[1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

[Juli '18]
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Seresa
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

„Ihr bezeichnet demnach unser inneres Tier als dunklen Kern?“

Seresa betrachtete Galeno fragend. Nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte. Das was er beschrieb, klang jedoch danach was Andere als das Tier bezeichnen würden.

„Ist dieser Kern wie Ihr ihn nennt denn etwas Greifbares? Wie die Gedärme oder das Herz? Oder mehr etwas wie der Glaube an den Herrn?“

Die Brujah wirkte deutlich interessiert. Zwar verstand sie nicht wirklich etwas von Heilkunde oder gar Mystik, aber Toma hatte ihr innerstes Untersuchen wollen und so nahm sie an, dass diese Dinge womöglich irgendwie miteinander zusammenhängen könnten.

„Ich nehme an Brimir könnte Interesse an den Ergebnissen Eurer Forschung hegen. Sofern ich es verstanden habe, ist er daran interessiert das Tier besser zu verstehen. Womöglich könnte er Euch als Fürsprecher dienen, so Eure Forschungen von Wert für ihn wären.“

Die Gelehrte zuckte leicht mit den Schultern. Sie kannte den Ancilla und seine Interessen nicht gut genug. Auch nicht, womit sich Gelano tatsächlich beschäftigte. Ein Gespräch wäre es dennoch womöglich wert. Dann wanderte ihr Blick kurz zur gezeichneten Muschel.

„Was Zeichnungen angeht, so sind sie in meinen Augen eine andere Form der Sprache. So man bestimmte Dinge noch nie gesehen hat oder nicht weiß, wie man die einzelnen Striche zu deuten hat, sind sie ebenso unverständlich wie eine fremde Sprache.“
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
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Nubis
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

"Ja, das innere Tier könnte man auch als dunklen Kern oder eben eigenen, kleinen Dämon bezeichnen, schliesslich ist es unberechenbar, immer rasend und gierig. Es vereint im Grunde alle Sünden in sich. Ich denke, jeder Kainit hat dafür eine andere Bezeichnung. Ich möchte eben genau das herausfinden, ob es greifbar ist und was es in uns auslöst. Könnte man es vielleicht sogar herausschneiden? Dazu muss ich früher oder später einige Kainiten zum Rasen bringen und nachsehen. Das bringt diese Forschung mit sich. Aber es ist für uns alle wichtig, solch eine Erkenntnis zu erlangen."

Er lächelte.

"Und wenn der Blutvogt daran Interesse zeigen würde, würde es mich freuen. Ich forsche schliesslich nicht für mich alleine, sondern für unsere kainitische Gesellschaft. Wir alle sollen uns selbst, den Tod und das Unleben besser kennen lernen."

Zum Thema Sprache und Bilder lächelte er nur matt. "Ja, das mag stimmen, nur ist es doch so, dass die meisten oftmals viele Dinge gleich sehen oder erkennen. Und was sie nicht kennen, aber auch nicht direkt greifen oder erfassen können, kann ihnen vielleicht durch Bilder und einem, der es ihnen erklärt, näher gebracht werden. Ich könnte zum Beispiel einem Bauern an Hand von Bildern zeigen, was unter der Haut eines Menschen zu finden ist, ohne direkt vor ihm einen aufzuschneiden. Ihm dies in einem langen Text zu erklären, den ich ebenfalls bildlich ausschmücken müsste, nur eben mit Worten, wird wahrscheinlich länger dauern. Diverse Lehren und Philosophien eignen sich aber um einiges mehr, wenn sie in Worte gefasst sind. In Bildern wird dies dann sehr schwer werden, selbst für einen guten Zeichner."

Er vollführte eine einladende Geste.
"Wenn ihr einmal einen Zeichner für eines eurer Schriftstücke wünscht so fragt mich. Ich fertige dies gern an. Als ein kleines Dankeschön."
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Seresa
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa nickte leicht, als Galeno geendet hatte.

„Ich werde mich an Euch und Eure Fähigkeiten erinnern und dafür sorgen, sofern Eure Arbeit von Nöten ist, dass sie entsprechend vergolten wird.“

Ihre Worte klangen ernst. Nicht dass sie ein Dankeschön per se ablehnte und doch griffen hier inzwischen ganz unbewusst entsprechende und übernommene Denkweisen.

