Ein gefordertes Leben (Melissa)

[Juli & August '16]
Benutzeravatar
Alerio
Lasombra
Beiträge: 480
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 01:19

Re: Ein gefordertes Leben (Melissa)

Beitrag von Alerio »

Er schaute sie verdutzt an. Solch hehre Ansichten hätte er ihr gar nicht zugetraut. Als er bei ihr gewesen war, schien sie eher ein strenges Regime zu führen. Redete sie sich das vielleicht selbst ein? Dass sie mit den Menschen in einer Gemeinschaft leben würde? Einer Familie? Ihre kleine Familie hatte mehr wie unterwürfige Diener gewirkt.

"Tun sie es denn freiwillig?" fragte er mit skeptischem Blick. "Euer Blut trinken, meine ich."
"Denn sollten sie das nicht, dann ist ihre Treue oder Liebe nichts wert. Schon gar nicht, wen ihr es ihnen regelmäßig gebt. Wenn sie euch und eurer Gemeinschaft hingegen so Treu ergeben sind, wie ihr behauptet, dann sollten sie das Blut nicht brauchen."
Benutzeravatar
Melissa
Tzimisce
Beiträge: 907
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 15:17

Re: Ein gefordertes Leben (Melissa)

Beitrag von Melissa »

Melissa hielt die Hände noch vor der Brust, die Brauen ebenso gehoben und den Blick skeptisch auf Alerio gesenkt. Gerade öffnete sie den Mund, um etwas zu sagen, da geschah etwas unerwartetes.
Der Diener, der bislang stramm an der Tür gestanden hatte, machte einen Schritt in den Raum hinein.
"Wir lieben die Herrin", verkündete er, "Wir alle, die wir ihr zur Seite stehen unterwerfen uns freiwillig, zum Wohl unserer Familie."

"Es ist gut, Lamberto", unterbrach Melissa ihn und wandte sich wieder dem Liktor zu. Es folgte keine Entschuldigung für das Verhalten ihres Dieners, der außerhalb der Ordnung gesprochen hatte, keine Bitte um Nachsicht für diese Zurschaustellung von Loyalität.
"Das Blut ist nicht für sie, sondern gegen unsere Feinde. Gegen Kreaturen wie den Salubri, die die Seelen argloser Menschen verwirren können, oder den Grafen aus der Gosse, dessen Geschäft die finstersten Lügen sind. Gegen den Seneschall, der wie ich von Ferrucio höre den Geist versklaven kann. Ja, selbst gegen ihn, den ich meinen Verbündeten nennen würde, der die Herzen der Menschen schneller peitscht und antreibt, als sie es von selbst vermögen würden.

Ihr seid nicht naiv, also bitte ich euch: Spielt keine rhetorischen Spielchen mit mir. Solch wichtige Unterfangen wie das Glück der Menschheit verwundbar und wankend zu lassen für diejenigen, die es an sich reißen wollten ist nicht ehrbar, sondern töricht. Nur das Blut ist ewig."
La famiglia é il nido dell'uomo.
- Giovanni Faldella
Benutzeravatar
Alerio
Lasombra
Beiträge: 480
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 01:19

Re: Ein gefordertes Leben (Melissa)

Beitrag von Alerio »

Alerio sah überrascht auf als Melissas Diener sprach.
Was war schlimmer? Menschen die sich freiwillig unterwarfen oder wenn sie dazu gezwungen wurden?

Er schaute zurück zu Melissa, ausdruckslos. Keine Reaktion lies sich sehen, als sie von Geist-versklavenden Kräften sprach. Als würde es ihn gar nicht kümmern.

Dann schüttelte er den Kopf. Es war ja nicht so als würde er ihre Ideale nicht schätzen, aber sie hatten einfach unterschiedliche Ansichten. Vielleicht war er auch nur zu zynisch geworden. Wo waren seine Ideale hin?

"Damit sagt ihr doch aber selbst, dass nur der Blutsbund eure Familie zusammenhält oder stark macht, denn ohne Blut wäre sie ja "verwundbar und wankend".

