[1011] Das Goldlöckchen des Teufels [Alain, Seresa]

[Seresa]

Seresa nickte ob der Worte des Drachen.

„Toma ist überaus begabt, auch wenn seine Passion mitunter auf Außenstehende wahrlich befremdlich wirken muss.“

Ob sie dabei die Statuen, welche für manche Sterbliche wohl unverständlich waren oder gar sonstige Dinge meinte, die Toma so trieb, ließ Seresa offenstehen. Stattdessen schwieg die Brujah für einen kurzen Moment, während ihre braunen Augen den vor sich sitzenden Tzimiscen neugierig musterten.

„Ihr sagtet, Ihr habt andere Vorlieben als er?! Wie muss ich mir die Eurigen vorstellen? Sind sie gar Teil Eures Weges?“

[Alain le Beau]

"Sind sie das nicht immer?" fragt Alain nachdenklich zurück. "Ob man sich nun im Gebet geißelt, von Ehre und Pflicht schwadroniert oder die stetige Veränderung des eigenen Körpers anstrebt - wenn die eigenem Vorlieben dem Weg widersprechen, den man wandelt, dann bleiben sie wohl nicht lange vorlieben. Oder man fällt dem Tier anheim."

Er faltet die Hände, beinahe andächtig, und blickt zu den Brüsten der Hüterin hinauf. "In dieser Hinsicht bin ich wahrlich gesegnet. Ich kann huren, saufen, spielen, sündigen - kurz, jedem Einfall nachgehen, ohne dass mich solch sterbliche Schranken wie Ehre oder Gottesfurcht oder gar Menschlichkeit daran hindern." In seiner samtweichen Stimme klingt Verachtung mit. "Toma hingegen - nun, auch er lehnt diese Dinge ab, wenn man einmal von der Gastfreundlichkeit absieht, die unserer Familie angeboren ist. Aber er verfolgt andere... Einfälle."

Der blonde Tzimisce schaudert leicht. Es könnte ein wohliges Schaudern sein, oder die Erinnerung an einen Schrecken, dessen er Zeuge geworden ist. "In jedem Fall ist sein Weg nicht der meine. Ich kann seine Ansichten bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehen. Aber sie sind nicht meine Ansichten. Wir teilen den Sinn für Ästhetik, für Schönheit, immerhin." Er zwinkert Seresa unverhohlen zu.

[Seresa]

„Ist dem so, werter Alain?“

Seresa schmunzelte ob der Aussage des Tzimiscen bezüglich der Ästhetik, der Schönheit und des Zwinkerns. Ganz so, als hätte der Drache gerade einen äußerst dreckigen Witz erzählt, der sie amüsierte.

„Wie kommt es, dass Ihr nicht die stetige Veränderung des eigenen Körpers anstrebt? Moralische Bedenken werden es bei Eurem Lebensstil wohl eher nicht sein, oder? Weshalb nicht die Grenzen des Möglichen ausreizen?“

Die Gelehrte musterte den Drachen kurz schweigend und durchaus neugierig. Ganz offensichtlich wusste sie, was für die Tzimiscen möglich war. Dennoch hatte auch sie ihre gänzlich eigenen Gründe, weshalb sie sich nicht von Toma hatte verändern lassen wollen, auch wenn dieser - wider ihres eigenen Willens – ihr einen roten, fingerdicken Strich in den Nacken vom Ansatz ihrer Haare bis kurz unter die Kleidung gemacht hatte, welcher Alain nicht entgangen sein dürfte, als er zuvor hinter der kleinen Brujah gestanden war.

„Was Eure Ansicht zu den Wegen der Nacht und entsprechenden Vorlieben angeht, so sehe ich dies mitunter an manchen Stellen weniger eindeutig?“

Ihr Blick lag leicht fragend auf dem Tzimiscen.

„Ich bezweifele, dass die Vorliebe sich zu geißeln während dem Gebet letztlich dazu führt, dass man auf der Via Caeli wandert. Zumal man die Via Caeli durchaus beschreiten kann, obwohl man eine Abneigung gegen das Geißeln hegt. Entweder in dem man für sich selbst andere Wege der Buße sucht und findet oder in dem man sich selbst überwindet und das tut was notwendig ist. Es wird dem Tier in uns wohl wenig gefallen, so wir uns selbst geißeln, doch ich bezweifle, dass man vom Weg fallen würde, wenn diese Vorliebe dem Weg widerspricht. Ohne Glauben wäre es wahrhaft schwierig auf der Via Caeli zu wandeln, doch stellt sich hier die Frage, ob man Glauben als eine Vorliebe bezeichnen sollte.“

Seresa zuckte leicht mit den Schultern.