„Was Eure Erklärung bezüglich der Bilder und des Bauern angeht, so verstehe ich den Sinn darin nicht. Ein Bauer interessiert sich nicht für derlei Dinge und selbst wenn er die Zeit neben der schweren Arbeit auf dem Feld finden würde, hätte es keinen weiteren Nutzen für ihn. Ein einfacher Mensch will nicht wissen, wie Ihr gedenkt ihn zu heilen oder wie sein Körper funktioniert. Für ihn ist wichtig, dass er gesund ist und seiner Arbeit für seine Familie nachgehen kann.“

In ihren braunen Augen spiegelte sich deutlich die Frage wieder, ob der Benediktiner überhaupt in seinem ganzen Leben jemals einem Bauern begegnet war oder ob er nur von Hörensagen davon wusste, dass es solche Menschen wohl geben musste. Dann schüttelte sie leicht den Kopf um den Gedanken zu vertreiben.

„Ich weiß nicht, wie Ihr gedenkt nachzusehen, während einer unserer Art rast. Für gewöhnlich wird sich hier unser Tier eher weigern. Doch wie ich bereits sagte, mag Brimir ein entsprechender und interessanter Kontakt für Euch sein. Sofern Ihr darüber sprecht das Innerste eines unserer Art zu untersuchen, mag ebenso Toma für Euch von Interesse sein. Soweit ich ihn jedoch verstanden habe, ist es der Untersuchung nicht zuträglich, sofern man dabei dem Tier anheimfällt.“
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Nubis
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

"Der Bauer diente nur als Paradigma für seinen geistigen Verstand. Wir könnten auch einen Novizen nehmen, der es durchaus lernen möchte. Auch er weiss über diese Dinge noch nicht Bescheid und Zeichnungen helfen beim Verständnis. Mit der Kombination von Text und Bild natürlich noch umso mehr."

Sein Lächeln wurde breiter und er legte den Kopf etwas schief.
"Scheinbar habt ihr dies einfach nur etwas zu wörtlich genommen. Oder ich hätte gleich den etwas passenderen Novizen nehmen sollen.Manches Mal wünschte ich, unsere Sprache wäre etwas einfacher, ohne all diese Missverständnisse. Deswegen kann ich wohl auch dieses höfische Gewäsch nicht leiden, was selten zu etwas wirklich Produktiven führt."

Er seufzt ein wenig, was aber fast in der tosenden See unter geht. Sein Blick wird ernst und er mustert Seresa.
"Ihr hattet euch im Elysium bei unserer ersten Begegnung ganz gut mit dieser..." er wollte erst irgendein schlimmes Wort wählen, biss sich dann aber auf die Lippe...
"Ravunthu verstanden, wie mir scheint, oder war dies nur nettes Verhalten auf Grund von Etiketteregeln? Lächeln und so tun als ob? Ich konnte ihre Gründe nicht verstehen. Ich habe mich bisher aus solchen Gesprächen meist fern gehalten, Politik interessiert mich nicht und deswegen kenne ich die Grundlagen, aber das scheint wohl nicht zu reichen."
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Seresa
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Ein Schmunzeln war auf Seresas Lippen entstanden, bevor ihr Blick auf den Strand vor ihnen abwanderte, sie die Augen schloss und die Brujah letztlich auch ihren Kopf von dem Kappadozianer abwandte. Für einige Momente schien sie in einem leisen und inneren Kichern verloren. Irgendetwas schien sie zu amüsieren, wenn auch nicht auf eine gänzlich positive Art und Weise, denn sie wirkte trotz ihrer Erheiterung eher beladen und schwermütig. Langsam schüttelte Seresa den Kopf.

„Nein.“

Das Wort wurde von einem leisen Ausstoßen der Luft begleitet, als das Kichern in ihre Worte mit übersprungen war. Sie schüttelte erneut den Kopf.

„Nein, werter Galeno, das reicht nicht immer.“

Seresa öffnete ihre Augen und sah gedankenverloren aufs Meer, bevor sie noch einmal den Kopf schüttelte und dann in Richtung Galeno blickte.

