[1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

[Oktober '17, November '17, Dezember '17]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Seresa
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa schien einige Momente schweigend nachzudenken, bevor sie zur Ravnos leicht fragend aufblickte.

„So Ihr die Frage erlaubt, Sousanna, wie steht dann um Dinge wie Ehre? Um Dinge wie Prinzipien? Um Dinge wie Integrität? Ist tatsächlich alles erlaubt, solange es einen Vorteil bringt? Würde man tatsächlich wissentlich und willentlich alles Opfern was einem heilig ist, nur für einen vermeintlich meisterhaften Handel?“
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Sousanna
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Keine ungewöhnlichen Fragen. Zumindest blieb Sousanna überraschend ruhig. Immer noch war dort jenes ruhige Lächeln auf ihren Lippen.

"Ehre und Prinzipien sind wichtig.", erwiderte sie gelassen, ehe sie sich wieder aufs Bett setzte. "Ohne würden wir in einer Welt des Chaos leben. Ich lebe auf meine Weise nach den Regeln von Ehre und Würde. Der eigene Vorteil gehört zu den greifbarsten Erfolgen, die wir erzielen können. Wieso sollten wir ihn nicht heilig halten? Freiheit würde ich nicht dafür opfern. Einige andere Dinge auch nicht. Ich würde sagen dadurch habe ich mehr Rückgrad als so manch anderes Kind des Kain. Ich folge streng einem Weg, den ich gewählt habe."
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
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Seresa
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Die Brujah schien zu überlegen. Etwas unsicher tippelte sie mit ihren Fingern auf dem Pergament. Dann nickte sie schließlich nur stumm.

„Ich verstehe. Habt Dank für Eure Erläuterung, Sousanna.“

Seresa blickte zu Sousanna auf und es schien, als läge ihr eine Frage auf den Lippen. Dann senkte sie jedoch den Blick, nahm das Schreibgerät auf und blickte erneut zu Sousanna.

„Wollen wir fortfahren?“
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Sousanna
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Was auch immer die Ravnos zu denken schien, sie behielt es ebenfalls für sich. Stattdessen verlegte sie sich darauf, schlicht zu nicken und kurzerhand zwei weitere, bedeutend alltäglichere Mitteilungen zu diktieren.
Schlichte Anweisungen zu welchen Zeitpunkten sie Lieferungen erwartete. Es stellte sich heraus, dass die oft so heißblütige, emotionale Byzantinerin offensichtlich keine Schwierigkeiten damit hatte, kühle Befehle zu übermitteln und dabei sacht, aber bestimmt auf die Konsequenzen einer Missachtung ihrer "Wünsche" hinzuweisen.

Da sie fertig war, würde sie sich bedeutend mehr Zeit nehmen, die nun in schlichtem Italienisch gehaltenen Texte, zu studieren. In dieser Sprache war sie wohl etwas geübter in der Kunst des Lesens.
Doch schließlich hob sich ihr Kopf und mit einer leichten Neigung desselbigen würde sie Seresa nachdenklich anblicken. Der Blick einer Elster traf die Brujah. "Ihr habt viel über mich erfahren heute Abend.", erklärte sie leise. "Ich finde, ihr schuldet mir ebenfalls eine kleine Erzählung."
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Seresa
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa hatte Sousanna das erste Schreiben gereicht, so dass sie dieses ansehen konnte. Ein durchaus meisterliches Schreiben.* Dann hatte sie ein neues Pergament genommen und begonnen, dass zweite Schreiben erneut abzuschreiben. Scheinbar war sie mit der ersten Version so unzufrieden, dass sie es nicht gewagt hatte, sie Sousanna zu reichen.** Die überarbeitete Version des Schreibens, schien Seresa durchaus besser zu gefallen. Es war nicht meisterhaft, aber durchaus außergewöhnlich, wie auch der Brief zuvor.***

Während Sousanna auch den zweiten Brief las, kratzte Seresa schweigend und gewissenhaft den Text von dem in ihren Augen misslungenem Pergament. Als Sousanna ihre Worte an sie richtete, blickte Seresa auf. Sie schwieg für einen kurzen Moment.