„Ich denke der Weg, auf dem ein Jeder schreitet hängt davon ab, wie er zu seinem Dasein steht. Was sein Verständnis von Richtig und Falsch ist. Wie die Welt in seinen Augen aussehen sollte und welche Regeln entsprechend in ihr gelten oder nicht gelten sollten. Der daraus bedauerlicherweise entstehende Konflikt ist meist unvermeidlich.“

[Alain le Beau]

Alain gähnt und wedelt uninteressiert mit der Hand. "Ihr habt sicher Recht, werte Seresa. Ich lasse mich ja unter den richtigen Umständen auch gerne einmal geißeln." Dann lächelt er ein wenig müde. "Aber ich bin auch gar nicht hier, um über solch tiefsinnige Fragen nachzudenken. Richtig und Falsch, das überlasse ich anderen. Sollen ihre Köpfe rauchen, während ich mich vergnüge."

Wenn er den Strich bemerkt hat, so kommentiert er ihn nicht. Von einem solchen Mal direkt auf Tomas Handwerk zu schließen, das wäre aber auch selbst für einen fachkundigen Tzimisce eine Herausforderung. Dennoch kommt der Blonde noch einmal auf den Weg der Tzimisce zurück, wohl auch, weil ihn dieses Thema mehr interessiert. "Ich strebe stetig nach Veränderung", sagt er mit ernstem Blick. "Selbst das schönste Vergnügen wird, wenn zu oft wiederholt, schal und gleichgültig. Nur der Reiz des Neuen kann einen Unsterblichen wahrlich verlocken."

Alain zuckt mit den Schultern. "Sollte es eines Tages nötig werden, dass ich mir dafür den Schwanz abschneide, dann werde ich das wohl tun. Bis dahin bin ich mit meinem Körper recht zufrieden."

[Seresa]

Seresa schwieg betreten für einen kurzen Moment. Sie war sich anscheinend nicht sicher, ob der Tzimisce gerade einen Scherz über seine Opferbereitschaft gemacht hatte oder durchaus ernst meinte, was er da sagte.

„Ich hoffe doch sehr Euch bleiben derart drastische Maßnahmen erspart, werter Alain, auch wenn ich mir durchaus sicher bin, dass Ihr trotz eines gekappten Schwanzes Euer Vergnügen weiterhin finden würdet. Dass Ihr Euch in allen möglichen Varianten zu vergnügen wisst, auch ohne, dass es schal und gleichgültig wird.“

Ihr Blick verweilte noch einen Moment auf Alain, dann wanderte er die Statue der Ancilla hinauf, bevor ihre braunen Augen wieder auf den Drachen zurückwanderten.

„Doch sagt, habt Ihr noch etwas, was Euch in der heutigen Nacht hier hält? Denn sosehr ich den Anblick der Ältesten der Schatten von Genua und den Aufenthalt in diesen heiligen Hallen genieße, so sehr steht auch mir der Sinn nach Veränderung. Zumal ich Euch wahrlich nicht mit tiefsinnigem Gewäsch langweilen möchte. Womöglich können wir einen Ort in der Stadt oder eine Betätigung in ihr finden, welche Eure Suche nach dem Reiz des Neuen befriedigen kann. Eine, welche Euch weniger ermüdet.“

[Alain le Beau]

"Das ist der beste Vorschlag, den ich heute gehört habe!" Alain springt vom Boden auf und reicht Seresa die Hand, um sie ebenfalls hochzuziehen. Dann verneigt er sich in Richtung von Acacias Statue. "Auf Wiedersehen, verehrte Hüterin. Für heute werden wir uns einen fröhlicheren Ort suchen."

Der Blonde spaziert zum Ausgang und fröhlich an den Wachen vorbei. Offenbar hat er keine Waffen abgeben müssen. Draußen stemmt er die Arme in die Hüften und starrt zum Nachthimmel. Dann nickt er langsam. Wendet sich Seresa zu. "Nun denn", sagt er gespannt. "Wonach steht euch der Sinn?"

