[1011] Kräuter und Knigge [Galeno, Avelina]

[August '18]
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Avelina di Braida
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Re: [1011] Kräuter und Knigge [Galeno, Avelina]

Beitrag von Avelina di Braida »

„Hrm, interessant. Ich war nie dort. Aber es ist ja dann in gewisser Weise beruhigend, dass Quinto weiter weg ist. Allerdings... was ihr erzählt hört sich äußerst merkwürdig an. Ihr denkt also daran, dass es eher eine Art... magische Krankheit ist? Und doch, ich will die Details wissen. Das ist äußerst faszinierend! Von welcher Form von Sündern sprechen wir? Ich meine... soweit ich weiß gibt es viele kleine Sünden, und einem Menschen ist es kaum möglich jedes Detail zu beachten... deswegen gibt es ja auch die Beichte, nicht? Und sind die Symptome der Krankheit dennoch bei allen gleich?“
Sie schien tatsächlich interessiert an der ganzen Geschichte.
„Ihr müsst mir unbedingt davon erzählen. Oh, und eure Forschung diesbezüglich ist sicher sehr faszinierend. Aber... da ihr von blutigem Ausfluss spracht... da scheint mir eine Ansteckungsgefahr sehr hoch?“

Sie überlegte noch einen Moment.
„Aber es ist beruhigend, dass welche der unsrigen dafür abgestellt wurden sich die Sache genauer anzusehen. Und ja, es macht Sinn. Wie ich hörte ist Livia dafür verantwortlich sich um das Wohlergehen der Herde der Stadt zu kümmern. Und da Quinto noch zur Stadt gehört, ist es wohl eine logische Wahl sie in gesundheitlichen Fragen zu involvieren.“

Und dann wendete sie sich wieder der Lehrstunde zu, und nickte verstehend.
„Nun, sobald die Zeit der Blüte gekommen ist, sollte ich wohl versuchen einmal ein paar der Kräuter, die ihr mir zeigt selbst zu sammeln. Dann wird sich zeigen, ob ich sie auseinander halten kann. Von daher...“ sie ging an den Besenstielen entlang, und deutete auf die ein oder andere Pflanze, „Thymian, Salbei, Hollunder, Eisenhut....“ sie beugte sich ein wenig vor um zu schnuppern, „Malve? Und was ist das da? Das kenne ich nicht.“
"Die Natur lehrt Miteinander. Ohne Dornen wären die Rosen hilflos, ohne Rosen die Dornen trostlos…" KarlHeinz Karius (*1935)
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Nubis
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Re: [1011] Kräuter und Knigge [Galeno, Avelina]

Beitrag von Nubis »

„Es soll wohl zuerst leichtlebige Frauenbetroffen haben, also diejenigen, die sich den Männern anbieten. Aber ehe ihr noch mehr fragt, ich kann euch nicht alles beantworten, nicht derzeit.“

Er hatte noch keine genaueren Informationen, da er erst einmal Wissen sammeln und somit mit den betroffenen Menschen reden musste. Ausserdem sollte es ein paar Versuche geben, die sich um die Ansteckung drehten und vielleicht fand sich auch die Ursache, da die Krankheit ja wieder gekommen war, obwohl sie mal als geheilt vermutet worden war.

Aber er wendete sich dann den Pflanzen zu und als Avelina einige aufzählte, nannte er ihr auch, welche Bestandteile genutzt wurden und welche Heilwirkung ihnen zugeschrieben wurde.

„Das ist Mäusedorn. Den Oberen Teil, immergrüne, dornige Blätter mit roten Beeren, nimmt man zur Bekämpfung von Mäusen und hängt ihn zum Fleisch. Die unter der Erde liegenden Stengel kann man kochen und essen. Die Heilwirkung liegt in der Wurzel. Man macht einen Sud daraus. Er hilft gegen Juckreiz, Schwellungen und eine Kur davon wirkt gegen schwere, krampfende und geschwollene Beine. Auch Wassersucht genannt.“

Er ging zu den Pergamenten, die er mitgebracht hatte.
„Das sind Notizen, die ich für euch angefertigt habe, sodass ihr die Pflanzen und ihre wichtigen Bestandteile auch ohne getrocknetes Gegenstück zur Hand verinnerlichen könnt.“