„Mir wurde beigebracht respektvolles Verhalten, gute Manieren und angemessene Etikette zu beweisen. Anderenfalls wirken wir in der Welt hinter der Welt nur allzu schnell wie ein unerzogenes und naives Kind. Wir beleidigen damit nicht nur unser Gegenüber, sondern beschmutzen nebst unserem Erzeuger und unseren Mentoren uns selbst, durch unser augenscheinliches Fehlverhalten. Was Ravunthu angeht, so verstand ich mich mit ihr weder besser noch schlechter als mit Anderen unserer Art. Ich kenne sie nicht und hatte nach dem Treffen im Elysium keinen weiteren Kontakt mit oder zu ihr. Die Situation zwischen ihr und Euch wirkte damals durchaus angespannt, auch wenn ich nicht weiß, worin dies begründet lag. Ich nehme an, Ihr hattet bisher keinen allzu regen Kontakt mit Mitgliedern aus dem Clan der Könige.“

Ihr Blick lag fragend auf dem Kappadozianer, auch wenn ihre letzten Worte mehr nach einer Feststellung, als nach einer Frage klangen.

„Welche ihrer Gründe konntet Ihr damals denn nicht verstehen, werter Galeno?“
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Nubis
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

"Dass sie am Anfang erbosst war, weil ich sie nicht bemerkt habe, habe ich verstanden. Ich habe mich entschuldigt und ich habe sogar gedankt, dass ich etwas lernen konnte. Für mich war das eigentlich dann vorbei."

Er seufzte.

"Nur irgendwie schien sie mich nicht sonderlich verstanden zu haben, oder war wegen irgendetwas anderem sauer. Ich verstand nicht, warum sie so negativ darauf reagierte, dass ich zu eurem Gespräch nicht viel zu sagen hatte. Ich ziehe es lieber vor, nichts zum Besten zu geben, ehe ich irgendwelchen Unsinn zu einem Thema sage."

Er sah recht unsicher und unglücklich gen Boden.

"Ich hatte bisher noch keinen grossen Kontakt zu Königen. Die Höfe habe ich nur besucht, wenn es notwendig war und mich im Hintergrund gehalten. Das klappte bisher ganz gut. Ich habe lieber still und heimlich in meinem Kloster gearbeitet."

Er lächelte milde, aber es wär mehr ein deprimiertes Lächeln.

"Naja und nun bin ich hier und muss wohl anfangen auch solche Leute zu verstehen und bei diesem Gehabe mehr mitzuspielen, als bisher. Ich mag es nicht, viel zu sagen und doch nichts zu meinen. Es ist nicht produktiv."
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Seresa
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

„Ich verstehe, weshalb Ihr selbst nicht viel sagen möchtet und doch ist es mitunter notwendig.“

Die Brujah schien einen Moment zu überlegen. Dann beugte sie sich nach vorne und strich mit ihrer flachen Hand den Sand vor ihr zu einer glatten Oberfläche.

„Lasst mich versuchen es Euch an einem Beispiel zu zeigen.“

Einen Momentlang blickte sie ihn an, als erwartete sie eine Zustimmung von ihm, dann wandte sie ihren Blick ab und begann drei gerade Linien in den Sand zu zeichnen. Eine scheinbar waagrechte, die jedoch an ihrem rechten Ende höher war als an ihrem Linken. Vom linken Anfangspunkt der ersten Linie ging eine zweite ab, welche nach rechts oben ging. Dann zeichnete sie eine dritte Linie ein, welche die beiden Linien senkrecht und leicht links außermittig schnitt. Von der letzten Linie lag der obere Anfangspunkt der Linie weiter links als der Endpunkt, so dass auch sie wie eine sehr unsauber gezeichnete senkrechte Linie wirkte. Alles in allem wirkte was die Brujah da in den Sand gemalt hatte, wie ein seltsam verzogenes A, welches auf Grund seiner Unförmigkeit nach links umgefallen war und sich mit dem Querstrich in den Boden gebohrt hatte, während der rechte Schenkel des Buchstabens sein Beinchen hilflos in die Luft streckte, um nicht gänzlich in der Form zusammenzuklappen.

