Es sollte sein zweiter Versuch werden, sich mit einem des Clans der Könige zu unterhalten und dieses Mal war er darauf auch mehr vorbereitet, als in dem spontanen Treffen mit der werten Ravunthu.
Er hatte eine gute Freundin gefragt, ob er dieses Treffen bei ihr abhalten könne, einem Ort der Ruhe und mit einem entsprechenden Stil, der sicherlich passen würde. Ausserdem empfand er sie stets als gute Gastgeberin und sicherlich würde sie bei ganz groben Schnitzern ihrem Schüler auf die Finger hauen. Er musste bei dem Gedanken schmunzeln. Allerdings wollte er keine groben Schnitzer machen, sondern sich an alles halten, was er bisher über Etikette gelernt hatte.
Er verschloss das Schreiben mit einer Schnur, liess Bienenwachs auf diesen tropfen und wartete ab, bis er erkaltet war. Nun war der Brief verschlossen, wenn auch nicht mit einem Siegel. Seine kleinen, selbstgeritzten Siegel waren eher eine Art Spass gegenüber bestimmten Empfängern, etwas sehr Persönliches zudem, jedoch bei diesem Empfänger sollte alles seinen rechten Weg gehen. Und Siegel waren normalerweise auch eher etwas für Städte, Klöster, Könige und nicht für Bürger.
So wurde Bruder Luciano losgeschickt, um das Schreiben am Tage zu überreichen, damit es in der Nacht dann auch die betreffende Person zeitnah erreichen würde.
Sobald der Verschluss gebrochen war und das Pergament entrollt, würde sich eine schöne, geschwungene Schrift zeigen, die sicherlich einer Hand entstammt, welche oft mit feinen Linien arbeitet. Es wurde wohl auch stark darauf geachtet, dass kein Klecks das Pergament beschmutzen würde. Das Pergament selbst war von einer guten, wenn auch nicht überragender Qualität. Man konnte davon ausgehen, dass sich der Verfasser mit den Materialien ebenfalls auskennen musste.
Geschrieben stand:
An:
Gasparo di Como, Neugeborener des Clan Ventrue,
Kind des Majorianus,
Kind des Desiderio,
Kind der Brutia Livia,
Kind des Caracallas, Ahn des Clans der Könige und Herrscher der 12 Städte,
Kind des Lucius Tarquinus Priscus Ahnherr des Clans der Könige und Kind von Ventrue
Werter Magister di Como,
ich vernahm die Kunde von eurer Anwesenheit in dieser Stadt. Eine gemeinsame Bekannte und in meinem Fall, sogar gute Freundin, berichtete mir von euch und dass auch von meiner Wenigkeit gesprochen wurde.
Es erfreute mich zu hören, dass wir womöglich einige Gemeinsamkeiten haben und ich würde es sehr begrüssen, wenn wir eine Möglichkeit finden könnten, einander einmal kennen zu lernen.
Gerne möchte ich euch, falls ihr daran interessiert seid, im Hause der werten Viscontessa di Braida willkommen heissen. Sie war so freundlich und kam meiner Bitte nach, ihr Anwesen dafür bereit zu stellen, da andere Räumlichkeiten für dieses Treffen meiner Ansicht nach nicht als all zu passend empfunden werden könnten. Sie wird euch also ebenfalls herzlich in ihrer Villa als Gast empfangen, jedoch, sofern ihr es wünscht, oder es erforderlich ist, uns auch genug Privatsphäre gewähren. An diesem Ort herrscht eine angenehme Atmosphäre und umgeben von Kunst und Ruhe lässt es sich sicherlich auch besser unterhalten, als in hellhörigen sakralen Gemäuern.
Da bei Vollmond die Villa meiner Meinung nach die wunderschönste Pracht offen legt, schlage ich das Treffen für die kommende Nacht vor, in der die silberne Scheibe in vollem Glanz im Zenit steht.
Sollte euch die Zeit nicht behagen, ihr aber dennoch Interesse an einem Treffen hegen, und ihr mir eine Antwort zukommen lassen möchtet, so reicht ein Bote, welcher bei der Villa di Braida eine Nachricht hinterlässt. Sie wird mich erreichen.
Ich hoffe auf dies baldige Treffen und wünsche euch bis dahin eine angenehme Zeit in Genua.
Hochachtungsvoll
Gelano Fiore, Neugeborener von Clan des Todes
Kind von Bruder Martinus, Prior der Einsiedelei Camaldoli