Er löste von einem Pergament die Schnur, die es zusammen hielt und rollte es aus. Es waren Zeichnungen mit Feder und Tinte zu sehen, die Pflanzen und ihre Teile mit Heilwirkung, oder zur genauen Bestimmung, zeigten. Daneben stand in knappen Worten der lateinische Name der Pflanze, der volkstümliche Name, Bestimmungsmerkmale und Anwendungsbereiche und das von jeder Pflanze, die er heute mitgebracht hatte.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
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Avelina di Braida
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Re: [1011] Kräuter und Knigge [Galeno, Avelina]

Beitrag von Avelina di Braida »

Avelinas Brauen schoben sich in Richtung Nasenwurzel, als Galeno von den Dirnen erzählte. Ihr lagen nun noch ettliche Fragen mehr auf der Zunge, doch sie hielt sich zurück. Er hatte mehr oder weniger deutlich gemacht, dass er das Thema nicht weiter vertiefen wollte.
Was die Dirnen betraf, so streiteten in ihr die widersprüchlichsten Gefühle. Sie konnte sich vorstellen, dass viele Frauen einfach keine andere Möglichkeiten hatten, als auf diese Weise für ihr Überleben zu sorgen. Und sicher gab es auch einige, die dazu gezwungen wurden... ausgerechnet sie übertrugen die Seuche... das war doch wieder eine Farce. Bei solchen Gedanken brodelte die Wut in ihr auf.

Doch glücklicherweise unterbrach Galeno derart dürstere Überlegungen, bevor sie zu dominierend wurden.
Verwundert wanderte ihr Blick zu der Pflanze.
„Mäusedorn?“ diese Pflanze kannte sie vom sehen, doch ihr war nicht bewußt gewesen, wie man sie nannte, und schon gar nicht, was sie bewirkte. Interessiert blickte sie sie an und wandte sich dann Galeno zu, als er weiter sprach. Ihre Augen wurden einen wenig größer, und die Pergamente hatten sofort ihre Aufmerksamkeit.

„Das.... das ist wundervoll!“ sie betrachtete die Abbildung länger als dies wohl ein gewöhnlicher Lehrling getan hätte, und ein Lächeln zauberte sich auf ihre Lippen. Man konnte die Anerkennung in ihren Zügen sehen, als sie die Zeichnungen betrachtete.
„Ihr habt einen äußerst sauberen und faszinierenden Schwung... dieser Blick für Details...“ die Toreador schien in ihrem Element, und für einen kleinen Moment schien sie mehr in der Kunstfertigkeit des Mönchs zu schwelgen, als in der eigentlichen Aufgabe. Doch dann huschten ihre Augen über die Vermerke neben der Zeichnung.
„Ihr habt euch wirklich Mühe gegeben. Es wird viel leichter sein, auf diese Weise zu lernen. Wenn ihr weiteres Material zum arbeiten braucht, so sagt bescheid.“

Sie hielt inne, und schien kurz zu überlegen. Dann traf ihn ein Seitenblick.
„Sagt, Bruder Galeno... ich habe euch ja gesagt, wo meine Interessen bei der Medizin liegen. Doch wo liegen die Euren? Was treibt euch dieser Forschung nachzugehen? Tut ihr das schon lange? Und was hofft ihr zu finden? Ihr sagtet... ihr geht weniger menschlich an die Sache heran. Euch kümmert das ein oder andere Opfer nicht? Doch was kann derart wichtig für uns sein, die wir doch eh nicht wirklich erkranken, dass ihr deswegen.. nun.. über Leichen geht?“
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Nubis
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Re: [1011] Kräuter und Knigge [Galeno, Avelina]

Beitrag von Nubis »

Er wurde leicht verlegen, als sie seine Arbeit lobte, aber auch leicht stolz. Schliesslich war sie eine Toredaor, eine Rose und sie umgab der Ruf, dass sie Kunstkenner waren und nur zu schätzen wussten, was schön war.
"Habt dank. Ich gehe an jede Aufgabe mit der notwenigen Ernsthafitgkeit heran und für gewöhnlich neige ich auch dazu kein Detail zu vergessen. Schliesslich wäre es sonst eine schlampige Herangehensweise oder Umsetzung. Und da ich will, dass ihr etwas lernt, muss ich eben auch die nötige Zeit in die Vorbereitungen stecken. Genauso, wie ihr nun die nötige Zeit in das Lernen inverstieren müsst."
Er lächelte.
"Ich will euch nicht schelten müssen."

