Die schönste Lüge Genuas [Ball] [Angelique, Josef, Matteo]

[Juli & August '16]
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Melissa
Tzimisce
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Re: Die schönste Lüge Genuas [Ball] [Angelique, Josef, Matteo]

Beitrag von Melissa »

Auch die Geschenke von Matteo und Josef wurden mit einiger Aufmerksamkeit bewundert und dankbar in Empfang genommen. Die Hausherrin fragte nach der Bedeutung der silbernen Figur aus der Statuette und kommentierte die feinen Ornamente des Messers. Wie hübsch sich das wenige Licht in allen diesen Dingen spiegelte, wie kühl und unnachgiebig sie auf der Haut lagen, wie filigran gefertigt.
Nachdem sie allen Gästen versichert hatte, dass nein, wirklich, die Ehre ganz bei ihr läge. Dass es ihre eine große Freude sei heute die Gastgeberin sein zu dürfen.

Nach diesem höflichen Gespräch zauberte sie ein Lächeln hervor, als der erste endlich wagte, ihr Angebot anzunehmen.
"Es ist nur eine Kleinigkeit, wirklich", beruhigte Melissa, "In Gesellschaft sollte man nicht zu viel zu sich nehmen. Aber es gehört sich doch, Brot mit seinen Gästen zu brechen."
Sie winkte also Rafaele, der mit einer untertänigen Verneigung in die Küche eilte. Dicht gefolgt von seiner Schwester, die dort verblieb. Er aber kam allein zurück und tischte auf.
Und wie Melissa angekündigt hatte kam Käse zum Vorschein - "Parmegiano, aus einer Region nicht weit von hier, die neben der Stadt meiner Heimat liegt: Dem großartigen Ravêna" - gefolgt von einem kleinen Gericht, das sie Focacette nannte. Ein Genueser Rezept, wie sie behauptete, aus gefülltem Brot.
Dazu ein kleines, kostbares Schälchen aus getriebenem Silber und mit bronzenen Intarsien. Ein hübsches Stückchen, das man eher an der Tafel eines hohen Herren erwartet hätte. Darin: Salz. Bröckchenweise Salz.

Unterdessen, da Melissa begann ihren Plan für den Abend zu entfalten und allen zu eröffnen, was der lustige Zeitvertreib wäre, den sie sich ausgedacht, waren Geräusche aus der Küche zu hören. Keine lauten Geräusche, nein, das nicht. Auch keine sehr plötzlichen und aufschreckenden, eher im Gegenteil. Dennoch waren es beunruhigende Geräusche in ihrer Langsamkeit, ihrer Weigerung zu einem Ende zu kommen oder mit einem einzelnen Schrei zu enden.
Es waren gleichermaßen das langatmige, beständige Wetzen eines Messers, das nach einigen Minuten wohl mehr der Ablenkung des Mädchens diente, als einem echten Zweck. Darauf ein unterdrücktes Ächzen, leise nur und fast vom Geklapper des Silbers in der Stube übertönt. Fast. Zuletzt eine Art langsames Rinnen, ein Tropfen auf Keramik vielmehr,
Dann endeten die Geräusche dankbarerweise und das Mädchen kehrte zurück in die Stube. In der Hand einen großen, irdenen Krug, der einen himmlischen Duft verströmte. Die Hände des Mädchens zitterten.
Sie kam herum um den Tisch und goß die dicke Flüssigkeit in die Kelche, angefangen bei Josef, dann Matteo, schließlich Angelique. Zuletzt erst der Tzimisce selbst.
Dabei starrte sie auf den Kelch vor sich, auf die dünne Luft zwischen dem schweren Krug, den sie mit beiden Händen hielt, und dem feinen Silberrand. Sie war blass um die Nase, hielt sich aber wacker aufrecht und wagte nicht, irgendetwas anderes anzublicken als ihre unmittelbare Aufgbae.
Wer ihr in die Augen blickte, hinter die tiefen Ringe darunter und den rötlichen Schleier im Weiß davor; wer versuchte in ihre Seele zu sehen, der stellte fest, dass sie bis tief ins Mark verstört war. Nicht nur von diesem Abend sondern von einigen weiteren. Sie hatte den müden und gehetzten Blick eines Verfolgten.

