedoch brach das Gefühl. Zersplitterte wie ein fallengelassener Tonkrug. Unbarmherzig wurde sie zurück in ihr Leben gerissen.

Der Engel stand vor ihr. Sie hatte Seresa losgelassen und starrte sie für eine lange Zeit einfach nur an. Dann berührte die Hand des Engels fast zärtlich Seresa Wange. Streichelte sie. Strich die Tränen der Verzweiflung, die sich in Seresas Augen gebildet hatten, als der Engel gedrohte hatte sie alleine zu lassen, sanft zur Seite. Das Lächeln auf den Lippen des Engels war milde. Ihre Stimme warm.

Engel: „Du wirst mir vertrauen und ich werde dich nicht alleine lassen. Du wirst mir folgen und ich werde dein Licht sein. Du wirst mir loyal sein und du wirst mein Kind sein.“

Seresa nickte und schmiegte sich an die kalte Hand ihres Engels, während ihr erneut Tränen in ihre Augen stiegen. Tränen des Glücks und der Freude. Seresa nickte. Wieder und wieder nickte sie. Sie war durch die Dunkelheit gegangen und hatte das Licht gesehen. Hatte es gefunden.

Seresa wollte ihm folgen.
Seresa wollte ihr folgen.
Für immerdar.
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Seresa
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Re: Von Licht und Dunkelheit [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

985 AD: Grenoble (heutiges Frankreich) -> Saragossa (heutiges Spanien)

Es war Winter geworden und der Schnee lag schwer auf dem großen Reisezelt. Viele Kerzen im Inneren spendeten helles Licht und wohlige Wärme. An einem kleinen Tisch kniete Seresa. Vor ihr lag eine Schriftrolle, aus welcher sie versuchte zu lesen. Ihre Worte klangen noch immer steif und stark von ihrer Muttersprache geprägt.

Seresa: „… é facta es lux.“
Stimme: „dixitque Deus fiat lux et facta est lux… Und Gott sprach: Es werde Licht und es ward Licht.“

Seresa nickte und wiederholte die Worte. Danach blickte sie auf. Nur wenige Schritte entfernt saß ihr Engel auf einem Ballen Heu, welcher mit einem Tuch bedeckt war. Sie trug eine lange, weiße Robe und einen Schleier auf dem braunen Haar, welcher von einem Goldreif gehalten wurde. Trotz der Kerzen und des dicken Umhangs kroch die Kälte in Seresas Knochen. Ihr Engel schien trotz der leichtern Kleidung nicht zu frieren. Geduldig wiederholte sie bereits seit einigen Stunden mit Seresa die Schrift auf der Schriftrolle. Es war eine jener Zeiten, in denen sie warten mussten. Worauf und weshalb, das wusste Seresa nicht. Jedoch genoss sie die Zeiten, in denen ihr Engel ganz für sie da war.

Seresa hatte gerade zum nächsten Satz angesetzt, als sich die Zeltplane öffnete und nach einer kurzen Begrüßungsszene einer der Diener des Engels eintrat. Sie hatte den Blick gesenkt und wartete, bevor sie die Worte ihres Engels vernahm, welche sie aufforderten weiterzulesen. Seresa nickte und gehorchte. Der Engel deutete dem Diener an zu sitzen, während sie weiter auf Seresa blickte.

Engel: „Sprich.“
Diener: „Der höchst verehrte Prinz….“

Es folgte eine Abhandlung darüber, unter welchen Bedingungen die Gruppe weiterreisen durfte, wie lange sie verweilen durfte, was sie zu beachten hatten und so weiter. Der Engel schien seinen Blick nicht von Seresa abzuwenden, die weiter stoisch Zeile um Zeile las. Als der Diener endete nickte der Engel.

Engel: „Veranlasse alles was nötig ist.“

Der Diener erhob sich, verneigte sich und blickte noch einmal auf Seresa.

Diener: „Wie lange soll das noch so weiter gehen, Herrin?“

Der Blick des Engels wurde kalt, während sie aufstand und zum Diener trat. Dieser senkte hastig den Blick und den Kopf.

Engel: „Es ist meine Entscheidung.“
Diener: „Natürlich, Herrin, das ist es. Bedenkt jedoch sie ist eine Gefahr. Eine Gefahr für uns alle. Falls sie…“

Sie machte eine schneidende Bewegung mit ihrer Hand und der Diener verstummte. Der Engel sah zu dem Mädchen, dass langsam zur Frau heranreifte. Noch immer waren ihre Züge und ihre Statur kindlich.

Engel: „Es ist noch zu früh. Du sorgst dafür, dass ihr nichts geschieht.“
Diener: „Ja, Herrin. Natürlich werde ich das. Es ist nur...“

Fast angewidert betrachtete der Diener die Lesende, die nur Augen für die Schrift hatte.

Diener: „Wen Ihr ruht ist sie nicht wie jetzt. Sie ist wild und ungezügelt. Ein Freigeist. Sie hört nicht auf das was man ihr sagt. Sie hat ihren eigenen Kopf. Sie tut was sie will. Sie wird unser aller Verderben sein. Was seht Ihr nur in Ihr, dass Ihr bereit seid Euer und unser aller Leben für sie zu riskieren?!“

Der Diener zuckte zusammen, als der Engel näher auf ihn zu schritt. Doch anstatt ihm etwas anzutun, griff sie nach der Karaffe und schenkte langsam daraus in einen der Becher ein. Dann nahm sie einen zweiten Becher. Füllte ihn jedoch zuerst mit einigen Kräutern, bevor sie die klare Flüssigkeit darauf goss. Die Gesichtszüge des Dieners entgleisten, schien er nur all zu genau zu wissen, um was für Kräuter es sich dabei handelte. Die Züge auf dem Gesicht des Engels waren hingegen zu einer undurchsichtigen Maske erstarrt, während sie dem Diener den ersten Becher reichte. Mit dem Zweiten ging sie zu Seresa.

Seresa blickte auf, als sie den Engel neben sich stehen sah und unterbrach das Lesen. Ihr Engel reichte ihr den Becher und Seresa nahm ihn mit beiden Händen entgegen. Statt etwas zu sagen, nickte sie Seresa nur zu, die das Nicken erwiderte und den Becher ansetzte, um daraus zu trinken. Hätte Seresa den Blick zum Diener gewandt, so hätte sie gesehen, wie dieser zu einer bleichen Säule erstarrt war, während der Engel ihm begutachtete. Gerade als die Flüssigkeit Seresas Lippen benetzen wollte, berührte ihr Engel den Becher und zwang sie ihn abzusetzen. Verwirrt blickte Seresa nach oben. Doch statt einer Antwort wurde ihr der Becher von dem Engel weggenommen, welcher langsam und erhaben zurück zum Diener schritt und ihn stattdessen ihm reichte. Zitternd hielt er den zweiten Becher, während Seresa ihn fragend anblickte und die Situation nicht zu verstehen schien.

Engel: „Trink.“

Der Diener schüttelte den Kopf und wurde noch bleicher.

Diener: „Herrin… ich bitte Euch… das ist… das ist… Gift.“

Seine Stimme brach und klang verzweifelt. Der Engel machte eine winkende Geste zu Seresa und das Mädchen kam zu den Beiden. Stellte sich neben sie und blickte zu ihrem Engel auf.

Engel: „Weißt du was Gift ist, Seresa?“

Seresa schien einen Moment zu überlegen, schüttelte dann aber den Kopf.

Seresa: „Nein, Uta.“
Uta: „Es tötet Menschen. Sie sterben daran.“

Das Mädchen nickte verstehend. Ihr Engel deutete auf den inzwischen auf die Knie gesunkenen und zitternden Diener.

Uta: „Weißt du warum er Angst hat?“
Seresa: „Nein, Uta.“

Uta nahm einen der Becher aus den zitternden Händen des Dieners, der erleichtert in sich zusammen zu sinken schien.

Uta: „Er vertraut mir und meinen Entscheidungen nicht. Er glaubt, dass ich ihm Gift zu trinken geben würde.“

Seresa betrachtete den Diener, dann Uta und schwieg. Uta reichte Seresa den Becher und winkte dem Diener sich zu erheben.

Uta: „Was glaubst du, Seresa? Befindet sich in dem Becher Gift?“

Das Mädchen betrachte Uta, dann den Diener und schüttelte schließlich leicht den Kopf.

Seresa: „Ich gestehe, ich weiß es nicht, Uta.“
Uta: „Wenn ich sagen würde, du sollst ihn leertrinken, Seresa, würdest du es tun? Trotz seiner Angst? Trotz des Wissens, dass sich drin Gift befinden könnte?“
Seresa: „Ja, Uta.“

Uta nickte Seresa zu.

Uta: „Dann trink.“

Ohne zu zögern führte Seresa den Becher an ihre Lippen und leerte ihn, bevor sie ihn Uta zurückgab. Der Diener betrachtete derweil Seresa eindringlich. Schien eine Reaktion zu erwarteten. Stattdessen nahm Uta ihm den zweiten Becher aus seinen Händen ab.

Uta: „Willst du ihm erklären, weshalb du getrunken hast, Seresa?“

Seresa blickte Uta an. Dann sah sie zu dem Diener. Als sie sprach, war ihre Stimme fest und überzeugt.

Seresa: „Uta würde nicht zulassen, dass ich Gift trinke.“
Uta: „Und wenn ich es doch tun würde?“

Das Mädchen blickte zu ihrem Engel. Eine leichte Verwirrtheit spiegelte sich darin wieder, als würde sie die Frage nicht ganz verstehen.

Seresa: „Dann wäre es dein Wille?“

Die kalte Hand des Engels streichelte sanft über Seresas Haare, bevor Uta ihr andeutete an den Tisch zurückzukehren.

Uta: „Was ich in ihr sehe, fragst du mich?!“

Uta blickte auf den Becher in ihrer Hand, bevor sie ihren Diener erneut ansah.

Uta: „Loyalität.“

Uta drehte den Becher um.

Uta: „Grenzenloses Vertrauen.“

Auf der Erde sammelte sich die Flüssigkeit, in welcher vereinzelte kleine Blätter zu schwimmen schienen. Der Blick des Dieners erstarrte, als er seinen eigenen Fehler bemerkte.

Uta: „Wachen.“

Die Zeltplane öffnete sich und der Diener wurde umgehend von den Wachen gefangen genommen.

Uta: „15.“

Utas Stimme war kühl und distanziert, während sie sich von der Gruppe abwandte und sich zu Seresa begab, die bereits wieder an dem kleinen Tischchen kniete. Langsam schritt sie zu Seresa, das Wimmern und Flehen des Mannes in ihrem Rücken ignorierend. Seresa sah zu, wie der Diener gewaltsam aus dem Zelt entfernt wurde, während sie die kühlen Finger Utas auf ihrem Körper spürte. Uta schob und drückte Seresa solange, bis sie sie in eine wohlgefällige Haltung gebracht hatte. Dann nickte sie Seresa zu.

