[1035] Der, an dem der Fingerzeig vorüber ging... [Gasparo, Avelina]

[April '20]
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Avelina di Braida
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[1035] Der, an dem der Fingerzeig vorüber ging... [Gasparo, Avelina]

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Das Castello... Vor wenigen Wochen ein Ort grauenvoller Zerstörung. Sie hatte lange mit sich gehadert, und alles in ihr sträubte sich jene Mauern aufzusuchen, welche doch eigentlich Schutz hätten versprechen sollen.

Die Stadt schien so oder so noch immer unsicher, und mit jedem Schritt den sie durch die Straßen Genuas ging, machte sich Unwohlsein in ihr breit. Hier war dieses Gefühl noch weitaus präsenter. Wie konnte hier überhaupt noch jemand bleiben?

Es waren vier Leibgardisten in ihrer Begleitung, die einen imposanten Eindruck boten. Sie alle waren gerüstet und bewaffnet. Und bei allen waren die Augen kaum zu erkennen, die Partie unter dem Augenschutz der Helme schien schwarz.
Auch war der blonde Hüne bei ihr, der in jenen Nächten nicht von ihrer Seite wich.

Es war Magister di Como den sie suchte. Und sie würde entweder warten, bis er persönlich an die Tore kam, oder diesen Ort umgehend wieder verlassen.
"Die Natur lehrt Miteinander. Ohne Dornen wären die Rosen hilflos, ohne Rosen die Dornen trostlos…" KarlHeinz Karius (*1935)
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Gasparo
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Re: [1035] Der, an dem der Fingerzeig vorüber ging... [Gasparo, Avelina]

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Das Bischofskastell lag sehr still in dieser Nacht. Kein Licht flackerte in irgendeinem der Fenster. Kein Hund bellte. Das Tor, einst ein Bollwerk aus massiven Holz, wurde gestürmt. Eine holprige Barrikade blockierte nun den Zugang und eine einzelne Wache, gekleidet in einem normalen Wams, stützte sich müde auf einen billigen Speer.

Der Mann mit dem plumpen Gesicht runzelte die Stirn ob der vielen Bewaffneten und der Edeldame, die Teil dieser Gruppe war. „Der Lehrer?“ fragte er. „Ihr wollt den Lehrer sprechen?“ Er drehte sich zum Tor und kratzte erst sein unrasiertes Kinn, dann seinen Kopf. „Ich weiß ja nicht, vielleicht schläft er schon.“ Er schien noch einmal kurz zu überlegen, aber all diese Herrschaften schienen schon wichtig zu sein. „Lasst mich sehen, wen ich finde.“ Er schlurfte von dannen. Nur wenige Minuten vergingen bevor ein bekanntes Gesicht aus dem zerstörten Tor lugte. Es war Sixtus.

Ein strahlendes Lächeln kroch über die geröteten Wangen des alten Lehrers, als er Avelina erkannte. Er humpelte auf sie zu und stoppte mehrmals, um sich tief zu verbeugen. „Oh! Welch' Freude! Welch' Ehre!“ Er hielt einige Meter entfernt von der Gruppe an und verbeugte sich ein letztes Mal. „Der große Poet Pompeius könnte nicht ausdrücken wie froh ich bin, Euch unversehrt zu sehen.“ Ein Seitenblick fand Bernardo. „Euch natürlich auch, wackerer Streiter.“ Nun galt wieder Avelina seine ganze Aufmerksamkeit.

„Der … Magister … erwartet er Euch?“ Etwas besorgt führt er seine Hand zu seinem Mund. „Habe ich ein Treffen vergessen? Er weiht mich eigentlich ein in seine Termine.“
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Avelina di Braida
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Re: [1035] Der, an dem der Fingerzeig vorüber ging... [Gasparo, Avelina]

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Sobald Sixtus erschien, schlich sich ein Sorgenvoller und durchaus schockierter Ausdruck auf Avelinas Miene. Sie kannte den Diener des Magisters nicht gut, hatte ihn ein oder zwei mal eher im Vorbeigehen gesehen oder gesprochen. Aber doch fiel ihr auf, dass er älter geworden zu sein schien. Die Wangen eingefallen. Etwas war nicht in Ordnung. Bernardo sah noch immer so stark und vital aus wie eh und jeh.
„Ich danke euch. Die Zeiten sind gewiss keine leichten. Aber ihr seht nicht unversehrt aus. Was ist mit euch geschehen? Ihr... habt euch verändert.“

