[1035] Reiher im Zeichen der Rose [Avelina, Arash]

[Arash]

Die Nacht war nicht mehr ganz jung. Die Sonne würde in wenigen Stunden über den Horizont kriechen. Aber trotzdem warteten die Waldläufer weiterhin mit Tia und Avelina. Es gab kein Lebenszeichen von Arash. Tia war sich sicher er hatte überlebt. Nur gefunden hatten sie ihn nicht. Es war zum Haare raufen. Der Mond stand fast voll am Himmel und schien durch ein Loch in den Wolken auf die kleine Lichtung auf der die Köhlerhütte stand.

Plötzlich reckte einer der Waldläufer einen Finger gen Himmel. "Frau Tia! Da ist ein Schattten!" Alle Köpfe gingen in die Richtung, in welche der Mann gedeutet hatte und tatsächlich zeichnete sich vor dem Mond die Gestalt eines großen Vogels ab. Der Flug war unsicher. Leicht taumelnd und je näher er kam, desto klarer wurde das es sich nicht um eine Eule oder einen anderen Raubvogel handelte, sondern um einen Reiher. Sofort versammelten sich alle Anwesenden um die Lichtung und Tia trat zwischen ihnen hindurch. Sicher hatte auch Avelina den Ruf gehört, aber Tia achtete nicht auf sie. In ihren Augen zeigte sich unbändige Freude, als der Reiher zum Landeanflug ansetzte. "Arash!" rief sie und eilte zu ihm. Es hätte majestätisch ausgesehen, wie der Reiher auf dem Waldboden niederging. Die langen Schwingen anlegte und stolz in die Nacht sah. Aber dies geschah nicht. Die Beine des Reihers setzten auf, konnten aber das Gewicht des Vogels nicht tragen und knickten sofort weg. Der Leib des Reihers überschlug sich mehrmals, während das Krächzen das er ausstieß von Schmerz kündete. Tia bremste selbst und ging im Laufen in die Knie, um den Reiher aufzufangen und zu bremsen. Es gelang ihr auch.

Die Ghulin erschrak, als sie die Verletzungen am Körper des Tieres erkannte. Die Beine waren an mehreren Stellen gebrochen, die Flügel zerrupft und eine lange klaffende Wunde zog sich über den Rücken. Der Hals wies mehrere Schnitte auf. Gequält sah der Reiher auf und klapperte leise mit dem Schnabel.

[Avelina di Braida]

Die Hoffnungen Arash zu finden, nachdem selbst Aurore ihre Hilfe zugesichert hatte und es bisher nichts neues gab, schwand allmählich. Gefühlt hatten sie jeden Quadratmeter Erde in jener Gegend abgesucht, in der er verschwunden war. So rechnete sie in dieser Nacht auch nicht mit großartigen Fortschritten. Man hatte sich ins Lager zurück gezogen, da es zwischendurch galt andere Dinge zu klären und die Nähe zur Stadt wurde unabdingbar.

Sie runzelte die Stirn als plötzlich die Stimme des Waldläufers ertönte und auch ihr Blick richtete sich gen Himmel. In diesen Zeiten musste man auf alles gefasst sein. Alarmiert blieb sie im Hintergrund und entspannte sich erst wieder ein wenig, als klar wurde, dass es sich um einen verletzten, großen Vogel handeln musste, und nicht um einen Angriff.
Als sich allerdings deutlich die Gestalt eines prächtigen Reihers gegen den Nachthimmel abzeichnete, spannte sich sofort wieder jeder untote Muskel in ihrem Körper an und auch sie lief eilig zu jener Stelle, an der er auf dem Boden aufkommen musste. Tia war allerdings schneller.

Sie hielt einen Moment ein paar Schritt entfernt inne und beobachtete wie die junge Frau das Tier förmlich auffing. Ihre Augen weiteten sich, als sie den schlechten Zustand sah, in dem sich der Vogel befand und ein leichtes Schaudern ging durch ihren Körper bei der leisen Ahnung was sich hinter der Gestalt des Tieres verbarg.

