[1035] Eine Schachtel, in einer Schachtel, in einer Schachtel... [Nicolo, Avelina]

[April '20]
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Avelina di Braida
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[1035] Eine Schachtel, in einer Schachtel, in einer Schachtel... [Nicolo, Avelina]

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In jenen Nächten des Jahres 1035 führte einer ihrer Wege zu jenem Haus, welches sich Galeno und Nicolo teilten. Begleitet von zwei deutlich bewaffneten Leibgardisten und einem blonden Hünen. Letzterer hielt den strengen Blick aus stahlgrauen Augen durchdringend auf die Wachen gerichtet, die das Tor der Mauer bewachten, welche die kleine 'Festung' umgab.

Es war allerdings die kleine Frau in dem Kapuzenumhang, die sich mit melodischer Stimme an sie wandte.
„Guten Abend. Ich würde gerne Signore Trevisan sprechen. Könntet ihr ihm ausrichten die Viscontessa sei da? Er wird wissen, wer gemeint ist. Ich bin eine Freundin des Signore Fiore. Dies kann auch Luciano versichern, sollte er zugegen sein.“
"Die Natur lehrt Miteinander. Ohne Dornen wären die Rosen hilflos, ohne Rosen die Dornen trostlos…" KarlHeinz Karius (*1935)
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Nicolo Trevisan
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Re: [1035] Eine Schachtel, in einer Schachtel, in einer Schachtel... [Nicolo, Avelina]

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Das Haus, war eher bescheiden und klein zu nennen. Es machte den Eindruck eines Handelskontors, zwar schon etwas entfernt vom Hafen, doch immer noch nah genug, um Waren hierhin zu verladen.

Ein älterer Mann, mit dickem Bauch und grauem Haar machte die Tür auf und sah überrascht die Schar an, die ihm gegenüber stand.
Er blickte zunächst die anmutige Frau im Kapuzenumhang an, dann glitt sein Blick Stirn runzelend über den blonden Hühnen und die Leibgardisten.

"Verzeiht, nun ich kenne zwar Signore Fiore und auch Bruder Luciano, aber die beiden wohnen nicht hier. Signore Trevisan werde ich natürlich Euren Wunsch ausrichten..."
Man sah ihm seine Verwirrung an, bis sich plötzlich ein Funken des Verstehens über sein Gesicht ausbreitete und er auf die Knie vor ihr fiel.
"Ihr... ihr seid die verehrte Viscontessa di Braida. Verzeiht mir bitte, dass ich Euch nicht gleich erkannt habe.
Ich heiße Tommaso, bitte gestattet mir die Ehre, Euch in mein, ähem Signore Trevisan bescheidenes Haus zu führen."

Damit ging er voran und führte die Gesellschaft durch einen kurzen Flur in eine zwar gemütliche Wohnstube, die aber eher einfach eingerichtet war. Eine Frau hielt sich im Hintergrund auf und machte einen Knicks, als die Viscontessa eintrat.
In einer Ecke war ein Kamin zu erkennen, daneben mehrere Kisten, die wohl Gegenstände des Hausstandes enthielten, sowie einen Tisch, an dem sich zwei Bänke gegenüber befanden. Der einzige Luxus war ein verzierter Stuhl, welcher am Kopf des Tisches stand und diesen bot er dann der Viscontessa an.
"Bitte entschuldigt unser einfaches Heim. Der Herr Trevisan und ich, wir sind nur einfache Händler, zudem der Herr hauptsächlich als Medicus arbeitet."

Während er dies sagte, deutete er auf einen Vorhang, der die Wohnstätte abtrennte und verbarg, was sich dahinter verband.

"Ich hole Signore Trevisan. Bitte wartet hier kurz, Maria wird Euch derweil Speis und Trank versorgen."

Und während er sich verbeugend rückwärts hinaus ging, eilte sich besagte Maria den Gästen Wein und einen Laib Käse anzubieten.
Sollten der Hüne und die Gardisten sich setzen wollen, blieb ihnen nur eine der Bänke übrig.