Dann setzte er ab und musterte sie etwas fragend. Er wusste nicht, inwieweit sie die Infos nutzen konnte.
"Ich erforsche mehrere Dinge, aber mein Hauptaugenmerk, was ich derzeit aber ein wenig nach hinten schieben muss, ist die Beschäftigung mit dem inneren Tier und dem, was uns antreibt, also was unsere toten Körper sich wieder bewegen lässt. Woher kommt dies, wer hat es uns gegeben... Ist es göttlicher Natur oder doch durch eine dunkle Macht gegeben? Eventuell als Gegenstück zu unserem Menschdasein... Wie Dunkel und Licht nebenher existieren,.... So dass wir das Gegenstück zur Menschheit darstellen... Ein dunkler Kern wohnt in uns .... oder auch Biest oder Tier, wie es andere nennen. Ich will wissen, ob sich etwas im Innern verändert, wenn es hervor tritt. Ich werde, irgendwann auch testen, was genau passiert, wenn wir wiedererweckt werden.... Allerdings liegt da noch ein langer Weg vor mir, denn ich will natürlich keine Traditionen brechen."

Er lächelte.
"Mich interessieren allerdings viele Dinge, die uns Kainiten betreffen. Je mehr wir uns verstehen, umso stärker werden wir."
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Avelina di Braida
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Re: [1011] Kräuter und Knigge [Galeno, Avelina]

Beitrag von Avelina di Braida »

„Aber natürlich, werter Signore. Ich werde mir äußerste Mühe geben und so gewissenhaft wie möglich lernen.“ ein Schmunzeln huschte über ihre Lippen, begleitet von einer in die Höhe geschobenen Braue, „Schelten? Es wäre sicher interessant wie dies aussehen würde. Aber ich denke ich werde euch keinen Grund dazu geben.“
Sie schien ein wenig amüsiert.

Seinen weiteren Ausführung lauschte sie mit zur Seite geneigtem Kopf, und sie fühlte sich bei einigen Punkten unsanft an Dinge erinnert, die sie schon einmal gehört hatte. Dementsprechend trocken klang sie, als sie zu einer Erwiderung ansetzte.
„Ich kann nicht umhin festzustellen, dass euer Forschungsgebiet sich mit jenem des Herolds in manchen Punkten zu decken scheint. Wenngleich ihr... offenbar mit anderer Fragestellung an das Thema heran geht. Wobei es fraglich ist, ob ein 'woher' in Bezug auf unseren Ursprung jemals zu klären ist. Offengestanden klingt dies nach einer Glaubensfrage. Der Ursprung des seins, ist es nicht das, was die Menschen auch in Gott suchen? Einen Sinn? Vielleicht sind zuviele Fragen auch manchmal... eher etwas schlechtes? Letztendlich erinnert uns das Tier daran, dass wir uns nähren müssen, wenn wir weiterhin in der nächsten Nacht aufstehen wollen.“

Sie zögerte und schien einen Moment nachdenklich. Mit leichtem Stirnrunzeln wandte sie sich dem Mönch wieder zu.
„Ich hatte mit dem Herold ein sehr langes Gespräch über dieses Thema. Seht, es treibt mich sehr. Ihr wisst, dass ich mich sehr stark mit meiner Via verbunden fühle. Ich denke ein neu geschaffenes Kind folgt nicht umsonst der Via Humanitas. Es ist jedoch sehr schwer dieser Via auch weiterhin zu folgen. Es erfordert eine Menge Selbstdisziplin sich auf ihr zu halten, eine Lektion die mir meine Schöpferin erteilte. Für mich ein Hinweis darauf, dass wir nie vergessen sollten, woher wir kommen, dass wir nie vergessen sollten, dass wir einst sterblich waren, und dass ein tieferer Sinn dahinter liegt. Zwar können wir vernichtet werden, doch uns wurde die Unsterblichkeit geschenkt... die ewige Jugend...“ sie hielt inne, blickte Galeno an, und räusperte sich. Naja... ihm war wohl in gewisser Weise nicht die ewige Jugend geschenkt. Schnell fuhr sie fort, „Wir müssen nicht mühsam Felder bewirtschaften, um uns zu nähren. Krankheit ist für uns irrelevant. Viele tagtägliche Mühen der Sterblichen bleiben uns erspart, wenn wir aber weiterhin menschlich bleiben, so können wir all dies verwirklichen, was uns im Leben verwehrt blieb. Doch das Tier in uns erinnert uns daran, dass wir dafür eine gewisse Demut an den Tag legen sollten. Beschreiten wir jedoch eine andere Via, so ist es fraglich wie viel uns der Rausch des Lebens noch gibt.“ sie lächelte ein wenig, „Was treibt euch, werter Galeno?“
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Nubis
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Re: [1011] Kräuter und Knigge [Galeno, Avelina]

Beitrag von Nubis »

Galeno schmunzelte, als sie meinte, sie werde sich Mühe geben. Er hatte sie amüsiert, was durchaus auch sein Ansinnen gewesen war.