Uta: „Weiter.“

Seresa nickte und las weiter von der Schriftrolle vor, während Uta zurückging und sich niederließ.

Seresa: „viditque Deus cuncta quae fecit et erant valde bona…“

Aufmerksam hörte der Engel Seresa zu. Korrigierte sie und übersetzte ihr wieder und wieder das Gelesene, während sich im Hintergrund schmerzverzehrte Bitten um Gnade und das Knallen einer Peitsche abwechselten.
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Seresa
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Re: Von Licht und Dunkelheit [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

987 AD: Saragossa (heutiges Spanien)

Ärger. Zorn. Wut.
Trauer. Verzweiflung. Angst.

Uta lief im Zelt auf und ab. Blickte gelegentlich zu Seresa herab. Stumm saß diese auf dem Boden. Der rechte Unterarm war fest mit weißen Leinen umwickelt. Rot war die Linie an der das Blut durch den Verband drückte. Seresa zitterte. Tränen rannen wieder und wieder aus ihren braunen Augen. Liefen über ihre Wange. Tropften nach unten. Versickerten auf der weiten, weißen Tunika, die mit roten Blutspritzern überzogen und deren rechter Ärmel abgerissen war.

Uta: „Elendiger Eselficker!“

Unsicher und mit einem angewiderten Gesicht, tippte Seresa auf dem behelfsmäßigen Verband herum. Verzog dann vor Schmerzen jedoch das Gesicht. Unbewusst hörte sie, wie die Zeltplane vorsichtig zurückgeschoben wurde und einer der Diener ins Innere des Zeltes blickte.

Diener: „Herrin?“

Eine Schüssel flog in Richtung Zelteingang, welcher daraufhin sofort wieder verschlossen wurde.

Uta: „Nicht jetzt!“

Utas zorniger Blick wanderte von der Zeltplane zurück auf Seresa, die noch immer geschockt auf dem Boden saß. Seresa blickte zu Uta auf. Durch den Schleier ihrer Tränen sah sie Utas ausgefahrene Fangzähne. Sah was Uta wahrlich war. Sah keinen strahlend weißen, wunderschönen und gütigen Engel mehr. Angst spiegelte sich auf Seresas Gesichtszügen wieder, als sie den wütenden Racheengel vor sich sah.


~*~ Einige Stunden zuvor in einem Haus in Saragossa…

Uta: „Habt Dank, verehrter Fabrizio für Eure freundliche Einladung.“
Fabrizio: „Schön, dass du Zeit hast, Uta. Tritt ein. Sei mein Gast.“

Fabrizio deutete einladend in den von Kerzen erhellten Raum. In zwei der Ecken wachten jeweils ein bewaffneter Mann. In der Mitte stand ein Tisch, um den einige Hocker standen. Der Gastgeber deutete Uta an sich zu setzen. Die zwei Wachen von Uta positionierten sich in den Ecken hinter ihr. Der Mann würdigte Seresa nur eines kurzen Blickes, welchen das Mädchen mit einer tiefen Verbeugung erwiderte, bevor sie sich an der langen Seitenwand zwischen den Wachen zu Boden ließ. Uta und Fabrizio unterhielten sich derweil am Tisch sitzend weiter auf Arabisch.

Uta hatte zwar ihr Bestes gegeben, dass Seresa so schnell wie möglich die Sprache lernte. Jedoch war die Sprache so weit entfernt von allem was Seresa kannte, dass sie sich noch immer schwer tat mit der Übersetzung und nur Bruchteile des Gespräches tatsächlich verstand. Uta nickte viel und sprach in schwierig verständlichen Sätzen, während Fabrizio für ihr Empfinden deutlich öfter das Wort nein verwendete, jedoch klarer und direkter mit Uta sprach. Nachdem die Beiden sich eine lange Zeit unterhalten hatten, wandte der Mann seinen Blick Seresa zu.

Fabrizio: „Wen hast du da eigentlich dabei, Uta?“

Fabrizio machte eine winkende Geste zu Seresa, die nun ihrerseits versuchte in der breiten und langen Tunika elegant aufzustehen und zügig zu dem Mann am Tisch zu gehen. Sie verbeugte sich tief vor ihm. Eingehend betrachtete er ihre Augen, bevor er seitlich an ihren Kopf griff und den Schleier vor ihrem Gesicht entfernte.

Fabrizio: „Ein Mädchen?!“

Der Mann lachte vergnügt, während sich die kalten und rauen Finger Fabrizios um ihren Kiefer schlossen. Seresa erschauderte, während ihr Kopf hin und her gedreht wurde. Fabrizio warf seinen Blick abwechselnd auf Seresa und Uta.

Fabrizio: „Das ist ungewöhnlich. Selbst für jemanden wie dich, Uta.“

Sein Lachen klang rau und trocken, während Uta nach dem Becher vor ihr griff. Ihre Knöchel waren deutlich zu sehen, während sie einen Schluck nahm.

Fabrizio: „Ich hätte nicht erwartet, dass du Gefallen an… sowas findest.“

Er nahm seine Hand von ihrem Gesicht. Strich langsam über ihren Körper. Seresa war zu einer lebendigen Salzsäule erstarrt.

Fabrizio: „Zumal sie noch so jung ist.“

Der Kopf des Mannes wandte sich Seresa zu. Seine braunen Augen blickten in ihre.

Fabrizio: „Wie heißt du?“

Ehe Seresa antworten konnte, ergriff Uta das Wort.

Uta: „Ihr Name ist Seresa, verehrter Fabrizio.“
Fabrizio: „Und woher kommt Seresa?“

Neugierig blickte er nun Uta an.

Uta: „Aus dem Reich der Franken. Grenoble.“
Fabrizio: „Weit weg von zu Hause.“

Fabrizio lächelte breit. Seresa fielen erst jetzt die ungewöhnlich langen Eckzähne des Mannes auf.

Fabrizio: „Sag, Seresa, bist du hungrig?“
Seresa: „Nein, Señor.“
Fabrizio: „Bedauerlich. Aber nun gut.“

Seresa senkte den Blick, während sie nun den eisigen und festen Griff des Mannes um ihr Handgelenk spürte. Spürte, wie ihr Arm in seine Richtung gezogen wurde.

Fabrizio: „Weißt du Seresa. Ich bin hungrig. Sehr sogar.“

Das Mädchen hörte, wie Uta den Becher lautstark auf dem Tisch absetzt. Sah wie sich Uta erheben wollte, während Fabrizio sie demonstrativ angrinste.

Fabrizio: „Aber, aber. Wer wird denn gleich.“

Fabrizio hatte derweil die Hand gehoben gehabt und die Bewegung der Wachen hinter ihm erstarben.

Fabrizio: „Sie bedeutet dir also etwas. Das ist… interessant.“

Uta ließ sich zurück auf den Hocker sinken, griff nach dem Becher und nahm erneut einen Schluck. Derweil waren die Wachen zurückgetreten und hatten ihre gezogenen Waffen wieder verstaut.

Fabrizio: „Keine Angst.“

Langsam begann Fabrizio Seresas Ärmel der rechten Hand nach oben zu schlagen. Stück für Stück. Geduldig und gemächlich, als läge etwas Heiliges in dieser Handlung. Schließlich war ihr Unterarm komplett frei. Die eine Hand drückte Seresas Unterarm fest auf den Tisch, während er mit der Anderen genüsslich langsam über den Arm strich. Seresa spürte, wie sich eine Gänsehaut auf ihrem Unterarm bildete. Fabrizio lachte erneut rau auf, als er ihre Reaktion sah. Unsicher blickte Seresa zu Uta, die ihren Arm aufgestützt hatte und eine geballte Faust vor ihren Mund hielt. Sie sagte nichts. Gab kein Zeichen. Starrte Fabrizio nur eisig an.

Fabrizio: „So jung. So unschuldig.“

Sie sah, wie Fabrizio Uta weiter anlächelte. Breit und offen angrinste mit diesen unnatürlich langen und spitzen Zähnen.

Fabrizio: „Du hast doch nichts dagegen, oder?!“

Uta starrte ihn an. Für Seresa schien die Zeit still zu stehen. Sie war gefangen in einem Alptraum. Dann öffnete Uta ihre Faust und beschrieb eine wegwerfende Geste. Es war ihr scheinbar egal. Seresa blickte Uta ungläubig an. Dann spürte sie bereits die Kälte und den Schmerz, als die Klinge über ihren Unterarm gezogen wurde. Panisch blickte sie auf ihren Arm und dann wieder zu Fabrizio. Verzweifelt versuchte sie ihren Arm weg zu reißen, doch sie hatte keine Chance. Er war zu stark. Viel zu stark. Mit ihrer freien Hand zog sie an ihrer festgehaltenen. Immer kräftiger. Immer verzweifelter. Doch sie kam nicht frei.

Seresa sah sich hilfesuchend um, doch niemand reagierte. Sie sah zu, wie ihr Arm rot wurde. Wie kleine rote Tropfen aus der feinen Linie hervorkamen. Sie sah zu, wie der Mann begann ihren Unterarm zu seinen Lippen zu führen. Während Fabrizio Uta anblickte, leckte er langsam die Flüssigkeit vom Arm. Seresas Blick wanderte zwischen Verzweiflung und Ekel zwischen Uta und Fabrizio hin und her. Uta saß einfach nur da und tat weiterhin nichts. Beobachtete das Ganze, als wäre es nichts Besonderes. Als wäre es normal. Wäre Seresa nicht so sehr geschockt gewesen, hätte sie geweint. Als Fabrizio schließlich ihr Handgelenk losließ, winkte Uta Seresa zu sich. Wie in Trance bewegte sich Seresa. Verstört näherte sie sich ihrem Engel. Mit einer schnellen Bewegung riss Uta ihr den rechten Ärmel von der Tunika und umwickelte fest Seresas Unterarm. Langsam erhob sich Uta, lächelte ihren Gastgeber freundlich an und nickte ihm zu.

Uta: „Ich hoffe, ihr habt bekommen was ihr wolltet, verehrter Fabrizio. Es ist früh geworden. Habt vielen Dank für eure Gastfreundschaft. Bedauerlicherweise muss ich nun aufbrechen. Habt Dank für den überaus aufschlussreichen Abend.“
Fabrizio: „Natürlich musst du das. Du hast noch einen langen Weg vor dir.“

Fabrizio grinste Uta breit an.