Melissa ignorierte sie und erzählte weiter:
"Nun, ich dachte dies wäre eine gute Gelegenheit, einander kennen zu lernen. Abseits des täglichen Geplänkels, meine ich, auch etwas vom Leben der Anderen zu erfahren. Wir sind einander ja beinahe völlig Fremde. Da ist es kein Wunder, wenn Streit ausbricht, bloß weil man den Anderen nicht versteht. Womöglich tut man die Dinge eben völlig anders in Ungharia oder Occitania. Woher aber sollte man das wissen, wenn man den Anderen nicht kennt?
Ich hielt es also für das Beste, wenn ein jeder von uns, eine Geschichte aus seinem Leben erzählt. Sie muss natürlich nicht vollständig wahr sein"
, gab die Tzimisce verschmitzt zu. "Aber ein jeder von uns sollte nach jeder Geschichte erklären, ob er sie glaubt und welche er schließlich am besten fand. Am phantastischsten, berührendsten oder vielleicht auch am traurigsten. Und wie wir alle wissen sind es oft genug die echten Erlebnisse, die uns am tiefsten ergreifen.
Der Gewinner erhält ein besonderes Geschenk von mir - im Namen aller Anwesenden - zum Beweis seines Sieges.
Wenn Sie es wünschen, werde ich natürlich als erste den Schritt in die Öffentlichkeit wagen, aber die Wahl liegt ganz bei Ihnen."


Mit diesen Worten griff sie nach dem vor ihr stehenden Kelch, legte ihre Finger elegant um den Rand und lehnte sich auf ihrem Sitz nach hinten, den Kelch vor der Brust haltend.
Sie wartete auf Reaktionen.
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Matteo
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Re: Die schönste Lüge Genuas [Ball] [Angelique, Josef, Matteo]

Beitrag von Matteo »

Was in der Küche geschah, oder auch nicht geschah, ließ Matteo emotional fast unberührt. Auch wenn ihn ein Menschenleben an sich wenig tangierte, so hoffte er allerdings, dass niemand sein Leben lassen müsste um ihn zu beköstigen. Jemanden zwecks Nahrungsaufnahme zu töten wäre so... unzivilisiert.
Ein stummes Nicken erklärte seine Bereitschaft es mit den "Brot" zu halten wie die Gastgeberin.

Was nun die Geschichte anging, so wusste er schon genau was er erzählen würde, über was 'wie' war Matteo sich allerdings noch im Unklaren. Wieviel Wahrheit wäre Schwäche? Wieviel Lüge ohne Ehre? Vor allem aber sollten es die richtigen Worte sein, der Bedeutung angemessen. Dafür bräuchte es etwas Zeit und so neigte er sein Haupt gen Melissa und sprach:

"Nun denn wohlwerte Mellissa, als Gastgeberin gehört das Privileg des ersten Wortes euch. Ihr seht mich gespannt und voller Erwartung. Nebenbei sei euch nocheinmal Dank gesagt für diesen Abend und die Möglichkeit eine Geschichte zu erzählen und einige zu hören."

Welches Wesen der Nacht schmeichelte nicht gern der eigenen Eitelkeit, besonders einem Kind Arikels wäre eine solche Gelegenheit willkommen. Oder?
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Angelique
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Re: Die schönste Lüge Genuas [Ball] [Angelique, Josef, Matteo]

Beitrag von Angelique »

Angelique nahm Salz und Brot dankbar an, wusste sie doch um die Bedeutung im Gastrecht. Sie fühlte sich nun deutlich sicherer. Das Mädchen, das aufwartete, tat ihr sehr leid. Aber es war leider nicht an ihr, dazu etwas zu sagen. Als sie selbst Blutsklavin ihrer Herrin gewesen war, war es ihr wahrscheinlich vielfach schlechter ergangen. Melissa bemühte sich wahrlich, den Anschein eines sterblichen Haushalts zu erwecken.

Die kindliche Untote fragte, ob sie vom köstlichen Mahl, das für die Kinder der Nacht nur wie Asche, in die ein lepröser Köter uriniert hatte, schmecken konnte, etwas mitnehmen könne. Sie plante, sich den Genuss später von Roger beschreiben zu lassen.