Kurze Zeit später erschien Nicolo und gefolgt von Tommaso und lächelte die Rose an:
"Werte Viscontessa, es ist mir eine Ehre und eine Freude Euch hier begrüßen zu dürfen." Nicolo verbeugte sich respektvoll.
Dann blickte er kurz zu ihren Leibwächtern und blickte dann fragend die Rose an.
"Verzeiht, ich fürchte ich kann Euch keinen angemessenen Raum zur Verfügung stellen und ich hoffe, Ihr seht mir die beengten Verhältnisse hier nach."
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Avelina di Braida
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Tatsächlich hatte sie erwartet, dass auch das Haus in Platealonga größer wäre. Zudem hatte sie den Überblick verloren welche Gebäude sich die beiden Männer nun teilten und welche nicht. Doch scheinbar war sie letztendlich an dem Ort angekommen, an dem sie Nicolo finden konnte. Sie schien sich nicht an der Einfachheit des Hauses zu stören und als Tommaso so plötzlich auf die Knie fiel, war sie schon dabei in die Hocke zu gehen um ihm wieder aufzuhelfen. Bernardo beobachtete dies durchaus mit Missfallen.
„Bitte.. das ist doch nicht nötig. Steht auf...“
Dann folgte sie ihm, den Blick neugierig schweifen lassend. Der Frau im Hintergrund schenkte sie ein sachtes Lächeln bei ihrem Knicks und nickte ihr zu. Zumindest wurde offenkundig, dass sie die Sterblichen nicht ignorierte wie manch ein anderer, der sie bestenfalls als Diener sah.

„Macht euch keine Umstände.“ erwiderte sie noch freundlich, als der ältere Mann schon davon eilte um seinen Herren zu holen, blieb aber stehen, als wolle sie sich nicht herausnehmen den Platz des Hausherren am Kopf der Tafel einzunehmen. So wartete sie noch immer in ihren Umhang gehüllt.

Als Nicolo schließlich auftauchte neigte sie respektvoll den Kopf, ein Lächeln blieb für den Moment allerdings aus.
„Signore Trevisan, es tut mir leid, dass mein Besuch derart unerwartet ist. Ich hoffe dies bereitet nicht zu viele Umstände. Leider kann ich derzeit nicht für die Sicherheit von Gästen garantieren und halte mich selbst nicht in der Stadt auf. Und doch... würde ich euch gerne sprechen. Wenn möglich unter vier Augen.“ die letzten Worte waren etwas leiser gesprochen und waren begleitet von einem unsicheren Blick durch das Haus, „...sofern... dies irgendwie einzurichten ist.“
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Nicolo Trevisan
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Re: [1035] Eine Schachtel, in einer Schachtel, in einer Schachtel... [Nicolo, Avelina]

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"Aber nicht doch, Viscontessa, Ihr ehrt durch Eure Anwesenheit mein Haus."
Nicolo hatte immer noch einen freundlichen Gesichtsausdruck, doch seine Augen blickten wachsam und Ernst.
Ebenso leise sprach nun Nicolo, in seine Stimme schwang bedauern und noch etwas anderes mit:
"Meine anwesenden Diener sind eingeweiht und könnten, auch ohne Aufhebens den Raum verlassen, jedoch weiß ich nicht wohin mit Euren Wachen. Leider ist das Heim welches Messere Fiore und ich uns teilten zunächst für uns verloren. Dann hätten wir dieses Problem nicht. Ich bin beunruhigt, dass Ihr immer noch nicht in die Stadt zurückkehren konntet."

Nicolo kratzte kurz seinen Bart, ehe er weitersprach:
"Nun ich habe eine winzige Schreibkammer, kaum angemessen für Eure Gegenwart und eigentlich ist dort nur Platz für eine Person, jedoch wären wir ungestört."