Fabrizio: „Es hat mir gefallen, Uta. Ich hoffe, ich sehe dich bald mal wieder. Dich und deine Kleine… Seresa.“

Der Mann leckte sich grinsend über die Lippen. Uta hatte Seresa am Arm gepackt und sie in Richtung der Tür geschleift.
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Seresa
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Re: Von Licht und Dunkelheit [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

987 AD: Saragossa (heutiges Spanien)

In derselben Nacht…
Einige Stunden später in einem Zelt vor Saragossa…

Seresa blickte auf den Racheengel über ihr, in welchen sich Uta verwandelt hatte. In dieses eisige, wütende Monster mit ihren langen Eckzähnen. Sie war wie er. Wie er, der ihren Arm aufgeschnitten hatte und ihr Blut von dem Arm geleckt hatte. So etwas war nicht richtig. So etwas war Gotteslästerei. Sünde. Das war nicht normal. Menschen taten so etwas nicht. Seresa erschauderte bei der Erinnerung daran. Erschauderte als sie sich an den eisigen und unnachgiebigen Griff auf ihrem Arm erinnerte. Und Uta. Ihr Engel. Sie hatte nichts getan.


Als sich Uta nun näherte bewegte Seresa ihre Hände nach hinten. Sie wollte weg. Nur weg von dem Racheengel. Sie wollte nicht in ihrer Nähe sein. Nicht jetzt. Nicht mit all den Erinnerungen. Nicht mit dem Gedanken seiner trockenen Zunge auf ihrer Haut. Dunkelheit. Soviel Dunkelheit brach auf einmal wieder in ihr auf. Sie hatte Angst. Sie war allein. Und da war nur Schwärze. Soviel Schwarz. So viele Erinnerungen.


Seresa durchfuhr der Schmerz der Wunde wie einen Blitzschlag, als sie den Arm belastete. Riss sie für einen kurzen Moment gewaltsam aus ihren Gedanken. Seresa knickte ein und hielt sich den verletzten Arm. Lag auf dem Boden und versuchte weiter robbend von Uta wegzukommen. Doch das lange Gewand verhinderte jeden Fluchtversuch. Seresa versuchte sich wegzuschieben, doch verhedderte sich wieder und wieder im Stoff, während Uta ihr immer näherkam.

Uta: „Husch. Es ist alles gut, Seresa. Husch.“

Seresa zog panisch ihre Hände dicht an ihren Körper. Rollte sich ein. Machte sich klein. Schützte ihren Kopf. Schützte ihren Körper. Die Erinnerungen bahnten sich erneut ihren Weg. Dunkelheit. Soviel Dunkelheit.

Uta: „Seresa.“

Das Mädchen presste ihre Augen zusammen.

Uta: „Sieh mich an, Seresa. Du bist in Sicherheit.“

Wieder und wieder schüttelte die Angesprochene den Kopf.

Uta: „Bitte… Seresa... Sieh mich an.“

Erneut schüttelte sie den Kopf. Uta war wie er. Genau wie er. Sie würde ihr weh tun. Seresa hörte das Rascheln von Stoff, als sich Uta neben sie setzte. Panisch zuckte Seresa zusammen. Ihr Atem ging schnell und stoßweise, während sie sich widerwillig auf eine Berührung einstellte. Doch nichts dergleichen geschah. Zeit verging. Viel Zeit. Doch es geschah: Nichts. Ihr Atem verlangsamte sich wieder. Wurde ruhiger. Vorsichtig, noch immer zitternd, blickte Seresa durch die geöffneten Finger. Uta saß neben ihr. Ihre Haltung aufrecht und anmutig. Ihr Gesicht engelsgleich. Ein wunderschöner, weißer Engel. Ihr wunderschöner, weißer Engel. Ihr Licht, das gerade die Arme für sie öffnete.

Seresa starrte sie an. Dann brachen alle Dämme. Sie drückte sich vom Boden ab, nur um einen Moment später ihren Kopf in Utas Schoss zu legen. Tränen rannen über das Gesicht des Mädchens, während Utas kalte Finger über Seresas lange Haare streichelten.

Uta: „Ich weiß... Ich weiß.“

Wimmernd blieb Seresa einige Momente einfach nur liegen. Genoss Utas schützende Nähe. Ihr Licht. Dann spürte Seresa, wie Utas Finger über den Verband strichen und sie erschauderte.

Uta: „Du weißt noch, was ich zu dir in der Nacht gesagt hatte, als meine Wachen dich aufgegriffen hatten?“

Seresa nickte stumm. Wischte sich mühsam die Augen an dem noch vorhanden Ärmel der Tunika ab.

Uta: „Du wirst mir vertrauen und ich werde dich nicht alleine lassen.“

Uta richtete Seresa sanft etwas auf.

Uta: „Ich hätte das früher tun müssen, aber du warst so rein. So jung. So unschuldig... So wahrhaftig.“

Der Engel schüttelte leicht den Kopf und seufzte schwer.

Uta: „Ich sagte, du wirst mir folgen und ich werde dein Licht sein.“

Uta schwieg für einen Moment, während Seresa nickte.

Uta: „Ich wollte, dass es deine Entscheidung ist. Deine Entscheidung, ob du mir in die Dunkelheit folgst oder nicht.“

Der Engel strich sanft über Seresas Wange.

Uta: „Du wirst mir loyal sein und du wirst mein Kind sein. Das habe ich dir versprochen. Momentan kann ich dich nicht zu meinem wirklichen Kind machen. Wir werden hierbleiben müssen, Seresa. Für einige Jahre. Ich muss hier etwas erledigen. Aber nach diesen Jahren, wirst du mein Kind sein. Bis dahin allerdings...“

Der Engel strich eine Strähne aus Seresas Gesicht.

Uta: „Bis dahin allerdings werden Leute versuchen dir weh zu tun. So wie dir heute weh getan wurde. Sie werden dir wehtun, weil sie mir wehtun wollen. Sie werden dich beleidigen, weil sie mich beleidigen wollen. Sie werden dich erniedrigen, weil sie mich erniedrigen wollen. Ich kann dich nicht davor schützen. Aber ich werde bei dir bleiben. Ich werde dich nicht alleine lassen. Ich werde dein Licht sein und du… du wirst eines Tages mein Kind sein.“

Seresa richtete sich etwas weiter auf und nickte Uta zu.

Uta: „Ich will dir etwas zeigen, Seresa.“

Uta nahm ein Messer und schnitt sich in den Unterarm. Noch ehe Seresa sie aufhalten konnte oder etwas sagen konnte, sah sie, wie die offene Schnittwunde, sich vor ihren Augen wieder verschloss. Seresa griff nach Utas Arm. Drehte ihn hin und her. Betrachtete das Messer, an dem noch rote Reste klebten. Ihre Augen spiegelten deutlich ihre Frage wieder.

Uta: „Nein, ich weiß nicht, warum es funktioniert. Aber solange du ein Teil von mir in dir trägst, kannst du das auch tun.“

Der Engel schwieg für einen langen Moment. Blickte Seresa in die Augen.

Uta: „Der Preis dafür ist hoch. Du würdest nicht altern. Du würdest niemals Kinder gebären. Du würdest ein Stück deiner Selbst verlieren. Ein Stück deiner Unschuld. Deiner Redlichkeit.“

Zärtlich wurden einige Haare hinter Seresas Ohr geschoben.

Uta: „Du würdest anders zu mir empfinden. Du würdest dich an mich binden. Aber ich werde dich nicht dazu zwingen, Seresa. Wenn du bei mir bleiben willst, wirst du in meinem Namen Dinge ertragen müssen. Fürchterliche Dinge. Dinge, die kein Mensch ertragen sollte. Du wirst womöglich durch die schrecklichste Dunkelheit gehen müssen, Seresa. Alleine. Aber wenn du dich dafür entscheidest, werde ich für dich Dasein. Für immer. Ich werde dich nicht verlassen. Ich werde dein Licht sein.“

Uta schwieg erneut für einen Augenblick.

Uta: „Du hast heute Nacht gesehen, was wir wirklich sind. Was in uns wohnt. Du hast einen kurzen Blick auf die Wahrheit geworfen. Hast nicht nur das gesehen, was du sehen wolltest. Hast das gesehen, was wirklich wahr ist. Ich wollte abwarten, bis du älter bist, Seresa. Bis du dein Leben ausgekostet hast. Es sollte immer deine Entscheidung sein, ob du gewillt bist mir in die Ewigkeit zu folgen. Trotz des Wissens. Ich wollte dich nicht dazu zwingen. Ich wollte, dass es dein eigener freier Wille ist. Dass du den Schritt tust aus freien Stücken.“

Dann strich Uta mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen über Seresas Wange.

Uta: „Denk gut darüber nach, Seresa, denn es gibt kein Zurück.“

Gerade als der Engel sich erheben wollte, griff Seresa nach Uta. Blickte ihr in die Augen. Hielt ihren Engel fest. Seresa kannte die Antwort. Sie kannte sie schon immer. Kannte sie, obwohl sie das wahre Antlitz ihres Engels gesehen hatte.

Seresa: „Ich will dir folgen, Uta.“

Langsam aber bestimmt, machte ihr Kopf eine nickende Bewegung.

Seresa: „Für immer.“

Uta nickte und wandte sich an Seresa.

Uta: „Schließ die Augen, Seresa.“

Seresa nickte und tat wie ihr geheißen. Seresa sah nicht, wie Utas Zähne wuchsen. Wie sie lang und spitz wurden. Seresa sah auch nicht, wie Uta sich ins Handgelenk biss. Sah die zwei kreisförmigen Löcher nicht. Sie spürte nur Utas Körper. Spürte wie sie sanft von hinten umarmt wurde. Gestützt wurde. Gehalten wurde.

Uta: „Öffne deinen Mund.“

Seresa öffnete ihre Lippen und spürte einen Moment später, wie ihr Kopf nach hinten auf Utas Schulter überstreckt wurde. Utas Stimme war leise und sanft an Seresas Ohr.

