[1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

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Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Sousanna
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[1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Der Krieg war vorbei und langsam kehrte in der Stadt eine seltsame Art der Normalität in ihre Stadt zurückzukehren. Die Diebe und Hehler hatten ihren Dienst wiederaufgenommen. Und damit war auch die Arbeitslast der schönen Byzantinerin wieder angestiegen. Geschäftig waren ihre Nächte geworden und es gab wenig Zeit für Müßiggang oder gar die Pflege von Feindschaften. Dennoch gab es etwas, das noch erledigt werden wollte. Und je mehr sich der Winter mit seinem widerwärtigen Schnee ankündigte, desto mehr hatte sie das Gefühl, etwas hinter sich bringen zu müssen. Etwas, dass die Ravnos noch zu tun hatte, ehe sie diesen verfluchten, dummen Krieg endlich in den tiefen ihres Gedächtnisses begraben konnte. Gewissermaßen eine Rechnung, die noch zu begleichen war.
Und so schwärmten einmal mehr ihre Leute aus, durchsuchten die Stadt und die Umgebung nach einer bestimmten Person. Einem Mädchen. Nicht sonderlich hübsch. Kurze Haare. Männerkleidung. Kurz gesagt eine seltsame Erscheinung. Die losgeschickten Menschen würden der heißblütigen Schönheit schon in ihrer Beschreibung erkennen, dass diesem Mädchen nichts Gutes blühen würde. Aber wer es schaffte, die sanftmütige Unschuld so zu erzürnen, der hatte verdient, was auch immer mit ihr geschehen würde.

So würde Seresa von einem recht übel gelaunten, blonden Halbstarken mitgeteilt bekommen, dass die wunderschöne, gutherzige Sousanna von Byzanz sie zu sehen wünsche, um jene Angelegenheit endlich zu beenden, die ihnen beiden gewiss seither auf den Herzen lastete. In vier Nächten würde sie sie für eine Unterredung im Alla Murra empfangen. Dann solle alles geklärt werden. Eine gewisse Schadenfreude lag auf dem Gesicht des Blondens, als er sich mit einer angedeuteten Verbeugung von dannen zog.

In jener besagten Nacht würde man den Gast mit so freundlichem Ernst empfangen, wie ihn Ganoven aufbringen konnten, wenn sie das Gefühl hatten, das Blut schon zu wittern. Ein großgewachsener, muskulöser Mann würde sie höflich nach oben geleiten, und die Tür zu einem der Zimmer öffnen.
Darin wartete die zierliche Gestalt Sousannas. Sie stand ruhig im Raum und blickte ernst ihrer Besucherin entgegen. Das schwarze Kleid aus feinem Stoff verlieh ihr ungewöhnlichen Ernst - oder war es das fehlende Lächeln in ihren sonst so sanften Zügen? Die wenigen Kerzen in dem Zimmer warfen scharfe Schatten auf ihre Wangen. In jedem Fall konnte man erahnen, dass dieser Frau eine gewisse Härte inne wohnen musste, um in Byzanz wie hier Räuberbanden, Diebe, Mörder und Betrüger zu führen.
Mit locker vor der Hüfte verschränkten Händen blickte sie zu Seresa hinüber und ein Zucken ihres Mundwinkels schien der einzige Rest eines Lächelns zu sein, den sie noch erübrigen konnte. Leicht neigte sich ihr Kopf. "Ich sehe ihr habt den Krieg überstanden.", blieb von einer Begrüßung übrig.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
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Seresa
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa war ohne Zögern und scheinbar ohne erkennbares Zeichen von Angst in das Zimmer der Ravnos getreten. Sie schenkte gar dem Mann, der sie zu Sousanna geführt hatte, im Vorbeigehen ein kurzes, dankendes Nicken, bevor sie sich zur ihrer Gastgeberin umgewandte hatte und deren begrüßende Worte entgegengenommen hatte. Mit einem tieferen und respektsbekundenden Nicken grüßte die Brujah ihr Gegenüber, bevor sie sich verbal an sie wandte.

„Es ist mir eine Freude Euch wiederzusehen, werte Sousanna. Habt Dank für Eure freundliche Einladung und meinem Empfang hier als Euren werten Gast.“

Die Brujah wirkte ruhig und entspannt, während sie vor Sousanna stand. Die Hände ruhten vor ihrem schlanken und unscheinbaren Körper. Lagen aufeinander mit der Innenseite nach oben zeigend. Ihr Umhang war hinter ihre Schultern zurückgeschlagen. Wohl um den Wachen bereits im Vorhinein zu signalisieren, dass sie tatsächlich unbewaffnet gekommen war und sie kein Interesse an Streitigkeiten hegte.
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Sousanna
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Kurz hatte der Wächter sie mit einem warnenden Blick bedacht, ehe er seine Herrin fragend ansah. Sousanna schenkte ihm ein leichtes Lächeln und ein ruhiges Nicken. "Geh und lass uns einen Augenblick allein.", wies sie ihn an. "Ich denke nicht, dass es lange dauern wird."
Zwar war ihre Stimme freundlich, doch es war unüberhörbar ein Befehl. Unter dem Samt ihrer Stimme lag eisiger Stahl. Den Dunkelhaarigen mit seinen Narben im Gesicht, schien das nicht zu stören. Er nickte nur knapp und schloss die Tür dann leise hinter sich. Dass die sich entfernenden Schritte ausblieben, ließ darauf schließen, dass er wohl direkt im schmalen Flur dahinter abwartete, wie sich das Gespräch entwickeln würde.