Sollte die Rose zustimmen, würde Nicolo Tommaso vorschicken, um eine Kerze in dem Raum zu platzieren und diesen zumindest halbwegs freizuräumen.
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Avelina di Braida
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Re: [1035] Eine Schachtel, in einer Schachtel, in einer Schachtel... [Nicolo, Avelina]

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Sie schüttelte sacht den Kopf und erwiderte ebenso leise, „Es ist nicht, dass ich euren Dienern nicht traue. Ich will sie nur lieber nicht gefährden. In diesen Belangen kann es gesünder für sie sein weniger zu wissen. Und macht euch keinen Kopf darüber, ob etwas für mich angemessen ist oder nicht. Ihr seid ein Medicus, euer Heim ist sauber und die Leute hier scheinen gute Leute zu sein. Und da ich nicht glaube, dass ihr mir trotz eures Aushangs in Santo die Kehle aufschlitzen wollt – zumindest wenn ich Galeno Glauben schenken kann – kann ich sehr gut mit einer kleinen Schreibkammer leben.“

Sie drehte sich um und wandte sich mit einem Lächeln an Maria, während Tommaso die Kerze platzieren ging.
„Bitte macht euch keine Umstände. Meine Wachen sind gut versorgt. Und sollten sie hier stören, können sie auch vor der Tür warten.“

Dann folgte sie Nicolo.
„Es ist weiser nicht in der Stadt zu weilen in diesen Nächten. Immerhin wurde mir gezeigt, dass mein Haus nicht sicher ist vor jenen denen ihr euch verschrieben habt. Sie sind nicht davor zurück geschreckt meine Familie zu manipulieren um sich Zutritt zur Villa di Fiori zu verschaffen.“
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Nicolo Trevisan
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Re: [1035] Eine Schachtel, in einer Schachtel, in einer Schachtel... [Nicolo, Avelina]

Beitrag von Nicolo Trevisan »

„Das sind sie allerdings“ Und Nicolo bedachte seine Diener mit einem wohlwollenden Blick.
Bei ihren folgenden Worten verzog sich sein Gesicht allerdings für einen Moment.
Steif nickte er ihr zu, entspannte sich dann aber wieder. Vielleicht hatte er solche Worte verdient. Andererseits, wenn sie in seiner Situation gewesen wäre…

Seine Gedankengänge wurden durch Maria unterbrochen, welche erneut vor Avelina knickste: „Eure Männer stören nicht, Viscontessa,“ sagte sie mit einer lieblichen Stimme und wendete sich dann wieder der Versorgung der Gäste zu, während Nicolo schweigsam Avelina vorbei an einer anderen Tür zu besagter Schreibstube führte.

Wie angekündigt, war der Raum äußerst klein, gerade groß genug, dass sich zwei Personen hierin aufhalten konnten. Das Ende der, eher als Nische zu bezeichnenden Kammer, wurde durch das Schreibpult dominiert, auf dem eine nun entzündete Kerze stand. Der Schemel war unter dieses geschoben, um Platz zu schaffen und bis vorhin hatte wohl noch ein Foliant auf dem Pult gelegen.

Erst als sie dort angekommen waren und sich im engen Raum gegenüberstanden, brach Nicolo das Schweigen. Sein Blick war Schuld bewusst und doch lag auch ein gewisser Trotz darin.
„Ich kenne leider die Zusammenhänge nicht, warum der Schatten an Euch so interessiert ist. Es gab Gründe…, Gründe warum ich mich dem Schatten verschrieb. Ich will sie Euch später erläutern, da ich denke, dass Ihr ein Recht darauf habt. Ich hatte auch Tommaso als Boten zu Eurer Villa geschickt, weil ich hoffte mit Euch darüber sprechen zu können, doch wusste dort niemand Euren Aufenthalt und sonst konnte ich niemanden fragen, da auch der Werte Galeno zunächst verschwunden war…
Das der Schatten Euch so beharrlich nachstellt, bereitet mir Sorgen und meine närrische Illusion, dass ich Euch schützen könnte wurde in jener Nacht im Elysium ebenso zerstört, als sein Fingerzeig erst Euch traf und sein Blick, dann den Werten Galeno und mich miteinbezog.“
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Avelina di Braida
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Re: [1035] Eine Schachtel, in einer Schachtel, in einer Schachtel... [Nicolo, Avelina]

Beitrag von Avelina di Braida »

Bevor sie mit Nicolo in der Schreibkammer verschwand warf sie Bernardo noch einen Blick zu. Eine Art stumme Konversation schien zwischen den beiden stattzufinden, wie sie nur jene zu führen vermochten, die Jahrzehnte Seite an Seite gelebt hatten. Und tatsächlich bemühte sich der meist griesgrämig erscheinende Hüne im Anschluss um ein Lächeln in Richtung Maria, während die Wachen ihre Helme vom Kopf zogen.