Sie schüttelte sacht den Kopf auf die Frage des Termines.
„Es tut mir leid, dass ich derart unangekündigt hier auftauchen musste. Auch dies ist den Umständen geschuldet. Ich... halte mich momentan für gewöhnlich nicht in der Stadt auf. Ich möchte auch sicher keine Umstände machen. Wenn der Magister keine Zeit findet, oder gar nicht im Hause ist, dann will nicht weiter stören. So richtet ihm nur meine besten Grüße aus. Ich... würde mich freuen ihn wieder einmal sprechen zu können.“
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Gasparo
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Re: [1035] Der, an dem der Fingerzeig vorüber ging... [Gasparo, Avelina]

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Als Avelina ihn sorgenvoll anspricht schien Sixtus kurz zusammenzucken. Er öffnete seinen Mund um etwas zu sagen und man konnte erkennen, dass ihm nur noch wenige Zähne geblieben sind, und jene waren auch nicht unversehrt.

„Euer … Euer Auge ist wach, verehrte Herrin.“ Ein gezwungenes Schmunzeln kroch auf sein Gesicht. „Was soll ich sagen … der Lauf der Jahre hinterlässt seine Spuren. Ich glaube fast es ist der Herbst der mich ruft und nicht mehr ganz der Sommer, der noch in meinen Gliedern singt.“ Er kicherte nun, offenbar erfreut über seinen Spruch und sah kurz hinter sich und zog seinen Umhang etwas enger bevor er Avelina wieder anstarrte als sei sie vom Himmel hinabgestiegen.

„Nein, nein, er ist hier und er wird Euch sicherlich auch gerne sehen. Ich weiß es! Kommt hinein, bitte.“ Er sah an Avelina und Bernardo vorbei auf die übrigen Wachen. „Vielleicht ohne Eure wackere Legion, ja?“

Eifrig hinkte er in Richtung des Eingangs und drehte sich mehrfach um, ob Avelina ihm folgte.

Im Kastell selbst war es ähnlich düster und verlassen wie es von draußen aussah. Sixtus leuchtete mit einer Kerze den Weg durch leere Gänge. An der einen oder anderen Stelle konnte man noch Spuren der schrecklichen Geschehnisse erahnen: Eine fehlende Tür, ein stark beschädigter Stuhl dort, einige verräterische Flecke am Boden.

„Verzeiht den Zustand des Gemäuers, verehrte Herrin. Ich bin mit den Aufräumarbeiten betreut aber es sind zur Zeit nur wenige Helfer und es wird sicherlich noch etwas dauern, bis der Ort seinen alten Glanz wieder hat.“ Er seufzte traurig. „Ich hätte es auch nicht gedacht, dass ich mal die ganzen Pfaffen vermissen würde.“

Nach einigen Minuten erreichten sie einen kleinen Saal, gefüllt mit Bänken und Tischen. Zeichnungen von Tieren und einzelnen Buchstaben hingen an den Wänden und dominiert wurde der Raum von einem einer Kanzel ähnelndem Pult.

An einem der Tische, erleuchtet von zwei massiven Kerzen ,saß Gasparo, gebeugt über verschiedene Seiten von dicht beschriebenen Pergament. Für Avelina wirkte der Magister unverändert. Er trug eine fein geschneidertes, schwarzes Gewand mit grünen Ärmeln, dass ihr bekannt vorkam ,und sein Amulett lag, befestigt an einer Kette, auf seiner Brust. Die schwarzen Haare waren sorgfältig nach hinten gekämmt und die Augen, stechend und klar, fixierten sie, sobald sie den Raum betraten.

Erst als zweites bemerkte sie, in einer Ecke des Raumes, die massige Form von Crispianus. Der Leibwächter saß, in einem schlichten, grauen Gewand, ebenfalls an einem Tisch und schien etwas vor ihm konzentriert zu studieren, wobei auch er aufblickte, als die Gäste den Raum betraten.

„Herr, seht.“ In Sixtus Stimme schwang Freude aber auch etwas Ehrfurcht mit.