Langsam trat sie an die beiden heran und ließ sich auf die Knie sinken, den traurigen Blick auf das verletzte Tier gerichtet.
„Arash?“ fast nicht hörbar stellte sie diese Frage. Ohne den Blick abzuwenden richtete sie die nächsten Worte leise an Tia, „Wir brauchen Blut... wir brauchen viel Blut...“

[Arash]

Die Augen des Reihers klärten sich langsam und er schien erst jetzt diejenigen zu erkennen, die um ihn herum waren. Wieder klapperte er schwach mit dem Schnabel, dann begann der Körper sich zu verändern. Der Schnabel ging zurück und wurde zu Mund und Nase. Die Augen wanderten nach vorne. Die Federn zogen sich zurück und machten schwarzen verwuschelten Haaren Platze. Der Körper wurde länger und wieder zu einem Menschen. Auch die Beine verbreiterten sich, bildeten wieder Füße aus.

Was bei dieser Verwandlung aber nichtverschwand waren di Wunden, die schon der Reiher getragen hatte. Beide Beine schienen gebrochen. Klaffende Wunden schienen über seinen ganzen Körper zu laufen. Wunden die er wohl nicht so einfach schließen konnte. Sie schienen auch zu schmerzen. Ein leises Stöhnen ging von Ihm aus, bevor er aus diesen Grünen Augen zu Avelina und Tia aufsah. "Mein...Paln...ist...nicht...aufgegangen." murmelte er.

Dies und Avelinas Worte schienen den Bann zu brechen den das Auftauchen Arashs auf Tia gelegt hatte und sie erhob sich schleunigst und begann die Waldläufer zusammen zu rufen. Lies somit Avelina und Arash vorerst allein zurück.

Der Gangrel richtete sich nur langsam und unter Schmerzen auf. Er schien aber nicht auf die Beine zu kommen.

[Avelina di Braida]

Sie presste die Lippen aufeinander, als Arash sich wandelte und man die Verletzungen nun an seinem menschlichen Körper erkennen konnte. Sie wollte einem inneren Impuls folgen und zu ihm stürzen... doch sie hielt sich zurück und versuchte gar noch den Schrecken und die Sorge die auf ihren Zügen lagen zu verstecken. Stattdessen zogen sich ihre Brauen über der Nasenwurzel zusammen.
Für den Moment schwieg sie jedoch. Sie ging in die Knie und betrachtete die Wunden und die Brüche, versuchte das, was sie an Erfahrung gesammelt hatte in ihre Erinnerungen zu rufen. Doch das war vergleichsweise wenig. Sie war weder ein Galeno, noch ein Nicolo, die sich mit derartigen Dingen auskannten.

Sie blickte Tia hinterher und schien für einen Moment unsicher, als sie hier mit Arash alleine zurück blieb. Sie vermied es, ihm in die Augen zu blicken.
„Offensichtlich ist er das nicht.“ brach sie schließlich leise und mit knurrendem Unterton ihr Schweigen. Wäre sein Zustand nicht gewesen, so wäre sie wohl um einiges wütender...
„Und was war das für ein wundervoller Plan, bei dem du es nicht für nötig hieltest uns einzuweihen?“

[Arash]

Seine grünen Augen wandten sich nun ganz Avelina zu, nachdem er kurz Tia hinterher gesehen hatte. Ein vor Schmerzen gequältes Lächeln erschien auf seinen Lippen. Mit Mühe schien er sich gerade so in sitzender Position halten zu können. Immerhin bluteten die Wunden nicht. Das hätte wohl noch viel schlimmer gewirkt. Dann schloss er kurz die Augen und blinzelte träge. "Ich freue mich auch dich zu sehen." schnurrte er leise. Das Schnurren war schmerzgefärbt.

Seine Lippen wurden von seiner Zunge bestrichen, bevor er fortfuhr. "Ich wollte ihn hier her in eine Falle locken und dann gemeinsam attackieren." Er seufzte. "Aber dazu kam es dann nicht mehr...und...ich wollte unbedingt den Vorteil nutzen, dass er noch durch den Kampf mit Titus geschwächt ist..." wieder ein gequältes Lächeln. "Es...tut...mir leid." flüsterte er abschließend und sank wieder etwas zurück.

