[1035] Caritas omnia tolerat [Galeno, Ilario]

[Nubis]

Zweifel lag im Blicke Galenos.

"Meint ihr wirklich, dass im Falle jener, die uns verfolgen, es ausreichen wird, dass wir nichts gegen sie unternehmen? Nicht einmal im Geheimen? Noch vor dem Krieg klang dies doch anders. Ich laufe nicht mit eurer Meinung mit, dass diese aufhören werden. Manche von ihnen werden womöglich jeden kleinsten Anlass nehmen, um sich zusammen zu scharen und weiter zu machen, um die Angst zu schüren. Und sie werden sicherlich, vor allem unter den Ungebildeten, Anhänger finden. Selbst wenn Genua mit Wohlstand genährt wird, so wird es immer Neider geben, denen dies noch immer nicht reicht, die selbst Menschen so ans Messer liefern würden, nur um deren Habe zu erlangen. Ich bin nahe bei den Armen, bei denen, die nichts haben. Ich sehe dort oftmals verschiedenes Verhalten, welches sich aber bis zu den Reichen hoch zieht. Gier ist eine grässliche Sünde, die die Herzen aller empfänglich für die Verderbnis macht.
Ausserdem..so lange sie möglicherweise noch von einem Kainiten geführt werden, wird es so bleiben. Dann werden sie nicht ruhen, sondern stets so weiter machen. Solange sich jener Kainit etwas davon verspricht..."

Das Lächeln von Ilario war trügerisch. Galeno wusste nur all zu gut, dass sein Mentor nicht viel offen preis gab und dass selten die Fassade bröckelte. Im Krieg sah einiges echt aus, wenn er Angst gezeigt hatte. Doch jetzt? War es ein echtes Lächeln? Oder lagen wieder tausende Deutungen dahinter?

"Die höchste Instanz in dieser Stadt ist der Prinz, der darüber urteilt, wer gut und wer schlecht für seine Stadt ist. Und doch kann ein jeder vorbringen, wenn er der Meinung ist, dass etwas nicht so läuft, wie es laufen sollte. Oder nicht? Vor allem, wenn es um das Strafen der schlechten Taten geht. Ich denke schon, dass man in einigen Fällen klar urteilen kann, was gut und was schlecht ist. Es gibt natürlich auch Grauzonen. Massenmord, Zerstörungswut...dies zähle ich zum Beispiel zu den schlechten Dingen. Förderung von Handel, Kultur und Medizin zu den Guten. Wer nur schlechtes anrichtet, der hat meiner Meinung nach hier in der Stadt nichts zu suchen. Wer nur zerstören will, wer nur Zwietracht sät und wer absolut nichts in der Stadt für die Domäne beisteuert, sollte hier nicht sein. Auch wer nur seine eigene Gier befriedigt und dem alles andere egal ist."

Er setzte ab und überlegte.

"Ich weiss, dass man einfach darüber sprechen kann und es in der Umsetzung sicherlich nicht leicht ist, doch in der Vergangenheit wurde sich um einiges nicht gekümmert. Einige haben beispielsweise ihr Amt vernachlässigt oder missbraucht. Wäre es nicht gut, wenn dies in Zukunft geändert wird?"

[Ilario]

"Sprach ich nicht gerade davon Schlüsselfiguren auszuschalten? Sprach ich nicht davon wie man den Pöbel zufrieden stellen kann und sollte? Und ihr glaubt, dass es der verehrte Ferrucio ist der die Fanatiker zur Jagd auf Kainiten hetzt? Sicherlich beeinflusst er die Gläubigen, aber die Kontrolle hat er sicher nicht. Würde er es tatsächlich so tun wie ihr denkt, dann wäre er längst vernichtet oder zur Blutjagd ausgerufen.
Die Melissiden hingegen... schaut euch an wie sie in den Nächten des Konflikts agiert haben und zieht eure eigenen Schlüsse. Ich vermute jedoch stark, dass sich dieses Problem alsbald gelöst haben wird. So oder so... "

Er breitete die Hände aus und blickte Galeno vielsagend an.

