[1010] Fremde Heimat (Ajax)

[Juli '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Livia
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[1010] Fremde Heimat (Ajax)

Beitrag von Livia »

Irgendwo im Nirgendwo, auf einer weiten Handelsstraße, tief in der Nacht, nahe an einem Wegkreuz, irgendwo kurz vor der Domäne Mailand würde sie auf ihn warten. Sie war zu ihm gereist, hierher ins Nichts... Jetzt rief ihr Geist ihn.
Doch sie blieb verdunkelt - selbstverständlich - doch auch irgendwie gleichgültig. Längst war ihre Verborgenheit kein Schutz mehr, sondern Seelenzustand. Seit sie so fühlte, war sie wahrhaftig Unsichtbar...

Doch die dunkle Tristess der Nacht hatte sie längst erreicht, das verflixte zwöflte Jahr? Sie hatte ihren Erzeuger wieder gesehen, war in alte Gedankenmuster zurückgefallen, Gefühle, Ängste, Schmerzen waren aufgekocht und in Gleichmut versunken. Fast ein peinliches Alter, bei Menschen wie auch bei Kainiten.
Fast eine halbe Nacht ihrer kostbaren Reisezeit hatte sie jüngst an der Bettstatt einer strahlenden Mutter vollbracht... in der letzten Pracht des Lebens, da stünde sie jetzt, am Ende des Weges als Gebärende. Jetzt gebar Livia nur noch Finsternis und raubte den Müttern das Blut.
Wenigstens war es unsichtbare Finsternis und niemand musste sie sehen...

Würde es eine Falle sein? Wen kümmerte es in dieser Nacht. Livia kannte die Methoden des grausamen Brujah, irgendwie bewunderte sie ihn ja dafür... er war wie das Gegenstück zu Seinfreda, irgendwie bewunderte sie beide. Beiden waren sie etwas, das sie nie sein könnte... in sich ruhend.
So wartete sie auf ihren grausamen alten Freund, bei dem man noch nie hatte sagen können, ob er einen schätzt wie das Leben selbst, oder gleich durchbohrt... Vermutlich, war es oft beides zeitgleich. Doch im Kern - wen kümmerte es noch?
Livia hatte die Sicherungsmaßnahmen abgelehnt, ihre Leute in ihrer Residenz gelassen, das Wissen wo sie sich mit wem traf sollte ausreichen.
Was er wohl wollte, was sie wohl wollte? Wie üblich - das Gleiche und doch Nichts.
Es war schon auf seine Art verwunderlich, wie sie ihre Verschwörung bis hier her hatten geheim halten können... Aber manche Investitionen währten lange, Andere waren so unbedeutend, dass... ach, dass sie nicht einmal einen fertigen Gedankenstrang wert waren.
Als was sollte sich diese erweisen?
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Ajax
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Re: [1010] Fremde Heimat (Ajax)

Beitrag von Ajax »

Es war mitten in der Nacht und er war alleine gereist. Hatte mögliche Verfolger abgeschüttelt, war durch viele Gassen gelaufen und hatte sich doch immer im Schatten gehalten, bis er hier ins Niemansland gekommen war, Leon hatte er zurückgelassen an einem Ort an dem er auf ihn warten würde. Es gab interessante Berichte die er der Schlange mitteilen würde. Doch eine Frage stand immer noch wie ein Damoklesschwert über dem Ganzen ...Konnte man ihr trauen, war sie mittlerweile bereit einen Kontrakt in der Weise zu würdigen wie er es tat?

Er war in dunkle fast schon nachtschwarze Kleidung gehüllt und trug einen Stab mit sich, den er zum gehen benutzte. An seiner Seite war ein Schwert gegürtet, das jedoch an der falsche Seite schwang, wie ein Kämpfer wohl erkennen mochte, oder jene die sich mit der Etikette der Menschen auseinandergesetzt hatten.