Als die Aufforderung nach einer Geschichte erklang, hub sie bereits an, etwas zu sagen, aber der Rosenmann war schneller. Und so schwieg sie neugierig und lauschte, während bereits ungefragt Bilder in ihrem Kopf Gestalt annahmen.
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Josef
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Re: Die schönste Lüge Genuas [Ball] [Angelique, Josef, Matteo]

Beitrag von Josef »

Sofern es sichtbar war, erhielt das Geschenk des Toreador auch von Josef einen interessierten und gleichwohl abschätzenden Blick, ohne sich aber zu einer vorschnellen Wertung hinreißen zu lassen. Selbst angesprochen erwähnte er eine Geschichte aus seiner Heimat nach der diese Figur geschaffen wurde. Ein Drache, dargestellt aus grob behaunem Stein, der einst ein Land heimsuchte und am Ende durch eine List besiegt wurde. Doch wie so oft gibt es viele Versionen von Geschichten und er schätzt besonders jene in der sich aus dem sterbenden Leib des Echsenfürsten die wahre Fürstin erhebt und den Mörder des Drachen auf langsam verzehrende Weise in den Tod treibt.

Das Auftischen fesselte sein Interesse auf zweierlei Art und ein kurzweiliges Zucken und Lächeln um die Mundwinkel verriet, dass er obgleich der leichten Irritation durchaus Gefallen daran fand. Ein wenig Unvorhersehbarkeit. Reizend, ganz reizend.
Auch er zeigte seine Zustimmung zum Gastritus von Brot und erkannte nach einem Moment in diesem Sinne auch das Salz in seiner Funktion wieder, vielleicht zufällig in jenem Moment als das Mondenkind ihre Bitte äußerte, vielleicht hatte sie ihm dadurch aber auch schlicht auf die Sprünge geholfen.
Doch es war am Ende der Käse der ihn schließlich zum Messer greifen ließ. Zurückgelehnt fuhr er mit der Klinge am locker gestreckten Arm über den weichen Körper, ehe er mit langsamen aber bewußtem Druck ein Stück abtrennte und es eine Weile auf der Klinge wog. Scheinbar war der Geruch deutlich genug, dass ihm die unappetitlichkeit Abstand aufdrängte, doch ebenso weckte es wahrscheinlich Erinnerungen an ein Leben in dem ein guter Leib Käse einen nicht zu unterschätzenden Genuss darstellte. Die gedämpften Geräusche aus der Küche halfen ihn nur noch mehr einzulullen in eine Melange aus Unbekanntem und schon längst vergangenen Erlebnissen, an die er sich nun Stück für Stück erinnern konnte.
Schließlich legte er die Klinge mit dem daran klebenden Stück Käse nieder und ließ den Rest des Auftischens geschehen. Das Mädchen wurde mit einem kritischen Blick beäugt, dann aber galt sein Interesse gänzlich wieder den rein Untoten am Tisch.

Auf die Offerte der Gastgeberin griff er dann ebenfalls zum Kelch und wartete bis sowohl sie als auch Matteo gesprochen hatten. Zuerst ihr, dann ihm und schließlich auch Angelique einen anerkennenden Blick zuwerfend; wobei er für Angelique bei genauer Beobachtung zwar nur erkennend war, nichtsdestrotz aber vorhanden; sprach er. "Ihr seht mich schon jetzt auf eine für mich persönlich sehr angenehme Art und Weise unterhalten und bin kann mich daher den Worten meines Vorredners nur anschließen."
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Melissa
Tzimisce
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Re: Die schönste Lüge Genuas [Ball] [Angelique, Josef, Matteo]

Beitrag von Melissa »

Melissa lächelte eines ihrer Lächeln, bei dem sie nicht die Zähne zeigte, sondern die Lippen weiter verschlossen hielt und nur leicht nach oben zog. Sie neigte erst Matteo, dann dem ganzen Tisch dankbar den Kopf zu und verkündete ihre Freude, Anklang gefunden zu haben. Natürlich gestattete sie auch die Mitnahme einiger Speisen - denn dazu waren sie ja da.
Sie bedankte sich bei Josef für dessen Umsicht, eine Figur gewählt zu haben, die einen siegreichen Drachen darstellte, und warnte vor ihrer Geschichte. Sie sei ein wenig eingerostet, da sie so lange Jahre keine Geschichten mehr hatte erzählen dürfen. Womöglich wäre sie auch ein weniges moralisch, aber schließlich halte jede gute Geschichte dazu an, ein besserer Mensch zu werden.

