[1034] Ruinen der Sünde [Alain, Nicolo, Benjamin] [Quarta]

[Alain le Beau]

Das Alla Mura ist dem Feuer zum Opfer gefallen, aber es ist nicht vollständig zerstört. Zwar ist das obere Stockwerk der Kneipe komplett abgebrannt, doch das untere ist teilweise erhalten geblieben. Einige der Räume scheinen noch intakt, während bei anderen die Decke eingestürzt ist. Es riecht nach kalter Asche, Schlacke und verbranntem Holz. Gierige Augen betrachten diese Ruine - heißt es nicht, dass dort Reichtümer zu finden sind? Und so verwundert es auch nicht, dass ein Vierertrupp der Stadtwachen an den Überresten des Sündenpfuhls stationiert ist.

Etwas abseits, im Schatten der Stadtmauer, stehen einige brutale Kerle herum, die weniger an den sagenhaften Schätzen des Gebäudes interessiert zu sein scheinen. Zwei der Männer tragen Verbände, zwei weitere sind auf notdürftige Lager gebettet. Ein junger Medicus versorgt sie.

Eine weitere Truppe der Stadtwache marschiert in einiger Entfernung vorbei, hält kurz inne, um den Wächtern zu salutieren und die Situation zu beobachten, dann geht es weiter. Allerdings kommt nach etwa fünf Minuten ein junger Mann mit Speer und Lederrüstung aus einer der Gassen, marschiert direkt auf den Medicus zu und spricht diesen an. Nicoló kennt den Mann nicht. Aber dessen Akzent, den hat er bereits einmal gehört. Ein Akzent, der von den weißen Stränden Aremoricas kündet. "Ihr habt ein Treffen gewünscht", sagt der Jüngling, ohne sich um die anderen Kerle zu kümmern. "Folgt mir - ich bringe euch zu dem, nach dem ihr gesandt habt."

[Nicolo Trevisan]

Nicolo schaute zunächst kaum auf, sondern konzentrierte sich auf die Arbeit.
Wie üblich trug er seinen Kittel und zwar darüber den Kapuzenumhang, jene jedoch zurück gestreift. Der Inhalt seiner Gürteltasche war zum Teil auf dem Boden ausgebreitet und diverser medizinisches Besteck war auf einem Tuch zu sehen.

Dann sprach Nicolo, offenbar an den Jüngling gewandt, obwohl er immer noch seine Augen auf dem Patienten hielt.

"Allerdings habe ich um ein Treffen gebeten, jedoch kenne ich Euch nicht und in diesen Tagen sollte man Vorsicht walten lassen. Sagt mir, wer Euch schickt und mein Diener und ich werden Euch folgen, nachdem ich mit diesem hier fertig bin."

Dabei drehte er dann doch den Kopf zum Jüngling und blickte ihn intensiv aus seinen brauen Augen an, die Stirn war leicht in Falten gelegt, als runzelte er und so wartete auf die Antwort.

[Alain le Beau]

Der junge Mann zieht die Augenbraue hoch, dann zuckt er mit den Schultern. Er kniet neben Nicoló nieder und flüstert diesem leise ins Ohr, so, dass die Schläger nichts hören. "Der Herr Alain wartet auf euch, in der Gasse um die Ecke. Ich soll euch ausrichten, dass er lange genug warten wird, damit ihr eure Behandlung abschließt - aber nicht länger." Zeit ist in diesen Nächten ein kostbares Gut und es scheint, als wolle der Tzimisce nicht allzu viel davon verschwenden.

[Nicolo Trevisan]

Nicolo richtete die Augen wieder auf den Verletzten, seine Stirn glättete sich und er arbeitete nun doch schneller. Für sie alle war die Zeit kostbar und Nicolo wollte die sich bietende Gelegenheit nutzen.

Schließlich richtete er sich auf, sammelte schnell seine Materialien und sein Handwerkszeug ein und nickte dem Jüngling zu:
"Geht voran, ich werde euch folgen."
Dann warf er Giove einen Blick zu und dieser setzte sich ebenfalls in Bewegung, um Nicolo seinerseits zu folgen.

[Alain le Beau]

Der junge Bewaffnete führt Nicolo um zwei Hausecken herum - und dann laufen sie auch fast schon direkt in zwei weitere Männer hinein. Alain steht dort, in dem einigermaßen lächerlichen Gewand einer Wache, komplett mit Lederhelm und Lederwams, einen Speer in der Hand. Neben ihm steht einer seiner Leibwächter. Die beiden sind in ein Gespräch vertieft, aber alles was Nicoló hört, sind die letzten Worte von Alains Beschützer. "...zu gut bewacht. Es ist zu riskant. Wir sollten..."

Alain hebt die Hand und der Mann verstummt. Der Tzimisce wendet sich Nicoló zu, ein breites Lächeln auf dem Gesicht. "Werter Nicoló! Es ist gut euch zu sehen. Ich habe gehört, ihr wart umtriebig. Wie ist es euch ergangen, nachdem ich euch vor dem Tor zurückgelassen habe?"