Als sie den doch sehr spärlichen Raum betraten und Avelina ihren Umhang ablegte, war noch deutlicher zu bemerken unter welch einfachen Umständen die Rose derzeit leben musste. Von ihren Kleidern ging - statt dem Duft der exotischen Öle, der sie sonst umgab - das Aroma von wilden Kräutern und Nadelhölzern, ja, vielleicht sogar etwas erdigem aus. Das Gewand selbst war schlicht und eher praktisch – nicht, dass sie sonst Wert auf Zeitgemäße oder besonders überladene Kleider legte. Ihr seidiges, tiefschwarzes Haar floss ungezähmt in langen Wellen über ihre Schultern. Natürlich war sie schön wie immer, doch ihren Augen schien das sonst so lebendige grüne Feuer zu fehlen, stattdessen lag Sorge in ihrem Blick.

Sie schien überrascht, als Nicolo davon sprach, dass er sie hatte schützen wollen. Dann hatte sie dies in San Donato richtig gedeutet? Sie schüttelte den Kopf.
„Ich denke nicht, dass ihr euch sorgen müsst, nur weil ihr in meiner Nähe standet. Und ich weiß auch nicht, ob man dies wirklich als 'beharrlich nachstellen' bezeichnen kann. Aber ganz offensichtlich ist er mir nicht freundlich gewogen, wenngleich ich nur Vermutungen anstellen kann, weshalb ich für ihn in einer Reihe zu stehen scheine mit Ferrucio und Titus. Meine Loyalität zu Aurore kann es nicht sein. Dann hätte sein Fingerzeig auch auf einige andere gehen müssen.“

Bisher war sie relativ beherrscht geblieben und hatte versucht nicht allzu viele Emotionen zu zeigen. Doch jetzt schien diese Beherrschung von ihr abzufallen.
„Was ich allerdings weiß ist, dass jene in Lydiadas Gefolgschaft von Anfang an, seit ich nach Genua kam, versuchten mich zu beeinflussen, mich zu erpressen und zu verängstigen. Sie haben mir ein ums andere Mal gezeigt, dass ihnen nicht zu trauen ist. Und dass es gerade für alle die unserem Weg folgen gefährlich ist sich ihnen anzuschließen. Darum verstehe ich es nicht. Warum ihr? Warum der Aushang in San Donato? Warum Aurore den Rücken kehren? Wie haben sie euch erpresst, welche Lügen haben sie euch aufgetischt?“
Ihr Blick lag voller Unverständnis auf ihm. Ja, ihr war anzusehen, dass sie sich wohl öfter in jenen Nächten Gedanken um diese Frage gemacht hatte.
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Nicolo Trevisan
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Re: [1035] Eine Schachtel, in einer Schachtel, in einer Schachtel... [Nicolo, Avelina]

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Wie sie dastand, das Haar schmeichelnd ihre Schulter umfloss und das Aroma der Wälder sie umgab, kam Nicolò nicht umhin ihre Schönheit ein weiteres Mal zu bewundern. Fasst wirkte sie in dieser einfachen Tracht nocht attraktiver auf ihn. Dann aber bemerkte er das erloschene Feuer in ihren Augen und sein Blick trübte sich vor Bedauern.
Als sie den Kopf schüttelte, sprach er leise.
"Es war mehr, als nur in Eurer Nähe stehen, Wohlwerte Hüterin, das erkannte ebenso der sehr verehrte Lydiadas. Ich sorge mich auch weniger, dass mir hieraus Unbill geschieht, sondern mehr, dass ich den geringen Einfluss verlor, den ich besaß. Etwas was ich zu Eurem Schutz gedachte zu verwenden. Warum Ihr mit seinem Fingerzeig besehen wurdet, ist mir jedoch ebenso schleierhaft."