Und so erreichte er den vereinbarten Treffpunkt, die Kaputze tief ins Gesicht geschlagen und wartend auf das was da kommen möge. Seine Sinne waren gespannt und aus der Ferne mochte er mehr wie ein Raubtier wirken so schnell und unberechenbar waren seine Bewegungen.
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Livia
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Re: [1010] Fremde Heimat (Ajax)

Beitrag von Livia »

Livia war die Region einmal umgangen und dann zurück auf ihre Route gezogen, um sichtbar und pünktlich zum Treffen mit dem Brujah zu erscheinen.

Sie wanderte die verlassene Straße wie ein winziger Fleck entlang, selbst ohne ihre Kräfte war sie unauffällig - oder unbemerkt. Lediglich die geschärften Sinne des Raubtieres würden sie auf kurz oder lang bemerken und einordnen müssen.

In diesen Augenblicken verließ sie ihre Stärke und tauchte in Ajax offene Welt ein. So trat sie bis kurz vor ihn heran, schenkte dem Brujah tatsächlich ein Lächeln und neigte leicht ihr Haupt.
"Die Nacht zum Gruße, wohlwerter Ajax. Es ist schön, euch zu sehen." Verkürzte sie ihre Grußformel auf das frühere Maß.

Irgendetwas an der Merkurianerin war anders, doch es bedurfte schon besonderer Empathie, um den Unterschied direkt zu erkennen... oder die ganz spezifische Erfahrung des abgebrühten Brujah - offensichtlich war die Merkurianerin in den letzten Jahren ihrem Tier näher gekommen... sie wirkte ermüdeter, der sterblichen Welt entrückter, kälter... kainitischer.
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Ajax
Brujah
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Re: [1010] Fremde Heimat (Ajax)

Beitrag von Ajax »

Ajax neigte ebenfalls sein Haupt.

"Ebenfalls die Nacht zum Gruße werte Livia. Es ist mir ebenfalls eine Freude euch zu sehen. Ich sehe Genua hat Spuren an euch hinterlassen. Gewollt oder ungewollt?" den nötigen Förmlichkeiten war genüge getan und so würde er direkt zu den brisanteren Themen übergehen.

"Mailand hat sich als schwieriger für unser gemeinsames Unterfangen herausgestellt als gedacht. Ich denke es wird in naher Zukunft zu keinem Geschäftsabschluss kommen." er würde weitere Details offenbaren doch erst einmal gab er ihr Zeit zu antworten.
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Livia
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Re: [1010] Fremde Heimat (Ajax)

Beitrag von Livia »

Livia lächelte blass. "In Kauf nehmen müssend..." Gab sie weitgehend klanglos zu.

"Das sind bedauerliche Nachrichten... die politische Lage scheint noch vertrackter zu sein, als erwartet?
Ich kann mir einige Probleme diesbetreffend vorstellen,
welches ist es, das uns solch einen Strich durch die Rechnung macht?

Wie war denn im Generellen das Interesse?" Fragte sie zögerlich.
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Ajax
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Re: [1010] Fremde Heimat (Ajax)

Beitrag von Ajax »

Ajax hörte ihren Fragen gemessen zu. Seine Mimik spiegelte etwas zwischen Interesse und Bedauern. Die klaren grünen Augen blickten der Merkurianerin entgegen. Als sie geendet hatte erhob er die Stimme wieder. "Bevor wir zu den Einzelheiten kommen wollte ich noch einmal etwas klarstellen. Ich habe dich gezielt in den letzten Jahren außen vor gelassen. Dich gleich gesetzt mit Kainiten die ich noch nicht halb solange kenne wie dich." er hatte den Kopf leicht schief gelegt. Seine Augen hatten etwas eingefallenes. War es das Tier welches gerade seine Fratze zeigte, die verblichene Menschlickeit in seinen Zügen oder doch nur ein Schattenwurf?