Gasparo erhob sich langsam und neigte dann seinen Kopf respektvoll. „Ich begrüße Euch, werte Viscontessa di Braida. Wie immer ist es eine Wohltat, in Eurer Gegenwart verweilen zu dürfen. Ich wünschte, Ihr hättet Euch etwas formeller angekündigt, so dass ich ein besserer Gastgeber hätte sein können. Dies ...“ Er weitete seine Arme aus, um auf den Raum zu deuten. „... ist leider nicht vergleichbar mit dem Prunk der Villa dei Fiori Rossi, in der Ihr mich so großzügig einludet.“ Gasparo dachte kurz über etwas nach und legte einen Zeigefinger an sein Kinn. „Vermutlich wären andere Räumlichkeiten an diesem Ort etwas feierlich als meine … Werkstatt hier … aber Ihr versteht sicherlich, wenn ich davon Abstand nehme, die Plätze der Verblichenen zu stören.“
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Avelina di Braida
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Re: [1035] Der, an dem der Fingerzeig vorüber ging... [Gasparo, Avelina]

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Sie wirkte skeptisch was das scheinbare altern des Ghuls betraf. Sie wollte jedoch für den Moment nicht weiter nachhaken. Sie hatte keinerlei Vorstellung davon wieviele Sterbliche hier verkehrten, oder wer zuhörte. Und doch konnte Sixtus ihrer Miene ansehen, dass sie nicht überzeugt war. Es gab prinzipiell nur eine vernünftige Erklärung darauf, nämlich dass er zwischendurch zu lange kein Blut gehabt hatte. Sie versuchte die Jahre schnell im Kopf durchzurechnen die der Magister bereits hier war... Nun, sofern Sixtus ein junger Ghul war als er hier eintraf mochte dies womöglich als Erklärung dienen.

Ihr Blick ging zu ihren Wachen und sie nickte ihnen sacht zu.
„Wartet hier.“
Auf Bernardos fragenden Blick schien sie abermals einen Moment unsicher, nickte ihm aber schließlich auch zu.
„Ich denke nicht, dass es lange dauern wird.“
Dann folgte sie Sixtus.
„Ihr müsst euch nicht entschuldigen. Die letzten Tage und Nächte haben uns allen viel abverlangt. Und ich hörte was hier geschehen ist. Der Zustand eines Gemäuers ist dabei meine geringste Sorge.“

Noch immer in ihren Umhang gehüllt, die Kapuze jedoch schon seit Betreten des Kastells so weit zurück geschoben, dass man ihre hübschen Züge erkannte, ließ sie den Blick durch den Raum schweifen. Als er kurz auf Crispianus hängen blieb, fragte sie sich, ob es nicht doch besser gewesen wäre wenigstens Bernardo mitzunehmen. Doch sie straffte die Schultern, richtete ihre Aufmerksamkeit auf Gasparo, und neigte den Kopf respektvoll.
„Verzeiht meinen unangekündigten Besuch.“ der Klang ihrer Stimme hatte nichts an seiner Sanftheit eingebüßt, „Und macht euch keine Gedanken wegen fehlendem Prunk. Dies sollte derzeit unser geringstes Problem sein.“
Sie schob die Kapuze vom Kopf und nahm den Umhang ab, den sie sich langsam und bedächtig über die Unterarme legte, die Hände vorm Körper verschränkt. Wie schon in San Donato in jener Nacht, flossen ihre Haare offen, in schwarzen Wellen über ihre Schultern. Zwar war sie in edle Stoffe gehüllt, doch die Kleidung wirkte schlicht und praktisch.
„Ich hätte euch eingeladen, doch ich weile derzeit nicht in der Villa di Fiori. Es gilt zuvor Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. Ich will nicht wieder überraschenderweise ungebetene, ehrlose Gäste in meiner Zuflucht.“

Ihr Kopf neigte sich zur Seite und sah Gasparo einen Moment forschend an.
„Wie geht es euch? Ich hoffe ihr habt das ganze so weit gut überstanden?“
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Gasparo
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Re: [1035] Der, an dem der Fingerzeig vorüber ging... [Gasparo, Avelina]

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Gasparo winkte mit der linken Hand ab. „Ihr müsst Euch nicht entschuldigen. Mir war bewusst, dass Euer Heim verlassen ist, bat ich doch Sixtus mehrmals einen Blick auf die Villa zu werfen. Es ist Zeit, dass wir uns über diese schicksalshaften Nächte austauschen. Immerhin sind unsere Situationen sehr ähnlich.