"Als ich beim Herold war, hatten wir ebenfalls ein kleines Gespräch über vielleicht zukünftige Forschung. Allerdings scheint er mit vielen Dingen weiter zu sein, als ich. Das liegt wohl auch mit daran, dass ich noch jung bin und er durch sein Amt durchaus auch einiges verlangen kann und Gefallen wahrlich einfordern kann, während bei mir sicher noch keiner gross "Ja" sagen würde."
Er setzte kurz ab und wirkte nachdenklich.
"Ich kenne seine Untersuchung nicht im Detail, aber ich glaube, dass sich unsere Gebiete zwar ähneln, nicht aber die Gleichen sind. Es ist fraglich, ob es jemals zu klären ist, ja. Aber wer es nicht versucht, der wird darauf auch nie eine Antwort finden. Deswegen suche ich und vermute nicht nur. Deswegen benötige ich auch Kainiten, die sich freiwillig ihrer Raserei stellen und mir einen Einblick gewähren. Vielleicht schaffe ich es, da weiter zu forschen, wenn ich hier aufgenommen wurde. Eher sehe ich da wenig Möglichkeiten."

Er wirkte durchaus etwas traurig darüber, wurde dann aber blitzartig wieder munter und etwas fröhlicher.
"Nun, aber da will ich nicht verdriesslich sein, sondern mit Hoffnung in die Zukunft blicken und wenn nicht hier, dann wo anders. Ich bin jung und habe die Ewigkeit vor mir..."
Er lachte.
"Hier gibt es auch noch andere Dinge, die sehr wichtig sind und deren Erforschung zu kurzfristigeren Zielen und Hilfe für unsereins führen. Seuchen zum Beispiel, die verhindert oder geheilt werden müssen und mit der Zeit wird sicher noch mehr dazu kommen. Selbst euer Anliegen im medizinischen Bereich ist so etwas."

Dann blitzten seine Augen vollkommen auf und fixierten sie mit einer vollkommenen Überzeugung.

"Man kann nie genug Fragen stellen, werte Avelina."

Den letzten Worten hatte er aufmerksam zugehört, bei dem einen oder anderem verstehend genickt.
"Demut..." murmelte er.
"Ich denke, dass vieles davon auch abhängt, wie ihr das Tier seht. Für euch ist das Kainitendasein ein Segen, ein Geschenk und das Tier wahrscheinlich dann so etwas, wie der Hinweis darauf, dass dieses Geschenk nicht unbedingt ewig währen wird oder dass es da trotzdem einen kleinen Haken gibt, der mit dem Geschenk einher geht.
Für andere mag es eine Strafe sein, unser Dasein, denn nicht jeder mag damit klar kommen, dass er nur noch die Nacht sehen wird und stetig Blut zu trinken hat. Diese werden womöglich dem Tier auch schnell verfallen, da sie keine Hoffnung sehen, wie sie auch dem Fluch herauskommen sollen. Und vielleicht gibt es jemanden, der sie führt, aber auf einen Weg, der ihnen einfach mehr zusagt. Sei es nun die Suche nach Vergebung durch Gott, oder etwas anderes.
Bei mir war das wiederrum etwas anderes. Ich war selbst zu Lebzeiten wahrscheinlich nicht besonders menschlich, habe die Gesellschaft anderer eher gemieden und fand meine Familie eher in den Büchern und Schriften, fand Genugtuung und Erfüllung in meinen Arbeiten für meinen Forstschritt, aber auch für andere.
Dann schenkte mir unser Prior den Kuss und ja, es war ein Geschenk für mich. Zuerst war es seltsam und für einen Diener Gottes auch etwas grausiges, doch ich sah schnell, dass diese Unendlichkeit, die sich vor mir ausbreitete eine wahnsinnig grosse Chance war. Ich meine... All das Wissen dieser Welt kann ergründet werden, denn die Zeit ist da. Ich werde nicht altern, also muss ich nichts mehr überstürzen und keine Angst haben, dass mir etwas verloren gehen wird. Nein. Und ich werde die Entwicklung der Jahrzehnte verfolgen können, die kommen werden, kann vielleicht selbst ein Teil davon werden, verborgen, als Ratgeber oder derjenige, der lehrt.
Ihr seht, was mich antreibt?"
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Avelina di Braida
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Re: [1011] Kräuter und Knigge [Galeno, Avelina]