Uta: „Trink.“

Bevor Seresa fragen konnte was Uta damit meinte, schmeckte sie bereits den eisenhaltigen Geschmack in ihrem Mund. Sie spürte, wie der Engel seinen Unterarm gegen ihre Lippen presste. Spürte, wie Ekel und Widerwille in ihr aufkeimten. Die Erinnerung an den heutigen Abend. Verzweifelt griffen ihre Hände nach Utas Unterarm. Seresa wollte ihn von ihren Lippen wegdrücken, denn sie spürte, wie sich die Flüssigkeit immer mehr in ihrem Mund ansammelte. Sie würde sie schlucken müssen oder sie würde ersticken. Seresa wurde panisch. Riss die Augen auf. Blickte sich verzweifelt um. Dann hörte sie Utas warme Stimme. Die zärtliche Stimme, die sie erneut sanft dazu aufforderte zu trinken. Seresa blickte ihren Engel aus den Augenwinkeln an. Dann schloss sie ihre Augen. Schmeckte das Blut auf ihrer Zunge. Spürte den Druck an ihrem Rachen. Fühlte das Verlangen zu Schlucken. Schließlich gab sie ihm nach. Schluckte. Wieder und wieder. Gab sich voll und ganz dem Moment hin. Gab sich Uta hin. Gab sich ihrem Licht hin. Ihrer Glückseligkeit.
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Re: Von Licht und Dunkelheit [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

988 AD: Saragossa (heutiges Spanien)

Uta: „Besser.“

Uta nickte Seresa zufrieden zu.

Uta: „Ich will ihn sehen am nächsten Sonntag.“

Dann machte sie eine auffordernde Geste in Richtung Seresa. Das Mädchen überlegte für einen Moment, bevor sie ihre Haltung korrigierte, einige Schritte auf Uta zuging und sich dann tief verbeugte. Seresa sprach langsam und mit deutlicher, klarer Stimme. Ihr arabisch hatte sich in den letzten Jahren deutlich verbessert.

Seresa: „Mein Name ist Seresa, Dienerin der höchst verehrten Uta. Meine höchst verehrte Herrin hatte mich zu Euch geschickt und mir aufgetragen Euch Ihre aufrichtigen Worte des Dankes zu überbringen.“

Seresa zögerte für einen Moment, während Uta ihr eine auffordernde Geste machte weiterzusprechen.

Seresa: „Meine Herrin würde sich überaus freuen, Euch höchst verehrter Fabrizio am kommenden Ruhetag des Herrn in ihrer bescheidenen Behausung begrüßen zu dürfen.“

Uta schüttelte unzufrieden den Kopf.

Uta: „Verwende nicht freuen. Nochmal.“
Seresa: „Mein Name ist Seresa, Dienerin der höchst verehrten Uta. Meine höchst verehrte Herrin hatte mich zu Euch geschickt und mir aufgetragen Euch Ihre aufrichtigen Worte des Dankes zu überbringen. Meine Herrin möchte Euch, höchst verehrter Fabrizio, am kommenden Ruhetag des Herrn zu sich in ihrer bescheidene Behausung einladen.“
Uta: „Nein, das ist zu unhöflich.“

Seresa seufzte verzweifelt.

Seresa: „Was soll ich denn sonst sagen, Uta?“
Uta: „Wie wäre es mit: Zur Ehre gereichen?“

Seresa senkte für einen Moment den Kopf und nickte dann. Dann sah sie ihrem Engel in die Augen.

Seresa: „Uta? Warum muss ich das lernen? Es klingt so…“

Das Mädchen versuchte mit den Händen etwas zu greifen, das nicht da war.

Seresa: „So schmeichelnd. So anbiedernd. So falsch, nach allem was er mir angetan hat.“

Uta lächelte Seresa gutmütig an und deutete auf den Platz neben sich auf ihrer Schlafstätte.

Uta: „Setz dich, Seresa. Ich möchte dir etwas erklären.“

Seresa nickte, ließ sich neben ihrem Engel auf dem mit einem Laken bedeckten Heu nieder und blickte sie an.

Uta: „Wir alle haben Stärken und Schwächen, Seresa. Ich möchte, dass du lernst deine Stärken richtig einzusetzen.“

Uta strich fast liebevoll über die Wange Seresas, die für einen kurzen Moment die Augen schloss.

Uta: „Du bist so rein und unschuldig. So redlich und loyal. Im Gegensatz zu mir, wirst du in der Welt niemals auffallen, denn du wirkst gewöhnlich, klein und unscheinbar.“

Seresa hatte bei den letzten Worten ihres Engels den Blick gesenkt. Auf ihrem Gesicht spiegelte sich deutlich Trauer und Enttäuschung wieder. Das Gefühl, dass sie nie ihrem Engel genügen würde. Uta legte ihre Hand sanft unter das Kinn von Seresa. Richtete ihren Kopf damit auf und schenkte ihr ein warmes Lächeln.

Uta: „Nein. Nein, Seresa, nicht. Das ist etwas Gutes.“

Das Mädchen blickte Uta in die Augen, während die zarten, grazilen und eisigen Finger des Engels über ihre Wange strichen.

Uta: „Deine Stärke ist es nicht, mit liebreizenden Worten dein Gegenüber um den Finger zu wickeln. Deine Stärke ist es nicht, andere zu führen und ihnen den Weg zu weißen. Deine Stärke ist es nicht, für andere ein Engel zu sein.“

Utas Blick war sanft auf ihren Ghul gerichtet.

Uta: „Aber gerade, weil du in diesen Dingen nicht gut bist, womöglich auch niemals gut wirst, weil sie deinem liebevollem Wesen wiedersprechen, musst du lernen deine Stärken zu nutzen.“

Der Engel nahm seine Hände von Seresa. Blickte sie ernst an.

Uta: „Wir sind keine Männer, Seresa. Uns ist es nicht gestattet, Waffen oder Rüstung zu tragen. Uns ist es nicht gestattet, uns auf diese Art zu schützen. Uns ist es nicht gestattet, dass wir damit um das kämpfen was uns zusteht. Wir können unseren Wert nicht in offenen Schlachten beweisen. Unser Wert kann nicht bemessen werden an den Feinden, die wir eigenhändig erschlagen haben. Wir müssen andere Wege finden, um unseren Wert zu zeigen. Eine andere Art des Kampfes.“

Uta blickte Seresa eindringlich an.

Uta: „Ich möchte, dass das Wort dein Schwert wird. Die Etikette deine Rüstung. Du wirst noch viele, sehr viele Jahre brauchen, bis du tatsächlich dieses Schwert und dieses Schild nutzen kannst, um damit anzugreifen und dir deinen Platz in der Welt zu sichern.“

Seresa nickte Uta verstehend zu.

Uta: „Für den Moment möchte ich, dass du stärker wirst, Seresa. Dass du lernst dich zu behaupten. Dich zu schützen. Du bist schlau, Seresa. Hartnäckig. Du lässt dich nicht abbringen von deinem Ziel. Du folgst ihm. Koste es was es wolle.“

Uta blickte Seresa fast bemitleidend an.

Uta: „Ja, Fabrizio hat dich geschändet. Hat dir dein Blut wider deinen Willen geraubt. Ja, es war furchtbar. Nicht nur für dich…“

Die Hand des Engels strich liebevoll über Seresas kurze Haare.

Uta: „Sondern auch für mich. Doch du bist noch immer hier, Seresa. Du hattest Angst, doch du hattest auf mich vertraut und ich auf dich. Wir werden es schaffen, Seresa. Gemeinsam. Ja?“

Seresa nickte stumm, während Uta ihr Nicken mit einem sanften Lächeln quittierte.

Uta: „Gut. Dann lass uns weiter üben, ja?“
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Re: Von Licht und Dunkelheit [Seresa, Fluff]

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989 AD: Saragossa (heutiges Spanien)

Mit einem gequälten Knarzen öffnete sich die schwere Holztüre. Das rötliche Licht der Fackel spiegelte sich tanzend auf der erhellten Klinge wieder, welche in Seresas Richtung gehalten wurde. Seresa schloss die Augen und verneigte sich höflich.

Seresa: „Mein Name ist Seresa, Dienerin der höchst verehrten Uta. Meine höchst verehrte Herrin, bestellt dem höchst verehrten Herrn des Hauses Ihre besten Grüße. Sie schickte mich unbewaffnet und mit einer Nachricht, an den höchst verehrten Fabrizio. Meine Wenigkeit bittet, zu dem höchst verehrten Herren vorgelassen zu werden, um mit aller geforderten Ehre und gebotenen Respekt, die Botschaft meiner Herrin zu übermitteln.“

Der Wächter betrachtete Seresa skeptisch. Er schien sich nicht sicher zu sein, wen er grade vor sich hatte und ob er ihr tatsächlich trauen sollte. Zu weit und wallend waren die weißen Gewänder des Mädchens. Seresa hob langsam und beschwichtigend ihre Hand. Führte sie zu der Seite ihres Kopfes. Löste den Schleier, der ihr Gesicht bisher verborgen hatte. Scheinbar zufrieden nickte der Wächter. Seresa wollte gerade den Schleier über ihrem Gesicht erneut schließen, als der Mann abwinkte. Dann gestattete er ihr mit einer einladen Geste den Eintritt.

Das Fackellicht hinter ihr erhellte den schmalen Eingang durch welchen der Wächter sie schob. Der Mann führte Seresa weiter in einen großen von Feuerschalen erhellten Raum. Unsicher blickte Seresa sich um, während sich unbewusst auf ihren Unterarmen eine Gänsehaut bildete. Sie schluckte schwer, während ihre Atmung panisch wurde. Die Vergangenheit dieses Ortes holte sie unnachgiebig ein. Die Nacht in der seine Zunge über ihre Haut geleckt hatte, während Uta nur regungslos zugesehen hatte. Sie musste hier raus. Sofort. Sie konnte das nicht. Weg, einfach nur weg. So schnell wie es ging. Sie wollte das hier nicht.

Seresa prallte mit voller Wucht gegen die Rüstung des Wächters hinter ihr, der noch immer seine gezogene Waffe in der einen und die Fackel in der Anderen hielt. Fragend blickte er auf das Mädchen herab, die um Verzeihung stammelte. Seresa blickte sich panisch um. Der Wächter versperrte den einzigen Ausweg aus diesem Raum. Ihren einzigen Weg zur Flucht.

Fabrizio: „Seresa.“

Wie ein eiskalter Griff legte sich seine dunkle und erfreute Stimme um ihr Herz. Die Zeit schien still zu stehen, während seine Hand erbarmungslos zudrückte.

Fabrizio: „Welche Freude dich wieder zu sehen.“

Ekel und Angst durchflutete ihren schmächtigen Körper, als sie seine große Hand auf der Schulter des Wächters sah, die ihn bei Seite schob. Seresa starrte panisch ihren wahrgewordenen Alptraum an, der ihr nun statt dem Wächter die Flucht versperrte. Sie war gefangen. Hier mit ihm.

Fabrizio: „Siehst du denn nicht, dass du sie mit deiner Waffe ängstigst?!“

Fabrizio stieß seine Wache unsanft an und winkte mit seiner Hand.

Fabrizio: „Sofort raus mit dir.“

Der Wächter blickte verwirrt auf seinen Herren, bei welchem sich ein gieriges Lächeln auf den Lippen gebildet hatte.

