[1010] Fischotter...oder Otterflitschen [Seresa, Arash]

[Arash]

Der Gangrel lauschte der Brujah aufmerksam und nickte langsam. Blieb allerdings entspannt vor ihr stehen.

"Reines Interesse. Es scheinen sich viele Kainiten in Genua zu befinden, die nicht ursprünglich von hier sind und mich interessiert, wieso diese Stadt solch ein Schmelztiegel geworden ist." erklärte er ruhig, aber immer mit einem gewissen Schnurren in der Stimme.

Er machte einen leichten Schritt zurück, als sich Seresa erhob, um ihr Luft zu lassen, auch wenn sie diese nicht mehr atmen musste.

[Seresa]

„Ich vermute dies liegt zu einem Teil daran, dass kaum Ahnen oder Ancilla in der Domäne Genua vertreten sind. Entsprechend kommen viele Neugeborene hierher in der Hoffnung etwas gesellschaftlich oder politisch erreichen zu können. Etwas, woran sie anderen Orts vermutlich hoffnungslos scheitern würden.“

Seresa zuckte leicht mit den Schultern.

„Zum anderen besitzt Genua die Nähe zur See, als auch die Handelsrouten zu Land. Entsprechend ist die Domäne reizvoll für Händler, sowie Handwerker. Aber auch Genuas Lage an sich macht es interessant für die umgebenden Regionen, die entsprechend versuchen Einfluss auf die Domäne auszuüben. Demnach verweilen nebst Vasallen anderer Domänen, auch Botschafter oder ähnliches hier.“

Die Brujah pausierte für einen Moment, bevor sie erneut mit den Schultern zuckte.

„Letzten Endes sind die Gründe mannigfach wie der Sand am Meer.“

Die Gelehrte legte ihren Kopf leicht schräg.

„Welcher Grund ist es, der Euch in die Domäne Genua führte?“

[Arash]

Arash nickte erneut, als er die Erklärung der Brujah vernahm. Die angeführten Argumente machten durchaus Sinn und erschienen ihm logisch. Natürlich machte die Nähe zur See und die guten Handelswege auf dem Land Genua zu einem Anlaufpunkt für Viele. Auch das es hier kaum Ahnen gab und nur wenige Ancilla, machte es natürlich auch zu einem begehrten Ziel für viele Neugeborene.

"Ich bin hier um zu forschen, zu lernen und zu lehren. Wobei sich im Moment eher die Forschung und das Lernen in den Vordergrund stellt." begann er zu erzählen. "Meine Forschungen drehen sich hierbei um den Ursprung unseres seins und wieso unsere Art ist, wie sie ist...wieso verwandeln sich manche Menschen in Kainiten und einige nicht, wenn wir versuchen sie zu wandeln? Wieso lernen Ghule unterschiedliche Fertigkeiten, obwohl sie vom selben Herren trinken? All diesen Grundsatzfragen versuche ich auf den Grund zu gehen. Und in Genua erwarte ich mir eine hohe Dichte an unterschiedlichen Ansichten, Legenden und Meinungen...aus denen ich am Ende hoffentlich etwas heraus kristallisiert."

[Seresa]

„Eure Worte erinnern mich an die eines anderen Neuankömmlings in der Domäne.“

Ihre Stirn legte sich für einen Moment in Falten, bevor sie schließlich gutmütig lächelte.

„Soweit ich ihn verstanden habe forscht er über unser Tier, welches er einen ´dunklen Kern´ nennt. Er nimmt an, dass wir diesen Kern vom Teufel als eine Art Ausgleich erhalten haben und er will ergründen, ob man diesen Kern eliminieren oder verändern kann.“

Die Brujah zuckte leicht mit den Schultern und schüttelte den Kopf. Ganz offensichtlich sah sie das Tier in ihrem Inneren nicht als ein ´Geschenk des Teufels´ an.

„Sein Name ist Galeno Fiore. Seine Schwester im Blute Seinfreda Gunnhildsdottir hat sich indes der Erforschung des Todes und allem was zum Tode führt verschrieben.“

Sie pausierte für einen kurzen Moment.

„Sie sind beide Neugeborene vom Clan des Todes. Mir ist nicht bekannt, ob sich Eure Forschungen überschneiden würden, sind derlei Dinge schlicht nichts womit ich mich bisher beschäftigt hatte, doch sind sie womöglich geeignete Ansprechpartner für Euch und Euer Anliegen innerhalb der Domäne.“

[Arash]

Interessiert hörte den Gangrel den Antworten der Brujah zu. Seine Augen verengten sich leicht, als sie von einem weiteren Forscher sprach.