Aber bitte, nehmt Platz.“

Er deutete auf einen Bankplatz einige Meter entfernt und würde warten, bis Avelina sich setzt. Bevor er sich selbst wieder niederließ bedeutete er Sixtus mit einem Nicken, den Raum zu verlassen. Der Ghul erstarrte für einen Moment, enttäuscht, bevor er sich eifrig verbeugte und sich rückwärts gehend entfernte.

Mit einem kühlen Lächeln fuhr Gasparo fort. „Die Ereignisse haben ihre Spuren hinterlassen, offensichtliche ...“ Er schien sich einmal in dem leeren Klassenraum umzusehen. „... und tiefere. Der Schaden, den Genua durch die Ermordung des Bischofs genommen hat, ist unfassbar hoch. Ihr könnt Euch vorstellen, wie wertvoll die Stimme eines spirituellen Führers wäre, eines Gesandten des heiligen Papstes, um die Herde zu beruhigen, um aus einen fackelschwingenden Mob wieder braven, betenden Pöbel zu machen?

Die Schatten und ihre Verbündeten haben diese Chance vernichtet.“ Sein freundlicher Gesichtsausdruck stand in einem Gegensatz zu der Bitterkeit, die in seiner Stimme lag. „Nur eine der vielen Entscheidungen, mit der Sie die Stille des Blutes nicht nur gefährdet, sondern schallend zerschmettert hatten. Und dennoch … dennoch war dies kein Grund für viele unserer Art die Seite des ... sehr verehrten ... Lydiadas zu verlassen. Nein, es schlossen sich ihm weitere Kainiten an, aus Angst, Gier oder Ignoranz ...“ Er zuckte mit den Schultern. „ … jeder hatte wohl seinen eigenen Grund. Aber meine Augen sind weit geöffnet wenn ich jenen nun gegenübertrete … genau wie sich andere mehr bewährt haben in dieser Zeit und in meiner Achtung.“ In diesem Moment nickte er Avelina respektvoll zu.

"Aber wir werden die Konsequenzen noch lange spüren, werte Viscontessa di Braida. In vielen Dingen.“

Seine rechter Zeigefinger strich kurz über das Amulett auf seiner Brust.

„Zumindest körperlich blieb ich unversehrt, auch wenn es mehrere Angriffe auf meinen Leib gab. Ihr scheint dieser Gefahr auch unverletzt entkommen zu sein, wie ich hoffe? Ist für Eure Sicherheit weiterhin gesorgt, auch außerhalb Eurer Villa? Euer Diener, Bernado?“
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Avelina di Braida
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Re: [1035] Der, an dem der Fingerzeig vorüber ging... [Gasparo, Avelina]

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Für einen Moment wirkte die Viscontessa tatsächlich überrascht, als Gasparo erklärte, dass er Sixtus geschickt hatte um nach der Villa di Fiori zu sehen.
Mit einem Lächeln nickte sie sacht zu dem vorgeschlagenen Austausch und folgte dem Vorschlag Platz zu nehmen.

„Es ehrt euch, doch macht euch keine Sorgen um meine Sicherheit. Ich habe entsprechende Maßnahmen getroffen. Ob sie ausreichen oder nicht kann nur die Zukunft zeigen. Für den Moment fühle ich mich gar sicherer außerhalb der Villa di Fiori. Ich hatte euch berichtet was dort vorgefallen war. Ich suche derzeit nach Möglichkeiten diesen Ort sicherer zu gestalten, aber denke ebenfalls darüber nach diese Zuflucht nur noch zu nutzen um Gäste zu empfangen.“
Tatsächlich wirkte sie ein wenig traurig bei diesen Worten. Sie schien sich an ihr Heim gewöhnt zu haben und war nicht begeistert bei der Aussicht es zu verlassen. Kurz senkte sie den Blick, schien die Gedanken aber dann mit einem leichten Kopfschütteln zu vertreiben.