Fabrizio: „Ich will mit ihr ungestört sein.“

Der Wächter verbeugte sich tief und zog die Tür hinter sich zu. Seresa wich von Fabrizio zurück, als dieser begann sie wie ein Raubtier zu umkreisen.

Fabrizio: „Also, kleine Seresa. Was führt dich heute Nacht zu mir? Hast du mich gar vermisst?“

Mit zitternder Stimme versuchte Seresa ihren Auftrag zu erfüllen.

Seresa: „Meine höchst verehrte Herrin hatte mich zu Euch geschickt und mir aufgetragen Euch Iiiih…“

Seresa stockte, als sie ihn dicht hinter sich spürte. Spürte, wie er das Tuch des Schleiers nahm und auf ihren Rücken legte.

Seresa: „Ihre aufriiiiiichhhhh…“

Das Mädchen zuckte zusammen, als er mit den Fingernägeln über ihren Hals strich. Seresa versteifte sich, schluckte schwer und schloss die Augen, während sie sich redlich bemühte die Nachricht zu übermitteln.

Seresa: „Aufrichtigen Worte des Dankes zu überbringen. Meiner höchst verehrten Herrin würde es zur Ehre gereichen, wenn Ihr, höchst verehrter Fabrizio, Ihrer Einladung folgen würdet und sie, am kommenden Ruhetag des Herrn, in ihrer bescheidenen Behausung aufsuchen würdet.“
Fabrizio: „Wirst du auch anwesend sein, kleine Seresa?“

Seresa biss sich auf die Unterlippe und nickte stumm. Unfähig zu sprechen, während sie spürte, wie er an ihr schnupperte.

Fabrizio: „Das freut mich.“

Sie fühlte, wie er langsam um sie herumschlich. Wie er unangemessen Nahe vor ihr stand.

Fabrizio: „Sehr sogar.“

Er schwieg für einen Moment, während seine Augen ihren Körper zu erkunden schienen.

Fabrizio: „Sag, Seresa, es heißt, sie will dich zu ihrem Kind machen.“

Ängstlich zitternd stand Seresa vor ihm. Sie öffnete ihre Augen und blickte fast beschämt zu Boden, bevor sie erneut stumm nickte.

Fabrizio: „Armes, kleines Mädchen. Arme, kleine Seresa.“

Sein raues und spottendes Lachen klang in ihren Ohren nach.

Fabrizio: „Du bist tatsächlich so naiv, diese rührselige Geschichte von ihr zu glauben?!“

Seresa spürte, wie seine kalten Finger über ihre Wange strichen, bevor er damit unter ihr Kinn wanderte und ihr Kinn nach oben schob, damit sie gezwungen war, ihn anzusehen oder die Augen zu schließen. Als sie ihm in die Augen blickte, wurde ihr Herz erneut von der eisigen Kälte seiner Worte umgriffen.

Fabrizio: „Du wirst nie ihr Kind sein.“

Ein wissendes und überhebliches Lächeln war auf seinen Lippen, dass Seresa das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Fabrizio: „Weißt du auch warum das nie sein wird, kleine Seresa?!“

Seresa wollte ihren Kopf senken, doch er wurde erneut von seiner Hand nach oben gedrückt, während er ihr in die Augen starrte.

Fabrizio: „Selbst wenn ihr das Unmögliche gelingen würde und sie ihn tatsächlich überzeugen könnte, dass sie ein Kind zeugen dürfte, würdest du niemals dieses Kind sein. Denn weißt du, kleine Seresa, sie kann den entscheidenden Schritt nicht alleine tun. Dein wahrhaft süßes Blut ist reinstes Gift für sie.“

Ehe Seresa wusste wie ihr geschah, wurde sie mit einer überraschenden Geschwindigkeit und Härte gegen die Steinwand gepresst. Ihre Hände waren über ihrem Körper gepinnt, während sein starker Körper sich gegen den ihren drückte. Mit einer Hand faltete er genüsslich langsam den Ärmel ihrer Tunika herunter.

Fabrizio: „Sie würde hier ihren Schnitt ansetzen müssen.“

Sein kalter Finger presste gegen die Stelle, an welcher er vor zwei Jahren seine Klinge angesetzt hatte. Seresas Augen wurden glasig und ihre Stimme war ein leises, verzweifeltes Hauchen.

Seresa: „Bitte nicht.“
Fabrizio: „Sie würde hier entlang schneiden müssen.“

Seresa zitterte, als sein Finger langsam entlang ihres Armes nach unten strich. Als er erneut exakt über jene Stelle strich, welche er einst mit seiner Klinge verletzt hatte.

Fabrizio: „Und dann würde sie warten müssen. Warten bis es soweit ist. Zusehen, wie das verlockende Rot über deine Arme rinnt. Sie würde es nicht kosten können, wie ich dich kosten konnte. Wie ich dich schmecken konnte. Wie ich jeden Tropfen von dir aufnehmen konnte. Jedes kleine bisschen von dir.“

Seine Zunge leckte über ihren Arm, während die erste bittere Träne Seresas Augen verließ.

Fabrizio: „Uta würde warten und dir beim Ausbluten zusehen müssen. Warten und zusehen, während du sie aus deinen braunen Rehaugen vorwurfsvoll anblickst, weil sie wieder und wieder deinen Arm aufs neue Aufritzen müsste. Weil sich dein Körper weigert ihrem Willen zu gehorchen. Und wenn er schließlich gehorchen würde und du endlich sterben würdest, würde sie zusehen müssen, wie dein Körper langsam immer kälter wird. Dein Atem flacher wird. Deine Angst größer. Deine Verzweiflung. Du wirst dich alleine fühlen und du wirst dich fragen, warum du sterben musst. Da wird keine Wärme sein oder gar Frieden. Da wird nur Kälte und Dunkelheit sein, während dein Atem langsamer und immer langsamer wird. Sie wird dir aus ihren gefühlslosen, toten Augen beim Sterben zusehen und innerlich flehen, warum du nicht endlich einfach sterben kannst. Selbst wenn sie es dann geschafft hat dich zu ihrem Kind zu machen, wird da immer etwas zurückbleiben. Genau hier.“

Erneut fuhr sein kalter Finger über ihren Arm, doch unter ihren Tränen und dem Zittern, nahm sie ihn nicht mehr war. Nur seine Stimme, welche inzwischen näher an ihrem Ohr war.

Fabrizio: „Eine Narbe, welche die perfekte Uta auf immer daran erinnern würde, dass sie nicht perfekt ist. Du, als Zeuge und ewiges Mahnmal ihrer Schwäche. Du, als ihre unsterbliche Schande. Was auch immer dich glauben lässt, dass du eines Nachts ihr Kind sein wirst. Du irrst dich darin. Du wirst niemals ihr Kind sein, kleine Seresa.“

Seine Worte drangen tief in sie ein und sorgten dafür, dass ihr Herz zersprang unter der Kälte.

Fabrizio: „Niemals.“

Fabrizios Augen suchten Seresas.

Fabrizio: „Sag deiner Herrin, dass ich mich auf einen Umtrunk bei ihr am Sonntag freue. Darauf, erneut deinen süßen Saft kosten zu dürfen. Womöglich nehme ich dieses Mal nicht deinen Arm. Ich will schließlich nicht, dass du abstumpfst.“

Sie spürte seine freie Hand an ihrem Oberschenkel. Sah seine ausgefahrenen Fangzähne, während er sie breit angrinste. Dann ließ er sie los. So plötzlich und unerwartet, dass Seresa nach vorne taumelte. Für einen Moment kniete sie zitternd vor ihm auf dem Boden. Unfähig irgendetwas zu tun. Dann floh sie kopflos. Floh in die Dunkelheit, während sein dunkles Lachen und ein Wort in ihr nachhallte. Sie verfolgte.

Niemals.

Oder war es gar ein anderes?!

Sonntag.
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Re: Von Licht und Dunkelheit [Seresa, Fluff]

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990 AD: Saragossa (heutiges Spanien)

Sonntag.
Der Tag des Herrn.
Der Tag seines Besuches.

Über Stunden hatte Seresa das Zelt hergerichtet. Sie hatte teure Teppiche ausgerollt. Bestickte Kissen auf dem Boden angeordnet. Wasser aus dem Fluss geholt, es erwärmt und schließlich alle Gefäße und Gegenstände geputzt. Auch sich selbst hatte sie gewaschen, sowie Uta es ihr aufgetragen hatte. Trotz des Feuers vor ihr, war auf Seresas unbedeckter Haut eine Gänsehaut zu sehen. Dünne und grazile Finger flochten Seresas lange, dicke, braune Haare zum Zopf, welcher dann mit einem dünnen Stoffbändchen verziert wurde.

Uta: „Hast du Angst?“

Seresa zögerte einen Moment und nickte dann, während sie zu Boden blickte. Sie spürte wie sich eine Hand sanft auf ihr Haupt legte.

Uta: „Das musst du nicht. Ich werde bei dir sein. Ich werde nicht zulassen, dass er dich mir wegnimmt.“

Sie spürte, wie Utas kalte Hand über ihre Wange wanderte. Dann spürte sie Utas Hand unter ihrem Kinn. Spürte, wie ihr Kopf sanft nach oben gedrückt wurde. Sie gezwungen wurde aufzusehen und Uta anzusehen.

Uta: „Seresa.“

Schweigend und mit der kühlen Distanz eines wunderschönen, unerreichbaren Engels blickte die Ventrue auf die am Boden Knieende.

Uta: „Du hast in den letzten Jahren viel erreicht. Du hast dich entwickelt und bist mit dem Wissen gewachsen. Du hast mehr erreicht, als dir jemals zugetraut wurde. Du solltest stolz auf dich sein, Seresa. Immer. Denn du hast und wirst noch viel erreichen in dieser Welt.“

Uta ließ einen Moment ihre Worte nachklingen, während im Hintergrund sanft das Feuer prasselte.

Uta: „Dir wird es nicht gestattet sein, diesen Stolz offen zu tragen, Seresa. Noch nicht. Du wirst gezwungen werden dich zu unterwerfen. Du wirst gezwungen werden Schmerzen zu erdulden. Du wirst gezwungen werden dich selbst und alles was dir jemals etwas bedeutete zu verleugnen. Du wirst gezwungen werden den Stolz den du besitzt zu verbergen. Ich will jedoch, dass du weißt, dass ich stolz auf dich bin.“

Ihr Daumen strich über Seresas Wange und die Ventrue lächelte sanft.

Uta: „Ich möchte, dass du das nie vergisst, Seresa. Ich möchte, dass du diesen Stolz immer in deinem Inneren trägst, unabhängig der Schrecken, welche die Welt für dich bereithalten wird.“

Uta schwieg für einen kurzen Moment.