Seresa bewegte sich mit einer geschmeidigen Bewegung ihre sitzknieende, aufrechte Haltung zurück und deutete auf die drei Linien vor sich.

„Was ist das, werter Galeno und vor allem, was will ich Euch damit sagen?“

Sie blickte auf den Kappadozianer und wartete scheinbar geduldig auf seine Antwort.
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Nubis
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Galeno verfolgte durchaus interessiert, was da Seresa in den Sand zeichnete. Auch er hatte sich vorgebeugt, um ihre Linienführung zu beobachten.
Dann musterte er das "Kunstwerk" und blieb lange nachdenklich daran haften. Lediglich beim Beobachten seiner Augen konnte man erkennen, dass er versuchte den Sinn hinter diesem "Beispiel" zu erkennen.

Was wollte sie ihm damit sagen? In erster Linie sah es aus, als würde ein Anfänger ein A zeichnen wollen, lediglich aus einer sehr schlechten Beschreibung heraus. Oder Seresa wollte irgendetwas anderes zeichnen, hatte aber nicht die richtige Idee oder das Können, um es ordentlich umzusetzen und was da entstanden war, konnte sie zwar erkennen, sonst allerdings keiner.
Sein Lehrmeister hätte es womöglich weggewischt und noch einmal neu zeichnen lassen, mit sehr strengem Blick und sicher auch ein paar Schlägen auf die Finger, sollte es weiterhin so krakelig aussehen.

"Mhh.." kam nach einer langen Weile.
"Wenn ich meinen Blickwinkel verändere, sieht es aus, wie ein ziemlich schief gezeichnetes A und mein Lehrmeister würde Stockschläge dafür verteilen. Wenn ich es aus dieser Lage hier betrachte, ist es ein sehr seltsames Gebilde aus Linien, ohne wirklich wichtigen Sinn dahinter. Da ich aber davon aus gehe, dass ihr mir damit irgendetwas sagen wollt, sollte ich es vielleicht nicht als Zeichnung, sondern als Symbol sehen? Sodass die Linien für etwas stehen?"

Er grübelte noch etwas mehr und führte dazu auch die Hand zum Kinn.
"Vielleicht steht die annähernd senkrechte Linie für einen gewissen Halt, den die anderen beiden Linien nicht haben? Die obere Linie würde auf die untere fallen, würde sie nicht von der Senkrechten gehalten. Die Senkrechte dagegen sieht aus als müsste sie sich ziemlich anstrengen."

Er seufzte ausgedehnt. "Allerdings verstehe ich nicht ganz, ob dies zu unserem Gespräch passt. Wollt ihr mir bildlich sagen, dass die Etikette, oder die sinnlosen Phrasen das sind, was die Senkrechte darstellt? Dass diese die eine Linie oben und die andere unten hält und doch irgendwie verbindet, sodass es ein zittriges, schiefes, aber doch noch irgendwie stabiles Gefüge gibt?"

Er musterte sie nun verwundert.
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa schien einige Momente nachzudenken und seine Überlegungen nachzuvollziehen, bevor sie den Kopf schüttelte.

„Nein, nicht ganz, werter Galeno. Aber es ist eine ausgesprochen interessante Deutung von Euch.“

Sie nickte ihm zu und deutete dann mit der offenen Handfläche auf den Buchstaben vor sich.

„Es handelt sich hierbei um den hebräischen Buchstaben Aleph, dem Vorfahren des großen A, welches wir in der lateinischen Schrift verwenden. Sicherlich ist mein hebräisch nicht das Beste.“

Für einen Augenblick schwieg die junge Schreiberin.

„Doch ist es annehmbar genug, so dass ich hierfür keine Stockschläge von meinem Lehrmeister erhalten hätte.“

Dann beugte sich Seresa nach vorne. Sie schien nicht weiter auf Stockschläge oder Exaktheit der Schrift eingehen zu wollen.

„Das Wort bedeutet übersetzt so viel wie Ochse. Wobei dieser Punkt hier.“

Seresa deutete auf die Spitze des As.

„Die Schnauze darstellt und das hier.“

Die Brujah deutete auf die zwei Enden des senkrechten Striches.

