[1007] Im stillen Kämmerlein [Sousanna, Ilario]

[April '18]
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Ilario
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[1007] Im stillen Kämmerlein [Sousanna, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Botschaften waren überbracht, Einladungen ausgesprochen worden, und so waren sie übereingekommen, dass Sousanna ihren alten Kriegsgefährten besuchen würde.

Die Villa des Marcello Embriaci in Mascharana. Nur kurz nach Ilarios Ernennung zum Kastellan war dieser Mann aufgestiegen zum Senator, hatte es geschafft den steinigen Weg eines einfachen Stadtadligen zum Helden seiner Familie, Wohltäter Mascharanas bis in die erlauchten Kreise der Schlangengrube namens Senat zu gehen. Nur passend, dass der Kastellan dieses Anwesen zu seinem Amtssitz erkoren hatte.
Still wie üblich lag das Siestri da, ebenso die Villa des Senators. Lediglich ein Lichtschimmer im ersten Stock erwartete Sousanna - und das Gefühl von ungesehenen Augen beobachtet zu werden.
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
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Sousanna
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Re: [1007] Im stillen Kämmerlein [Sousanna, Ilario]

Beitrag von Sousanna »

Und die Harpye folgte der Einladung des Kastellans. Einen alten Kriegsgefährten und Verbündeten zu besuchen, sei ihr immer eine Freude, war ihre Nachricht gewesen und so hatte eine zierliche Gestalt am Arm des Hauptmanns der Stadtwache von Ravecca am frühen Abend Einlass in die Villa des Senators begehrt. Auf ihrem Weg waren beide in ein angeregtes Gespräch vertieft gewesen, das allerdings rasch verstummt war, da der Amtssitz des Schattenmeisters ins Blickfeld gelangte.

Das intensive Grün ihres Kleides umschmeichelte die schönen Züge der weitgereisten Schönheit und bildete einen starken, beunruhigenden Kontrast zum Dunkel der Villa. Beinahe schien es, als müsse man fürchten, ihre Lebendigkeit würde von all den verborgenen Augen verzehrt werden, würde sie länger Gast des Kastellans bleiben.
Er wiederum würde freundlich und herzlich begrüßt werden. Einmal mehr mit dem Hinweis, dass sie sich freue, ihn zu sehen und gespannt sei, was es zu bereden gebe.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
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Ilario
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Re: [1007] Im stillen Kämmerlein [Sousanna, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Empfangen wurden die schöne Byzantinerin und ihr Hauptmann zunächst von dem ihr wohlbekannten Mercurio. Die Erste Klinge Ilarios trug zwar wie üblich Waffen, war heute jedoch herausgeputzt und trug neue gut geschnittene Gewänder. Ein Zeichen des Respekts an der Ravnos neu gewonnenes Amt womöglich? Er führte die beiden durch fast menschenleere Gänge, nur einmal trafen sie auf eine Dienerin die wohl nächtlichen Aufgaben nachging ud die Hauswachen waren wohl bewusst auf andere Posten versetzt worden. Schließlich kamen sie in den grßen Saal des Hauses und Mercurio bat den Hauptmann höflich doch mit ihm dort ein kleiens abendliches Mahl einzunehmen. Nahe des Eingangs, in Rufweite.
Ilario erwartete Sousanna am anderen Endes des kleinen Saales, nahe eines geöffneten Fensters durch das fahles Mondlicht hineinschien. Auch Ilario trug gut geschnittene Gewänder aus erlesenem schwarzem Tuch. Respektvoll grüßte der Kastellan die Harpye.


"Guten Abend werte Sousanna, es ist mir eine besondere Freude euch heute Nacht als meinen Gast willkommen heißen zu dürfen. Darf ich euch eine Erfrischung anbieten?"
So Sousanna bejahte würde Ilario sogleich mit einem Glöckchen klingeln. "Ich möchte euch noch einmal im Privaten zu eurer Erhebung zur Harpye gratulieren. Niemand wäre besser geeignet als ihr und niemand hat es so sehr verdient."