"Werte Seresa, ich denke es ist Zeit, die Floskeln fallen zu lassen.", erwiderte die hübsche Ravnos ruhig. Ihr Blick stand dem Seresas fest entgegen. "Ihr werdet euch ebenso wenig gefreut haben, mich zu sehen, wie ich in freudiger Erwartung einer alten Freundin war, als ich euch zu mir gebeten habe. Es geht mir einzig und allein darum, dass zwischen uns noch die Angelegenheit des Angriffs steht und ich denke mir und euch fehlt die Zeit, uns noch lange damit herumzuschlagen. Also lasst es uns erledigen und dann ist es gut. Ein Gefallen von euch an mich und für mich ist die Sache erledigt."
Es klang mehr nach der Abwicklung eines Geschäfts als nach nach einer Angelegenheit von Schuld und Sühne. Hätte man die Vorgeschichte nicht gekannt, hätte man meinen können, dass es Sousanna völlig gleichmütig auf jenen Vorfall in der dunklen Gasse zurückblickte. Noch immer stand sie regungslos da und blicke der Brujah entgegen. Nur ihr unnötiges Atmen und die sachte Röte in ihrem Gesicht erinnerte an jenes so menschlich scheinende Wesen, das sie einst kennengelernt hatte.
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Seresa
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresas Augen wanderte langsam über ihre Gegenüber, als würde sie sie einer eingehenden Musterung unterziehen. Als sie schließlich sprach, kam nur ein einzelnes, fragendes Wort über ihre Lippen.

„Welcher?“
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Sousanna
Ravnos
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Wieder zuckte ein Mundwinkel leicht. Dann trat die zierliche junge Frau einen Schritt vor. Ihre Anmut war die einer Raubkatze. "Sechs Leben", stellte sie ebenso ruhig klar, als hätte sie gerade nicht über Menschenleben, sondern über Knöpfe gesprochen. Die Arme waren nur im Rücken verschränkt. Die zierliche Gestalt unbeugsam aufgerichtet. Das Funkeln in den dunklen Augen verriet, dass es sich um ein einmaliges Angebot handeln würde. "So ihr mir sechs Menschenleben ausliefert, ist mir die Gasse fortan gleich und mein Groll besänftigt. Eure Schuld ist beglichen."
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Seresa
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresas Blick ruhte noch immer ruhig auf der Ravnos. Ihr Gesicht wirkte weder angewidert, ob des Angebotes, noch sonderlich erfreut darüber. Was auch immer nach dem Krieg geschehen war, etwas hatte sich an der Brujah verändert. War sie tatsächlich so gefühlskalt geworden, wie sie gerade gegenüber Sousanna wirkte. Würde sie tatsächlich ohne zu zögern sechs Leben an die Ravnos ausliefern?! Scheinbar, denn statt einer Antwort bekam Sousanna erneut nur ein einziges, fragendes Wort, dass den Inhalt des Handels genauer abzustecken schien.

„Wessen?“
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Sousanna
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Schmale Schultern zuckten gleichgültig. "Welche ihr auch findet. Mir ist das gleich.", erwiderte sie mit einem Kopfschütteln. "Nur drei sollen im vollen Besitz ihrer Kräfte sein. Nicht zu alt nicht zu jung. Wie und woher ihr sie beschafft, soll mich nicht kümmern. Nur keine, die einem anderen Kind der Nacht gehören. Ich will keinen Ärger und ihr wollt es auch nicht. Alles soll ruhig und ohne viel Staub aufwirbeln von Statten gehen."

Locker verschränkten sich ihre Arme vor der Brust und Sousanna musterte ihr Gegenüber kühl. Jede ihrer Regungen würde in die braunen Rehaugen, denen nun jede Unschuld fehlte, eingesogen. "Schafft ihr das?"
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Seresa
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Seresa »

„Das ist nicht die Frage, werte Sousanna.“

Noch immer stand Seresa ruhig da.

„Die Frage ist, wie Ihr es anstellen wollt, dass die Sache erledigt bleibt.“

Seresa schwieg für einen Augenblick und ihr Blick war fast herausfordernd auf die Ravnos vor sich gerichtet.