Beitrag von Avelina di Braida »

Ihre Miene schien sich wieder zu verfinstern, als er auf den Herold zu sprechen kam. Die Forschungen des Herolds schienen... in gewisser Weise anmaßend. Sie wußte nicht genau worum es ging, doch da war eine Sache... Sie hob die Braue und sprach die nächsten Worte vorsichtig, leise. Und für dieses eine Mal gab sie ihre Informationen völlig frei preis.
„Er vergisst eine wichtige Sache bei seinen Forschungen.“ warf sie ein, „Eine Sache die er übersieht... zumindest meiner bescheidenen Meinung nach. Er trennt uns völlig von unserer menschlichen Seite, weil er glaubt sie wäre eine Art... Abfallprodukt dessen, zu was wir wurden. Etwas, das man zurücklassen muss um zu etwas höherem zu werden. Es geht dabei wohl um Macht, ohne die Frage wofür diese Macht von Nutzen ist, wenn man jegliche Emotion verpöhnt. Macht um der Macht willen, des Herrschens willen.“
Ohne Frage schien ihr diese Geschichte Sorge zu bereiten.
„Wir mögen den Menschen einiges voraus haben. Und doch ist unsere menschliche Seite Teil von uns. Das Tier wurde uns an die Seite gestellt um uns zu erproben, wie ich meine. Um uns dazu zu bringen uns zu nähren, gewiss auch um uns zu schützen. Doch vielleicht auch um zu testen, wie wir es mit ihm schaffen unsere Menschlichkeit zu bewahren. Ich... meine nicht unbedingt die Via damit. Selbst in jenen die dem Pfad des Tieres folgen, sah ich Menschlichkeit, sah Neugier, Mitgefühl, Zuneigung... menschliche Regungen, Gefühle.“

Sie zögerte.
„Für euch mag es die Chance sein ein langes Unleben zu haben, in dem ihr Wissen sammeln könnt, doch es ist auch die Chance all die Freiheiten zu genießen, die wir im Leben nicht hatten. Und was wäre ein Unleben ohne Emotionen? Ohne den Rausch der Gefühle? Was nutzen uns Wissen, Macht und ein ewiges Leben, wenn es uns egal ist, was wir damit erreichen können, verbessern können? Wenn Macht unsere einzige Triebfeder ist, ohne Zielführung? Oder vielleicht nur der eines Despoten?“
Ihre Brauen schoben sich zusammen. Man merkte förmlich, dass sie in Gedanken bei einem anderen Gespräch war, einem das ihr Unbehagen zu bereiten schien.

Dann wanderte ihr Blick wieder zu Galeno, weicher, milder.
„Ihr... seid anders. Ihr sagt ihr wollt ein Ratgeber sein. Ihr wollt helfen. Ich weiß das sehr zu schätzen. Passt gut auf diese Besinnung auf, man wird sicher versuchen sie euch zu nehmen, früher oder später.“
Sie lächelte sacht, bevor sie weiter sprach.
„Was das Tier für mich ist... ich sagte es bereits in Ansätzen. Es ist sicher durchaus wichtig. Und es erinnert uns daran, wie wichtig die Selbstdisziplin ist. Ich denke die braucht es, um eine Chance in der Ewigkeit zu haben... und jenen die Stirn zu bieten, die nur noch dem Willen folgen zu herrschen.“
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Nubis
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Re: [1011] Kräuter und Knigge [Galeno, Avelina]

Beitrag von Nubis »

"Nun, ich finde auch, dass wir nicht vergessen sollten, woher wir einst stammen. Unsere Wurzeln sind wichtig, beide Wurzeln. Die von Kain und die unseres menschlichen Daseins. Trotzdem dürfen wir es auch nicht als völlig Fessel verwenden. Wir müssen es nicht weiterhin leben, sondern schlicht und ergreifend respektieren und das Beste für uns heraus holen."