Wenn seine Worte auch schmeichelnden Inhalt hatten, so war ziemlich offensichtlich, dass Ilario sie genau so meinte wie gesagt. Sein Respekt für Sousanna war seit jener Nacht auf des Rückwegs von Benedettos Kloster stetig gewachsen.
Einen Moment später schon brachte ein Diener wortlos zwei silberne Pokale mit noch warmem Lebenssaft und zog sich sogleich wieder zurück.
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Sousanna
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Re: [1007] Im stillen Kämmerlein [Sousanna, Ilario]

Beitrag von Sousanna »

Die erste Klinge bekam ein freundliches Lächeln zugeworfen und der Hauptmann der Schönen stimmte nach einem ernsten Nicken seiner Herrin dem Nachtmahl zu.
Sie unterdessen schritt auf den Meister der Schatten zu und ihr warmes Lächeln schien die Dunkelheit des Raumes ein wenig zu vertreiben. Wie eine Kerze, die hell brannte, schimmerte es durch die Schatten. Auch ihre Begrüßung für Ilario war voller Respekt und Freundlichkeit.

"Und mir ist es mehr als nur Freude, heute Abend von euch empfangen zu werden.", erwiderte sie ruhig und neigte noch einmal das schöne Haupt. Auch in ihrem Blick lag Ehrlichkeit - selbst wenn man sich nie sicher sein konnte, wie ehrlich die Ravnos jemals wahr, doch in diesem Augenblick schien sie, die Herrin der tausend Zungen, nicht lügen zu müssen. "Eine Erfrischung wäre mehr als freundlich."
Schließlich trat ein leises Lächeln auf ihr Gesicht und in einer anmutigen Geste strich sie sich eine der kunstvoll gelegten Strähnen aus dem Gesicht.

Dann aber sah sie ihn voller Aufrichtigkeit an. "Ich kann die Glückwünsche nur zurückgeben.", gab sie zu. "Einen fähigeren und verdienteren Kastellan zu finden wäre schwer, wenn gar überhaupt nicht möglich. - Und es ist mir eine Ehre, neben euch die Harpye dieser wundervollen Stadt zu sein." Die tiefe Anerkennung in ihrer Stimme war mit einer Ehrlichkeit erfüllt, die vermutlich nicht einmal Sousanna schauspielern konnte.

Ruhig und mit einem sachten Nicken nahm sie den Pokal an und würde Ilario höflich zuprosten, ehe ihre Lippen vom blutigen Rot benetzt wurden.
Schließlich sah sie ihren Kriegsgefährten mit interessierten Blick an. "Ihr sagtet, es gäbe etwas zu besprechen. Natürlich gibt es da vieles, doch ich gehe davon aus, dass euch etwas ganz bestimmtes vorschwebte, als ihr mich eingeladen habt."
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Re: [1007] Im stillen Kämmerlein [Sousanna, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Die höflichen Gesten erwiderte Ilario in gleichem Maße und lächelte Sousanna sogar zu als sie sogleich auf den Punkt kam. Mittlerweile und unter Gleichgestellten oder Verbündeten hatte der Lasombra solche Direktheit zu schätzen gelernt. Einen Moment sah er in die Nacht hinaus, dann widmete er seine Aufmerksamkeit wieder ganz der bezaubernden Byzantinerin.

"Ihr habt recht es gibt vieles zu besprechen, zum Beispiel das Waisenhaus in Ravecca betreffend, doch von höchster Dringlichkeit ist eine andere Sache. Ferrucio. Dem Irren Prediger muss Einhalt geboten werden. Nicht wegen seiner kleinen Sticheleien bei der Ostermesse, oder weil sein Spiel mit dem Feuer der Gläubigen jeden Kainiten Genuas in Gefahr bringt. Nein, der wahre Grund ist ein anderer..."


Ilario beugte sich vor, fast schien er fürchten dieses Geheimnis laut auszusprechen und so wisperte er die gefahrvollen Worte in das Ohr der verschlagenen Ravnos.

"Seht ich weiss auf welchem Weg ihr wandelt undvermutlich noch einige andere auch. Es ist nicht der meine doch verurteile ich ihn auch nicht. So wie es beispielweise ein Ferruco täte... Ich denke ihr und die euren seht die Gefahr und wie sie immer weiter wächst?"
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Sousanna
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Re: [1007] Im stillen Kämmerlein [Sousanna, Ilario]

Beitrag von Sousanna »

Bei Erwähnung des Predigers zuckte ein eisiger Ausdruck über die sonst so zauberhaften Züge der Schönheit. Sie hatte wohl nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihre Sympathie nicht gerade bei Ferrucio lag.
Zunächst hatte sie nur genickt, dann aber hatte jenes Geheimnis Ilarios Lippen verlassen und der schmale Körper der jungen Frau sackte ein wenig zusammen. Unwillkürlich war ihre Hand zu ihrem Mund gewandert, als wolle sie schreien. Stattdessen war es nur ein leiser, nicht gerade damenhaften im tiefsten Gassengriechisch gehauchter Ausdruck, der dafür überraschend treffend den Priester beschrieb.