"Du hast dich voreilig aus einem Abkommen gestohlen. Du wusstest das es schwer für mich werden würde die Geldmittel aufzubringen. Und du hattest nichts besseres damit zu tun als eine Handelsstation am Fuße der Martinsfeste zu bauen..." ein Schnalzen der Zunge durchschnitt die kurze Pause.

"Passiert so etwas noch einmal, dann war es das letzte mal. Das verspreche ich dir."
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Livia
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Re: [1010] Fremde Heimat (Ajax)

Beitrag von Livia »

Livia hörte den überraschenden Themenwechsel des Brujah mit einem recht offenen Mienenspiel an. Erst verzogen sich ihre Züge irritiert, dann konnte er leichte Bitterkeit erkennen - sein Ignorieren ihrer Person hatte wohl funktioniert. Auch ein kurzer Hauch von Ärger flog auf, ob auf ihn oder sie selbst war nicht zu sagen. Als Ajax zu einer unverhohlenen Drohung ausholte, verfinsterte sich Livias Gesicht einen Moment wirklich und ihre Augen weiteten sich... sie blickte kurz gen Boden, dann wieder in Ajax Augen und sprach ruhig, fast in freundschaftlicher Art eindringlich. Leise, aber eindringlich, fesselnd und ehrlich.

"Du brauchst mir nicht zu drohen, Ajax.
Du weisst, wer meine Protektoren sind..."
Ajax war einer der wenigen Kainiten in Genua, der erahnen konnte, dass ihre Linie weit mehr als nette Namen waren und dass das niedere Blut einen besonderen konkreten Vorteil mit sich brachte. Gerade ihm gegenüber, dessen vergleichsweise so viel jüngerer Erzeuger in den gleichen Kreisen agierte.

Dann aber entspannten sich ihre Züge so schnell wieder komplett, wie sie sich auch verhärtet hatten und Livia neigte ihr Haupt vor Ajax.
"Aber... du hast recht." Sie pausierte kurz, atmete tief ein.

"Eine schlechte Investition war es obendrauf. Ich ließ mich von Gedanken mitreißen und habe Politik über Handel gestellt.
Ein Fehler, den du mich redlich hast bereuen lassen..."
Nun gab sie es zähneknirschend unumwunden und demütig zu.

"Ich sage es dir also hier und heute, ich bereue, unser Abkommen so überraschend auslaufen gelassen zu haben und dir weder die Unterstützung, noch den Respekt gehalten habe, die du verdient hattest.
Generell bereue ich, ein Abkommen so eigenmächtig und lose behandelt zu haben."

Erneut pausierte sie kurz. Atmete durch.

"Du hast mich diesen Fehler in Quinto deutlich spüren lassen und mit gleicher Münze heimgezahlt, bis heute hat mich der von dir abgezogene versprochene Schutz ein vielfaches der früheren Summen gekostet...
Aber es war ein Lehrgeld, wenn auch ein teures Lehrgeld."

Dann sah sie Ajax wieder fester in die Augen, band ihn kurz geradezu mit ihrem vertrauten Blick und vertiefte ihre Geste der Unterordnung noch einmal ehrlich.
"Ich hoffe, du siehst den Fehler wie abgesprochen als abgegolten an.

Mehr noch hoffe ich, du kannst meine Entschuldigung dieses Mal annehmen und wir können unser altes Vertrauen wiederherstellen.

Ich gebe dir recht und werde einen derartigen Fehler definitiv nicht wiederholen..."
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Ajax
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Re: [1010] Fremde Heimat (Ajax)

Beitrag von Ajax »

So schnell wie der Schatten gekommen war, so schnell war er auch wieder weg. Die Spielregeln waren klar. Seine Position ebenso. Man merkte es ihm an, er spielte nicht mehr aus Spaß. Die Jahre waren ihm einerseits gut, andererseits schlecht bekommen. Es war schwer auszumachen welche der beiden Seiten überwiegte. Es würde wohl nie ein eindeutiges Schwarz oder Weiß geben.