„Ich möchte Euch nur ungern daran erinnern müssen, dass es Eure Nachrichten waren, die dafür sorgten, dass sich die Kunde über das Geschehene großflächig verbreitet hat.“

Die Brujah schwieg erneut für einen Moment, während sie Sousanna weiter anblickte.

„Die Sache mag für Euch danach erledigt sein, jedoch ist sie das für mich nicht.“

Ein erneutes Schweigen folgte, um die Betonung auf das zu legen, was Seresa danach sagte.

„Dank Euch.“

Seresa ließ Sousanna deutlich wissen, wo der Haken an ihrem Angebot war. Nämlich, dass Seresa derzeit keinen einzigen Grund hatte, auch nur einen Handschlag für die Ravnos zu tun.

„Wie also gedenkt Ihr zu verhindern, dass das Geschehene zur Anklage kommt, werte Sousanna?“

Erneut schwieg Seresa für einen nun längeren Moment.

„Gebt mir einen Grund, weshalb ich für Euch nur einen einzigen Handstreich tun sollte, außer dass Ihr mir anderenfalls mein Unleben zur Hölle machen würdet.“
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Sousanna
Ravnos
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Man konnte nicht sagen, dass diese Vorwürfe Sousanna wütend machten. Man konnte noch nicht einmal sagen, dass sie überhaupt eine Regung in ihr hervorriefen. Sie erwiderte den beinahe herausfordernden Blick mit einer Ruhe, als hätte die Brujah so eben lediglich verkündet, sie mochte den Schnee, der draußen fiel und fiel als gäbe es keinen Morgen mehr.
Sie ließ sie aussprechen, dann seufzte die so Beschuldigte schwer, ehe ein leises Lächeln auf ihre Züge trat. Eines, das Wasser zum Gefrieren bringen und alles zu zerschneiden vermochte. Ein Lächeln, dass ihr erstaunlich gut stand.

"Ich persönlich bin der Meinung, dass der von Euch bereits genannte Grund schon ausreichen könnte.", erwiderte sie schließlich und legte sacht den Kopf schief. "Noch habe ich nicht damit begonnen, Eure Existenz zu einer Aneinanderreihung von grauenvollen Wundern werden zu lassen - und der Krieg hat meine Position noch gestärkt, aber ich habe es nicht nötig Euch zu drohen. Viel interessanter sind zwei andere Punkte. Zum einen, meine ich mich zu erinnern, dass die verehrte Herrin der Schatten Euch vorschlug, darüber nachzudenken, wie Ihr das mir zugefügte Unrecht wieder gut machen könnt. Das hier wäre mein Vorschlag." Sie zuckte schlicht die Schultern, während in den dunklen Augen etwas flackerte. Noch hatte sie keinen Grund, sich dazu aufgefordert zu fühlen, irgendetwas gegen Seresa zu unternehmen. Doch etwas in ihr wünschte sich einen Grund. Einen, der es begründete, der Kaintin das Leben zur Hölle zu machen. Das Flackern ließ erahnen, dass sie es würde tun können und dass sie nicht eher ruhen würde, ehe die Existenz ihres Opfers ein einziges Jammertal sein würde. Doch sie sprach es nicht aus.

Stattdessen blickte sie eine Weile aus dem Fenster, als wären die Schneeflocken draußen mit einem Mal bedeutend interessanter als dieses Gespräch. "Dazu habe ich bisher nicht vorgehabt, explizite Anklage gegen Euch zu erheben. Ich hatte euch für so klug gehalten, es nicht neben eines Verfahrens wegen Bruch des Burgfriedens, auch noch auf einen Prozess gegen eine Senatorin und gute Bekannte der Ältesten der Stadt wegen des Versuchs von Vernichtung und Bruchs der Stille anzulegen.", erklärte sie noch immer ruhig und schüttelte den Kopf, als bedauere sie diese Dummheit tatsächlich. "So Ihr das aber wünscht, steht Euch natürlich frei zu gehen. Keiner meiner Männer wird Euch etwas antun. Dann werden wir uns am Hoftag unserer höchstverehrten Prinzessin wieder sehen, um dort ausgiebig über Schuld und Sühne zu sprechen." Einladend wies die schmale Hand zur Tür.
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Seresa
Brujah
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa lächelte höflich und verneigte ihr Haupt ehrfürchtig, fast demütig vor der Ravnos.*

„Sechs Menschenleben. Drei in vollen Besitz ihrer Kräfte. Nicht zu alt nicht zu jung. Keine, die einem anderen Kind der Nacht gehören. Alles ruhig und ohne viel Staub aufzuwirbeln.“

Die Brujah schwieg für einen Moment, als sie überlegte, ob sie irgendeine Information vergessen hatte.

„Gibt es sonst noch etwas, was Ihr hinzufügen möchtet oder was ich wissen sollte, wohlwerte Sousanna?“

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Manipulation + Ausflüchte:
@Seresa (Ria): 6d10 >=6 f1 = (2 5 8 8 4 3, 2 successes) = 2
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