[1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

[September + Oktober '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

Benutzeravatar
Nubis
Kappadozianer
Beiträge: 3255
Registriert: Do 31. Mai 2018, 05:24

Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Galeno schüttelte leicht und langsam mit dem Kopf, als der Kerl mit dem schmutzigen Grinsen zu ihnen sprach. Für ihn gab es hier tatsächlich kein Problem, nein, er hatte sich gerade dazu entschlossen zu gehen. Er musterte Luciano, der einen grossen Makel hatte, er war ein Mensch und mit Gefühlen vollgepumpt.

Und genau das war das Problem, denn Luciano stellte sich dem Mann gegenüber. Schliesslich war er selbst auch nicht klein und wehrlos. Und es gab eine hübsche Dame, die scheinbar vor ihm gerettet werden musste.
„Offensichtlich hat diese junge Dame Angst vor euch und benötigt ein besseres Umfeld, als dieses.“
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Das Grinsen gelangte von schmutzig zu schmierig. Die muskulösen Arme, die er vor der Brust verschränkt hatte, lockerten sich etwas und etwas über der unendlich oft gebrochenen Nase kräuselte sich, als gäbe es etwas, dass ihn an dieser Angelegenheit amüsierte.
Er machte einigen winzigen Schritt nach vorne. Musterte "sein Mädchen" und dann den Mönch. Das dunkle Haar fiel ihm ins kantige Gesicht. Aus dieser Perspektive wurden die vielen Schnitte noch deutlicher. Die Wildheit in den dunklen Augen noch eindrucksvoller.
"Wenn dir so viel an ihr liegt, kleiner Mönch.", raunte er. und das Grinsen verbreiterte sich noch einmal. "Kannst du mir doch sicher was für das kleine Vögelchen anbieten."

Besagtes Vögelchen unterdessen hatte hinter dem mutigen Bruder Schutz gesucht. Darum sah nur der andere Mönch, wie sie bei dem Angebot des Zuhälters erbleichte.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Benutzeravatar
Nubis
Kappadozianer
Beiträge: 3255
Registriert: Do 31. Mai 2018, 05:24

Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Luciano blickte den Mann grimmig an und stellte sich schützend vor Sanna, die ohnehin hinter ihm Schutz gesucht hatte.
"Wieso sollte ich euch etwas für sie geben? Ihr solltet lieber anfangen Busse zu tun für dies schändliche Verhalten ihr gegenüber."
Luciano war nicht dumm. Er wusste, dass er gegen ihn vielleicht eine Chance hatte, nicht aber gegen das ganze Gasthaus. Also bewegte er sich mit Sanna im Rücken ein wenig Rückwärts. Er zeigte keine Furcht, sondern es war eher wie ein taktischer Rückzug zu einer etwas besseren Umgebung.

Galeno beobachtete Luciano und das Mädchen. Er mochte die Stimmung, die sich hier bald wohl noch kritischer entwickeln würde, nicht sonderlich. Also entfernte er sich etwas mehr von ihnen, nahm einen gehörigen Abstand. Wenn die Wut über sie hereinbrechen würde, wollte er nicht mittendrin stehen. Er hätte Luciano befehlen können, es sein zu lassen. Aber zum einen wäre das mehr als komisch rüber gekommen, zum anderen wollte er sehen, ob sich sein Ghul da behaupten konnte.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Der Fremde schritt ihm nach. Seine Miene hatte sich verfinstert. Doch der Blick lag auf dem Mädchen in dessen Miene pures Entsetzen lag. Grabesstille lag in der Taverne.
"Brichst du jetzt dein Wort?" Es war das Knurren eines zornigen Kampfhundes. "Ich dachte so ein verdammtes Edelfräulein hätte ein bisschen mehr Ehre als eine billige Hure." Er spuckte aus. Sanna unterdessen zuckte bei jedem Wort zusammen, schien keine Erwiderung hervor zu bringen. Ihr zarter, zerbrechlicher Leib bebte wie Espenlaub.
Ihren Peiniger aber brachte das zum Lachen. Ein grausames, sadistisches Lachen. "Dann geh und werd ein artiges Nönnchen. Wenn du wiederkommst bist du noch mehr wert." Eine grobe Handbewegung wies die Menge an, sich vor den Mönchen und dem Mädchen wie das rote Meer zu teilen.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Benutzeravatar
Nubis
Kappadozianer
Beiträge: 3255
Registriert: Do 31. Mai 2018, 05:24

Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Der Blick von Luciano blieb weiterhin ernst und mahnend gegenüber diesem abartigen Kerl und er führte sie hinaus, reagierte nicht weiter auf ihn, erhob auch nicht seine Stimme. Er wollte diesem Mann keine Genugtuung in irgendeiner Form schenken.
Galeno folgte seinem grösseren Bruder einfach nur.
So verliessen sie das Gasthaus und draussen angekommen wendete sich Luciano Sanna zu und lächelte.
"Wir werden dafür Sorge tragen, dass er euch nichts mehr anhaben kann."