Dann, mit einem melancholischen Ausdruck im Gesicht, begann sie ihre Geschichte:
"Ich lebte einst in Ravena, wo ich auch geboren wurde. Eine stolze Stadt an der Adria, eine Stadt der Kaiser und Patriarchen und Autarchen und vieler anderer toter Männer von Rang und Namen."
Die schlanken, weißen Finger ihrer rechten Hand begannen langsam den Rand des silbernen Kelches zu umkreisen. Ihr Blick ging nur kurz zu Angelique, dann senkte er sich wieder in das Rot vor ihr.
"Als junges Mädchen - es ist also schon einige Zeit her, länger als ein Leben, denke ich - lebte ich in Armut. Nun hatte ich das große Pech, leidlich hübsch heran zu wachsen und so die Aufmerksamkeit einer ganzen Reihe junger Knaben zu erregen. Unreife Kerls, allesamt, die weniger im Kopf als zwischen den Beinen hatten. Ich war geschickt und schlau genug, sie alle an der Nase herum zu führen, aber..."

Die Bewegung ihrer Finger auf dem Kelch endete. Leise schlug sie ihre Fingernägel einmal dagegen, lächelte ein entrücktes Lächeln und blickte in die ferne Vergangenheit. Fast, als wäre sie allein im Raum.
"Aber es gibt immer jemanden, der das große Spiel besser als man selber spielt. So auch er. Er pflückte mich wie eine wehrlose Blume und bettete mich um. In meinem neuen Heim lebte ich in Glanz und Glorie, in allem Reichtum, den ich mir nur wünschen konnte.
Unter all den Geschenken war auch das schönste, das einer Frau wie mir gemacht werden konnte: Kinder. Eine ganze Reihe, tatsächlich, alle hübscher und schlauer als der andere, die ich mit aller Liebe aufzog, die mir selbst im Elternhaus nie gewährt wurde. Und siehe: Sie alle heirateten selber gut und wurden tüchtige Ritter oder Grafen."


An dieser Stelle angekommen hielt Melissa einen Augenblick inne. Sie trank aus ihrem Kelch. Warm und dick floß das Blut ihre Kehle hinunter, ertränkte wenigstens für einen Augenblick die Gefühle, die in ihrem Innersten kochten. Als sie den Kelch vor sich abstellte und in die Runde blickte, legte sie die Hände wieder in den Schoß. Wie geistesabwesend rutschte ihr linker Zeigefinger über den silbernen Ring, streichelte den gewundenen Drachen aus Silber.
"Meine Jüngste war allerdings ein rechtes Sorgenkind. Sie betrug sich liderlich, sie trank, trieb sich herum und schien alles zu betreiben, um unseren Namen in den Schmutz zu ziehen vor der Stadt. Ich habe nie erfahren, warum sie sich derart verhielt, denke aber, dass es wohl eine Art kindliche Rebellion hatte sein sollen. Der übliche, vergebliche Aufstand gegen Vernunft und Ordnung, der sich bei ihr ungewöhnlich heftig äußerte. So heftig tatsächlich, dass sie vor allem floh, wonach ich mein Leben lang gestrebt. Eines Nachts lief sie einfach auf und davon, stahl ein wenig meines Schmucks und ging fort, um sich mit irgendwelchen Jungens zu vergnügen.
Man fand sie wenige Tage später in irgendeiner Gosse, nahe meines Elternhauses...Erdrosselt und beschmutzt."
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Angelique
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Re: Die schönste Lüge Genuas [Ball] [Angelique, Josef, Matteo]

Beitrag von Angelique »

Angelique wagte es, als nächste zu sprechen. Ihre helle Stimme war klar und von rhetorischer Kraft, was merkwürdig bei einem Kinde anmutete.

"Eine Geschichte in der ein Drache vorkommt, wäre vielleicht schön, um die Gastgeberin zu ehren, wie die der Heiligen Martha und dem Tarrasque, dem Drachen, der bekehrt und Märtyrer wurde. Aber, ach, ich spiele keine Rolle darin, war ich doch nicht einmal geboren.

Also muß ich eine belanglosere Geschichte erzählen:

Es war einmal ein grausamer Krieger, so grausam und gottlos, dass selbst der übelste der üblen heutigen Piraten, der so dumm und widerwärtig ist, dass die Ratten vor Ekel ihn fliehen, neidvoll soviel Bosheit bewundert hätte.