„Ich muss zugeben die Ereignisse in der Stadt haben mich vermutlich nicht immer erreicht. So hörte ich zum Beispiel erst jüngst von dem was im Hafen geschehen ist. Vom Brand des Bordells und des Schiffes. Und der Bischof ist tot, sagt ihr? Ich denke langsam fügen sich die einzelnen Teile zusammen.“ sie nickte sacht.
„Und ich gebe euch Recht, die Ereignisse werden uns lange begleiten. Zumal sicher die Hälfte der unsrigen in der Stadt es vorgezogen hatten sich Lydiadas anzuschließen.“ ihre Stimme wurde ein wenig leiser an dieser Stelle und sie warf einen Blick auf Crispianus, bevor sie hinzufügte, „Aber... dies würde ich lieber unter vier Augen weiter mit euch besprechen.“

Sie räusperte sich unnötigerweise und fuhr schließlich ebenfalls mit einem respektvollen Nicken fort, „Es gab in jenen Nächten nicht viele, deren Loyalität nicht schwankte wie ein Fähnchen im Wind. Ihr zählt zu jenen wenigen und dies hat ebenfalls meine Achtung. Wir alle mögen unsere Gründe haben, die mitunter in unserer Vergangenheit und unserer Herkunft verankert sind. Doch für mich ist Genua ein Heim geworden, die Stadt in der ich lebe. Und ganz ungeachtet unserer Hintergründe sehe ich für Genua nur eine für mich vertretbare Zukunft mit der weißen Prinzessin auf dem Thron. Die Schatten haben zumindest mir gezeigt, was uns mit ihnen erwarten würde. Leider werden sie nicht wirklich fort sein, nicht nach dem Eid den Aurore leisten musste um das schlimmste zu verhindern.“
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Gasparo
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Re: [1035] Der, an dem der Fingerzeig vorüber ging... [Gasparo, Avelina]

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Gasparo runzelte die Stirn und sah in die Ecke, wo sein Leibwächter saß. „Oh, Crispianus. Er … nun ...“ Für einen Moment schien er verwundert über Avelinas Wunsch. Dann nickte er seicht. „Wie Ihr wünscht.“ Er hob seine Stimme und rief den Namen des Ghuls, in einem scharfen Ton. Wortlos stand dieser auf und legte sorgfältig das Bild, das er betrachtet hatte, zurück auf den Tisch. Dann verbeugte er sich ungelenk und verließ ebenfalls langsam den Raum.

„Ihr müsst eine Zuflucht weit außerhalb der Mauern Genuas gefunden haben wenn Euch der Tod des Bischofs nicht bekannt ist. Er ist nicht der einzige, der Verbündeten unserer Feinde zum Opfer gefallen ist. Auch alle anderen Priester und Offiziellen, alle Wachen, die hier hausten, wurden abgeschlachtet, ebenso wie fast alle meine Schüler, ungeachtet ihres Alters.“ Er machte eine kurze Pause.

„Ich stimme Euch ebenfalls zu, dass der Ausgang dieses Konfliktes alles andere als ideal war. Genua ist nun ein Teil der See der Schatten und es bleibt sowohl abzuwarten, wie sehr Sizilien Einfluss ausüben wird ebenso, wie die Nachbarn auf diese Veränderung reagieren. Vor allem Mailand, auf deren Unterstützung ich vergeblich wartete, wird Unmut über den Eidbruch unseres höchstverehrten Prinzen fühlen.

Ebenso bin ich interessiert, wie sich unsere … Gemeinschaft in den kommenden Nächten entwickelt. Wie wird die hochverehrte Aurore jenen begegnen, die Ihr Herrschaft zu enden versuchten? In San Donato sah ich mehrere Kainiten, deren Gesicht mir nicht bekannt war und die auf Seiten der Schatten in unsere Straßen eingefallen sind. Vielleicht auch derjenige, der sich in Euer Haus schlich? Werden wir jene Neuankömmlinge ertragen müssen und mit ihnen um Rang und Nahrung buhlen?“