Als dann ihre Beherrschung abfiel, zeigte sich größere Bestürzung auf Nicolò Gesicht, er versuchte in der kleinen Nische auf und ab zu gehen, was sich sclicht als unmöglich gestaltete. Daher blieb er unruhig stehen.
"Ihr wisst welchem Unterpfad ich angehöre, Wohlwerte Avelina. In manchen Beziehungen ist er strikter als die Via Hummanitas und als ich ihn folgte, führte er mich zu den Schatten."

Bevor sie etwas erwidern konnte, sprach er schnell weiter.
"Lasst es mich erklären. In jener Nacht, als der Aushang gemacht wurde, war ich an der Porta Soprana. Ein Herr, angeblich unter Führung des Verehrten Brimir, sollte über dieses Tor in die Stadt eindringen. Der Allesfresser hatte im Namen Aurores jedem Kainiten vor Ort den Auftrag gegeben, dieses Herr aufzuhalten. Doch die Soldaten der Prinzessin waren jung und unerfahren, dazu in der Unterzahl. Ihr Anführer Tiago sagte mir selbst, dass die Aufgabe hoffnungslos ist. Trotzdem kam er seinen Befehlen nach und schickte seine Leute wissentlich in den Tod. Ich versuchte die Bewohner von Staglieno in Sicherheit zu bringen und richtete ein Lazarett im Kloster ein, aber ich wusste, dass das nicht reichen würde. Direkt nach dem Hof, hatten die Schatten bereits versucht mich auf ihre Seite zu ziehen, was ich ablehnte. In dieser Nacht sah ich nun die Chance, dass ich viele Leben retten konnte, wenn ich mich im Gegenzug Lydiadas verschreiben würde."

Auf Nicolòs Gesicht waren Zweifel und Unsicherheit zu sehen, dennoch zwang er sich Avelina direkt anzuschauen.
"Ich machte mir die Entscheidung nicht leicht und zögerte lange - vielleicht zu lange, denn ich hätte möglicherweise noch mehr Leben retten können. Dann erst sendete ich meinen Diener mit jenem Handel los. Das Leben der Sterblichen gegen meinen Schwur der Treue.
Ich... ich hoffe, Ihr könnt meine Situation nachvollziehen. Ich weiß, dass die Schatten Euch und Eurem Clan weit mehr angetan haben. Aber der sehr verehrte Lydiadas hielt sein Wort in jener Nacht und das Leben etlicher wurde verschont. Er versprach mir darüber hinaus für den Schutz der Sethskinder in Genua zu sorgen. Daher schwor ich ihm im Gegenzug die Treue und hielt mich so an meinen Teil der Abmachung."

Mit diesen Worten ende Nioclò, seine Schultern hingen herab und ein unglücklicher Ausdruck lag auf seinem Gesicht, doch zeigten seine Augen auch eine Spur Entschlossenheit. Er hatte lange mit dieser Entscheidung gehadert, doch er hatte sie getroffen und stand nun zu dieser - wie hatte Lydiadas in der folgenden Nacht gesagt... 'Für das Leben anderer. Märtyrerisch könnte man es nennen'. Er hoffte, dass Avelina das verstehen würde...
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Avelina di Braida
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Re: [1035] Eine Schachtel, in einer Schachtel, in einer Schachtel... [Nicolo, Avelina]

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Sie zögerte einen Moment und erwiderte dann leise, „Ich werde jetzt ganz offen sprechen, was ich vermutlich nicht tun sollte, denn es ist in dieser Situation mehr als gefährlich. Doch unserer Via – ganz ab von den Unterpfaden – zuliebe, werde ich dies tun. Und in der Hoffnung, dass wir nicht auf gänzlich unterschiedlichen Seiten stehen.“

Sie schloss für einen Moment die Augen und ihre Stimme war nur noch ein Wispern, als sie sprach.
„So wie ihr es schildert erpressten die Schatten euch.“ fasste sie schlicht zusammen, „Oder glaubt ihr es wäre nötig gewesen Genua zu verteidigen, wenn die Schatten uns nicht angegriffen hätten? Ihr habt es doch selbst auf dem Hoftag mitbekommen, wie Lydiadas den Thron beanspruchte. Aurore wandert auf der Via Humanitas. Ich bin mir sehr sicher sie hat kein Interesse daran unerfahrene Soldaten in den Kampf zu schicken um womöglich noch als Wassail zu enden. Aber was hätte sie tun sollen? Hätte sie die Tore weit öffnen sollen? Auf den Thron verzichten, obwohl sie geschworen hat das Blut Genuas zu schützen?“