Uta: „Und jetzt zieh dich an, Seresa.“

Die Ventrue beugte sich herab und hauchte Seresa einen Kuss auf die Stirn.

Uta: „Fabrizio wird bald hier sein und er soll dich nicht nackt und ängstlich zitternd vorfinden.“

~*~
Seid einigen Stunden sprachen Uta und Fabrizio bereits miteinander. Trotz ihrer vielen Lehrstunden und dem Aufenthalt in Saragossa war Seresas arabisch noch immer nicht ausreichend um mühelos dem Gespräch der beiden Wesen der Nacht zu folgen. Zumal die Beiden leise und gedämpft sprachen, so dass kein Wort ihrer Unterhaltung überhaupt das warme Zelt verlassen hätte. Seresa hielt ihren Blick gesenkt, während ihre Hände offen auf ihrem Schoss ruhten. Die weiße Leinenrobe, welche Seresa trug, verdeckte ihren zierlichen Körper. Schützte und verbarg sie solange sie im Halbdunkeln kniete und wartete. Doch sobald Seresa von Uta gerufen wurde, offenbarte der Stoff sein verlockendes Geheimnis. Verhüllt und doch sichtbar, schien ihr Körper dann durch den dünnen Stoff. Jede ihrer ruhigen Bewegungen spiegelte verlockend den sanften Schattenriss ihres Leibs wieder.

Bisher war es nur Uta gewesen, die Seresa zu sich gerufen hatte. Sie hatte ihr Dinge bringen, Fabrizio reichen oder wieder mitnehmen sollen. Etwas, welchem sie demütig nachgekommen war. Der Gast schien der Dienerin kein weiteres Interesse zukommen zu lassen und fast schien es, als würde Seresa entspannter werden. Dann hatte er sie jedoch wortlos zu sich gewinkt. Ohne zu zögern war sie zu ihm gekommen und hatte sich neben ihn gekniet, um auch ihm zu dienen. Doch statt seinen Wunsch verbal zu äußern oder gar Seresa eines Blickes zu würdigen, machte er nur eine Geste, den Tisch freizuräumen. Unsicher blickte Seresa zu Uta, die nur ein kleines, kaum sichtbares Nicken andeutete und das Mädchen tat, wie ihr geheißen.

Als sich Seresa in die Schatten setzen wollte, wurde sie erneut zu Fabrizio zitiert. Schweigend und doch mit einer Geste, die keinen Widerspruch duldete, wurde sie erneut zu ihm gerufen. Seine Hand deutete auf den Tisch.

Fabrizio: „Steig auf den Tisch.“

Seresa blickte einige kurze Augenblicke fragend auf den Mann, bevor sie die Schuhe von ihren Füßen streifte und geschickt auf den niederen Tisch stieg. Oben angekommen senkte sie ihren Blick. Geduldig und furchtlos schien sie seine Blicke auf ihr zu ertragen.

Fabrizio: „Dreh dich.“

Seresa ging auf die Zehenspitzen und drehte sich langsam um ihre eigene Achse. Trotz des wackeligen Untergrundes bewegte sie sich scheinbar mühelos.

Fabrizio: „Genug. Mir dürstet. Biete dich mir dar, kleine Seresa.“

Das Mädchen ging einen Schritt zurück und brachte zuerst das rechte, dann das linke Bein auf den Tisch. Ihr Oberkörper senkte sich nach vorne und ihre Stirn berührte das Holz des Tisches, während sie ihm ihren rechten Arm entgegenstreckte. Trotz den Umständen wirkte sie ruhig und gefasst. Zitterte nicht und schien auch sonst keine Anzeichen von Angst zu zeigen.

Fabrizio: „Ich will nicht deinen Arm. Biete dich mir dar.“

Seresa zog ihren Arm zurück, richtete sich etwas auf und stützte sich mit beiden Unterarmen auf dem Tisch ab, während sie sich in seine Richtung beugte und den Kopf zur Seite beugte.

Fabrizio: „Ich will auch nicht deinen Hals.“

Seine Stimme wurde härter.

Fabrizio: „Steh auf.“

Unsicher stand Seresa auf. Der Tisch begann leicht zu wackeln, doch noch fand sie ihre Balance. Verlegen senkte sie den Blick.

Fabrizio: „Raff dein Kleid.“

Seresa beugte sich leicht in die Knie und begann den Saum ihres Kleides zu raffen.

Fabrizio: „Weiter.“

Das Mädchen raffte Stück für Stück ihr Kleid weiter, bevor sie mit hängenden Armen, aber gerafftem Kleid vor ihm stand.

Fabrizio: „Knie.“

Seresa machte einen Schritt nach hinten. Setzte zuerst ihr rechtes Knie, dann ihr linkes Knie auf dem Tisch auf, während sie noch immer das Kleid gerafft hielt.

Fabrizio: „Setz dich.“

Kaum, dass Seresa ihr Gewicht auf die Fersen verlegt hatte, verloren ihre Knie den stabilisierenden Halt. In einen Wimpernschlag war sie noch mittig auf dem Tisch gesessen. Im Nächsten waren seine Hände um ihre Hüfte, ihre Knie hingen in der Luft und nur noch ihr Spann berührte den Tisch. Panisch ließ Seresa den Stoff ihres Kleides los und griff nach der Kante des Tisches.

Fabrizio: „Loslassen.“

Seresa zögerte, doch gehorchte dann und spürte, wie die Hände an ihrer Hüfte ihr trotz des wackeligen Tisches und ihrer fast freischwebenden Haltung Sicherheit und Stütze gaben.

Fabrizio: „Hände auf den Rücken. Lehn dich auf den Tisch zurück.“

Sie spürte, wie die Muskeln in ihrem Körper zitterten und arbeiteten, während sie sich langsam immer weiter nach hinten absinken ließ und schließlich mit ihren Schultern auf dem Tisch zu liegen kam. Ihr Kopf hing über die Kante hinaus und ihr Blick ging unsicher zu Uta, während sie spürte, wie der Stoff ihres Kleides erneut bis zu ihrer Hüfte hochgerafft wurde.

Fabrizio: „Biete dich mir dar.“

Fragend und um Hilfe bittend, sah Seresa zu Uta. Diese blickte jedoch nur stumm und schweigend auf Fabrizio, der seine kalten Hände an Seresas Knie gelegt hatte, da es ihm scheinbar zu lange gedauert hatte. Mit einer Bewegung die keinen Widerstand duldete, hatte er ihre Beine geöffnet. Seine kalten Hände strichen über die dünne Haut an ihrem Oberschenkel.

Fabrizio: „Scheinbar hast du ihr noch nicht alle Orte der Lust beigebracht, Uta, was für eine Schande.“

Sein Kopf verschwand zwischen Seresas Oberschenkeln. Dann blickte er kurz zu Uta auf und ein bösartiges Lächeln umspielte seine Lippen.

Fabrizio: „Bitte verzeih, Uta, ich vergesse doch immer wieder, dass du ihr keine wahre Lust schenken kannst.“

Seresas Brust hob und senkte sich ängstlich, während sie hilfesuchend Uta anblickte. Dann verschwamm sie vor Seresas Augen. Ihr Körper spürte nur noch, wie ihm von Fabrizio genommen wurde. Wie er von ihm beraubt wurde. Doch Seresas Kopf ließ sie vergessen. Sie nahm nur die Ektase war, die ihren Körper erzittern ließ. Das Gefühl, dass es nichts Schöneres geben würde, als ihm alles zu schenken. Ihm zu dienen. Für ihn hier in diesem Moment zu sterben. Ein wohliges Seufzen verließ ihre Lippen, bevor sich langsam ihr Blick klärte. Entfernt nahm sie Fabrizios Stimme wahr.

Fabrizio: „Es kann wahrhaft lustvoll für dich sein, kleine Seresa.“

Seresa spürte wie sich kaltes Metall in ihren Oberschenkel bohrte. Jene Stelle die zuvor Lust gewährte, war nun bittere Qual. Sie wollte schreien, doch sie spürte seine Hand an ihrer Kehle, welche ihren Schrei erstickte und ihr die Luft zum Atmen nahm. Durch die Panik war Seresas Blick klar und sie suchte den Raum nach Uta ab. Doch sie fand sie nicht. Sie war alleine. Alleine mit ihm. Alleine mit dem Schmerz. Alleine mit der Panik. Tränen quollen aus den Augen des Mädchens, bevor ein zweiter metallener Gegenstand in die andere Wunde gebohrt wurde.

Fabrizio: „Oder es wird qualvoll sein. Die Wahl liegt bei dir.“

Sie spürte, wie seine kalten Finger, die geschundene Haut, um die metallenen Stäbe umkreisten.

Fabrizio: „Du wirst die Wunde nicht heilen, hast du das verstanden, kleine Seresa?! Du wirst zulassen, dass es vernarbt und ich werde dir das nächste Mal Lust schenken.“

Seresa spürte, wie sich das Metall mit einem kräftigen Ruck tiefer in ihren Körper bohrte.

Fabrizio: „Du heilst die Wunde und du wirst mich von einer anderen Seite kennenlernen.“

Das zweite Metall wurde tiefer in ihren Körper gedrückt. Seresas Körper wand sich unter Schmerzen, doch Fabrizio war auf ihr und sie konnte ihm nicht entkommen.

Fabrizio: „Hast du das verstanden, kleine Seresa?!“

Unter Tränen der Verzweiflung nickte Seresa stumm. Nickte wieder und wieder. Dann ließ er von ihrer Kehle ab. Seresa sog die Luft ruckartig und panisch ein, während mit zwei kräftigen Zügen die Stäbe aus ihrem Körper entfernt wurden. Sie wollte schreien vor Schmerzen, doch sie spürte im selben Moment, wie seine Zunge über ihre geschundene Haut leckte. Seresa entfuhr stattdessen ein erneutes wohliges Seufzen, bevor sie spürte wie Stoff auf ihre Wunde gepresst wurde. Sie blickte nach unten und sah hinter dem trüben Schleier ihrer Tränen, wie Fabrizio die zwei metallenen Stäbe genüsslich sauberleckte und einsteckte. Ein böses Lächeln umspielte seine Lippen.

