[1035] Audienz zur späten Stunde [Alain, Lydiadas (SL)]

[April '20]
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Alain le Beau
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[1035] Audienz zur späten Stunde [Alain, Lydiadas (SL)]

Beitrag von Alain le Beau »

Alain schließt die Augen und spürt, wie ein kalter Schauer seinen Rücken hinunterläuft. Die Audienz ist gewährt. Obgleich der Tzimisce sich lieber unter Tomas liebevolle Hände begeben würde, als unter den Blick dieser flackernden Monstrosität, hat er keine Wahl. Daher beginnt er mit den Vorbereitungen. Zunächst wird sein unterwürfiger Dank an den dunklen Herren gesandt, der ihn zu empfangen beliebt. Dann geht ein Bote an Toma, um diesen darüber zu informieren, dass sein jüngerer Bruder das A Tarda Ora betreten wird. Wie erwartet kommt keine Antwort darauf. Es macht nichts. Der Höflichkeit ist genüge getan.

Aber wie nun auftreten? Alain ist sich bewusst, dass die Ahnen in anderen Maßstäben denken als er es tut. Er denkt lange darüber nach und wählt schließlich ein schlichtes Gewand aus Wolle, von Schafen im Frankenreich geschoren. Ein bretonisches Wellenmuster ziert Ärmel und Kragen, dezent genug, um nicht sofort aufzufallen, sichtbar genug, um nicht unterzugehen. Um seinen Hals hängt der Tzimisce eine Kette aus Muscheln. Er trägt weiß-rote Beinlinge, in den Farben seiner neuen Heimat, dazu feine Lederschuhe. Nicht extravagant, aber auch nicht gewöhnlich. Zurückhaltung in allen Dingen.

Zwar glaubt er nicht, dass seine Wachen der Audienz beiwohnen werden, aber dennoch kleidet sich seine kleine Sechs-Mann-Eskorte unter der Lederrüstung in die Farben seiner Fischergarde: Türkis und Blautöne. Beppo und Sergio tragen wie üblich ihre bevorzugten Waffen, während der Rest mit Speeren aufwarten kann. Zudem tragen die vier Gardisten hinter den Leibwächtern einige kostbare Güter als Geschenke für den alten Lasombra. Feine Tücher in den Farben der Nacht, in dunklem Blau, sowie eine kleine Truhe aus Holz. Der Inhalt ist durchaus kostbar und Alain hat ihn viele Jahre vorher anfertigen lassen. Nicht für diesen Zweck - aber auch hier wird er hoffentlich Gefallen finden.

So zieht die kleine Prozession von Staglieno zu der Zuflucht seines wenig geschätzten Bruders. Dort wird den Wachen angekündigt, dass Herr Alain angekommen ist. Wenn derjenige, der ihn geladen hätte, weiterhin Interesse hätte, stände er zu seiner Verfügung.
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Il Canzoniere
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Re: [1035] Audienz zur späten Stunde [Alain, Lydiadas (SL)]

Beitrag von Il Canzoniere »

Das Tarda a Ora lag ruhig da, kaum jemand war des Nächtens in diesem Teil Broglios unterwegs. Zumindest heute Nacht. Der Mond stand nicht am Himmel und lediglich die Sterne schauten dann und wann durch die dünne Wolkendecke. Es war kühler als in den vorherigen Nächten und auch dunkler. Daher hatte Alains Begleitmannschaft kaum eine andere Wahl als zwei Fackeln zu entzünden, am Broglioer Tor ein mittlerweile recht unverschämtes Handgeld zu bezahlen um eingelassen zu werden und in den leeren Gassen Broglios auffällig die nächtliche Patroullie der Broglioer Stadtwache zu ergänzen die ihnen auf dem kurzen Weg gleich zweimal begegnete.

Am Gebäude selbst war es ebenfalls sehr ruhig. Neben dem Eingangstor hockte eine schäbige Gestalt die sie zuerst ignorierte und dann, nachdem sie geklopft hatten, sie ansprach. Darauf hinwies das nur eine Person eintreten dürfe. Ihre Wahl wer genau. Der Rest könne sich in einer Kneipe, zweihundert Meter die Straße hinunter, mit einem Wein die Wartezeit vertrösten. Es würde ein Läufer geschickt, wenn sie zurückkommen könnten. Hier auf der Straße warten, das ginge nicht. Sehr aufällig das ganze.