Sie schüttelte sacht den Kopf.
„Ich frage euch, auf welcher Via glaubt ihr wandelt Lydiadas? Auf welcher wandelte Acacia? Und all jene die ihnen von Anfang an folgten oder im Laufe der Unruhen? Ich kann euch ettliche Namen nennen, die sich der Via Peccati verschrieben haben, dem Weg der Sünde, die nicht gezögert haben sich ihnen anzuschließen. Ihr unterstützt also jene Wege, die dem unsrigen entgegen stehen um... den unsrigen zu schützen? Es tut mir leid, dies ergibt keinen Sinn für mich, auch wenn ich verstehe, dass ihr in diesem Moment vermutlich gar nicht anders handeln konntet. Doch was jetzt?“

Sie machte eine kurze Pause, in der sie ihn aufmerksam ansah.
„Sind wir ehrlich. Wir wissen nicht, was dort wirklich geschehen ist. Aurore konnte scheinbar durch eine List den Thron behalten und weiteres Blutvergießen vermeiden. Doch der Preis war hoch. Die Stadt, sowie die höchst verehrte Majestät sind abermals Vasallen der Schatten... indem der vorherige Eid, den sie gezwungen war Mailands Schatten zu leisten, gebrochen wurde. Nun ist Mailand unser Feind und der Seneschall gehört der See der Schatten an. Die Schatten scheinen sehr eifrig in ihrem Kampf um die Vorherrschaft. Unsere Prinzessin scheint es immer wieder zu schaffen trotz der Konflikte in dieser Gegend den Thron beständig zu besetzen. Und doch wandelt sie dabei noch auf der Via Humanitas.“

Kurz schloss sie die Augen erneut bevor sie fortfuhr,
„Man hat dafür gesorgt uns zu zeigen wo wir stehen. Den Schatten und den Ventrue ist es erlaubt die meisten Blutsdiener zu haben. Man musste den Ventrue wohl diesen Vorteil lassen, da eine von ihnen auf dem Thron sitzt. Doch es wurde bereits deutlich gemacht, dass mein hoher Clan dieser Konstelation untergeordnet wird. Eine offene Beleidigung. Aber wisst ihr... all das würde mich nicht einmal stören. Ich habe keine Freude daran weitere Sterbliche mit meinem Blut zu binden. Allerdings gab man mir ein Amt. Als Hüterin soll ich das Elysíum schützen. Gleichzeitig nimmt man mir die Möglichkeiten. Entweder ich wahre die Stille, oder ich bemühe mich um Sicherheit im Elysium.“ sie schnaubte leise, „Vermutlich wartet Lydiadas darauf, dass ich vor ihm krieche und ihn um Unterstützung bitte. Vermutlich wartet er ebenso darauf, dass ich nach meinem Garten frage, an dem ich Jahrzehnte arbeitete, den ich gezwungen war Acacia zu geben um der vorherigen Erpressung zu entgehen und auf den er nun den Daumen hält.“

Sie knurrte und kurz blitzten ihre Fänge auf. Sie benötigte einen Moment um sich zu sammeln, bevor sie wieder zu Nicolo sah.
„Es ist unter gegebenen Umständen nur eine Frage der Zeit, bis es zu Stillebrüchen kommen wird. Und sicher werden für jene Ausnahmen gemacht, die auf Lydiadas Seite stehen. Nun, wenn euch also eure Entscheidung ernst ist, dann beglückwünsche ich euch, dass ihr vermutlich eine ebensolche Vorteilverschaffende Behandlung bekommen werdet. Allerdings solltet ihr dann wohl auch schnell zum Seneschall gehen und ihm berichten, welch lästerliche Worte ihr von mir hörtet. Es würde sicher euer Ansehen bei den Schatten steigern.“
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Nicolo Trevisan
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Re: [1035] Eine Schachtel, in einer Schachtel, in einer Schachtel... [Nicolo, Avelina]

Beitrag von Nicolo Trevisan »

Nicolo schüttelte entschieden den Kopf, richtete sich zu seiner vollen Größe auf und in seiner Stimme brach der unterdrückte Zorn und die Wut über diese Nacht durch.

