[1006] Das tägliche Gesindel [Seresa]

[März '18]
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Sousanna
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Re: [1006] Das tägliche Gesindel [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Sousannas Lächeln blieb ein füchsisches. Es hätte jenem Lächeln ähneln können, das sie einst so aneinander gekettet hatte. Doch es wirkte sanfter, hatte etwas Schärfe verloren. Ja, beinahe hätte es das einer Freundin sein können. "Ich wäre die letzte, die es jemandem übel nehmen würde.", ließ sie verlauten.

Verständig nickte die Ravnos schließlich. Es blieb unklar, ob sie eine solche Moralvorstellung teilte oder missbilligte. In jedem Fall schwieg sie dazu, was sie davon hielt.
Stattdessen richtete sich ihr Blick erneut in den Himmel und sie schwieg eine Weile. "Das Bett habe ich mir mit vielen geteilt, einmal wäre ich fast in die Ehe gezwungen worden, ein zweites Mal hätte ich sie freiwillig eingegangen. Liebe aber habe ich nur ein einziges Mal gefühlt.", blieb das Geständnis der Sünderin.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
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Seresa
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Re: [1006] Das tägliche Gesindel [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Unweigerlich fühlte Seresa sich an jene Nacht zurückerinnert, als das füchsische Lächeln der Ravnos ihr Tier in Aufruhr versetzt hatte. In der heutigen Nacht, schenke sie ihm und Sousanna jedoch nur ein mildes Lächeln und ein respektzollendes Nicken. Wer konnte und sollte schon den Lauf des Schicksals wahrlich verstehen?!

Als Sousanna geendet hatte, nickte Seresa.

„Du hattest damals erzählt, dass du das Eheweib eines mittelmäßigen Händlers, dessen Fähigkeiten in keinster Weise an die deinen herangereicht hätten, werden solltest. Dass du vor ihm gerettet wurdest.“

Seresa schwieg für einen kurzen Augenblick nachdenklich. Als sie weitersprach, war ihre Stimme gedämpft und kein Vorwurf war in ihr zu hören. Es klang eher danach, als würde die Brujah eine neutrale Feststellung machen.

„Ich nehme an, es war nicht mein Bruder im Blute Ramon, für welchen du Liebe gefühlt hattest.“
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Sousanna
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Re: [1006] Das tägliche Gesindel [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Ein halbes Lächeln zuckte über das hübsche Gesicht. Bitterkeit lag darin, aber auch eine gewisse Melancholie, als denke sie darüber nach, was sie wohl verpasst haben mochte.
"Ein Adeliger, der sich wünschte, etwas Prestige in der Welt des Handels zu erringen, indem er eine Kantakuzenos zur Frau nahm.", erklärte sie gelassen und zuckte die schmalen Schultern. "Fast so alt wie mein Vater. Leider starb ich in der Nacht vor der Hochzeit." Nichts an ihrem Gebaren ließ darauf schließen, dass Sousanna das tatsächlich als bedauerlich empfand. Sie hätte genauso von einem zerbrochenen Tonkrug sprechen können.

Dann seufzte sie und etwas schien von ihr abzufallen. "Ramon" Sie verharrte, als wisse sie nicht genau, wie sie das, was sie sagen wollte, in Worte fassten sollte. "Ramon, war eine der reinsten Seelen, die ich je traf, als ich ihn kennen lernte. Ich war verliebt in seine lebendige, liebenswerte Art. Aber" Die Augen wandten sich zu Boden. "Er hat sich verändert, seit er in die Stadt kam... Er ist besessen von der Idee, die Hüterin wolle ihm böses. Und diese Idee ... dieser Wahn brachte ihn letztendlich dazu, sie und damit auch mich zu verraten. Jene Nacht, in der du die verehrte Acacia kennenlerntest, ließ mich erkennen, dass er auch mich zu opfern gedachte, so er ihr nur ein Haar krümmen konnte." Trauer schwang in ihrer Stimme, die seltsamerweise nicht einmal gespielt schien. "Ich hatte nach dem Krieg gehofft, dass er noch einmal zu mir zurück kommen würde - doch er scheint, als hätte er sich entschieden. Und das habe ich schließlich auch tun müssen."
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Seresa
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Re: [1006] Das tägliche Gesindel [Seresa]

Beitrag von Seresa »

„Ich dachte er wäre aus der Stadt verbannt gewesen?“

Seresas Blick war leicht fragend auf die Ravnos gerichtet.

„Wie hätte er da zu dir zurückkehren können, Sousanna?“

Sie schwieg für einen kurzen Moment.