Galeno musterte ihn ein wenig, hielt sich noch immer verborgen unter der Kapuze. Er musterte auch den Eingang des Alla Murra, nicht dass da doch noch Ärger auf sie zukommen würde.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Es geschah nichts dergleichen. Keine Horde stürzte sich auf sie, noch änderte der Jähzorn seine Meinung. Stattdessen aber zeigte die junge Frau ein so dankbares Strahlen, das man meinen konnte, die Sonne wäre so eben auf dem dreckigen Platz aufgegangen.
Dann stürzte sie sich auf Luciano und umarmte ihn stürmisch. Der Duft teurer Öle und Tavernen stieg ihm in die Nase.

"Ich danke euch, ich danke euch so sehr. ", hauchte sie und sah ihn dann mit Tränen in den Augen an. Hier im Licht der Mondes hatten ihre Augen mit einem Mal einen leicht rötlichen Ton.
Ein gekonnter Augenaufschlag ließ die langen Wimpern beinahe klimpern. "Ihr seid ein sehr gütiger Mensch, Bruder Luciano."
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Benutzeravatar
Nubis
Kappadozianer
Beiträge: 3255
Registriert: Do 31. Mai 2018, 05:24

Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Bruder Luciano war etwas überrascht und wurde rot. Er hüstelte etwas verlegen und versuchte sie dann wieder sanft von sich weg zu bewegen.
"Keine Ursache. Ich helfe, wo ich kann und ihr hattet Hilfe nötig."
Er lächelte sie an und in diesem Lächeln lag herzliche Güte.
"Wir sollten zum Kloster im Norden und nachfragen, ob ihr dort bleiben könnt. Vielleicht erst einmal für ein Weilchen und vielleicht entscheidet ihr euch sogar Novizin zu werden und als Schwester Got zu dienen. Aber erst einmal solltet ihr aus der Reichweite dieses Mannes gebracht werden."

Galeno blieb stumm und beobachtete weiter das Geschehen, folgte seinem Bruder wie ein braver Mönch, der nichts zu entgegnen hatte.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

In ihrer Überschwänglichkeit löste sie sich erst wieder, nachdem sie ihm einen kurzen Kuss auf die Wange gehaucht hatte. Dann aber ließ Sanna artig von dem armen errötenden Bruder ab und nickte demütig.
"Euch folge ich, wohin ihr es wünscht.", erwiderte sie schließlich leise und zupfte ihr Kleid noch einmal etwas züchtiger zurecht.

Da ihr Blick allerdings Galeno traf, änderte sich etwas darin. Die Unschuld darin schwand für einen Moment etwas älterem. Da sie mit hinter dem Rücken verschränkten Armen auf ihn zu trat und noch immer ihr scheues Lächeln lächelte, mochte einem jeden, den dieser Blick traf, ein kalter Schauer über das Genick hinab laufen.
Eine winzige Falte hatte sich zwischen ihren Brauen gebildet. "Ihr ... hattet mich gesucht.", murmelte sie schließlich und ihr Blick wich nicht mehr von jener Stelle, hinter der sich seine Augen verbergen mussten. "Wozu, wenn ihr mich dann zurückgelassen hättet, wäre euer guter Bruder nicht gewesen? Was ist es, das ein einfaches Mädchen für einen Mann wie euch so bitter nötig und auf einen Schlag unwichtig werden lässt?"
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Benutzeravatar
Nubis
Kappadozianer
Beiträge: 3255
Registriert: Do 31. Mai 2018, 05:24

Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Bruder Luciano hüstelte leicht, als sie ihm den Kuss auf die Wange drückte. Es war ihm mehr als peinlich und bat sogleich um Vergebung, als die schöne Maid sich Galeno zuwendete.
Dieser sah ihren Blick und er war gänzlich anders, als erwartet. Wie schnell sie ihr Auftreten ändern konnte, war erschreckend. Spielte sie etwa mit ihnen?

"Das nennt man Vertrauen. Mein guter Bruder war Herr der Lage und ich nenne andere Qualitäten mein Eigen, als den rüden Kampf in dunklen Schenken mit finsteren Schwergen."

Seine wundervolle, bezaubernde Stimme verteilte sich in der Nachtluft wie feiner Nebel.

"Eigentlich hatte ich gehofft, dass ihr mir helfen könnt und nicht ihr unsere Hilfe benötigen würdet."
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

"Welche Hilfe braucht ein edler Bruder, der sich dem Guten und der Menschlichkeit verschrieben hat, von einem gefallenen Mädchen?", fragte sie. Noch immer hielt Sannas Tonfall den Schein der Demut. Sie hätte ebenso in einer Kirche sprechen können.
Doch der Blick blieb der eisige Hauch, wie ihn nur der Tod selbst zeigen konnte. Ihr Grinsen zeigte ein Wissen, das sich auf alles und nichts beziehen konnte. Und beides war mit der Kunstfertigkeit einer Schauspielerin nur für Galeno sichtbar.

Eine Spur neigte sich ihr Kopf zur Seite, während ihre Worte weich wie Katzenfell wurden. "Ihr habt schon länger nach mir gesucht, also will ich euch nicht warten lassen. Sicher seid ihr schon ungeduldig. Was darf ich bescheidenes, dummes Ding für euch tun?"
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Gesperrt

Zurück zu „1012“