"Ihr wart nicht am Tor und auch wenn ich bestimmt von solchen Dingen wenig Ahnung habe, war es selbst für mich offensichtlich, dass die Soldaten in den Tod geschickt wurden. Das Tor war bereits in der Hand der Schatten. Es ging nicht darum dem Feind, den Einlass zu verwehren. Es ging nur darum, dem Feind ein wenig zu zusetzen.
Ein wenig... ", murmelte Nicolo leise und verbittert, bevor er nun zwar leise, aber lauter als zuvor weitersprach. Eindringlich sah Nicolo sie an.

"Das aber vollkommen auf dem Rücken der Sterblichen und der Dorfbewohner, wenn ich sie nicht gewarnt hätte. Selbst dem Kommandeur ihrer Truppen war das bewusst und er bestätigte meine Befürchtungen. Natürlich musste sie etwas unternehmen, aber es hätte weniger Verluste bedeutet an anderer Stelle zu kämpfen und es hätte ihre Chancen auch eher verbessert, als sinnlos Menschen zu verheizen, die zwischen dem Tor und Staglieno gefangen sind und nur darauf warten, abgeschlachtet zu werden. Selbst dem wohlwerten Alain war die Hoffnungslosigkeit der Lage sofort klar und er versuchte die Melessiden dazu zu bewegen sich Aurores Seite anzuschließen. Er tauchte allerdings nicht mehr auf..."

Nicolo seufzte, diese Nacht hatte in auf mehr als eine Art und Weise gefordert, wie jetzt vielleicht zur Rose durchblicken mochte, als sich der Schatten der Ereignisse auf seinen Gesichtszügen widerspiegelte.
"Vielleicht war der höchst verehrten die volle Lage nicht klar, aber dazu kam die Bombardierung Claviculas, welche ebenfalls etliche unschuldige Menschenleben forderte.
Ihr selbst spracht davon, dass die Herde Genuas nicht mehr gut gelitten ist und nicht alles kann den Schatten angeprangert werden.
All dies ließ mich daran zweifeln, dass sie immer noch unserem Weg folgt.
Und auch auf ihrer Seite gab es genauso Anhänger des Weges der Sünde, wie auf der Seite des Schatten."
Inzwischen war ein Wirrwarr von Gefühlen auf seinem Gesicht zu lesen - Wut, Zorn, Verbitterung, aber auch Zweifel, Schuld und Reue.

"Der sehr verehrte Lydiadas versprach mir dennoch, dass der schlechte Umgang mit den Sterblichen vorbei sein werde und er dafür Sorgen würde. Und die Vereinbarung zur Schonung der Sterblichen lag nun mal darin, dass ich diesen Aushang tätigte. Ich weiß nicht, warum er sich solche Mühe gab, mich für seine Seite zu gewinnen, doch musste ich zu meinem Wort stehen, manchmal geht es nicht anders...
Ob man nun will oder nicht. Und selbst trotzdessen hätte ich zu Euch gestanden, als der Fingerzeig Euch traf. Selbst der sehr verehrte Lydiadas erkannte dies..."

Bei ihren letzten Worten versteinerte sich jedoch sein Gesicht.
"Wenn Ihr tatsächlich so über mich denkt, dann solltet Ihr besser mein Haus jetzt verlassen. Vielleicht solltet Ihr Euch aber meine Diener einmal genau anschauen, bevor Ihr geht. Ich denke jedenfalls, dass Taten oder das unterlassen jener mehr sagen als Worte, wohlwerte Hüterin."

"Aber eines noch, weil ich Euch anrechne, dass Ihr offen gesprochen habt. Ich habe der höchst verehrten letztlich die Treue geschworen in San Donato, auch wenn ich zuvor noch Lydiadas aus besagten Gründen unterstützt hatte. Ich bezweifle auch, dass er noch zu meiner getroffenen Abmachung steht, daher empfinde ich mich auch nicht länger an ihn gebunden."
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