Er blickte sie ernst an.

"Mir wird oft gesagt, ich verstehe die Welt noch nicht. Ich sei noch zu jung und unerfahren. Aber manches Mal denke ich auch, dass einige vielleicht auch zu alt sind und über die Jahre vergessen haben und somit Wichtiges verloren haben. Einen Teil ihrer selbst. Den wichtigen Teil dessen, als sie noch Menschen waren. Ich denke, dass manche vom dunklen Kern in uns verführt wurden, oder aber dass sie aus Furcht vor ihm ihre Schwächen ablegen wollten und sich bedauerlicherweise selbst dabei ein wenig verloren haben, anders geworden sind. Das Ganze sind interessante Theorien und zu gerne würde ich auch erfahren, wie die früheren Leben mancher Kainiten waren. Was sie erlebten und wie sie zu dem wurden, was sie nun sind. Was formte sie, was verleitete sie zum Wechsel des Weges. Warum warfen sie alles weg, was einst ihr ganzes Leben bestimmte."

Er war wieder in seinem eigenen kleinen Reich und bemerkte das erst einmal nicht weiter. Jetzt war er einer Rose fast wieder etwas näher, denn die Augen glitzerten förmlich und die Leidenschaft für das Erlangen dieses Wissen war gross und deutlich spürbar.

Danach kehrte eine Stille ein, in der man weit entfernte Grillen hätte zirpen hören können.

Dann seufzte er.
"Ich weiss. Der Weg ist ziemlich schwierig, besonders in unseren kreisen, denn niemand sieht es gern, wenn man sich aus Politik heraushalten will und ich glaube, dass dies die wenigsten von uns schaffen, auch wenn sie keine Ambitionen in die Richtung hegen. Spielsteine in einem Spiel von denen, die grössere Macht haben. Doch ich muss versuchen dagegen zu schwimmen, denn sonst würde ich mich irgendwann verlieren und das wäre nicht gut."

Alsbald klatschte er in die Hände, einmal und das relativ laut. "Ich denke für heute erklären wir die Unterrichtsstunde zumindest für abgeschlossen. Vielleicht wollt ihr noch etwas die Nacht nutzen? Oder wollen wir dies auf ein ander Mal verschieben?"
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Avelina di Braida
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Re: [1011] Kräuter und Knigge [Galeno, Avelina]

Beitrag von Avelina di Braida »

Sie lächelte sacht und nickte bei seinen ersten Worten. Und umso mehr er sprach, umso gebannter schien die Toreador. Viel mehr noch, sie beobachtete ihn, forschend, schmunzelnd, neugierig, genießend, und aus großen Augen. Da war nichts ernstes in ihren Augen, da war für den Moment nur grenzenlose Faszination.
Es war egal woher der Rausch der Emotionen kam, wichtig war, dass er existierte. Er brachte eine Lebendigkeit mit sich, die einzigartig war, eine Lebendigkeit an der eine Rose teilhaben konnte. Und sie ließ sich nur zu gerne mitreißen. Dieses Glitzern in Galenos Augen, die Leidenschaft, mit der er seinen Zielen folgte... das waren die kleinen Momente, die ihr Blut zu etwas besonderem machten. Die Fähigkeit sich mitreißen zu lassen, vom Leben, von der Leidenschaft, von all dem was zutiefst menschlich war.

Und sie unterbrach diese Stille, die danach entstand, mit einem sehnsüchtigen Seufzen. Der Blick lag noch immer mit gewisser Entzückung auf Galeno. Es war bedauerlich, dass solche Momente immer so schnell endeten.
Derart in Gedanken, zuckte sie erschrocken zusammen, als er laut in die Hände klatschte. Doch bevor sie auf seine letzten Fragen reagierte kam sie nochmals auf seine vorherigen Worte zu sprechen.
„Ihr seid sehr weitsichtig. Das ist gut. Ich habe mich viel mit diesem Thema befasst, da es meiner Schöpferin sehr am Herzen liegt. Sie ist alt, und doch hat sie sich die Menschlichkeit bewahrt, statt ihre Via zu verlassen. Sie hat mir beigebracht wie schwer es ist, auf jener Via, die uns allen zu Anfang gegeben ist, zu verweilen. Ich weiß nicht, ob es meinem Blut geschuldet ist, dass ich es als derart wichtig erachte. Doch auf der anderen Seite: wo ist der Sinn in der Unsterblichkeit, wenn wir nicht all das versuchen zu verwirklichen, was uns zu Lebzeiten verwährt blieb?“