"Ein Kern des Teufels?" er hob überrascht beide Augenbrauen. "Eine spannende Annahme, aber ich glaube nicht, dass das Tier ein Kern des Teufels ist. Ich denke eher das es...naja...eine Art Freund ist...auch, wenn dieser Freund rein von Instinkten getrieben wird und man mit ihm nicht reden kann. Trotzdem rettet er unsere Existenz oder versucht es."

Arash nickte zu den Namen. "Ich habe die werte Seinfreda Gunnhildsdottir bereits kennen lernen dürfen. Allerdings kamen wir dabei nicht auf meine Forschungen zu sprechen. Ich sollte sie wohl noch einmal aufsuchen." meinte er nachdenklich.

[Seresa]

Seresa nickte stumm auf die Aussage bezüglich Seinfreda, bevor sie dann jedoch sanft den Kopf schüttelte.

„Ich teile Eure Ansicht bezüglich des Rettens unserer Existenz nicht gänzlich. Das Tier versteht bedauerlicherweise nichts von gesellschaftlicher Etikette und einem angemessenen Verhalten innerhalb einer Gemeinschaft. Es ist ein Einzeltier, welches nur sein eigenes Überleben kümmert.“

Die Brujah schwieg für einen kurzen Moment.

„Keiner von unserer Art lebt jedoch für sich allein. Unser eigenes Verhalten beeinflusst das Dasein aller. Dieser Freund ist wie ein ungebetener Gast, der nicht gehen will. Er lässt sich nicht erziehen und sorgt dafür, dass auf uns ein schlechtes Licht fällt. Ich weiß nicht, woher er stammt, doch ich weiß auch nicht, ob es für mich einen Unterschied machen würde, würde ich es wissen. Er ist und bleibt ein Teil von mir, mit dem ich wohl oder übel leben muss. Auch wenn mich die Begegnung mit Eurem Ältesten einen Augenblick daran zweifeln ließ und dieser Moment Hoffnung in mir geweckt hatte, dass es womöglich eines Nachts anders sein könnte.“

[Arash]

Jetzt war es an Arash zu lächeln und gleichzeitig den Kopf zu schütteln.

"Ich verstehe eure Ansicht, teile sie aber nicht. Es stimmt das Tier...diese wütende Bestie in uns interessiert sich nicht für Etikette oder angemessenes Verhalten. Ränge und Gemeinschaft, Freundschaften und selbst Liebe sind ihm egal und das ist gut so, denn würde es sich darum kümmern, würde es nicht unsere Existenz retten, sondern uns in bestimmten Situationen einfach gar nichts tun lassen."

Der Gangrel sich wieder zu bewegen, scheinbar war langes still stehen einfach nicht möglich. Diesmal aber lief er nur langsam vor Seresa auf und ab, versuchte nicht hinter sie zu gelangen.

"Ich habe einen anderen Blick auf das Tier. Ich lehne es nicht ab, ich sehe es als Teil von mir den ich nicht unterdrücken oder beherrschen muss, sondern den ich verstehen muss und der mir hilft zu überleben. Meine Erzeugerin nannte dies damals: "Das Tier reiten" aber es stimmt das dies in der Stadt nicht die sinnvollste Lösung ist. Aber in der Wildnis draußen, weit ab von allem ist Etikette egal. Man ist auf sich allein gestellt und dort habe ich gelernt damit umzugehen."

[Seresa]

Seresas Augen folgten den Bewegungen des Gangrels, jedoch wirkte sie dabei entspannt. Diese Eigenart der Mitglieder des Tieres beunruhigte sie sichtlich weder, noch wirkte es, als wäre es ihr unangenehm. Sie hatte wohl bereits des Öfteren mit Gangrel zu tun gehabt, weshalb es sie nicht weiter störte. Als er geendet hatte, nickte Seresa.