"So wenig gerne ich das sage, aber Gott bewahre.", hauchte sie und schüttelte leicht das Haupt, als versuche sie dadurch ihre Gedanken wieder etwas zu sammeln.
Einige Augenblicke schwieg Sousanna. Dann nickte sie und tiefer Ernst hatte sie umfangen. "Ich habe schon vor Jahren die Gefahr gesehen, aber wenn ich das höre, bin ich immer mehr der Meinung, dass etwas getan werden muss...", erklärte sie leise und blickte den Lasombra interessiert, aber immer noch in höchster Besorgnis an: "Habt ihr bereits Ideen, wie man eine solche Gefahr bannen könnte? Auf meine volle Unterstützung könnt ihr zählen."
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Ilario
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Re: [1007] Im stillen Kämmerlein [Sousanna, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Gott bewahre..." Ilario schüttelte sacht den Kopf. "Nein, ich denke Gott wird nicht an unserer Seite sein. Es sei denn die Hybris des Irren wächst noch weiter. Aber letztlich sind wir es die etwas tun müssen. Etwas tun werden."

Da war kein Hass in des Magisters Augen, nicht einmal wirklich Abneigung gegen den wahnsinnigen Prediger. Nur die Entschlossenheit und Notwendigkeit etwas zu tun... und ein Hauch von Furcht. Nicht vor Ferrucio selbst, sondern vor dem was dieser in den Herzen der Gläubigen gesäht hatte in den Nächten vor Kreuzdorf.

"Erste Ideen habe ich schon. Auch habe ich noch das Ohr ihrer höchstverehrten Majestät. Der verehrte Blutvogt wird von allen potentiell die Domäne gefährdenden Aktivitäten des Ferrucio Erminio umgehend in Kenntnis gesetzt werden. Wichtig ist meiner Meinung nach den Prediger eher Fehler machen zu lassen oder ihn dazu zu verleiten. Es darf nicht der Hauch eines Verdachtes an uns haften bleiben. Daher halte ich direkte Aktionen für kontraproduktiv. Allerdings habe ich auch große Hoffung in eure Kreativität und derer die ebenfalls auf eurer Via wandeln."
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Sousanna
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Re: [1007] Im stillen Kämmerlein [Sousanna, Ilario]

Beitrag von Sousanna »

Sousanna hatte nachdenklich die Finger an die Nasenwurzel gelegt und immer wieder leicht genickt. Offensichtlich teilte sie seine Ansichten.
"Auch kann als Harpye anbieten, die gefährlichen Tendenzen in seinen Handlungen weiter zu erforschen.", murmelte sie nachdenklich. Offensichtlich rasten die Gedanken hin und her. "Als Sünderin kann ich natürlich meine Brüder dazu anhalten ihn in jeder Form, die wir kennen, zu versuchen. Doch ich frage mich in welche Richtung ihr ihn versucht sehen wollt. Wollt ihr, dass er von seinem Weg abweicht - das dürfte schwierig werden, denke ich. Oder dachtet ihr eher an den Versuch, ihn zu dem Fehler zu bringen, den Frieden zu stören? Beides wäre zweifellos riskant. Doch ihr könnt gewiss besser beurteilen, was ihn in dieser speziellen Situation eher zu Fall bringen würde."
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Re: [1007] Im stillen Kämmerlein [Sousanna, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Ich denke ihn selbst in Versuchung zu führen wäre zwar sicherlich ein Meisterstück über das man noch lange Zeit sprechen würde, insbesondere unter den Anhängern eures Weges, doch es ist zu gefährlich. Zu unwahrscheinlich, denn er ist ein Fanatiker durch und durch. Und genau dies wird ihn auch zu Fall bringen. Er wird, früher oder später, den Frieden stören. Wichtig ist, dass wir dafür sorgen dass es für alle Welt sichtbar ist. Die Kainitische Welt selbstverständlich."

Ein verschlagenes Lächeln erschien auf seinen Zügen, dies war ein Spiel in dem Sousanna und er gut zusammenarbeiten würden.