Sie zögerte einen Moment, und fügte mit einem sachten Lächeln hinzu: „Zudem halte ich es für sehr wichtig sich daran zu erinnern wer wir waren. So oder so macht es uns zu dem, was wir sind. Es ist wie mit den alten Geschichten. Sie enthalten Moral, zeigen uns ein Fehlverhalten auf, oder erinnern uns daran, wie wir uns vielleicht in bestimmten Situationen fühlen würden.“
Dann schüttelte sie den Kopf.
„Wie dem auch sei. Eure Via verbietet euch, euch in die Politik einzumischen? Das ist interessant. Ich wünsche euch viel Glück dabei. Das ist sicher nicht einfach, denn letztendlich versuchen doch alle Ahnen uns für ihre politischen Ambitionen einzusetzen.“

Sie dachte noch einmal Stirnrunzelnd darüber nach, dann kam wieder ein Seufzen.
„Ich... natürlich können wir die Nacht noch ein wenig nutzen. Ihr selbst habt ja noch einen weiten Weg ins Kloster, da bleibt für mich auch noch genügend Zeit mich um Benita zu kümmern. Nun, fangen wir einmal an. Erzählt mir welchen Hintergrund ihr habt, damit ich in etwa einschätzen kann, wieviel ihr bereits wisst in Sachen Etikette. Aus was für einem Elternhaus stammt ihr? Mit wieviel Jahren kamt ihr ins Kloster? Und... ich muss zugeben ich habe keinerlei Vorstellung davon, wieviel Etikette einem im Kloster näher gebracht wird. Ich bin sicher euer Schöpfer hat bereits einen Teil dazu beigetragen, dass ihr euch ohne allzu sehr über Stolpersteine zu fallen in der kainitischen Gesellschaft bewegen könnt?“
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Nubis
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Re: [1011] Kräuter und Knigge [Galeno, Avelina]

Beitrag von Nubis »

Er blickte sie etwas stumm an.

„Meine Via verbietet mir nicht direkt das Mitmischen. Mitmischen kann man schliesslich auf unterschiedliche Weise. Oft ja auch vollkommen ungewollt oder indem man trotzdem der eigenen Überzeugung folgt. Allerdings ist das Bestreben nach Macht und politischen Dingen, sowie sterblichen Bindungen nicht gern gesehen. Vor allem nicht, wenn dafür die Forschung ausser Acht gelassen wird. Ich denke, dass man da klar differenzieren muss, was reinweg nur auf Grund von Eigennutz in Macht und Politik geschieht und was durch die Forschung selbst ins Rollen kommen kann.“

Die weiteren Fragen vonAvelina liessen ihn noch einmal verstummen. Er schmunzelte etwas auf die Fragen zu seiner Vergangenheit.

„Die Mönche der Einsiedelei fanden einst vor ihrer Pforte am Wegesrand ein kleines, nicht dort hin gehörendes Bündel. Sie hätten es fast nicht bemerkt, denn es lag da einfach nur still herum. Darin fand man einen kleinen Jungen mit wachem Blick, der auch still blieb, als man das Bündel hoch nahm und ins Kloster brachte. Man entschied sich dafür, einen passenden Namen für ihn auszusuchen. Galeno Fiore, die stille Blume, die man am Wegesrand pflückte und die im Kloster gedeien würde.“

Er lächelte. „So erzählte man mir meine Herkunft, als ich nachfragte.“

Dann wendete er sich wieder mit ernstem Blick Avelina zu.

„Ich bin mein Leben lang in der Einsiedelei zu Hause gewesen, bin aber als Kainit auch ab und zu zum Hoftag eingeladen worden. Ich kenne die grundlegenden Dinge, auf dass ich keine Verfehlungen bei Hofe und somit auch keine Verzögerung bei der Freisprechung erwirkte, jedoch hielt ich mich dort in diesen Kreisen stets zurück und suchte nicht gerade den Kontakt. In einem Kloster gelten Verhaltensregeln, die auf Respekt untereinander, gegenüber dem Prior und Gott beruhen. Allerdings...in der kleinen Einsiedelei war selbst der kainitische Umgang sehr bescheiden und brüderlich.“
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