„Bei allem gebotenen Respekt, Sousanna, ich schulde Euch womöglich vieles, aber Ihr hattet den Preis für den Handel eindeutig genannt. Ich halte mich an meinen Teil davon. Einerlei, ob dies womöglich naiv in den Augen der Welt ist. Es sind und bleiben meine Prinzipien. Davon ab, habt auch Ihr heute Abend vieles über mich erfahren.“

Sie betrachtete Sousanna einige Momente stumm, bevor sie mit den Schultern zuckte.

„Aber fragt, was Euch auf dem Herzen liegt, Sousanna. Es gibt derzeit keinen Grund, weshalb wir nicht miteinander sprechen sollten.“

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*-*** Schreibertum Seresa:
@Seresa (Ria): 9d10 >=6 f1 +wk = (9 6 3 7 7 7 5 3 6, 6 successes) = 6 -> 7 Erfolge
@Seresa (Ria): 9d10 >=6 f1 +wk = (5 4 3 8 2 7 1 3 5, 1 success) = 1 -> 2 Erfolge
@Seresa (Ria): 9d10 >=6 f1 = (8 4 9 7 8 4 1 9 2, 4 successes) = 4
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Sousanna
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Sousanna seufzte schwer. Beinahe klang es wie das Seufzen einer Mutter, die mit ihrer bockigen Tochter nicht mehr weiter wusste. Anmutig verkreuzte sie die Hände im Schoß und musterte die Brujah lange.
"Den gebotenen Respekt, haben wir doch schon lange hinter uns gelassen.", erklärte sie und noch immer war da jenes betrübte Missfallen in ihrer Stimme, das an eine enttäuschte Mutter erinnerte. "So etwas ist weniger naiv als viel mehr übertrieben vorsichtig, aber ich lasse euch eure Prinzipien gerne. Im Leben wie im Tod ist es doch leichter, sich gegenseitig in Ruhe zu lassen. Es spart Kraft für die bedeutenden Kämpfe - und verzeiht mir, dies hier ist für mich kein Kampf, dem ich große Bedeutung beimessen würde."

Eine Weile war es wieder still, dann nickte die Schönheit aus Byzanz erneut und schien sich zu einem Lächeln durchzuringen. "Aber wenn ihr schon so oft auf Prinzipen beharrt und euch für die meinen interessiert, was sind die euren? Was ist euch heilig und was würdet ihr dafür opfern?"
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Seresa
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa hatte nur genickt, als Sousanna davon gesprochen hatte, dass sie dies hier als keinen Kampf ansah, dem sie Bedeutung beimessen würde. Scheinbar sah Seresa tatsächlich überhaupt keinen Kampf, denn während sie Sousanna zuhörte, war sie weiterhin gewissenhaft ihrer Arbeit nachgegangen. Auf Sousannas Frage hin schwieg sie einen Augenblick. Seresa schien nachzudenken, bevor sie schließlich mit den Schultern zuckte.

„Ich bin eine sehr einfache Frau, Sousanna. Ich besitze nichts außer mein Leben, die Kleidung an meinem Leib, mein Talent und mein Wort. Ich besitze davon ab nichts von Wert, das ich opfern könnte, selbst wenn ich es wollte.“

Die Brujah schwieg für einen kurzen Augenblick.

„Ich versuche redlich zu meinem gegebenen Wort zu stehen, ist es die einzige Währung, mit welcher ich wahrlich bezahlen kann. Aber selbst dieses ist in unserer Welt hinter der Welt oftmals kaum mehr wert als ein Wimpernschlag, gibt es schlussendlich immer Mächte, welche einen verunglimpfen oder gar unterwerfen wollen.“

Dann zuckte sie erneut leicht mit den Schultern.