"Von Konstantinopel bis hierher ist es ein langer Weg.." gab er ihr kühl die Antwort auf ihre erste Aussage.

"Aber genug davon. Ich habe mich deutlich ausgedrückt. Kommen wir zu dem was uns heute Abend zusammenführt. Verona gehört seit dem Putsch 996 zu einem Vasallen der Tedesci. Und Mantua, Modena, Parma und Bologna sind etruskische Domänen. Der Bund hat jede Nachschubmöglichkeit blockiert. Nach Westen hin hat Hardestadt Mailand völlig abgeschnitten. Florenz ist ebenfalls unter der Herrschaft des Bundes, und der Führung von Narses. Dies sind die Informationen die ich beschaffen konnte. Es gestaltet sich also als zunehmend schwierig, eine Möglichkeit über Rimini und die Goldene eine Versorgungsroute herzustellen. Solltest du Möglichkeiten haben über eine unparteiische dritte Partei die Versorgung laufen zu lassen. Jemand der so mächtig ist, dass selbst die Tedesci sich nicht in seine Geschäfte einmischen wollen, so gibt es sicherlich noch Möglichkeiten, ansonsten sieht es schlecht aus. Ebenfalls ist die Allianz Mailand zur Schwarzen See ein Hindernis, genauso wie eine Abneigung der Mailänder Elite gegenüber Konstantinopels Führung. Ich zitiere hier gerne wörtlich...." er lies die Worte wirken. Seine Andeutung war eindeutig, konnte die Merkurianerin, entsprechende Verbündete nicht mobilisieren, so war der Plan zum scheitern verurteilt.

"Byzanz wird das nutzen. Sie haben Bulgarien unterworfen und Michaels Marionette sucht nun neue Pfründe." ein leichtes Kopfschütteln folgte...Kurzsichtig und verbissen waren die alten geworden. Blind für den Sturm der aufkommen würde.
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Livia
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Re: [1010] Fremde Heimat (Ajax)

Beitrag von Livia »

Livia nickte zähneknirschend. "Das habe ich mir gedacht. Die politischen Verstrickungen hier sind sehr eng. Für große Lieferungen zu eng. Kleinere Lieferungen hingegen könnte man sicher ermöglichen... doch wem nutzen diese?

Wie intensiv meinst du, ist das Bündnis mit der See der Schatten?" Dem erklärten Erzfeind des großen Byzanz.

"Die spannendste Domäne in diesem festen Spiel ist und bleibt wohl Turin.
Hast du davon schon direkt etwas erfahren?
Ich kann von der menschlichen Seite gerne berichten, die Frage, wie direkt die Domäne Turin und die Domäne Mailand zusammenhängen wäre gut zu wissen.
Handelt es sich nur um Verbündete? Gibt es ein Hierarchiegefälle? Oder ist Turin wahrlich Teil von Mailand?"
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Ajax
Brujah
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Re: [1010] Fremde Heimat (Ajax)

Beitrag von Ajax »

Ein leichtes Schulterzucken war zu erkennen.

"Sehr intensiv. Der Clan schweißt die beiden zusammen und macht sie zu natürlichen Verbündeten. Ich denke keiner der Beteiligten wird voreilig den anderen verraten, wenn sie nicht dazu gewzungen werden. Natürlich alles unter der Prämisse, dass man sich bei unserer Art nie wirklich ganz sicher sein kann. Wenn es einen deutlichen größeren Nutzen bringt sind sicherlich beide Parteien zu allem bereit. Aber wird reden von solch großen Himmisphären, dass es schon deutliche Einschnitte geben müsste. Zu Turin weiß ich bisher noch nichts genaueres. Aber ich kann sicherlich genaueres herausfinden. Was gibt es von der menschlichen Seite zu berichten?" seine Schläfe war verzogen, er schien angestrengt nachzudenken.

"Was tust du überhaupt hier?" drückte er seine Verwunderung über dieses Treffen in Worten aus.
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