„Euer Ältester hatte diesen Ausdruck ebenfalls verwendet, doch hatte ich bisher niemals die Erfahrung machen dürfen, was dieses reiten bedeutet oder wie es gar aussieht. Wie es sich von der Raserei von Kainiten wie mir - wie Brimir es einst ausdrückte - unterscheidet. Mir wurde einst beigebracht Situationen zu vermeiden, die mein Tier ängstigen würden. Mir wurde beigebracht mich zu mäßigen und mich regelmäßig zu nähren, auf dass mein Tier nicht dem Hunger einher fällt. Mir wurde beigebracht mich respektvoll und angemessen gegenüber anderen zu verhalten, so dass das Tier meines Gegenübers nicht gereizt wird und somit auch das Meinige ruhen kann. Ich versuchte einen Einklang mit ihm zu finden. Ich bezweifle, dass das Tier in uns Böse ist oder uns wirklich schaden will. Aber es versteht nicht, dass nicht alles eine Gefahr für uns ist und dass sein Versuch uns zu schützen Konsequenzen haben mag, die weitaus schlimmer sind, als die tatsächliche Gefahr. Ich will es nicht an die Kette legen oder gar einsperren. Ich wünsche mir einen Weg zu finden, dass es lernt mir und meinen Entscheidungen zu vertrauen. Zu vertrauen, dass ich für uns Beide da bin. Zu vertrauen, dass ich auf es achte und es gut behandle.“

Die Brujah schwieg für einen kurzen Moment.

„Ich weiß nicht, wohin Euch Euer Weg in dieser Nacht noch führen mag, doch es würde mich freuen, so Ihr mich ein Stückweit begleiten würdet und mir etwas darüber erzählen würdet, wie Ihr gelernt habt damit umzugehen. Was es bedeutet, das Tier zu reiten.“

Ihre Hand beschrieb eine einladende Geste. Offensichtlich wollte sie dem Gangrel nicht zumuten ruhig auf einer Stelle verweilen zu müssen.

[Arash]

Arashs Bewegungen wurden langsamer, als Seresa von ihren Erlebnissen und ihrem Umgang mit dem Tier sprach. Stehen blieb er allerdings nicht. Als sie geendet hatte legte er den Kopf schief und nickte ihr dann auf die Einladung hin zu.

"Gerne begleite ich euch ein Stück." Sein Gang änderte auch sofort die Richtung Fluss abwärts, scheinbar seinem Otterfreund folgend. Ob Seresa dabei lieber in die andere Richtung hätte gehen wollen, schien ihn nicht zu kümmern.

"Ich verstehe eure Haltung dem Tier gegenüber. Sie ist darauf ausgelegt in der Gesellschaft anderer Kainiten zu funktionieren und euch an die Gegebenheiten der Stadt mit vielen Menschen anzupassen." ein leichtes Nicken, als würde er sich selbst bestätigen. "Dort mag dies durchaus sinnvoll sein. In meinen Augen ist das was ihr tut das Tier einsperren und es zurückdrängen. Ihr könnt ihm nichts beibringen. Das Tier ist nichts denkendes. Es kann unterdrückt werden, wie ihr es tut und sicher versucht ihr euch in der Raserei zu kontrollieren. Ihr wollt es lenken und versuchen möglichst wenig Schaden an der Umgebung und eurem Ruf anzurichten." Sein Blick glitt gen Himmel, während sie weiterhin am Ufer des Baches entlang gingen.

"Das Tier zu reiten aber bedeutet seinen Bedürfnissen dann Raum zu geben, wenn es sie verlangt. Ich kämpfe nicht gegen das Tier an. Ich folge seinen Wünschen. Folge ich seinen Wünschen, so lässt es mich tun was ich will. Kein Kampf, eine Zusammenarbeit, eine Fusion, wenn ihr so wollt. Sein Wille und mein Wille werden eins und so kommt eine andere Art der Kontrolle dieses Zustands hervor, die nicht wie eure ist."

Kurz hielt der Gangrel inne, um seine Worte sacken zu lassen, bevor er fortfuhr.

"Ich denke dabei nicht das eine Art besser ist als die Andere...nur...ich kann mit der euren schlicht nichts anfangen. Aber beide Arten haben sicher ihre Daseinsberechtigung."

[Seresa]

Seresa hatte sich der Richtung des Gangrels angeschlossen. Ob sie tatsächlich dorthin musste oder nicht blieb offen. Sie folgte ihm jedoch und schloss in wenigen Schritten ohne zu zögern zu ihm auf. Interessiert hörte sie dem jungen Mann zu, während sie neben ihm ging.

„Was ich bei Eurer Art beispielsweise nicht verstehe ist wie Ihr Euer Tier reiten könnt, wenn Ihr hungrig seid und Euer Tier den Geruch von Blut wittert. Wie haltet Ihr es davon ab, sich auf die Beute zu stürzen und sich einfach zu nehmen wonach es in diesem Moment wahrlich begehrt?“