Dieser böse Mann stand im Sold sowohl von ungläubigen, als auch von christlichen Fürsten, die sich darum rissen, einen so greulichen Gesell in ihren Diensten zu haben.

Denn wenn nicht sie, dann hätte ihr Feind gewiß ihn in Diensten gehabt und ihre Moscheen oder Kirchen würden geplündert, ihre Nonnen oder Lieblingsfrauen geschändet und ihre Kinder würden in die Sklaverei der Heiden oder Christen verkauft, die Knaben verschnitten, die Mädchen im Werte stark gemindert.

Lösegelder machten den bösen Krieger reich und manch Dorf musste zahlen, auf dass er sich und seine Mordbrenner nicht dort einquartierte für den Winter.

Dann aber hörte ein Pilgermädchen die Gebete von drangsalierten Christen und Heiden zugleich und beschloß zu beten, dass es ein Ende nahm mit diesem teuflischen Tun.

Und siehe, der HErr erhörte es. Wahn überkam die schurkischen Söldner. Manche, so sagt man, töteten sich gegenseitig, andere schwanden dahin an einer mysteriösen Krankheit. Die am Ende übrig waren, flohen lieber. Und so stand der böse Mann am Ende allein wie alle Menschen am Ende allein sind, und suchte nach der Quelle seines Verhängnis. Er fand es.

Aber nun geschah das wahre Wunder. Als der Gottlose das Pilgermädchen traf, war es wie mit dem Tarrasque und der Heiligen Martha. Das Ungeheuer wurde bekehrt und stritt fortan nur noch für GOttes Werk.

Und die Moral von der Geschichte? Egal, was man getan hat, wenn man bereut, verzeiht GOtt und eine Umkehr IST möglich.

Und wenn sie nicht gestorben sind, denn es ist schon sehr lange her, dann leben der Krieger und das Pilgermädchen noch heute.

Amen."
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Matteo
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Re: Die schönste Lüge Genuas [Ball] [Angelique, Josef, Matteo]

Beitrag von Matteo »

Matteo hörte sowohl ihrer Gastgeberin, als auch Angelique sehr aufmerksam zu, wobei ein feines Lächeln sich in seinen Zügen wiederfand.
Als er dann selbst seine Stimme erhob um zu erzählen, war sie leise aber getragen von einer inneren Kraft:

"Einst gab es eine Familie von adeligem Blut... gar nicht einmal so weit entfernt. Sie waren weder besonders gottesfürchtig, noch der Sünde verhaftet. Weder an Macht noch an Heldenmut besonders gesegnet, lediglich einigermaßen wohlhabend und reich an Zahl, denn der Herr segnete ihr Geschlecht mit vielen Nachkommen. Doch einer der ihren schien verflucht, keiner Frau war er auf Dauer zugetan und er ehelichte kein Weib. Dem schönen Geschlecht nicht abgeneigt, sagte man ihm so einiges nach, doch selbst einen Bastard zeugte er nicht. Den Verfluchten nannte man ihn hinter vorgehaltener Hand, den Kinderlosen.

Voller Gram entsagte er schließlich sogar dem Licht das Hoffnung bringt. Vielleicht war es genau das was ihn letztendlich zu einem wahrhaft verfluchten Mann machte...

Alles schien sich zum Guten zu wenden, zwar schwelgte der junge Adlige weiterhin in Dekadenz, doch fand er eine Dame der er sein Herz zu schenken bereit war... und in der Tat erwählte Sie ihn. Doch die Dame hatte Neider und Feinde, die auch die seinen wurden und nicht untätig blieben.

Diese Feinde sponnen ihre Intrigen wie Spinnengetier im Netz und schliesslich verfing er sich darin. Unfähig daraus zu entkommen, war besagter junger Mann gezwungen sich zwischen Verrat an seiner Liebe und dem Untergang seiner Familie zu entscheiden. Vor die Wahl gestellt entschied er sich dafür seine Familie vor der Vernichtung zu bewahren und seine Liebe starb einen schrecklichen Tod.