Er hob kurz eine Hand.
"Verzeiht. Ihr habt eure Ansichten, die ich durchaus als ehrenhaft ansehe, da ihr Ideale besitzt und dafür einsteht, aber ich habe meine eigene Sicht auf die Welt und für mich ist jeder Blutsgebundene von uns abhängig und daher verdammt. Sicherlich ist die Alternative nicht so beständig, aber dafür menschlich."
Er wusste, dass er in letzter Zeit nicht mehr wirklich menschlich gewesen war, gegen seine eigenen Grundsätze verstoßen hatte. Doch gerade deshalb, versuchte er wohl nur noch mehr daran festzuhalten.
Benutzeravatar
Melissa
Tzimisce
Beiträge: 907
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 15:17

Re: Ein gefordertes Leben (Melissa)

Beitrag von Melissa »

"Wenn ihr es für menschlicher halten, Wilden wie dieser Maria oder Ungeheuern wie dem Grafen freien Lauf unter euren Schutzbefohlenen zu lassen - dann haben wir in der Tat andere Ansichten."
Ihre Miene war pikiert, ihr Mund verkniffen und ihre Brauen noch immer hochgezogen. Es war offenkundig, dass sie Anstoß nicht nur an diesem Gespräch nahm. Ein süffisanter Unterton schlich sich in ihre Stimme, eine giftige Schlinge, mit der sie die Schmach auszumerzen versuchte.
"Wobei ich mich schon seit einiger Zeit frage, wie diese Monster in so kurzer Zeit alle Macht zwischen dem Hafen und der Porta Soprana an sich reißen konnten. Gegen Antigonos, gegen Ferrucio und Benedetto und wer sich sonst noch Aufrecht nennt in dieser Domäne..."
La famiglia é il nido dell'uomo.
- Giovanni Faldella
Benutzeravatar
Alerio
Lasombra
Beiträge: 480
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 01:19

Re: Ein gefordertes Leben (Melissa)

Beitrag von Alerio »

Er legte leicht den Kopf schief. "Mir scheint wir haben uns einfach missverstanden. Unter den meinen lasse ich sicher niemanden wüten." Er winkte ab, wollte das Thema wechseln.
"Doch was habt ihr gegen die Nonnen? Ich gebe zu sie sind sehr mysteriös, aber selbst Benedetto hatte sie ja zu diesem Treffen eingeladen. Ich würde sie also nicht als Gefahr einordnen."
"Was hingegen die Könige angeht, haben wir die Gefahr wohl langezeit einfach unterschätzt. Ein Fehler."
Benutzeravatar
Melissa
Tzimisce
Beiträge: 907
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 15:17

Re: Ein gefordertes Leben (Melissa)

Beitrag von Melissa »

Die Tzimisce schnaubte verächtlich und machte eine wegwerfende Bewegung, wobei ihre Handschuhe gegen den Oberschenkel ihres übergeschlagenen Beines knallten.
"Ich würde sie nicht unterschätzen, diese Kreaturen. Nicht etwa, weil sie bösartig sind oder dergleichen. Das glaube ich nicht. Wenigstens glaube ich, dass sie glauben, nicht bösartig zu sein. Aber habt ihr je einen belastbaren Namen gehört von denen? Ich nicht. Kein Blut, kein Erzeuger, gar nichts. Im besten Falle sind sie dünnblütige Bastarde, die dem Feuer überantwortet gehören. Im schlimmsten Fall...
Nun, so oder so gehören sie nicht in anständige Gesellschaft, diese halbwilden Kreaturen, die sich freiwillig mit Sünde besudeln. Sie sind nicht im mindesten mysteriös. Sie bewahren sich ihre Haut, indem sie so tun, als wäre mehr hinter ihrer Fassade, als dort tatsächlich ist."
La famiglia é il nido dell'uomo.
- Giovanni Faldella
Benutzeravatar
Alerio
Lasombra
Beiträge: 480
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 01:19

Re: Ein gefordertes Leben (Melissa)

Beitrag von Alerio »