"Gut und schlecht für die Domäne lässt viel Raum für Interpretation, doch im Grunde habt ihr es gut erfasst. Ich sehe es im übrigen durchaus als meine Aufgabe die Verfehlungen die begangen werden zu Konsequenzen werden zu lassen. Jedoch sehe ich mich weniger als Ankläger...
Und wenn ihr vorhabt jemanden zu belangen, dann seid akribisch mit der Planung. Sowohl Beweise, als auch politische Rückendeckung und persönliche Macht spielen ihre Rolle.
Bedenkt, dass der Prinz zwar formal dir oberste Gewalt in einer Domäne ist, aber unterschätzt nicht die Macht des sehr verehrten Lydiadas. Vielleicht ist seine Macht hier sogar größer, zumindest schützt er seine Leute. Und so sehr es mich betrübt dies sagen zu müssen, er tut dies besser als es der höchstverehrten Prinzessin bisher gelang. Also gebt Acht werter Galeno, gebt Acht."

Dann sah Ilario seinen Schüler durchdringend an.

"Ihr erwähntet Burgus und das Chaos dort. Wart ihr involviert? Könnt ihr mir berichten wie der momentane Stand eures Ältesten ist?

[Nubis]

"Ich war zu vielen Ereignissen nicht in der Stadt zugegen. Ich weiss nicht genau, wie die Melissiden agiert haben, oder ob das Eine mit dem anderen überhaupt etwas gemein hat, ausser der Tatsache, dass beides sich gegen die Kainiten richtet.
Auch vermute ich, dass nicht nur der verehrte Ferruccio seine Finger im Spiel hatte, sondern vermutlich auch andere. Die Melissiden stehen noch mit anderen in Zusammenhang. Der werte Toma zum Beispiel hatte Kontakte mit ihnen gepflegt und die Aussage Acacias von wegen, die Stadt läge in ihrer Hand...liesse auch ein paar Schlüsse in dieser Richtung vermuten. Denn man hat gesehen,wie ernst zu nehmend Menschen sein können, wenn sie in Masse etwas niederwerfen wollen, wenn sie sich verbünden. Etwas, was wir Kainiten wohl manchmal nicht sehen, wahr haben wollen....was wir vernachlässigen.
Den Zusammenhalt."

Sein Blick verdüsterte sich.

"Ich sprach mit dem sehr verehrten Lydiadas und...ich gebe Acht. Ich denke tatsächlich, dass es mir egal gewesen wäre, wer schlussendlich gewonnen hätte. Ich war an dem Punkt abzuwarten und später für mich zu entscheiden, ob das Gesagte der Wahrheit entspricht, ob Versprechungen nur da waren, um Seiten zu bilden, oder ob doch echte Ambitionen in diese Richtung dahinter stecken.
Ich weiss, wo meine Position ist. Ich weiss, dass ich es mir nicht erlauben kann, offen gegen andere zu agieren und selbst versteckt vorsichtig zu sein habe... Aber ich weiss auch, dass ich nicht unbedingt jeden in seinem Handeln auch noch unterstützen muss oder es gut heissen muss. Und wenn dafür schlussendlich mein Kopf rollt...dann wird es so sein. Dann habe ich in meinem Bestreben versagt , doch ich habe das mir Möglichste getan, um meiner selbst treu bleiben zu können."

Als Ilario ihn durchdringend ansehen wollte, huschte der Blick Galenos tatsächlich zur Seite. Eine Abwehrreaktion, die er doch für sicherer hielt.

"Ich weiss nichts über den Status meines Ältesten, ausser dass er noch da ist und wohl auch noch den Clan führt. Er wird sicherlich weiterhin von meinem Clansbruder geschützt werden. Ich hoffe, dass ich meine Position, die ich nun in Burgus inne habe, halten und vielleicht verstärken kann. Also ja, ich habe mit ein paar dieser Dinge dort zu tun und sie werden sicherlich von meinen Clansgeschwistern nicht all zu wohlwollend aufgenommen worden sein. Also werde ich da vermutlich noch einiges zu erklären haben und hoffe, dies eben auch meistern zu können, ohne dass ich das Schwert meines Bruders zu spüren bekommen werde, weil ich angeblich den Clan verraten habe."