„Die Hörner des Ochsen sind.“

Die Gelehrte ließ sich nach hinten zurückgleiten in die für sie entspanntere Haltung.

„Eine sehr vereinfachte Darstellung, dies ist mir durchaus bewusst und doch unterstreicht es noch einmal meine Worte bezüglich des Bauern oder Novizen. So man nicht weiß, worüber man spricht, versteht man es nicht und es ist nicht mehr als eine fremde Sprache. Ebenso verhält es sich mit der Etikette. Sie ist eine andere Form der Sprache oder auch des Kampfes, je nachdem wen Ihr in diesem Punkt nach seiner oder ihrer Meinung fragt. Für manche ist es eine Art Spiel. Was sie jedoch immer ist, ist hochgradig komplex, weshalb die meisten hoffnungslos daran scheitern. Ich verstehe Euren Wunsch durchaus nicht viel sagen zu müssen und doch kommen wir nicht umher es zu tun, sind unsere Erfahrungen und unsere Ansichten, unsere Kenntnisse und unser Wissen mitunter grundlegend verschieden. Nur wenn wir mit einander sprechen und uns kennenlernen verstehen wir, was unser Gegenüber uns wahrlich sagen will. Aleph hier.“

Seresa deutete erneut auf das Gebilde im Sand.

„Bedeutet nicht nur Ochse, sondern stellt - so man den entsprechenden Buchstaben aus dem arabischen, das Alif, nimmt - ebenso den Zahlenwert eins dar. Im griechischen wird es zu Alpha. Dem Anfang - welches in Verbindung mit Omega - zu alles oder auch somit zu Gott wird.“

Die Brujah wischte mit ihrer Hand den Buchstaben weg, bevor sie sich erneut setzte und die Hände entspannt auf ihren Schoß legte.

„Was ich Euch damit zeigen wollte ist, dass Unterhaltungen weitaus mehr sind als ein gewisses Gehabe, denn in jedem gesprochenen Satz - oder gar jedem verwendeten Wort - können sich eine Vielzahl von Nachrichten verbergen. Wollte ich Euch demnach mit meinem Beispiel unterschwellig sagen, dass Euch meiner Meinung nach ein Teil des Ganzen fehlt oder gar, dass Euer Glaube an den Herrn nicht vollständig ist, auf Grund Eurer Worte an den Herrn im Elysium?“

Die Brujah blickte den Kappadozianer fragend an.

„Oder wollte ich Euch subtil aufzeigen, um wieviel höher ich stehe im Vergleich zu Euch, da mir die mannigfache Bedeutung eines einzelnen Zeichens bekannt ist? Wollte ich Euch verständlich machen, dass alles zählt und alles einen Wert hat? Im Fall von Aleph eins. Oder wollte ich Euch gar unterschwellig einen Hornochsen nennen, weil Ihr die Wichtigkeit der Etikette nicht erkennt?“

Die Gelehrte behielt Galeno aufmerksam und wachsam im Blick. Zwar waren die Worte bewusst formuliert und gewählt, doch wusste man nie, was das Tier tatsächlich in Verärgerung brachte. Ihre Hände beschrieben eine öffnende und fast versöhnliche Geste.

„Was ich Euch letztlich sagen wollte ist, dass die Sprache Möglichkeiten bietet, welche nicht unterschätzt werden sollten und nur weil man nicht verstanden hat was gesagt wurde, bedeutet es nicht, dass die Aussagen inhaltsleer sind.“

Die Brujah legte ihre Hände erneut auf ihre Oberschenkel.

„Was die Etikette angeht, so wird diese gerade im Clan der Könige oder auch im Clan der Rose stark gefördert. Entsprechend könnte ich mir vorstellen, dass aus Ravunthus Worten Euch gegenüber die Entrüstung über Eure Unkonzentriertheit, sowie die unglücklich formulierte Frage nach einem Bibelzitat, gesprochen haben könnte, welche sie möglicherweise als ungebührlich oder gar hochgradig beleidigend empfunden haben könnte.“

Seresa zuckte leicht mit den Schultern.