"Ihr habt recht, dass sie weder Erzeuger noch Klan nennen. Wer weiss ob sie es nur deswegen nicht tun, weil sie keinen haben oder es einfach tatsächlich nicht als relevant ansehen. Das ist ja zumindest das was sie sagen, dass in ihrem Kult die Abstammung nicht zählt. Ein Ansatz der durchaus seinen Vorteil hat. Ihr scheint jedoch recht aufgebracht zu sein, was diese Frauen angeht, haben sie euch denn persönlich etwas getan, dass euch so wütend macht? "

Das er jeden in Schutz nahm, das war so etwas was er einfach nicht lassen konnte. Vor allem die Schwachen vor den Starken oder die niederen vor den hohen zu verteidigen. Zwar wusste er nicht welchem Blut die Jägerinnen überhaupt angehören, aber da sie gar keinen Erzeuger nennen konnten waren sie gesellschaftlich ohnehin weit unten.
Benutzeravatar
Melissa
Tzimisce
Beiträge: 907
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 15:17

Re: Ein gefordertes Leben (Melissa)

Beitrag von Melissa »

Einen Augenblick lang schwieg Melissa, sie wägte wohl die Worte ab, die als nächstes ihren Mund verlassen würden. Am Ende schüttelte sie aber den Kopf und sagte folgendes:
"Habt Dank für euer Interesse. Die Angelegenheit ist aber in der Tat zu einem großen Teil persönlicher Natur. Mein Blut regelt seine persönlichen Geschäfte eben so: Persönlich."
Sie lächelte, eine Spur fahler Zähne blitzte zwischen dem weißen Fleisch hervor. "Seid beruhigt in euren Pflichten, dass kein Tropfen heiliges Blut vergoßen werden wird. Im Gegensatz zu diesen Weibern achte ich die Gesetze unserer Art."
La famiglia é il nido dell'uomo.
- Giovanni Faldella
Benutzeravatar
Alerio
Lasombra
Beiträge: 480
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 01:19

Re: Ein gefordertes Leben (Melissa)

Beitrag von Alerio »

Er war ganz froh sich nicht in diese Reiberei zwischen den Frauen mit einmischen zu müssen. Jedoch war er auch Liktor und musste sein Amt entsprechend ausführen.

"Das freut mich zu hören. Ich hoffe, dass dem so ist und dass es auch unabhängig von der Einhaltung unserer Traditionen zu keinem Aufruhr kommt, bei dem Lösen eures Problems." Seine Stimme war freundlich aber auch eine deutliche Spur ernst schwang mit.

"Und euer letzter Satz deutet an, dass sie gegen die Gesetze verstoßen? Wenn dem so ist, solltet ihr mir das sagen."

Neugierig schaute er sie an, wartend.
Benutzeravatar
Melissa
Tzimisce
Beiträge: 907
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 15:17

Re: Ein gefordertes Leben (Melissa)

Beitrag von Melissa »

"Mein lieber Herr Liktor", begann Melissa und behielt die honigsüße Art bei, die sie seit der Erwähnung ihrer persönlichen Regelungen angenommen hatte, "Es würde mir nie einfallen, wegen dieser harmlosen Sache einen Aufruhg zu veranstalten. Seid versichert: Sie wird sich rasch und in aller Verschwiegenheit bereinigen."

"Wenn es nötig wird, werde ich euch mit Sicherheit schnellstens informieren", versicherte ihre Stimme. Falls es nötig wird, schienen ihre Augen zu sagen, die das Problem wie auch seine verschwiegene Lösung so sehr unter Verschluß zu halten versuchte.

"Oh, übrigens", sagte sie, als ihr gerade doch noch etwas einfiel. Ganz so, als säßen sie beide bei einem guten Schmaus zusammen und tratschten.
"Die Bianchi - sie sind nicht zufällig auf irgendeine Art mit euch im Bunde? Ich frage weil...nun, weil ich gewisse unschöne Gerüchte gehört habe, denen ich auf den Grund gehen möchte. Gerüchte betreffend Daniele di Mare und Giulio Scarpa. Zwei Männer, die sich natürlich in eurem Gebiet befinden...
Ich möchte nicht unhöflich sein und sie einfach ohne euer Wissen beobachten lassen."
La famiglia é il nido dell'uomo.
- Giovanni Faldella
Gesperrt

Zurück zu „981 & 982“