Gasparo schüttelte kurz seinen Kopf, offensichtlich verärgert über diesen Gedanken. „Ich sah Kainiten, die den Vasalleneid sprachen und ich weiß nicht, ob sie Aufgaben erfüllen mussten wie Ihr und ich es taten. Und ich sah viele Lücken in unseren Reihen. Nicht nur Acacia und Matthia, deren Vernichtung ich Zeuge sein durfte. Auch die Harpyie und die beiden verbliebenen Liktoren waren nicht zu sehen.“

Erneut gab er Avelina Gelegenheit, zu sprechen.
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Avelina di Braida
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Re: [1035] Der, an dem der Fingerzeig vorüber ging... [Gasparo, Avelina]

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Sie lächelte dankbar, als der Diener hinaus geschickt wurde und lauschte zunächst seinen Worten. Als er von Acacia berichtete schien sich Erleichterung auf ihren Zügen zu zeigen, als noch einmal bestätigt wurde, dass die Älteste der Schatten vernichtet war – und zudem beobachtet von einem Zeugen dem sie in dieser Hinsicht vertraute.

„Unsere Diener, so sehr ich sie schätze, sind ein zu leichtes Ziel für die Schatten.“ erklärte sie Crispianus betreffend, „Ich habe euch berichtet, wie sich die Schatten trotz meiner Diener Zutritt zu meiner Zuflucht verschafften. Umso weniger sie also wissen, umso besser. Und... nun, die Gespräche die wir hier führen sind doch recht delikat.“

Ein sachtes Nicken, „Wie ihr sicher wisst gehörte die Villa di Fiori zuvor Acacia. Sie kennt diese Mauern sicher besser als ich, so war es nötig Genua zu verlassen. Zumal die Aufgabe der verehrten Majestät mich eher vor die Stadt trieb. Ein glücklicher Umstand... es schmerzt mich zu sehen, wie die Schatten es schafften die Sterblichen gegen uns aufzuwiegeln und somit letztendlich viele von ihnen zu Tode kamen. Ich denke die Entwicklung zeigte sich in Dingen wie der Geburtstagsfeier di Mares. Ich hatte gespürt, dass etwas nicht stimmt, doch ich wusste es nicht einzuordnen.“

Sie seufzte und schloss kurz die Augen, „Es wird nicht einfacher werden in den kommenden Nächten. Wir werden uns damit abfinden müssen, dass jene die auf der Seite der Schatten stehen sich weiterhin unter uns mischen werden. Es werden vermutlich noch mehr sein als zuvor. Und darunter Gesichter die uns wohl vertraut sind. Das Vasallentum beinhaltet wohl, dass sie hier ein und ausgehen können wie es ihnen beliebt. Und womöglich müssen wir gar Zähneknirschend hinnehmen, dass sie ihr Amt behalten. Dies ist sogar recht wahrscheinlich.“

Ihr Blick legte sich auf Gasparo und verweilte dort eine Weile länger.
„Die Harpyie und ihr Erzeuger suchten ihr Heil in der Flucht, wenn ich dies richtig verstand. Es mag sein, dass sie bald wieder kehren. Falls ihr von Amalia sprecht... sie ist Vasall Mailands und hat mich bereits einmal enttäuscht und ihre angebliche Freundschaft Lügen gestraft indem sie der Harpyie Dinge erzählte, die nicht für ihre Ohren bestimmt waren. Mir scheint es fast, als hätte sie ein Band zu ihr. Was Livia betrifft, so kann ich nichts sagen... doch... nun, Arash dient der Prinzessin, das kann ich euch versichern.“ sie senkte den Blick und sah tatsächlich besorgt aus, „Ihm... muss etwas zugestoßen sein in Ausübung unserer Pflicht. Ich suche nach ihm. Ein Grund warum ich derzeit selten in der Stadt bin.“

Wieder seufzte sie leise und schüttelte den Kopf, schien den Gedanken vertreiben zu wollen. Und so wechselte sie, wieder aufblickend, das Thema.
„Mailand... Ich schätze es wird mehr als nur Unmut sein, den Mailand fühlt. Böse Zungen werfen der Prinzessin einen Eidbruch vor. Doch muss ein Eid nicht von beiden Seiten gehalten werden um es einen Eidbruch zu nennen? In der Tat sah man wenig von Seiten Mailands aus. Und ich könnte mir denken, dass sie sich eher auf die angebliche Bedrohung aus dem Norden konzentriert haben, denn auf die See der Schatten die längst unter uns weilte. Soweit ich weiß dient Mattia auch Mailand. Und da er Adalbert von Schwaben, einen geladenen Gast der höchst verehrten Majestät, vor aller Augen vernichtete... nun...“