Je nachdem wie sie sich dann organisierten würde Alain, nachdem die schäbige Gestalt ein Klopfzeichen gegeben hatte, die Tür geöffnet bekommen. Ein älterer Mann würde ihm öffnen, ihn einlassen, die Tür schließen und sich dann verneigen, ehe er den Tzimisce durch das Haus in einen großen Raum, mit einer langen Tafel und vielen Stühlen führte. Am Kopf der Tafel saß eine einzelne, düstere Gestalt, in dem Schein einer einzigen Kerze, die am anderen Ende des Tisches stand, kaum zu erkennen. In dunkle Kleidung gehüllt, beinahe regungs- und völlig geräuschlos saß sie da wie eine Statue. Das fahle Licht der Kerze zwischen Alain und der Gestalt warf sonst kaum genug Licht in den Raum um weitere Details wahrzunehmen. Hier und da ein paar Umrisse. Und es schien als bewegte sich etwas undefinierbares in den Schatten. Waren andere Personen hier? Es war kaum zu sagen.
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Alain le Beau
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Re: [1035] Audienz zur späten Stunde [Alain, Lydiadas (SL)]

Beitrag von Alain le Beau »

Der Tzimisce runzelt die Stirn, aber dann nickt er. Die Geschenke werden übergeben, das Kästchen nimmt Alain. Die falsche Patrouille macht kehrt und marschiert auf die besagte Kneipe zu - trinken wird wohl keiner von ihnen. Die beiden Männer im ersten Glied werfen noch besorgte Blicke auf ihn. Alain seinerseits strafft seine Gestalt und tritt dann mit forschem Schritt in das Gebäude seines ungeliebten Bruders ein. Er folgt dem Schäbigen durch die dunklen, ihm wohlbekannten Hallen, bis dieser an die Tür klopft. Der Jüngling fährt sich mit der Hand durch die Haare, richtet seine Kleidung. Dann tritt er ein.

Sogleich wirkt die Düsternis auf seinen Geist. Er beißt sich auf die Lippen, während seine Augen nervös hin- und herhuschen. Ob er seine übernatürlichen Sinne nutzen sollte? Besser nicht - wer weiß, ob ihm gefallen würde, was er dort sehen könnte. Stattdessen geht er mit gesenktem Kopf zwei Schritte in den Raum hinein, bevor er innehält. Dann macht er eine sorgsam einstudierte Bewegung. Eine Verneigung mit dem Oberkörper, wobei er leicht mit dem Knie einknickt, so dass dieses sich dem Boden nähert, diesen aber nicht berührt. Ein sicherlich anstrengender Zwischenzustand.

Das Kästchen hält er dabei so fest umklammert, dass seine Knöcheln weiß werden. Wie einen Rettungsanker, obgleich ihm klar sein muss, dass es keiner ist.
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Il Canzoniere
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Re: [1035] Audienz zur späten Stunde [Alain, Lydiadas (SL)]

Beitrag von Il Canzoniere »

Die Gestalt auf der anderen Seite der Tafel ließ seinen Gast einen Moment so verharren wie er war, dann gab sie mit der Hand Zeichen. Zum verlassen der Position oder als Erlaubnis sich vorzustellen? Die Düsternis die hier dräute war nicht sonderlich hilfreich was solche Mikroexpressionen anging. Und die völlige Unbekanntheit der gegenübersitzenden Person tat ihr übriges zur Verschlechterung der allgemeinen Situation.