[Avelina di Braida]

Wenngleich sein Zustand ihr deutliche Sorge bereitete, schien sie verärgert. Die Brauen zogen sich nach wie vor leicht über der Nasenwurzel zusammen.
„Du... musst mit mir über so etwas reden! Ich habe die letzten Wochen gefühlt jeden Stein zwischen Genua und Loculli, sowie darüber hinaus umgedreht, wir wären fast Brimirs Wölfen oder irgendwelchen Wolflingen – da bin ich mir nicht sicher – zwischen die Fänge gelaufen. Ich habe bei einer von der Prinzessin einberufenen Versammlung im Elysium meine Gaben genutzt im Versuch dich zu finden und meinen Hals riskiert! Zumal meine Angst um dich dafür gesorgt hat, dass sogar Lydiadas und Aurore selbst davon betroffen waren. Ganz zu schweigen davon, dass ich normalerweise... sehr sorgsam im Umgang mit den Gaben des Blutes bin. Es gab so viele wichtige Dinge um die ich mich im Anschluss hätte kümmern müssen, aber ich konnte dich doch nicht... aufgeben!“ trotz der Wut zeigten sich ein paar blutige Tränen in ihren Augen.

Dann presste sie die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf.
„Brimir ist entkommen. Dinge sind entschieden und die Karten haben sich gewendet. Genua ist Vasall der See der Schatten und Lydiadas nimmt den Posten eines Seneschall ein. Er hat die Anzahl der Blutsdiener für die verschiedenen hohen und niedrigen Clans auf ein Minimum reduziert und uns andere lächerliche Auflagen gegeben. Der Mondsenat wurde aufgelöst. Es wurden neue Titel vergeben. Herold, Harpyien, Liktoren... Du sollst gemeinsam mit Titus das Amt der neuen Geißel einnehmen, bis sich der Stärkere behauptet hat. Ich bin Hüterin der Elysien.“ fasste sie in Kürze die Ereignisse zusammen.

„Doch dies sind alles Dinge über die wir später noch ausführlich sprechen können. Für den Moment: was bei den Göttern ist dir passiert? Wo warst du? Ich... würde dir mein Blut anbieten um zumindest ein paar der Wunden zu heilen, aber ich nehme an dies ist keine Option?“

[Arash]

Er hätte vielleicht erschrockener ausgesehen, wenn er nicht bei jeder Bewegung schmerzhaft zusammen gezuckt wäre. Aber bei ihren Worten knurrte er. "Denkst du nicht ich habe versucht dich einzubinden?" ein wenig sank das Knurren dann zu einem schnurren herab. "Ich habe einen Fuchs geschickt, um die Falle vorzubereiten. Ich musste ihn doch erstmal finden..." dann schloss er die Augen wieder kurz. Erschien nicht die Kraft zu haben ihr zu widersprechen.

"Bitte tu das nie wieder. Luccolli ist zu gefährlich. Selbst, wenn Brimir tot wäre, wäre es zu gefährlich." Er seufzte. "Er hat meine Falle gerochen und mich hinterrücks angegriffen. Ich konnte ihn schwer verwunden und bin dann geflohen, musste mich aber verstecken und meine Wunden heilen, damit ich mich überhaupt wieder bewegen konnte." noch einmal seufzte er schnurrend und blinzelte Träge.

"Was dein Blut angeht...vielleicht...später..." murmelte er dann.

[Avelina di Braida]

Die Rose bot im Moment einen für sie eher untypischen Anblick. Das schwarze, lange Haar fiel in losen Locken über ihre Schultern und die Kleidung schien eher praktisch und hochgeschlossener als gewöhnlich. Sie schüttelte sacht den Kopf.
„Natürlich würde ich es wieder tun. Die meisten der Unsrigen mögen nichts darauf geben, aber was mich betrifft, so haben wir ein Bündnis. Und ich werde weder mein Versprechen brechen, noch ruhig hier herumsitzen, während ich nicht weiß was mit dir ist.“
Sie wandte den Blick ab und fügte leiser hinzu, „Du bist der einzige dem ich hier vertrauen kann. Und ich wünschte du würdest... mir auch vertrauen.“

Sie sah über die Schulter um zu sehen was Tia tat, dann wandte sie sich wieder Arash zu und beäugte die Wunden eine Weile, bevor sie sacht den Kopf schüttelte. Galeno hatte ihr zwar etwas beigebracht in Sachen Medizin, aber für den Moment schien sie überfragt. Zumal es sich hier um einen Kainiten handelte und nicht um einen Menschen. Was konnte er einfach heilen, was nicht?