[Nicolo Trevisan]

Nicolo hielt überrascht inne, solch einen Aufzug von Alain war er wohl nicht gewöhnt.

Dunkle Erinnerungen umwölkten kurzzeitig das Gesicht von Nicolo, wie zweifellos an seiner Miene abzulesen war, als der Drache die Ereignisse an jenem Tor erwähnte.
Dann aber Rang sich Nicolo zu einem Lächeln durch:
"Es ist ebenfalls gut Euch zu sehen - ich hatte schlimmes um Euch befürchtet, als Ihr nicht mehr aufgetaucht seid. Nun ich hatte in jener Nacht genug zu tun, aber immerhin war es mir möglich einige zu retten...
Ihr erinnert Euch an unser Gespräch?"

Nicolo betonte letzteres auf eigenartige Weise. Als er geendet hatte, strich er sich scheinbar müde über die Augen, bevor er fortfuhr:
"Aber wie ist es Euch ergangen? Aus den Ereignissen jener Nacht schließe ich, dass Ihr kein Erfolg hattet?"

[Alain le Beau]

"Ich bin gescheitert - grandios gescheitert, immerhin!" Alain zwinkert Nicolo zu. "Ich hatte gehofft, die Melissiden zur Einsicht zu bewegen. Sie dazu zu bringen, das Tor zu öffnen." Ein Schulterzucken. "Ich habe ihnen erklärt, dass sie nur gewinnen können, wenn sich die Truppen der sehr verehrten - oder höchst verehrten - Ahnen aufreiben. Die reine Wahrheit. Ich hatte gehofft, dass sie Tiagos Truppen hineinlassen würden. Das hätte die Schlacht ausgeglichener gemacht. Allein..." Er beugt sich vor. "Jemand hat ihnen erzählt, dass mit der Ankunft dieser Fremden alles für sie besser würde. Erstaunlich, nicht wahr?"

Alain verschränkt die Arme. "Sie haben meinen Leibwächter gefangen genommen - oh, und mich beinahe auch. Aber ich war flinker als sie."

Dann runzelt der Tzimisce die Stirn. "Unser Gespräch?" Er macht eine Geste und sein Leibwächter entfernt sich einige Schritte, sieht sich um. Lässt die Kinder Kains allein.

[Il Cavaliere]

Kaum hat sich der Leibwächter ein wenig entfernt, seht ihr am Ende der Gasse Feuerschein. Jemand mit einer Fackel läuft am Ende, oder eher dem Eingang, eurer Gasse vorbei. Dann zieht wieder ein flackernder Lichtschein vorbei, dann noch einer und immer mehr. Ihr vernehmt Stimmen, Zorn und Wut überlagern urtümliche, tiefsitzende Furcht. Das Gemurmel wird lauter, zornige Rufe mischen sich darunter.

"Monster... blutsaufende Teufel... Nachtdämonen... Brennen sollen sie... Brennen sollen ihre Verstecke!"

Ein ganzer Fackelzug passiert euren Sichtbereich. Und einer, einer leuchtet mit seiner Fackel auch in eure Gasse...

[Alain le Beau]

Der Mann mit der Fackel sieht vier Bewaffnete, in Lederkleidung gerüstet und mit Speeren bereitstehend. Dahinter sind weitere Männer zu erahnen. Die Gasse ist breit genug für zwei, vielleicht drei Männer nebeneinander, so dass er keine Details ausmachen können wird. Die drei Gardisten blicken sich unschlüssig an, aber Lucio kennt die Stadt und die Mentalität ihrer Bürger. "Hier ist alles unter Kontrolle, Freund", nickt er dem Mann zu. "Gutes Gelingen bei eurer Unternehmung!"

Beppo, scheinbar unbewaffnet, und Sergio mit seinem Kurzschwert stellen sich in Alains Nähe auf. Aufmerksam, aber ruhig. Die Gasse ist eng genug, um eine ganze Armee aufzuhalten. Der junge Gardist, der zuvor Nicolo geholt hat, beginnt auf ein leises Kommando Alains, in der Gasse auf und ab zu patrouillieren. So, als würden die Männer die Häuser kontrollieren.

[Il Cavaliere]

Der Mann, ein bärtiger Mittzwanziger, reckt den Hals um einen Blick tiefer in die Gasse zu werfen. Dann nickt er grimmig, deutet mit der Fackel aus der Gasse hinaus und winkt mit der freien Hand ihm zu folgen.

"Kommt, kommt mit! Wir brennen die Heimstatt dieser Monster nieder! Und sie gleich mit!"

Ein fanatischer Glanz, eine dunkle Vorfreude spiegelt sich in den hellblauen Augen des Mannes. Ein einfacher Genuese, nicht arm, nicht wohlhabend. Ein vermutlich ganz normaler Kerl. Normalerweise.