Jedoch schwieg die Person von der angenommen werden konnte das es jener, sei der die Audienz gewährt hatte um die es Alain heute ging. Wortlos fühlte sich Alain aus dem Dunkel beobachtet. Die stickige Wärme eines Raumes der weder genug Lüftung bekam noch die Wärme des vergangenen Tages entkommen ließ, nein sie sich sogar in ihm aufstaute wie in einem Backofen. Ein Glück für den Tzimisce das ihm dieser Teil der Atmosphäre nicht sonderlich viel auszumachen brauchte. Dennoch war es eine Untermalung der Szenerie. Und hatte sicher irgendetwas zu bedeuten. Als ob diese Typen nichts besseres zu tun hätten alles irgendwie bedeutungsvoll aufzuladen...
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Alain le Beau
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Re: [1035] Audienz zur späten Stunde [Alain, Lydiadas (SL)]

Beitrag von Alain le Beau »

"Sehr verehrter Lydiadas, vor euch verneigt sich in Dankbarkeit für die Gewährung eurer wertvollen Zeit Alain, Neugeborener aus dem Geschlecht der Drachen, Harpyie Genuas, Kind des Konrad von Wolmar, Kindes des Radislav Draculea aus dem Blute Tzimisces. Mit eurer Erlaubnis werde ich mich erheben und euch eine Gabe überreichen, als späte, aber dennoch unverzichtbare Begrüßung in der Domäne Genua." Alain hält weiter den Kopf und Körper gesenkt. In diesen Dingen ist Vorsicht besser als Nachsicht - er hat keine Intention, mit den Dingen in den Schatten Bekanntschaft zu machen.
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Re: [1035] Audienz zur späten Stunde [Alain, Lydiadas (SL)]

Beitrag von Il Canzoniere »

Es gab eine kleine, kurze Regung, eine Bewegung auf Höhe des Kopfes. Es konnte, betrachtete man die Achsenbewegung, ein Nicken sein, oder eine kreisende Bewegung des Kopfes, zur Entspannung des Nackens. Begleitende Geräusche gab es dazu keine.

Entweder hier erlaubte sich jemand einen Spaß oder wollte es dem Tzimisce nicht sonderlich einfach machen. Allerdings gab es auch keine nennenswerten Signale einer Ablehnung. Vielleicht war das bereits die erste Probe der neuen Harpyie. Wie sie mit einer Situation umgehen würde die etikettel nicht leicht zu erfassen sei.

Oder der Mann war eingeschlafen. Das war bei diesem Licht wirklich nicht zu sagen.
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Re: [1035] Audienz zur späten Stunde [Alain, Lydiadas (SL)]

Beitrag von Alain le Beau »

Alain zögert nicht, wenn es um die Verführung hübscher Maiden geht, selbst wenn er sich seiner Sache nicht sicher ist. Also zögert er auch hier nicht. Jedenfalls nicht wesentlich - hübsche Maiden werden schließlich selten von lebendigen Schatten begleitet. Der Tzimisce richtet sich auf, hält aber den Kopf weiterhin gesenkt, während er auf die Gestalt zuschreitet. Etwa zwei Meter vor dem Sitzenden hält er inne und hebt leicht den Kopf, studiert sein Gegenüber vorsichtig zum ersten Mal. Nicht aus Neugier, sondern um sicherzugehen, dass er die Signale wahrlich richtig gedeutet hat, dass er tatsächlich näherkommen soll.

Und natürlich, damit er sichergehen kann, dass dort nicht Toma sitzt. Es ist nicht wahrscheinlich, aber der Gedanke, dass ihm hier ein Streich gespielt werden soll, halt sich in seinen Gedanken festgebissen wie eine Zecke.
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Re: [1035] Audienz zur späten Stunde [Alain, Lydiadas (SL)]

Beitrag von Il Canzoniere »

"Das ist nah genug." sagte eine Stimme aus dem Dunkeln. Eindeutig männlich und sehr ähnlich oder gar identisch derer die Alain bereits in San Donato vernommen hatte, wenn auch dort wesentlich lauter und in einer anderen akustischen Raumkomposition. Wirklich völlig sicher das Toma nicht die Stimme des Älteren gestohlen hatte konnte er sich nicht sein, aber wenn er die Stimme des Seneschalls geraubt hätte, wäre das ein Scherz an dem auch Alain seine Freude haben könnte.

"Legt das Geschenk dort vor euch ab." dirigierte die Stimme aus dem Dunkeln den Tzimisce. Nachdem das passiert wäre gab es eine kurze Pause und eine kaum zu erkennende Handbewegung. Die entweder ein winken für "Fortfahren" oder ein Abwinken sein konnte. Oder er hatte einen Apfelkern weggeworfen, aber Alain hatte so eine Vermutung was es eher nicht sein würde.

