"Natürlich, aber verschreiben sich nicht die meisten Orden auch noch weiteren Dingen? Zum Beispiel die Speisung der Armen, die Pflege der Kranken?" Darüber hinaus dachte Matteo daran, dass Orden sich früher oder später oft zu Machtinstrumenten entwickelten, entwickeln konnten. Es lag in der Natur des Menschen.

Angesichts der Verschlechterung der Straßen, ja des Gesamteindrucks des Viertels, wurde Gherardo zusehends wachsamer. Matteo dagegen trug eine selbstverständliche Gelassenheit zur Schau, die einem Adligen gut stand. Sein Gesicht war eine freundliche Maske, hinter der sich Abscheu und Argwohn verbargen.

Die Nonne blieb stehen. "Das hier ist Clavicula", sagte sie dann und zeigte die dunklen Gassen hinunter, in das Herz dieser abscheulichen Straßen. "Falls ihr immer noch Appetit entwickeln wollt." Matteo konnte das Gefühl haben, das er hier einer Prüfung unterzogen wurde, denn die drei Schwestern blickten ihn abwartend an.

Maria Penthesilea lächelte. "Unser Zweck... wir kümmern uns um die Herde. Wir führen und leiten." Wie zum Beweis zeigte sie die Straße hinunter. "Aber wir begleiten euch nicht. Wegen der Sicherheit." Eine Betonung auf dem Wort, als hätte sie sich auf den Beginn ihrer Konversation zurückbedacht.

Matteo blieb stehen, ebenso sein Gefolgsmann, und folgte mit dem Blick der Geste der Nonne. Zögerte und überlegte. "Nein, mein Appetit muss sich gedulden. Schließlich sind wir gerade erst angekommen und möchten vermeiden jemandem... auf die Füße zu treten." Ihre Lächelnden Worte sorgten für ein Stirnrunzeln, das Gesagte ließ viel Raum für Interpretation. Möglicherweise sogar eine kaum verhüllte Drohung oder doch eher eine Erklärung? "Weshalb dann werte Schwester Penthesilia?" Etwas lauerndes hatte sich in die Stimme des Adligen geschlichen.

"Wir begleiten euch nicht weiter", stellte die Nonne klar. "Clavicula ist gefährlich. Viele Verbrecher. Wir sind Nonnen." Sie nickte nachdenklich. "Nicht ohne Vorbereitung zu gehen ist weise. Ein unbekannter Ort." Ihre Augen wurden schmaler, als sie ihn studierte. "Das Warum ist: Wir führen. Das ist unsere Aufgabe. Ihr seid es - vielleicht - wert, geführt zu werden."

Dann neigten die drei Nonnen unisono den Kopf. "Nun aber verlassen wir euch. Vielleicht sehen wir uns wieder" sagte Maria Penthesilea. Die zweite Nonne fügte hinzu: "So Gott will." Maria Penthesilea nickte nachdenklich den Kopf. "Ja. So Gott... will."

"So Gott will Schwester, so Gott will." wiederholte er.Die kryptische Ausdrucksweise der Schwester Penthesilia weckte Mattes Neugier... und eines Nachts würde er vielleicht mehr herausfinden, doch nicht heute. Zuerst gab es drängender Dinge. Nachdenklich sah er Richtung Clavicula. "Und in welcher Richtung läge Mascharana?" Vielleicht war ihm doch eher daran gelegen angemessen unterzukommen.

Maria Penthesilea grinste und zeigte erneut in dieselbe Richtung, nach Clavicula hinein. Die zweite Nonne räusperte sich und sagte: "Mascharana liegt hinter Clavicula. Aber ihr könnt es umgehen. Geht nach Westen..." sie nickte nach rechts "...und wenn ihr zum Hafen gelangt, habt ihr Platealonga erreicht. Von dort geht nach Süden. Dann kommt ihr nach Mascharana."

Mit einem Schmollmund sagte Maria Penthesilea. "Oder die Abkürzung durch Clavicula. Schneller mit Sicherheit. Und interessanter."

"Dann nehmen wir den schnelleren und vor allem interessanteren Weg. Gehabt euch wohl Schwestern, Gott sei mit euch." Matteo und ebenso Gherardo verneigten sich leicht und wandten sich dann ihrem Weg nach Mascharana zu, der sie durch die Gosse Claviculas führen würde.

Was da auch kommen würde, welcher Schmutz, wortwörtlich oder menschlich, Matteo schien entschlossen schnellstmöglich an seinn Ziel zu kommen.

Auch die Nonnen verneigten sich, unisono. Maria Penthesilea wirkte zufrieden. "Wenn einen Schlafplatz habt - kommt uns besuchen. Wir freuen uns über Neuigkeiten. Und wir wollen hören, wie interessant es war. Jagdgeschichten." Sie blickte ihn ernst an. "Alle Details."

Dann wandten sich die drei Nonnen in einer Bewegung um und gingen die Straße gen Domus zurück. Ohne noch einen Blick zurückzuwerfen.