Er musterte Ilario nun etwas intensiver, vermied aber weiterhin den direkten Blickkontakt.
"Offensichtlich war ein Wissenssucher recht erfolgreich ebenfalls in Burgus unterwegs... Ich hoffe, mein Ältester findet nie heraus, wer dies war. Allerdings hoffe ich, dass verschwundenes Wissen auch wieder auftaucht, möglicherweise an anderer Stelle, aber nutzbar...."

Er versuchte dabei ruhig zu wirken, aber gegen Ende wurde es durch den grimmigen Blick und die doch fest zusammengebissenen Kiefer deutlich, dass ihn diese Situation ärgerte.

[Ilario]

Ilario legte die Spitzen seiner Finger aneinander und sah Galeno darüber hinweg nachdenklich an.

"Was habt ihr in Burgus angestellt, dass euer Clan euch derart bezichtigen würde?"

Zwar konnte er sich einiges vorstellen, aber was auch immer es war, Ilario wollte Galeno die Chance geben selbst zu entscheiden was er offenbarte und was nicht. Geheimnisse waren in den Augen des Lasombras nichts verwerfliches, sondern die Essenz des Seins.

"Dieser Diebstahl... Es hört sich ganz so an als wolltet ihr andeuten dies wäre mein Werk. Nun ja, falls dem so wäre, würde ich es kaum zugeben. Allein schon falls ihr eurem Ältesten in die Fänge gerietet, dann könntet ihr es ihm kaum vorenthalten...
Allerdings habe ich eine begründete Vermutung wer wirklich diesen Schurkenstreich begangen haben könnte. Man soll ja über Verstorbene nicht schlecht reden, aber ich bin recht sicher, dass mein Clansbruder Adelchis irgendwie darin verwickelt war. Ausserdem war sicher kein Neugeborener der Kopf hinter der Sache, überlebt einmal welche Ancilla die Domäne verlassen haben. Ich bin sicher es gelingt euch die richtigen Schlüsse zu ziehen...
Ihr habt allerdings recht werter Galeno, das verlorene Wissen sollte nicht verloren bleiben. Ich habe meine Möglichkeiten Dinge aufzuspüren, vielleicht kann ich herausfinden an was für einem Ort die entwendeten Schätze nun sind. Falls es mir gelingt sie zu finden, werde ich sie in die Obhut eures Clans zurück geben."

Was nicht unbedingt Benedettos Obhut heißen musste.

[Nubis]

"Mhh...ich habe im Grunde nur die Befehle meines Ältesten ausgeführt, die nicht gerade sonderlich detailliert gewesen sind und über all die Nächte auch nicht erneuert worden sind. Also habe ich nach eigenem Ermessen die Miliz übernommen, denn ich sollte mich darum kümmern, und Burgus beschützen lassen. Ich bin etwas...kreativ an die Sache herangegangen, weil...nun, es soll einmal jeder versuchen die Miliz zu überzeugen, wenn man erscheint wie ein sechszehnjähriger Knabe und keinerlei besondere Kräfte besitzt, die in irgendeiner Form beim Überzeugen helfen könnten."

Er zuckte mit den Schultern.

"Zumindest hat das Verteidigen sehr gut geklappt... Die Miliz war so stark, dass sie ein Heer, welches angerückt war, vernichten konnte. Allerdings könnte es sein, dass dieses Heer eigentlich gewollt nach Genua sollte, Mailänder Hilfe womöglich oder jene, die ihr auch nicht leiden könnt, noch weiter aus dem Norden... Ich weiss nicht so recht, wem Savona geholfen hätte."

Er räusperte sich.

Bei Ilarios Meinung zu dem Diebstahl, sagte er kein Wort. Ja, es könnten auch andere Schatten oder gar Ventrue gewesen sein, doch in diesem Punkt war es auch leicht, einfach auf andere zu lenken. Es waren allerdings mögliche Ziele, die er bei Rückfrage an Benedetto weiterreichen konnte, um seinen Mentor aus der Schusslinie zu holen...Somit huschte gegen Ende ein kaum merkliches Lächeln auf seine Züge.

[Ilario]

"Befehle ausgeführt, so so... und dann noch die Truppen aus Savona geschlagen. Nur mit der Miliz..."

Wusste Ilario mehr, bluffte er nur oder zog er ganz einfach logische Schlüsse? Jedenfalls ging er nciht weiter darauf ein, sondern würde Galeno sein Geheimnis lassen so dieser nicht selbst Licht ins Dunkle bringen würde.