Wieder eine kurze Pause. "Es trifft sich gut das ihr hier seid. Ich wollte ohnehin mit euch sprechen. Aber fangen wir mit eurem Anliegen an. Ihr dürft es vortragen."
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Alain le Beau
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Re: [1035] Audienz zur späten Stunde [Alain, Lydiadas (SL)]

Beitrag von Alain le Beau »

"Sehr verehrter Ältester", erwidert Alain, nachdem er das Geschenk vorsichtig auf dem Boden platziert hat und einen Schritt zurückgetreteten ist. "Lasst mich damit beginnen, dass ich hoffe, dass ihr mir gegenüber wegen meines Handelns in den... vergangenen Nächten keinen Groll hegt. Was ich getan habe, geschah unter den Bedingungen des Krieges. Das Schiff, das ich in Brand gesetzt habe, hat meine Heimstatt bedroht. Mein Streit mit der Ravnos Sousanna war älter als dieser Konflikt. Ich bedaure, die Stille gebrochen zu haben, auch wenn ich damit die Gefangennahme des Nosferatu Dottore Narcosi durch die Sterblichen verhindern konnte."

Er faltet die Hände. "Selbst wenn Sousanna mich nicht verspottet hätte, wäre es mir unmöglich gewesen, euer großzügiges Angebot anzunehmen. Meine Treue gehört Aurore. Wir Sünder werden mehr als alle anderen mit Misstrauen beäugt und unsere Taten schwerer gewogen. Mit Recht! Würden diese Maßstäbe doch nur an all die anderen Wege ebenfalls angelegt, so wäre die Gesellschaft der Nacht um einiges ehrenwerter." Der Jüngling schweigt nach diesem kleinen Paradoxon für einen Moment, dann fährt er fort. "Mein Anliegen, sehr verehrter Lydiadas, ist simpel. Einer meiner Diener ist den Melissiden in die Hände gefallen, als ich bei diesen zu einem Verhandlungsgespräch vorstellig wurde. Nun haben sie mir mitgeteilt, dass sie ihn euch überstellt haben. Ich möchte meiner Pflicht gerecht werden und ihn töten, denn er ist wertloser als andere. Euch aber möchte ich mit allem Respekt bitten, mir zu versichern, dass meine Geheimnisse bei euch sicher sind - und dass ihr ihn mir zu seiner Vernichtung überstellt."

In seiner Bittstellerhaltung verharrend, erwartet Alain die Reaktion des Lasombra-Ahnen - und selbst die gefalteten Hände können deren Zittern nicht vollständig verbergen.
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Re: [1035] Audienz zur späten Stunde [Alain, Lydiadas (SL)]

Beitrag von Il Canzoniere »

Stoisch und mit von Schatten verdecktem Gesicht, zeigte nur dann und wann eine verwischte Kontur eine Bewegung. Nachdem Alain geendet hatte, schien er noch einen Moment zu überlegen und erhob dann seine, ebenfalls düster gefärbte, Stimme zu einer kleinen Zusammenfassung:

"Sehe ich das richtig: ihr habt eins meiner Schiffe in Brand gesetzt, eine Kainitin unter meiner Obhut attackiert, die Stille des Blutes gebrochen, rechtfertigt dies sogar noch, und bittet mich dann einen der euren, der unter den gleichen Bedingungen festgesetzt wurde, freizulassen um ihn postwendend zu ermorden?" sogar trotz all der Schatten und Dunkelheit konnte man sehen das etwas im Gesicht des Alten vor sich ging.

Plötzlich gab es ein schnaubendes Geräusch. War das ein...Lachen? Der Lasombra schien wirklich amüsiert zu sein, auch in seiner Stimme fand sich eine Färbung: "Ich hörte schon das ihr ein Spaßvogel seid. Wo befindet sich eure Heimstatt die bedroht wurde? Wie ist der Name des Gefangenen? Mit welchem Melissiden habt ihr gesprochen? Wie wollt ihr diesen Ghul und vielleicht weitere exakt töten?..."

Hörbar nahm der amüsierte Unterton bei jeder Frage etwas mehr ab. Bis nichts mehr davon übrig war: "...und wie wollt ihr mir das brennende Schiff vergelten?"
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