„Aber ich gestehe, ich weiß nicht was tatsächlich vorgefallen ist. Gerade auch im Zusammenhang mit der verehrten Acacia. Und ich gestehe, ich weiß nicht genau, was du meintest, dass er dich opfern wollte, nur um ihr ein Haar zu krümmen. So es tatsächlich seine Absicht war, so hatte er diese nie in meiner Gegenwart geäußert. Vielmehr hatte ich das Gefühl, dass er für eine wirre Idee brannte und dass er die verehrte Acacia mit einer Leidenschaft unterstützen wollte, die fernab jedweder Vernunft ging.“

Die Brujah zuckte leicht mit den Schultern.

„Aber ich gestehe, ich kenne mich mit den sozialen Ränken der Domäne und der Politik nicht aus. Ich kam in unruhigen Zeiten in die Domäne und wurde unwissend in den Strudel des Krieges geworfen.“
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Sousanna
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Re: [1006] Das tägliche Gesindel [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

"Für gewöhnlich hat er mir Nachrichten zukommen lassen.", seufzte Sousanna und wirkte tatsächlich gequält. Wie hatte sie es geschafft, jemanden zu verraten, dessen Fehlen ihr offensichtlich nahe ging? War es das Leid einer enttäuschten Geliebten gewesen, das man am Hofe gesehen hatte?

Mit einer Miene voller Betrübnis schüttelte Sousanna den Kopf. "Ich sollte dich nicht auch noch damit belasten. Du hast Recht, du wusstest nicht, was hier vor sich ging, wusstest nicht, dass dein Wissen über die Sache des Seneschalls der Stein war, der eine Lawine über unsere Verlobung brachte. Es ist unrecht, immer noch nach einer Erklärung zu suchen, wo das Urteil doch schon lange gefällt wurde."
Offensichtlich zwang sie sich zu einem Lächeln. Die Ravnos schien ehrlich um Contenace und Frieden bemüht. "Aber um deine Frage zu beantworten, eine tiefe Liebe hat mich nicht an deinen Bruder gebunden."
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Re: [1006] Das tägliche Gesindel [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa nickte über die Antwort auf die Frage. Es schien sie nicht sonderlich zu überraschen, aber auch nicht zu stören. Schließlich sprach sie recht ruhig, wenn auch leise zu Sousanna.

„Womöglich wurden die Nachrichten meines Bruders im Blute Ramon an dich abgefangen.“

Sie schwieg einen kurzen Moment, bevor sie schließlich leicht mit den Schultern zuckte. Sie schien nicht zu wissen, wer dies tun sollte, aber zumindest schien es ihr nicht abwegig genug, dass es nicht hätte passiert sein können. Dann sprach sie in einer der Nacht angemessenen, gesenkten Stimme weiter.

„Vertrauen ist ein seltenes und überaus zerbrechliches Gut in unserer Welt hinter der Welt und mit den richtigen Mitteln der Wahl bleibt nur allzu schnell nichts weiter zurück als ein Scherbenhaufen. Wir sind gewillt selbst jenen zu misstrauen, welche uns nahestehen, sofern es nur jemandem gelänge, die richtigen Zweifel in unser Herz und in unseren Verstand zu sähen.“

Die Brujah schwieg für einen kurzen Moment. Es schien als hänge sie selbst einer Erinnerung nach und spräche in diesem Moment nicht einmal über ihrem Bruder im Blute.

„Wie dem auch sei.“

Sie schüttelte leicht den Kopf und riss sich damit von ihren Gedanken los. Ihr Blick ging auf die Ravnos zurück.

„Bitte sei versichert, Sousanna, du belastest mich nicht damit. Ich würde nicht danach fragen oder darüber sprechen, wenn es so wäre. Ich gestehe, ich würde es gerne selbst verstehen, sofern es dich nicht belastet.“

Ihr Blick war fragend auf Sousanna gerichtet. Dann öffneten sich ihre Arme und Hände.

„Es ist nicht ungerecht, nach einer Erklärung zu suchen, nur weil ein Urteil gefällt wurde. So ich dir dabei helfen kann, will ich es versuchen, Sousanna, auch wenn ich ohne jedweden Zweifel dabei eingeschränkt bin.“
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Re: [1006] Das tägliche Gesindel [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Scheinbar dankbar nickte die Hehlerin. Für einige Momente schien sie ihren ganz einigen Gedanken nachzuhängen. Ihr Blick wandte sich an einen Ort, der wohl weit fort von dieser Gasse war, durch die die beiden Frauen gerade schlenderten. Sie hielt ihr Schweigen. Dann erst seufzte sie schwer.

"Es mag sein, dass dies geschehen ist.", hauchte sie dann und etwas an ihrer Stimme hatte sich verändert. So oft und so unterschiedlich Seresa die Ravnos hatte sprechen hören, nie waren ihre Worte so brüchig und porös gewesen. Nie hatte sie gewirkt, als würde eine Berührung den zierlichen Leib der schönen, jungen Frau zerspringen lassen. Während sich ihr Blick senkte, röteten sich ihre Wangen leicht. War es Scham? Waren es zurückgehaltene Tränen? "Aber auch auf dem Hof, entschied er sich, nicht einmal einen Blick auf mich zu verschwenden."