Fabrizio: „Jetzt zieh dich an, Seresa. Uta wird bald hier sein und sie soll dich nicht nackt und ängstlich zitternd vorfinden.“
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Re: Von Licht und Dunkelheit [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

991 AD: Saragossa (heutiges Spanien)

Seresa lag mit geschlossenen Augen auf dem Boden. Die Arme weit von sich gestreckt. Das Gesicht tief in den Staub unter sich gepresst. Sie war nicht würdig zu stehen. Sie war nicht würdig zu knien. Sie war nicht würdig zu sprechen. Sie war hier, weil sie angeklagt wurde. Verleugnung. Manipulation. Verrat. Obwohl es ihr zur Last gelegt wurde, wurde es ihr nicht gestattet, sich zu verteidigen. Sie war in diesem Moment nicht mehr wert als ein Stück Vieh. Ihr Herz raste und Seresa spürte die beklemmende Enge in ihrem Hals. Spürte wie das Blut in ihren Adern pochte und jedwedes Geräusch dämpfte. Sie fühlte sich hilflos, obwohl sie Utas Stimme in der Ferne hörte. Dennoch beruhigte ihre sanfte und melodische Stimme Seresa, auch wenn Uta nicht mit ihr sprach. Doch sie war da und dies ließ Seresa frei von jedweder Angst und jedweder Furcht sein, obwohl sie schutzlos in mitten von Monstern lag. Zu Füßen des mächtigsten Monsters der Domäne Saragossa. Zu Füßen des Prinzen.

Sie hörte Fabrizios zornerfüllte Stimme aus der anderen Richtung. Worte über eine Blutjagd drangen von einer fremden Stimme an ihr Ohr. Auch wenn Seresa nicht wusste, was diese Worte bedeuteten. Ihre Haare stellten sich auf. Seresa konnte die Anspannung im Raum förmlich spüren. Sie hatte für Uta Übersetzungen angefertigt. Dabei hatte sie Dinge entdeckt, welche sie nicht verstanden hatte. Seresa hatte Uta darauf angesprochen und ihre Worte waren eindeutig. Sie würde damit zum Prinzen müssen und Seresa sollte sie begleiten. Nun waren sie hier und das Gespräch schien nicht so zu verlaufen, wie Uta es geplant hatte, denn ihre Stimme wurde härter und verärgerter.

Doch auch die Worte des Prinzen wurden dies. Durch ihren Herzschlag wirkten die Stimmen für Seresa weit entfernt und leise. Dennoch waren die gesprochenen arabischen Worte eindeutig. Sie, die gerade ihre Schwester verloren hatten, sollten als Wiedergutmachung entscheiden, was mit Seresa geschehen sollte. Seresa zitterte, während sie Utas beinahe flehende Worte hörte. Etwas über Gerechtigkeit und dass es nicht die Schuld des Mädchens gewesen wäre, sondern ihre. Utas Worte wurden beinahe flehend, als sie den Prinzen bat, Seresa ihr Kind werden zu lassen. Ihre Bitte wurde mit kurzen und bestimmten Worten hart abgeschmettert. Seresa konnte beinahe das gehässige Grinsen des Prinzen in seiner Stimme hören, als er Fabrizio gestattete Seresa zu verwandeln, wenn er dies wollte. Fabrizio könne mit ihr machen, was er wollte. Auch töten. Es wäre ihm einerlei.

Seresa stand aufrecht binnen weniger als einem Wimpernschlag. Es war ihr in diesem Moment einerlei, ob es ihr gestattet war oder nicht. Entfernt hörte sie Utas Stimme, die tobte, während Seresas Blick hasserfüllt auf den Prinzen gewandt war. Wer war er, dass er einfach so über ihr Leben und ihren Tod entscheiden durfte?! Darüber, ob sie Utas Kind werden durfte oder nicht. Auch wenn sie in seinen Augen nicht mehr wert war, als das Blut, dass durch ihre Adern floss, so hatte Seresa dennoch ihren Stolz. Sie würde Utas Kind werden, ob dies dem Prinzen gefiel oder nicht. Seresa war bereit dazu ihre Meinung vor ihm zu vertreten, ob dies erlaubt und angemessen war oder nicht. Sie war kein Stück Vieh, über dessen Kopf hinweg entschieden wurde.

Aus den Augenwinkeln nahm Seresa wahr, wie sich Fabrizio genähert hatte und er ihr aufmüpfiges Verhalten mit einer Ohrfeige quittieren wollte. Sie wich jedoch aus und sah nun ihn anstelle des Prinzen an. Fabrizio betrachtete Seresa einen Moment. Ihre braunen Augen funkelten zornig, als würde sie ihn fragen, was er sich erdreistete, seine Hand gegen sie zu erheben. Der Brujah schmunzelte amüsiert, als er erneut nach dem Mädchen schlug. Das Schmunzeln verging ihm jedoch, als sich Seresa wieder und wieder unter den Schlägen hinweg duckte. Im Hintergrund war Utas Stimme zu einem wilden Fauchen geworden.

Wie viel Zeit tatsächlich vergangen war, konnte später keiner mehr sagen. Schlussendlich reichte es Fabrizio. Er brachte Seresa mit einem Beinfeger zu Boden. Seresas Hände wurden von ihm mit einer Hand über ihren Kopf gepinnt, während er mit seinem muskulösen Körper und dem gesamten Körpergewicht auf ihr lag. Hilflos war sie ihm erneut ausgeliefert und die Erinnerungen kamen in ihr hoch. All das, was sie zurückgehalten und unterdrückt hatte für Uta. All das, was die Welt ihr nicht gestattete zu sein. Sie würde womöglich sterben und doch würde sie dafür sorgen, dass er es bereute Hand an sie gelegt zu haben. Sie würde nicht erneut verängstigt sein oder gar betteln. Diese Genugtuung würde Seresa Fabrizio nicht gönnen. Kämpferisch und rebellisch sah sie ihn an, bevor sie ihm einen Kopfstoß auf die Nase verpasste. Fabrizios Grinsen war breit und seine Fangzähne glitzerten im Licht der Fackeln, bevor sein Biss in ihren Hals blitzschnell und unerwartet kam.

~*~
An das was gefolgt war, konnte sich Seresa beim besten Willen nicht mehr erinnern. Ihre neuen Brüder und Schwestern erzählten später nicht ohne eine gewisse Schadensfreude und abgrundtiefe Genugtuung, dass sie Uta noch nie so toben gesehen hätten, als in dem Moment, als Fabrizio mit Seresa gespielt hatte. Die Ventrue hätte den Brujah wiederholt angeschrien, dass es reichte. Fabrizio hätte Seresa jedoch wieder und wieder an die Schwelle des Todes getrieben. Dann hätte er ihr sein Blut eingeflößt, welches der zierliche Körper angeblich gierig und stöhnend dankend angenommen hatte. Ihr Körper hätte sich geheilt, nur um Momente später dem Tod wieder näher zu sein als dem Leben. Ein wundervolles Schauspiel, welcher ihr Erzeuger den Anwesenden geboten hätte. Zumal er damit die verhasste Ventrue zum Rasen gebracht hatte und sie somit öffentlich bloßgestellt hätte.

Wie lange das Schauspiel jedoch gedauert hätte, konnte Seresa niemand sagen. Als Uta irgendwann wutentbrannt den Raum verlassen hatte, waren auch die restlichen Anwesenden von Fabrizio hinausgeschickt worden. Nur noch er und sie wären dagewesen, als er sie für immer in die Dunkelheit gezogen hatte.
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Re: Von Licht und Dunkelheit [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

991 AD: Saragossa (heutiges Spanien)

Die Dunkelheit hatte sich wie ein schützender Schleier um das Mädchen gelegt. Der Segen des Vergessens. Der Fluch des Scheiterns. Seresa hatte gekämpft und verloren. Dunkelheit umwob sie wie eine warme, schützende Decke. Kein Licht war mehr zu sehen. Sie war allein. Wieder einmal. Für immer und ewig einsam.

Dann jedoch spürte sie zum ersten Mal, wie schrecklich sie sich geirrt hatte. Sie würde nie mehr alleine sein, denn sie spürte sein wütendes Grollen tief in ihr. Seine dunkle und alles verschlingende Präsenz. Sie spürte, wie es gegen ihren Willen aufbegehrte. Wie es versuchte ihren Körper einzunehmen. Wie es versuchte sie zu kontrollieren.

Seresa riss panisch die Augen auf, doch alles was sie sah war rot. Wie durch einen blutgetränkten See hindurch, sah sie wie Etwas die Haut vor ihren Augen zerriss. Sie hörte das entfernte, dumpfe Wimmern. Roch den Schweiß der Angst. Spürte wie die warme Flüssigkeit ihren Mund füllte und der vertraute eiserne Geschmack ihre Sinne benebelte. Sie spürte, wie sie es genoss. Wie er es genoss. Wie es sich labte an dem warmen Blut. Tiefe Zufriedenheit und vollendete Erfüllung überfluteten ihren Körper. Andächtig schweigend genoss Seresa jeden einzelnen Augenblick davon.

Es wollte mehr. Es gierte danach wie ein Mensch in der Wüste nach Wasser und es wurde belohnt. Wurde befriedigt. Wurde genährt. Es bekam, was es wollte. Soviel mehr als es eigentlich verdiente. Langsam wurde es ruhiger in ihr. Gefügiger. Schließlich zog es sich zurück und ließ zu, dass sich der Blick des Mädchens klärte. Doch sie wollte in diesem Moment nichts sehen. Sie wollte es spüren. Den warmen, vollen Geschmack in ihrem Mund, der ihr versprach, dass die Dunkelheit verlockend sein würde. Dass sie kein Feind wäre, den man bekämpfen müsse. Dass sie stattdessen ein lieber, teurer und treuer Freund sei, den es zu willkommen heißen und zu umarmen galt.

Seresa entspannte sich und ihr Körper gehorchte wieder ihr. Die fernen Stimmen wurden lauter und als das Mädchen die Augen öffnete, sah sie, dass das rot verschwunden war. Stattdessen umgab sie eine Dunkelheit, die nur von einigen entfernten Fackeln an den Wänden erhellt wurde. In der Ecke weit entfernt von ihr saß ein kleines Mädchen. Womöglich fünf oder sechs Jahre alt. Um ihren Hals befand sich eine breite Fessel, welche mit der Wand verbunden war. Das Gesicht des Mädchens war in ihren Händen verborgen, während es herzzerreißend schluchzte. Seresa wollte sprechen, doch kein Laut ging über ihre Lippen. Panisch griff Seresa nach ihrer Kehle, doch sie war intakt. Verwirrt blickte sie um sich und sah die zwei Leichen vor ihren Füßen, deren Hälse zerrissen waren, als wäre ein wildes Tier über sie hergefallen. Seresa wich instinktiv zurück, doch sie kam nicht weit, denn die Steinwand in ihrem Rücken hielt sie davon ab.