Sie hielt inne um zunächst die Reaktion des Ventrue abzuwarten.
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Gasparo
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Re: [1035] Der, an dem der Fingerzeig vorüber ging... [Gasparo, Avelina]

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„Ich denke nicht, dass es die Absicht der Schatten war, die Sterblichen aufzuhetzen gegen uns. Zu viele Opfer gab es auf beiden Seiten des Konfliktes. Vielmehr ist es die Folge ihrer Rücksichtslosigkeit und Gedankenlosigkeit. Sie haben hunderte Kinder Seths Zeugen Ihrer dämonischen Dunkelheit werden lassen, haben Teufel beschworen und ihre übernatürliche Geschwindigkeit gezeigt im Hafen. Jeder Einwohner Genua hörte von den Ausgeburten der Hölle, die sie alle ins Inferno ziehen wollten. So in die Ecke gedrängt konnte es keine andere Reaktion geben, als das sie sich im Namen Gottes wehren würden.

Wie gesagt, der dunkle Vater gab uns die Stille des Blutes zu unserem Schutz. Wie wir die Büchse der Pandora nun wieder schließen können, bevor auch der Rest von uns verschlungen wird, bleibt abzuwarten. Ich versuche, meinen Teil beizutragen. Der wilde Glaube der Menschen muss durch Priester gezähmt werden, die Ordnung und Sicherheit wollen, nicht wild jagende Fanatiker.“

Interessiert lauschte er Avelinas Ausführungen zum Verbleib der Liktoren. „Ich danke Euch für diesen Einblick. Das der wohlwerte Arash nicht dem Beispiel seines Ältesten gefolgt ist erfüllt mich mit Hoffnung für die Kainiten von niederem Blut, dass sich nicht alle haben blenden lassen.“

Seine Stirn legte sich etwas in Falten, als ein Gedanke, eine Erinnerung seine Laune trübte. „Ich frage mich, ob der sehr verehrte Godeoc wirklich den Flammen in Clavicula zum Opfer gefallen ist oder zumindest verletzt sei. Wie untypisch für ihn, nicht in San Donato anwesend zu sein um die Entscheidung zu beobachten oder zu beeinflussen. Auch schienen er und seine Brut wahrhaftig die Neutralität bewahrt zu haben, auch wen manch einer auf … unserer Seite etwas anderes befürchtet hatte.“

Avelinas Gedanken über Mailand verfolgte der Magister gebannt. „Ich kann nicht sagen, ob der Zwischenfall mit Mattia geplant war. Immerhin fiel ihm auch Ajax zum Opfer, der ebenfalls aus Mailand stammte, nicht wahr? Für mich hätte es auch in der Rivalität begründet sein können, die zwischen uns Königen und den Gelehrten herrscht. Es bedarf oft nicht viel, um eine Gelegenheit zum Blutvergießen zwischen uns zu finden.

Immerhin war dieser Zwischenfall auch nur das Vorspiel. Der Auftritt des Gaius und die Lossprechungen von Acacia und Sousanna waren es, die den Brand wahrhaft entzündeten.“


Lang war diese Nacht nicht her und die Abläufe schienen sehr lebendig vor Gasparos innerem Auge. Mit einem ungeduldigen Tippen auf dem Tisch riss er sich von den Bildern vom Hof los. „Sagt, kennt Ihr noch jemanden in Genua, der eng verknüpft ist mit Mailand? Es wäre wertvoll aus erster Hand mehr über die Reaktionen aus dem Umland zu erfahren. Mein Vetter, der werte Alexandre, hätte sicherlich ebenso Informationen aus dem Norden beibringen können. Leider ist er seit den Ereignissen bei Hof verschollen.

Ebenso, übrigens, wie der werte Mareno. Der Capitano hat sich bei der Verteidigung des Hafens sehr bewährt, und Euren Clan gut repräsentiert. Aber auch bei ihm habe ich Sorge, dass er die den November nicht unbeschadet überstanden hat.“
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