„Ich... würde dir gerne irgendwie helfen. Aber dazu reichen meine Kenntnisse nicht. Es tut mir leid.“
Sie runzelte sacht die Stirn.
„Wo warst du? Ich habe dich überall gesucht.“


Medizin
@? Avelina (Mona): 3d10 = (1+4+7) = 12

[Arash]

Tia hatte inzwischen einige der älteren Waldläufer zusammen gerufen. Keiner von ihnen trug die Masken, aber Avelina hatte bei zehn von Ihnen bereits unterschiedliche Tiermasken gesehen. Die Masken passten immer irgendwie zum Charakter.

Arash nickte ihnen einzeln zu. Keiner von ihnen schien Angst vor ihm zu haben. Aber zu wissen was auf ihn zukam. Bevor das "Blutbad" jedoch begann wandte Arash sich noch einmal an die neue Hüterin. "Mach dir keine Mühe. Diese Wunden können mit normaler Medizin nicht geheilt werden. Nicht einmal unsere Blutskräfte machen es einfach. Ich werde Wochen brauchen, um sie zu schließen." schnurrte er langsam. "Und es wird sehr viel mehr Blut brauchen, als es eine Schwertwunde tun würde." Dann schloss er noch einmal die Augen und als er diese wieder öffnete lag Schmerz darin. Schmerz der tiefer saß als der körperliche Schmerz, den die Wunden verusachten. Es hatte sein Herz getroffen. Trotzdem begann er leise mit niedergeschlagenem Kopf zu reden. "Ich vertraue dir auch...ich...es tut mir leid. Ich wollte dich einweihen...aber...ich habe instinktiv gehandelt...und dann...ist alles schief gegangen."

Das Schnurren war leise und niedergeschlagen. Offenbar tat es ihm wirklich leid und er schien tatsächlich getroffen von ihren Worten. "Verzeihst du mir?" mit tiefgrünen Augen sah er sie an.

[Avelina di Braida]

Avelina war klar, dass es Zeit und Blut brauchen würde die Wunden zu heilen, ebenso, dass die Errungenschaften in Sachen menschlicher Arzneien oder Versorgungen nicht nutzen würden. Es war mehr die Hoffnung ihm einige Dinge durch Schienen oder ähnliches erleichtern zu können, wie das Laufen. Doch so weit war sie bei weitem nicht.

Sie presste die Lippen aufeinander und schien für einen Moment unsicher, wagte es nur aus dem Augenwinkel zu Arash zu sehen. Dann allerdings seufzte sie leise.
„Natürlich verzeihe ich dir.“
Den Blick senkend schob sie hinterher, „Wäre mir unser Bündnis egal, so hätte ich sicher nicht sämtliche Maßnahmen ergriffen dich zu finden. Du bist der einzige dem ich hier wirklich vertrauen möchte. Aber dies beinhaltet, dass du mir ebenso vertraust.“

Sie trat wieder ein Stück näher auf Arash zu, ließ sich neben ihm auf den Boden sinken.
„Niemand wusste während der Nächte wo ich mich aufhielt, außer dir. Und wie ich hörte war das wohl auch gut so. Lydiadas scheint mich... aus einem Grund den ich nicht verstehe im Auge zu haben. Bevor Aurore das Elysium in jener Nacht betrat, welche das Ende der Auseinandersetzungen sein sollte, deutete er mit dem Finger auf Ferrucio, Titus und mich. Ich... bin mir nicht sicher was ich mit jenen beiden gemein habe.“