Sie lachte bitter auf und eine der zarten Hände wischte energisch über ihr Gesicht. "Das klingt nach dem Gezeter einer hübschen Frau, die es nicht mag, wenn man sie ignoriert ... Es soll nicht so jämmerlich klingen. Es hätte mich nur darin bestätigt, dass unsere Verlobung noch nicht aufgelöst wäre."

Mit hochgezogenen Schultern erwiderte Sousanna schließlich den Blick der Brujah. Sie machte tatsächlich den Eindruck, als müsse sie sich gegen eisige Kälte schützen. "Vielleicht können wir ja gemeinsam herausfinden, wie sich alles zugetragen hat." Kurz biss sie sich auf die Lippen, ehe sie anbot: "Wenn ich dir beim Verstehen helfen kann, dann frag einfach. Ich versuche so wahr wie möglich zu antworten."
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Re: [1006] Das tägliche Gesindel [Seresa]

Beitrag von Seresa »

„Wäre es so, dass die Nachrichten von ihm abgefangen worden wären, wie kannst du dann sicher sein, dass nicht jemand in deinem Namen ihm schrieb?“

Ihr Blick ruhte auf Sousanna. Ganz offensichtlich sprach in diesem Moment die Schreiberin zu der Ravnos. Eine Person, die nur allzu genau wusste, welches Schindluder man mit Briefen treiben konnte.

„Und selbst wenn sie nur abgefangen worden wären, wie viele Briefe meinst du, hätte ein Mann wie mein Bruder im Blute dir voll verzweifelter Liebe geschrieben, die allesamt unbeantwortet blieben?“

Es war kein Vorwurf in Seresas Stimme zu hören. Was sie sagte war schlicht die Beschreibung eines Bildes, dass sich ihr bot. Ohne Zweifel ein hässliches und dunkles, dass die Frage offenlegte, ob die Ravnos sich gar geirrt hatte in ihrem Verlobten. Dann zuckte Seresa mit den Schultern.

„Wer mag schon redlich zu beurteilen, was wahr ist und was nicht?!“

Die Brujah hatte offensichtlich keine Beweise und vielleicht war sie es, die sich irrte, kannte sie ihren Bruder im Blute nur flüchtig. Keine der beiden Frauen schien Beweise zu besitzen und Seresa schien ihre Position in diesem Punkt nicht verteidigen zu wollen. Sie schien der Ravnos einzig einen anderen Blick auf für Sousanna offensichtliche Dinge gewähren zu wollen, die für Seresa als Außenstehende alles andere als offensichtlich waren.

„Wie ich bereits sagte, Sousanna, ich will dir versuchen zu helfen, sofern es mir möglich ist.“

Dann nickte sie der Ravnos höflich zu.

„Aber vielleicht möchtest du mir zuerst erzählen, was es mit dieser Geschichte zwischen deiner verehrten Freundin und meinem werten Bruder im Blute eigentlich auf sich hatte?“
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Re: [1006] Das tägliche Gesindel [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Bitter lachte die Ravnos. "Er hätte es wohl erahnen können, dass etwaige Briefe nicht von mir stammen konnten. Ich habe erst spät schreiben gelernt und hätte ihm nie einen Brief geschrieben.", gab sie zurück, ehe sie den Kopf schüttelte. Es schien kein Thema zu sein, über das sie lange weiter nachdenken wollte. Es hatte zu viele Einflüsterungen gegeben in letzter Zeit.

Dann sah sie Seresa schulterzuckend an. "Ein Bruder im Blut der verehrten Acacia hat sich wohl mit ihm gestritten - und das Blut ist aufgekocht. Ramon scheint ihn schwer verwundet zu haben und hat versucht, ihn zu binden. Sie wollte dem Einhalt gebieten und das Blut kochte erneut, so dass er sie und die verehrten Liktoren angefallen hat." Die Byzantinerin seufzte schwer. "Daraufhin kam es wohl zur Verbannung bis er sich entschuldigt hätte - das empfand mein ..." Sie unterbrach sich und blickte recht traurig ein. "Ramon allerdings als ungerecht - und über die Zeit verhärtete sich das Herz der verehrten Hüterin. Es ist eine Geschichte von Stolz und mangelndem Verständnis für die andere Seite - keine sonderlich ruhmreiche in jedem Fall."
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Re: [1006] Das tägliche Gesindel [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa schien kurz nachzudenken.

„Weißt du, weshalb mein werter Bruder im Blute Ramon versucht hat Adelchis Diaconus an sich zu binden?“

Offensichtlich schien ihr die Vorstellung zu missfallen, dass jemand gegen seinen Willen an das Blut eines anderen gebunden wurde, aber noch mehr schien es sie zu stören, dass es ihr Bruder im Blute scheinbar ohne einen Grund tat.
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