„Dies wäre zumindest meine Deutung der Situation. Ob sie letztendlich der Tatsache entspricht, vermag ich Euch nicht zu beantworten, werter Galeno. Dazu müsstet Ihr sie selbst befragen.“
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Galeno hörte sich in Ruhe ihre Ausführung dazu an. Er war nicht überrascht, dass ein Zeichen mehrere Bedeutungen haben konnte, denn so war dies mit Symbolen doch immer. Und dieses Zeichen hatte durchaus einen Symbolcharakter, da es eine sehr vereinfachte Bildsprache war, die aber schon zu sehr vereinfacht worden war, sodass man erst ihren Ursprung kennen musste, um sie zu verstehen.

Er hatte die Beine angewinkelt und die Arme drumherum geschlungen und den Kopf auf die Knie gelegt. Sein Blick wanderte Richtung Meer.

"Ich verstehe. Ich möchte, dass ihr mich nicht falsch versteht, aber ich bin normalerweise lieber direkt und ehrlich. Was ich bisher oft aber im Sinne der Etikette gehört habe, waren versteckte Lügen und Anfeindungen, weswegen ich euch vorhin auch fragte, ob ihr dieser Ventrue wirklich wohl gesonnen wart, oder nur so tatet. Ich denke, dass es dann auch dazu gehört, dass man sich in sein Gegenüber hineinversetzen kann. Ansonsten erkennt man wohl dessen Absichten nicht."

Sein Blick ging stoisch geradeaus, hatte aber durchaus einen ruhigen und vielleicht sogar traurigen Charakter.

"Das ist nicht die Sprache der Forschung. Gefühle und Lügen haben dort keinen Platz. Dementsprechend habe ich dies nie wirklich gelernt. Für mich waren die einfachen Verhaltensregeln normal, da sie auch im Kloster oftmals Anwendung finden. Aber auch dort reden wir nicht um den heissen Brei herum, sondern nutzen effektiv unsere Zeit, die vollkommen mit Arbeit und Gebeten ausgefüllt ist."

Sein Seufzen wurde wieder lang und ausgedehnt und man konnte deutlich seinen Schwermut erkennen. Auch seine Lider wurden schwerer und die Augen verengten sich noch mehr.

"Ich hatte gehofft, nie in solch eine Verlegenheit zu geraten, nie in solch einen Sumpf zu geraten, in dem man sich nie sicher sein kann, was das Gegenüber eigentlich zu einem sagt oder von einem hält. Wenn ich euch sage, dass ich euch schätze und auch euren Rat, so ist das ernst gemeint, doch wie sieht es bei denen aus, die sich wirklich auf diese Etikette verstehen? Meinen sie es womöglich gar nicht so und sind womöglich um euren Rat erbost, weil ihr dadurch zu klug wirkt."

Wieder setzte er etwas ab.

"Ich weiss nicht, ob ich dieses Spiel wirklich spielen will, oder ob ich mich nicht einfach im Kloster in einem dunklen Raum verstecken will, weil es für jemanden, wie mich in dieser Gesellschaft keinen geeigneten Platz zu geben scheint. Zum einen ist Letzteres genau das, was ich bisher bevorzugt hatte, doch dann werde ich nur schwerlich etwas dazu lernen, denn andere Ressourcen sind wichtig."

Er nahm eine Muschel, die er im Sand neben sich entdeckt hatte und warf sie in Richtung Meer, welches sie wie ein grosses, tosendes Seemonster verschlang und zwar sehr geräuschvoll schmatzend.
Danach sah er sie ernst an, man konnte das Feuer in seinen Augen wieder zurückkehren sehen.

"Würdet ihr mir dabei helfen? ich wüsste nicht, wen ich sonst fragen sollte. Unseren Ältesten will ich damit nicht belästigen und der wohlwerte Titus ist nicht sonderlich gut dafür geeignet. Von allen anderen, die nicht zu unserem Clan zählen, scheine ich euch bisher am besten zu kennen, oder zumindest haben wir schon mehrmals unterhalten und ihr habt gezeigt, dass ihr ein gutes Herz habt."

Er lächelte sehr freundlich und sanftmütig.
"Und das macht eine Menge aus. Taten zeugen von viel mehr, als Worte jemals könnten."
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