Dann sah sie ihn. Fabrizio. Seine Lippen umspielte ein gehässiges Lächeln, während er die Angst und Panik in Seresas Augen sah. Ihr Mund war trocken und ihr Kiefer schmerzte. Auch der Rest ihres Körpers litt unter dem, was er ihr angetan hatte und langsam schien sie sich wieder zu erinnern. An die gesprochenen Worte des Prinzens, bevor sich ihre Sicht verdunkelt hatte. Tod oder Verwandlung.

Seresa rannte auf Fabrizio zu, um ihn erneut anzugreifen. Ein kurzer, heftiger Ruck an ihren Armen, hielt ihren Ansturm auf. Die metallenen Ketten schnitten sich tief in Seresas Fleisch, doch sie spürte es nicht. Nahm es nicht wahr. Wollte es nicht wahrnehmen. Sie wollte ihn anschreien. Ihn schlagen. Ihn verfluchen. Doch stattdessen hing sie nur in den unbarmherzigen Ketten, welche ihren Körper von dem Seinigen zurückhielten. Ihre Augen funkelten ihn wütend an, während noch immer kein Wort über ihre Lippen gehen wollte. Dann ging ihr Blick auf die Leichen, bevor sie ihn vorwurfsvoll anblickte.

Fabrizio: „Das warst du.“

Seresa stemmte sich erneut gegen die Ketten, während ein amüsiertes Lächeln über seine Lippen spielte.

Fabrizio: „Ja, ich habe sie dir gebracht und dich mit ihnen gefüttert, weil du es selbst noch nicht kontrollieren konntest. Dein Körper hat ihr Blut benötigt und ob es dir gefällt oder nicht, er hat es wie eine Hure dankend angenommen, weil er wusste, dass du es dringend brauchst.“

Sie sah erneut kurz zu den zwei Menschen, bevor ihr Blick weiter hasserfüllt auf Fabrizio ruhte. Dieser näherte sich Seresa auf eine Handbreit und blickte ihr tief in die braunen Augen, während er unterkühlt und herrschend zu ihr sprach.

Fabrizio: „Du kannst mich hassen, weil ich dich nicht belogen habe. Du kannst mich hassen, weil ich nicht den sanftmütigen Engel vorgebe und verberge, zu was für Monstern wir geworden sind. Du kannst mich hassen, weil ich von dir genommen habe und dich getötet habe. Du kannst mich hassen, weil ich entschieden habe und nicht du. Du kannst mich hassen, weil ich dich gegen deinen Willen genährt habe. Letzten Endes wirst du tun, was ich dir sage! Für die nächsten Jahre bin ich dein neuer Gott! Dein einziger Gott! Ich bin Derjenige, der entscheidet, ob du es wert bist weiterleben zu dürfen oder ob ich meine Schöpfung vernichte, weil du tatsächlich zu nichts zu gebrauchen bist!“

Ein Schlüssel fiel klimpernd neben Seresa auf den Boden.

Fabrizio: „Du wirst dich freiwillig losketten, Seresa, und du wirst aus eigenen Stücken von ihr trinken. Solltest du einfältig genug sein und dich weigern, werde ich sowohl dich, wie auch sie langsam aushungern lassen.“

Fabrizio deutete auf das wimmernde kleine Mädchen in der Ecke.

Fabrizio: „Du wirst Euch beide von eurem jeweiligen Leid erlösen. Wie du es tust und ob du es Gnade nennen willst, ist mir einerlei. Ich hatte dir beigebracht, an welchen Stellen wir uns nähren können.“

Der Mann vor ihr schwieg einen Moment und ein Lächeln umspielte erneut seine Lippen.

Fabrizio: „Den Rest findest du von alleine heraus.“

Seresa funkelte noch immer rebellisch Fabrizio an, der davon unbeirrt weitersprach.

Fabrizio: „Ich gewähre dir nun etwas Zeit, um dich mit der Situation anzufreunden. Meine Geduld ist jedoch nicht unbegrenzt. Für den Moment überlasse ich dir die Entscheidung, ob du freiwillig dein Knie vor mir beugen willst oder ich dich erneut vor mir auf die Knie zwingen muss. Denn wenn du nicht gewillt bist, eine Wahl zu treffen, dann werde ich sie erneut für dich treffen und glaub mir, du wirst es lernen zu bereuen. Ich werde warten, bis der Hunger dir den Verstand raubt. Dann werde ich veranlassen, dass des Tages, wenn du schläfst deine Ketten gelöst werden. Ich werde dafür sorgen, dass das was du gerade fühltest, als du ihre Eltern getötet hast, wiedererwacht. Ich werde dich solange und erbarmungslos in den roten Schleier treiben, bis du von selbst daran zerbrichst und anerkennst, dass du mich, die Welt, Gott, die Ungerechtigkeit des Seins oder gar dich selbst hassen kannst, aber all das nichts daran ändern wird, dass du von nun an keine andere Wahl mehr hast, als freiwillig dein Knie zu beugen. Als zu akzeptieren, dass deine geliebte Uta weg ist und nie wiederkommen wird. Dass ich das einzige vorhandene Licht in deiner Dunkelheit bin und der einzige Weg für dich, dass hier zu überleben, durch mich hindurchführt.“

Fabrizio zog sich einen Schritt zurück und blickte auf Seresa hinab.

Fabrizio: „Es ist deine Entscheidung, Seresa, ob du gegen mich kämpfen willst. Du hast schon mehr als einmal verloren und das nächste Mal, wenn du es ernsthaft versuchen willst, nehme ich dir mehr als einen Teil deiner Schönheit.“

Ein Bündel langer, brauner, geflochtener Haare fiel zu Boden. Seresa schien zuerst nicht recht zu verstehen. Dann dämmerte es ihr. Sie wich einen Schritt zurück und panisch griff sie nach ihrem Kopf. Ihren Haaren. Ihre Hände tasteten verzweifelt, doch was sie fanden oder bessergesagt nicht fanden, zauberte ein gehässiges Grinsen auf Fabrizios Lippen. Seresa sprang auf und wurde nur von den Ketten zurückgehalten. Ihre Fänge waren ausgefahren, während sie Fabrizio anschrie.

Seresa: „Monster!“

Die Ohrfeige von Fabrizio war schnell und hart. Sie sorgte dafür, dass Seresas Körper zu Boden gewirbelt wurde und er sich in den metallenen Ketten verwickelte. Fabrizios Worte klangen spottend in ihren Ohren nach.

Fabrizio: „Lern schneller, Seresa.“

Dann färbte sich Seresas Blick rot. Es war erwacht. Es wollte töten. Ihn. Doch die Ketten hielten es zurück. Hielten sie zurück. Sein amüsiertes Lachen erreichte verzögert und nur dumpf ihr Gehirn. Sie konnte nichts tun, außer in den Ketten zu hängen, bis er schließlich den Raum verlassen hatte.

Dann zuckte ihr Kopf um. Ein leises Wimmern aus der Ecke hatte die Aufmerksamkeit des Tiers geweckt und auf sich gezogen.
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Seresa
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Re: Von Licht und Dunkelheit [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

991 AD: Saragossa (heutiges Spanien)

Eine leise, summende Stimme sang eine beruhigende Melodie, welche in den steinernen Hallen nachhallte. Die Stimme klang, als wäre sie eine lange Zeit ungenutzt geblieben und hätte erst vor kurzem wieder gewagt, einen Laut von sich zu geben. Krächzende Worte der Franken, die auf Grund der Schönheit der Sprache nicht anders konnten, als zu einem verführerischen Säuseln zu werden.

Im Mondschein: „Mein Freund Pierrot, leih mir deine Feder, um ein Wort zu schreiben. Meine Kerze ist erloschen, ich habe kein Feuer mehr. Öffne mir deine Tür, um der Liebe Gottes willen.“*

Die schwere Holztür öffnete sich und hereintrat Fabrizio Piccolomini. Der Kopf neigte sich zur Seite, während er Seresa und das Schauspiel betrachtete, welches sich ihm bot.

Im Mondschein antwortete Pierrot: „Ich habe keine Feder, ich bin in meinem Bett. Geh zur Nachbarin, ich glaube, sie ist dort, denn in ihrer Küche schlägt man den Feueranzünder.“*

Sein Blick wanderte zu der Ecke, in welchem er nachts zuvor das Kind hatte anketten lassen, bevor er vor ihren Augen seine Eltern seinem eigenen Kind geschenkt hatte. Die noch unsicher singende Stimme seines eigenen Kindes zog seine Aufmerksamkeit wieder auf sich.

Im Mondschein, der liebenswürdige Lubin klopft bei der Brünetten, sie antwortet plötzlich: „Wer klopft auf diese Art?“ Er sagte an seiner Reihe: „Öffnen Sie ihre Tür für den Liebesgott.“*

Angezogen von ihren Worten näherte Fabrizio sich Seresa. Diese unterbrach ihre Handlung, als sie ihn sich nähern sah. Aus ihrer knieenden Haltung heraus, beugte sie sich tief nach vorne, bis ihre Stirn schließlich den Boden vor seinen Füßen erreichte. Sein Blick wanderte noch einmal zur Ecke, dann zu dem Mädchen, welche demütig ihr Haupt vor ihm gesenkt hatte. Schweigend betrachtete er die Situation lange Zeit. Dann berührte er ihre Schulter und sorgte dafür, dass sie in eine kniende Position zurückfand. Ein zufriedenes Lächeln umspielte seine Lippen, während ihre braunen Augen unterwürfig die seinen suchten. Seresas Augen schlossen sich, als er sich neben sie kniete. Sie bot ihm ihren Hals dar, doch statt seiner Fänge, spürte sie nur seine Hand an ihrem Genick, welche sie sanft, aber bestimmt zu ihm zog. Ihre Lippen berührten die kalte Haut seines Halses und seine fränkischen Worte klang wie ein süßes, verheißungsvolles Versprechen in ihrem Ohr.

Wenig später, so hieß es, sah man zwei Gestalten durch Saragossa des Nächtens spazieren. Ein großgewachsener und kräftiger Krieger. Einen halben Schritt hinter ihm ein junger Bursche. Beide ihrer Körper waren verhüllt in den schwarzen Gewändern der fremdländischen Besatzer. Der Bursche, so hieß es, summte leise vor sich hin, doch die Worte wären so leise gewesen, dass nur er und sein Herr sie gehört haben mochten. Selbst wenn man sie verstanden hätte, so sagt man, wären sie in einer Sprache gewesen, welche nur die beiden Fremden zu verstehen schienen.

Im Mondschein sieht man dort nur wenig. Man suchte die Feder, man suchte das Feuer. Bei dieser Suche, weiß ich nicht, was man fand: Aber ich weiß, dass die Tür sich hinter Ihnen schloss...*

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*(( Original: ´Au clair de la luna´ ))
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