„Ich versuche redlich mich an das zu halten, was ich zusichere. Ich vergesse in mich gesetztes Vertrauen nicht. Ich vergesse weder Gutmütigkeit noch Großzügigkeit mir gegenüber. Ich versuche dies mit bestem Wissen und Gewissen zu erwidern.“

Erneut schien sie kurz nachzudenken.

„Ansonsten bin ich der Ansicht, dass Schulden bezahlt, Vergehen gesühnt und Gefallen erwidert werden sollten.“

Seresa zuckte erneut mit den Schultern.

„Aber ja, im Gegensatz zu Euch, bin ich mitunter in gewissen Fällen durchaus bereit ein Stück oder auch meine gesamte Freiheit für meine Prinzipien zu opfern.“

Die Brujah nickte der Ravnos respektvoll zu. Ohne Zweifel spiegelte sich in diesem Nicken wieder, dass Seresa in ihren Augen gerade eben jenes getan hatte. Um ihren Prinzipien zu folgen und eine Schuld bei Sousanna zu sühnen, hatte sie wissentlich und willentlich dreizehn Jahre ihrer Freiheit geopfert. Dass sie in Sousannas Augen womöglich damit kein Rückgrat besaß, schien sie in diesem Moment nicht weiter zu stören. Seresa schien in diesem Punkt einen anderen Ansatz zu verfolgen als die Ravnos.
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Sousanna
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Ruhig aber aufmerksam hatte Sousanna ihrer Schreiberin zugehört. Hin und wieder schien etwas um ihre Mundwinkel herum zu zucken, doch was diese Regungen genau bedeuteten, war kaum zu erkennen. Einige Male nickte die Ravnos dabei sacht, als könne sie Teile dieser Aussagen unterstreichen, auch wenn sich über den letzten Satz die Brauen leicht zusammenzogen.

"Das klingt, als wäre euer Heiligstes das Wort.", urteilte sie dann allerdings ruhig, als hätte es diesen kurzen Misston in Seresas Ausführung nie gegeben. Für einige Momente sann sie noch weiter über die Worte nach. "Es ist ein gutes, starkes Prinzip, gleich ob Ehrlichkeit oder Lüge sich dazu mischen. So lange es rein bleibt, ist es gewiss eine Leitlinie für ehrenvolle Handlungen. Ich wünsche euch, dass ihr es schafft euer Wort, rein und ehrlich zu halten. Eines Tages werdet ihr dafür belohnt werden."

Es war keine Spur von Lüge in ihren Worten zu erkennen. Vielleicht eine winzige Spitze, was die Ehrlichkeit anging. Immerhin schien die Hehlerin noch immer an der Ehrlichkeit der Respektsbezeugungen ihres Gegenübers zu zweifeln. Doch wirkliche Bösartigkeit lag nicht in ihrer Stimme oder ihrem Gebaren. Offen und voller Ernsthaftigkeit blickte sie ihr ins Gesicht und schien die letzten Worte sacht zu betonen.
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Seresa
Brujah
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa verneigte ihr Haupt leicht der Ravnos. Dann fiel ihr Blick zurück auf das Pergament und sie schien zufrieden damit zu sein, dass die Spuren ihrer möglichen Schande verschwunden waren. Seresa blickte erneut zu Sousanna auf.

„Gibt es sonst noch etwas, dass Ihr zu wissen wünscht, Sousanna, oder Etwas, wofür Ihr meine Dienste in dieser Nacht benötigt?“
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Sousanna
Ravnos
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Re: [1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Das zuvor noch recht freundliche Lächeln wurde ein klein wenig gehässig.
"Nein, Seresa, für heute soll es reichen.", erwiderte sie und erhob sich beinahe lautlos. Ein kleines Kunststück wenn man bedachte, wie steif der Stoff ihres Rockes sein musste und wie sehr die Schwärze wohl zum Rascheln neigte. "Wir werden in den folgenden dreizehn Jahren noch oft genug Zeit für Gespräche haben."

"Kommt in drei Nächten wieder her. Wir werden viel Arbeit haben.", ordnete sie gelassen an.
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Friedrich Hölderlin
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