[Seresa]

Die Brujah hatte mit einem Lächeln auf den Lippen ihre Hand ohne Zögern in die dargebotene Hand des Tzimiscen gelegt, bevor sie sich in einer geschmeidigen Bewegung erhoben hatte. Auf die Verabschiedung von der Statue hatte Seresa verzichtet und auch den Wächtern schien sie keine sonderliche Bedeutung oder einen Abschiedsgruß zukommen zu lassen. Wie auch der Drache, führte sie keine Waffen bei sich, welche sie hätte abgeben können, weshalb die Beiden ohne Unterbrechung das Elysium verlassen hatten. Bevor sie tatsächlich nach draußen getreten war, hatte Seresa routiniert die Kopfbedeckung über ihr Haupt geschlagen. Sie wartete kurz, bis Alain sie erneut anblickte und sich ihr zuwandte. Ihre Stimme war gedämpft, als sie zu ihm sprach.

„Nun das huren, saufen und sündigen überlasse ich anderen, nachdem die Gesetze der Stadt durch die Zwanglosigkeit der letzten Jahre verschärft worden sind. Schließlich will man es sich mit der Mutter Kirche nicht verscherzen, so man Perversitäten, Orgien oder gar der Sodomie frönt, nicht wahr?“

Seresas Lippen umspielte ein kurzes, abwertendes Grinsen, bevor sie sich umblickte.

„Das bedeutet, wir müssten einen Ort fern ab von übereifrigen Stadtwachen finden.“

Die Brujah verzog leicht missmutig das Gesicht. Mit Ausnahme des Alla Murra als sicherer Hafen war ihr wenig bekannt und sie war sich unsicher, ob sie dort mit Alain auftauchen wollte. Ihr Blick wanderte zu dem Drachen zurück.

„Oder aber wir vergnügen uns beim Spielen. Zumindest das wurde meines Wissensstandes nach noch nicht verboten.“

[Alain le Beau]

"Nicht wahr", sagt Alain entschlossen. "Die Kirche ist weniger eine Mutter als eine alte, zänkische Ehefrau. Nicht mehr selbst bereit zum Spaß, aber stets gewillt, es dem anderen noch zu verleiden. Wahrlich, das Joch der Ehe ist für Narren. Gebt mir Perversitäten aller Art, aber mit der Ehe bleibt mir fern!"

Er hustet. "Entschuldigung. Gelegentlich vergesse ich mich. Ein leidliches Thema, das. Ich würde gerne eine Runde mit euch spielen..." Ein breites Lächeln, während sein Blick kurz über Seresas Körper schweift. "Ich bin sehr geschickt mit den Würfeln."

[Seresa]

Ob Seresa nun gänzlich die Ansichten des Drachen teilte oder nur einen Teil dessen war ungewiss, doch sie nickte durchaus zustimmend, als er davon sprach, dass das Joch der Ehe etwas für Narren sei. Entsprechend milde war ihr Lächeln, über das sich selbst ´Vergessens´ des Tzimiscen.

„Ein leidliches Thema.“

Die Brujah nickte zustimmend und winkte ab.

„Eines, welches nur zu langweiligen Ausschweifungen führen und die Aussicht auf einen fröhlicheren Abend wahrlich schmälern würde.“

Dann wanderten ihre Augen für einen Moment musternd auf die Finger des Drachen.

„Eure Worte klingen überaus verlockend, werter Alain.“

Einen Moment später und noch in Gedanken versunken, wanderten ihre braunen Augen zurück zu Alains Augen.

„Ich bin mir sicher, Ihr verfügt ebenfalls über einen nicht minder aufgeweckten Verstand und eine überaus geschickte Zunge. Alles drei wäre von Vorteil für das Spiel, welches mir mit Euch vorschwebt in dieser Nacht.“

Ein Schmunzeln erschien nun ebenfalls auf ihren Lippen.

[Alain le Beau]

Für einen Moment blickt Alain sie mit zusammengekniffenen Augen an, so als erwarte er eine Falle. Dann allerdings scheint es ihm doch egal zu sein und er grinst. "Na, auf dieses Spiel bin ich sehr gespannt", sagt er nur. "Voran, voran, werte Seresa. Zeigt mir alles, was ihr habt!"