"Vermutlich wird ihn allein das übliche Verhalten der euren schon provozieren. Mich wundert, dass er sich so auf die Könige eingeschossen hat und die wunderbar duftende Blume der Sünde hat unbehelligt wachsen lassen. Wenn ihr und die euren tut was Sünder so tun... provoziert ihn ruhig. Aber so, dass euch nichts geschieht. So, dass jede Reaktion seinerseits auf die Heiligen zurückfällt. Weiterhin fallen mir noch zweierlei Möglichkeiten ein: Zum einen ist Ferrucio genauso wie der werte Titus ein frommer Anhänger der Lehre Roms. So wie sie auch mit in sterblichen Tagen beigebracht wurde. Doch die anderen Kainiten in ihrem ach so himmlischen Dunstkreis sind bestenfalls Ketzer wenn man die Maßstäbe Roms anlegt. Anglieques Lehre ist sicher nichts was Ferrucio wirklich schätzt. Der vereehrte Benedetto ist sicherlich so mancher Sünde verfallen... ihr erinnert euch an unseren Besuch in seinem Kloster? Seinen Blicken? Wie werte Livia macht sich gut Freund mit den Himmlischen, es gilt herauszufinden warum. Und ist ihre Passion, der Handel und das Streben nach Gewinn nicht auch schon Sünde? Genug Ansätze um Zwist unter die Frommen zu tragen wären gegeben, nur wiederstrebt es mir manchen von ihnen zu schaden.

Zum anderen, und dies ist ein wichtiger Punkt zu unser aller Sicherheit, wären da die wahrhaft Gläubigen von denen der Irre sprach. Bei allen Differenzen die wir mit den verehrten Maximinianus in der Vergangenheit hatten, er hat Recht daran getan sie auszuschalten wo auch immer er konnte. Sie können uns mit einem einfachen Blick als das erkennen was wir sind. Schon allein deshalb stellen sie eine Gefahr dar. Ich nehme an besonders für jene die leidenschaftlich den Sinnesfreuden nachgehen oder für solche die nach verbotenen Lehren suchen. Vermutlich wäre es dem ein oder anderen Sünder sogar eine ganz besondere Passion diese Leuchtfeuer der Heiligkeit zu ersticken, meint ihr nicht? Etwas das auch ich nach besten Kräften tun werde. Abgesehen von dieser schlichten Notwendigkeit... dürfte es Ferrucio zum Schäumen bringen."


Dieser Irre durfte einfach nicht gewinnen. Solche wie er wollten die Welt einfach nur brennen sehen, nur das Königreich des Himmels zählte für sie. Und Gehanna? Ilario zweifelte nicht, dass es die Prophezeiung gab, noch dass es irgendwann ein Ende aller Tage geben würde. Doch waren Prophezeiungen auch stets Werkzeuge und wer wusste schon ob sich die Uralten nicht der dunklen Worte des Buches Nod bedienten um ihre Pläne vorranzutreiben?
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Sousanna
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Re: [1007] Im stillen Kämmerlein [Sousanna, Ilario]

Beitrag von Sousanna »

Wieder huschte die Zunge über die Lippen der Ravnos. Wieder nickte sie und wieder ging ihr Blick in die weiten Fernen ihrer Gedanken.
"Ihr habt Recht", erwiderte sie und sah Ilario nun direkt ins Gesicht. "Es wäre extrem gefährlich und ich würde wirklich ungern ein Mitglied dieser blühenden, ungleichen Familie in seine Krallen laufen lassen. Doch wir können die Sünde weiter erblühen lassen. Können ihren bittersüßen Duft über die Stadt wehen lassen, andere, interessierte damit locken und ihn immer und immer weiter damit triezen." In ihrer Stimme lag eine so dunkle, so erschreckende Leidenschaft, dass man kaum glauben mochte, sie gehöre zu jenem Wesen, das die Unschuld so perfekt miemte.

Ihr Kopf senkte sich leicht und ihr Blick schien Feuerkreise in den Boden zu brennen, so sehr schien er zu glühen vor lange zurückgehaltener Abscheu. Eine Weile schwieg die Sünderin, ehe sie zur Bestätigung eines ihrer Gedanken nickte.
"Wir werden jemanden finden, der ihnen die Leuchtfeuer austreibt.", raunte sie schließlich und nickte ein weiteres Mal. "Ich werde meine Brüder und Schwestern dazu anleiten, ihnen die Gefahr klar machen und sie einen. Auch die, die nicht auf meinen Pfaden wandeln kann ich zu verführen versuchen. So dass sein Wahn ein für alle Mal endet."
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