"Nun es ist stark anzunehmen, dass die Streitkräfte aus Savona die Truppen unserer höchst verehrten Prinzessin unterstützt hätten. Wodurch sie in der Schuld des Prinzen Luitprand von Savona gestanden hätte. Einem Handlanger dieser Tedesci."

Dann lächelte Ilario hintersinnig.

"Ein letztes Wort zu diesem Diebstahl. Hätte ich das Diebesgut, würde ich es an mich bringen... so hätte ich ein hervorragendes Druckmittel oder Bestechung für euren Ältesten. Insofern, wenn ihr einen Hinweis darauf findet wo es sich befindet, lasst es mich wissen."

[Nubis]

"Nun ist geschehen, was geschehen ist und wir sollten uns der Zukunft zuwenden..."
Galeno seufzte.
"Diese wartet noch mit genügend Schwierigkeiten auf."

Er blickte ihn ernst an.
"In meiner neuen Position sollte ich schnellstmöglich auch weitere politische Zusammenhänge erlernen ... vor allem der unsrigen Welt, die aber mit den Menschen oft verbunden steht. Ich hoffe, wir können dies fortsetzen, was wir schon begonnen hatten."

Natürlich beschäftigten Galeno auch noch weiter die vergangenen Geschehnisse, doch er versuchte zu verdrängen und die Konzentration auf Neues zu lenken.

[Ilario]

"Aus der Vergangenheit erwächst die Zukunft."

Doch dabei ließ er es dann auch bewenden. Vielleicht ließe sich Benedettos beraubtes Gut wirklich finden, und dann würde Ilario es in die Hände des Chronisten zurückgeben. Gegen eine Gegenleistung. Oder in die Hände eines Chronisten den er zu einem machen würde.

"Eure Position ja, Herold. Sehr wichtig und angesehen, weitere Faux Pas sollten euch besser nicht unterlaufen, nun da ihr das Amt innehabt. Nun, da mein neues Amt mich dazu zwingen würde auch meinen Schüler abzustrafen.
Gern lehre ich euch was ihr zu wissen begehrt, politische Zusammenhänge... den Tanz im Spinnennetz. Doch für Wissen werde ich Wissen verlangen. Und noch ein kleiner Rat: Lasst euch nicht mit der Rose dessen Namen man nicht nennt sehen."

[Nubis]

"Sofern es der Wahrheit entspricht, habe ich nichts dagegen, dass ihr mich abstrafen würdet. Fauxpas sind manchmal schwer zu vermeiden...aber ja, so wenige als möglich zu begehen, das wäre gut."

Er legte den Kopf leich schief.
"Die Rose? Ihr meint den Kapitano?"

Die Braue wanderte nach oben.
"Nun, ich denke mein Amt verlangt von mir auch eine gewisse objektive Handlungsweise. Also auch Gespräche mit jenen, die ich sonst eher meiden würde.
In erster Linie sind es zwar die Neuankömmlinge, um die es dabei geht, aber ich werde auch ein Auge auf jene haben, die schon hier verweilen. Besonders wenn sie auffällig wurden."

Er räusperte sich.
"Diese Informationen reiche ich dann gern an euch weiter. Ich hoffe, dass in Zukunft die Amtsträger gut zusammen arbeiten werden. Schon alleine, um der höchst verehrten Aurores Gesetze zu wahren."

Dann nickte er lächelnd.
"Information gegen Information."

[Ilario]

"Informationen gegen Informationen inder Tat, doch versucht mir nicht solche anzubieten bei denen es eure Pflicht als Herold ist sie weiterzugeben."

Erklärte Ilario nachsichtig, nur um dann seinem Schüler einen scharfen Blick zuzuwerfen.

"Objektive Handlungsweise? In dem ihr mit einem solchen Individuum redet diskreditiert ihr das Amt welches euch gegeben wurde! Zumindest falls man euch dabei sieht oder es sich herumspricht. Der Capitano wird nie wieder das Ohr der Älteren finden. Er hat die Grundsätze unserer Gesellschaft mit Füßen getreten und darauf gespukt. Hütet euch!"