Doch damit nicht genug, ergingen sich seine Feinde in noch perfiderer Bösartigkeit: In gewisser Weise hielten sie ihr Wort und ließen ihm abermals die Wahl... Er sollte ein Mitglied seiner Familie wählen, das ihn in die Verbannung begleiten sollte, alle anderen müssten sterben. Obwohl der junge Adlige fieberhaft nach einem Ausweg suchte, wählte er schließlich und ging in die Fremde."

Das Senken der Stimme, wie auch seine ganze Körpersprache signalisierten, dass Matteo am Ende der Geschichte angelangt war. Zumindest soweit sie zu erzählen war, denn vielleicht war sie auf einer anderen Ebene noch gar nicht beendet?
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Melissa
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Re: Die schönste Lüge Genuas [Ball] [Angelique, Josef, Matteo]

Beitrag von Melissa »

Die Gastgeberin lauschte allen Erzählungen gespannt.
Es war ganz, als vergesse sie für einige Zeit die nächtlichen Übel, all den Ärger, das Leid, ja, sogar den Hunger. Als könne sie sich gut und leicht vorstellen, wovon ihre Gäste erzählten. Sie war eine dankbare Zuhörerin, die an den richtigen Stellen erschrak und sich die Hand vor den Mund hielt, die in den passenden Augenblicken seufzte.

Schließlich aber endete der Zauber und die Nacht brach wieder über die Versammelten ein.
Sie sagte:
"Ich danke euch allen für eure Erzählungen. Es war wirklich sehr erheiternd und überaus amüsant.
Dennoch fürchte ich, dass auch der schönste Abend einmal zu Ende gehen muss. Und zum Ende dieses Abends habe ich einen Preis versprochen. Es gilt also die rührendste Geschichte zu küren.
Angelique, deine Geschichte hat mich berührt. Erinnere mich daran, deinem Roger einmal sein Leben zu erheitern.
Matteo...ihr betrübt mich. Ich kann den Schmerz nur ahnen, den der junge Herr bei seiner Wahl erleiden musste"
, sagte sie, nicht wissend, was in einigen Nächten auf sie lauern würde. Dass auch sie den Schmerz kennen lernen und für Nächte an einem dunklen, dunklen Ort des Zorns verschwinden würde.

"Ich bitte also um eure Stimmen. Welche Geschichte fanden meine geschätzten Gäste am besten? Und bitte: Es geht nicht um Schmeicheleien, sondern um einen würdigen Sieger."

Bei diesen Worten klatschte sie einmal in die Hände.
Der Mann, den einige von ihnen als Rafaele erkannt hatten, kam wieder aus den oberen Zimmern herein. Mit sich trug er eine kleine aber kostbar gefertigte Schatulle. Sie war aus Zedernholz aus dem heiligen Land gefertigt, fein geschliffen und mit allerlei Ölen bearbeitet, bis es eine geschmeidige, hellbraune Farbe angenommen hatte.
Auf dem Deckel stand auf Griechisch: Der schönsten Lüge.
Die Buchstaben waren genau wie der kleine Verschluss und die Winkel hinten aus feinem Silber getrieben.
Der Ghoul, der das Kästchen nicht berührt sondern nur unter einem weißen Leinentuch getragen hatte, legte sie vor den versammelten Kainiten auf den Tisch.
Offenbar der Preis.
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Matteo
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Re: Die schönste Lüge Genuas [Ball] [Angelique, Josef, Matteo]

Beitrag von Matteo »

"Wahrlich eure Lüge war die schönste werte Melissa, ich bin sicher dass sie wie alle guten Geschichten einen Kern der Wahrheit hat. Es kommt wohl auf den Blickwinkel an. Das was die Fantasie des Zuhörers hinzuzudichten vermag, macht eure Geschichte zu der schönsten."

Matteo sah zu Angelique und zuckte entschuldigend mit den Schultern, während eine geheimnisvolles Lächeln seine Lippen umspielte.
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Angelique
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Re: Die schönste Lüge Genuas [Ball] [Angelique, Josef, Matteo]

Beitrag von Angelique »

Angelique lächelte fröhlich dem Matteo zu.

Zur Gastgeberin sagte sie: "Da ich ja weiß, ob und wieviel Wahrheit in meinen Worten ruht, kann ich schlecht für mich stimmen. Außerdem wäre das unschicklich. Ich bin hin und hergerissen, gebe aber dem Matteo meine Stimme und hoffe Ihr nehmt das nicht übel, edle Drachin."
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