[1036] Die Schau muss weitergehen [Achilla, Toma]

[Mai '20]
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Signora Achilla
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Re: [1036] Die Schau muss weitergehen [Achilla, Toma]

Beitrag von Signora Achilla »

Da hob die Signora eine Hand. Behandschuht war die, zu trocken und leicht für etwas Echtes. Und diesmal war sie nicht schnell genug, sich zurück zu halten und strich Toma über die Wange - wenn diese nicht etwas dagegen unternahmen.
Halb schien sie damit zu rechnen, denn sie sagte zugleich ein wenig wehmütig: “Ich glaube manche Nacht, dass die größte Sünde, die wir noch tun können, die Reue ist. Zurück zu blicken und zu bereuen, was wir taten. Und schlimmer noch: was wir versäumt haben. Ich will nicht reuen. Und Ihr? Ihr seid prachtvoll in Zorn und Furcht, Stolz und Hunger, sogar zum Kampf!”
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1036] Die Schau muss weitergehen [Achilla, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Als Achilla ihre Hand an Tomas Gesicht legte, sah der scheinbare Mann sie überrascht an. Blickte zu ihrer Hand und seine Augen zuckten etwas hin und her. Ein Mensch hätte womöglich tatsächlich Trost empfunden oder Scham oder Wut über solch eine Dreistigkeit.
Sie hatten jedoch ein sehr abstruses nostalgisches Gefühl und eine Erinnerung an viele Jahre zurück. Sie wurden so gut wie nie berührt und der einzige der dies oft getan hatte, war ihr Erzeuger. Sie fegten die Hand nicht hinweg, doch schmiegten sich auch nicht daran. Sie hätten ein Interesse an ihrer Gestalt durchaus geschätzt, doch das fühlte sich anders an.

"Was tut ihr da?"
war es hingegen was sie fragten und ihr Blick glitt von der Hand und dem Arm an dem diese hing zu dem Gesicht der Signora.

"Reue...wir wollen auch nicht reuen, doch manchmal kommt man daran nicht vorbei und ist Reue nicht auch die Erkenntnis eines Fehlers? Besser wäre es immer keine zu begehen, doch wenn man sie begeht sollte man immerhin aus ihnen lernen. So ist es womöglich auch nicht ganz Reue etwas getan zu haben und sich zu wünschen es rückgängig zu machen, es ist schlicht das Verstehen der eigenen Taten und deren Konsequenzen." Sie sagten dies und klangen dabei doch als würden sie es selbst noch in Frage stellen. Noch darüber nachdenken ob es wahr war, während sie es sagten.
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Signora Achilla
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Re: [1036] Die Schau muss weitergehen [Achilla, Toma]

Beitrag von Signora Achilla »

Nun war es nicht so, dass die Gesten der Signora unbewusst waren. Wohl kaum jemand war sich der Macht von Haltung und Stand, Geste und Miene, Wort und Schweigen so bewusst wie einer, der diese Dinge auf die Bühne und vor die Menschen brachte. Doch sie war auch impulsiv und nicht immer dachte sie alle Dinge zuende, so wie dies.

Nun, ein wenig ertappt, hielt sie die Hand erhoben und sah darauf wie Toma es auch tat, bevor sie zu ihm zurück blickte. “Die Geste gehört zu den Worten”, stellte sie dann fest. “Zum Trost, zum Trotz, zur Aufmunterung darin. Wort allein spricht weniger als Wort und alles drumher.”

Sie bewegte die Finger der erhobenen Hand ein wenig. “Und die Geste verwischt die Grenze für einen Moment lang, der flüchtig ist wie das Schreiben auf Sand.” Plötzlich lachte sie. “Keck ist es, insbesondere, wenn es Euch nicht oft geschieht. Zu keck? Dann muss und will ich um Euer Verzeihen bitten. Und neugierig wär’ ich zugleich, weil Ihr andere Grenzen überschreitet als gäbe es sie nicht: mit Eurem Wirken und Forschen, Wissen und Worten.”
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1036] Die Schau muss weitergehen [Achilla, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

"Trost" sie blickten sie an als würden sie mit dem Wort nichts anfangen können, dann verfinsterte sich ihr Gesichtsausdruck.
"Wir benötigen keinen Trost. Mitleid." Sie zogen die Lippen abschätzig hoch, was die weissen Zähne kurz zeigte.
Dann rümpften sie die Nase. Sie waren selbst daran Schuld. Sie hatten Schwäche gezeigt, Emotionen und so wurden sie wahr genommen.

Sie lehnten sich auf ihrem Platz zurück, brachten Distanz zwischen sich und Achilla. Suchten wieder Abstand.
"Ihr habt recht, dass wir Grenzen zu überschreiten neigen. Wir zürnen euch daher auch nicht. Wir haben auch nichts gegen eine Berührung, wenn euch die Neugier treibt. Die Suche nach Erkenntnis ist ein hohes Gut. Doch..."keck" ja ist es das Leid eines anderen zu betonen und hervorzuheben..."
So war es doch, oder? Eine Geste und Worte die die Aufmerksamkeit auf das vermeintliche wahrgenommene Leid zogen.

Dreist war es und gleichzeitig geschickt, wie sie seine Schwäche offenbarte und er keinen Ausweg hatte, als diese zu adressieren oder zu ignorieren, was sie in beidem gewinnen ließ.

"So ihr dies bewusst getan habt...habt ihr zum einen unseren Respekt verdient, zum anderen unseren Unmut...so es ein Versehen war...solltet ihr demnächst darauf acht geben, wie impulsiv ihr agiert. Ein Älterer wird euch für so etwas bestrafen. Wir haben es erlebt und wir werden dies auch nicht noch einmal dulden."
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Signora Achilla
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Re: [1036] Die Schau muss weitergehen [Achilla, Toma]

Beitrag von Signora Achilla »

“Ah”, machte die Signora beschwichtigend. Sie verstand nun ein wenig besser. Und dann lächelte sie. Toma konnte hier und da sehen, wie die feine Muskulatur um den Mund her sich anspannte, zu einem perfekten Zusammenspiel zu vieler, kleiner Stränge, ein Marionettenspiel aus verrottendem Fleisch.

“Ich glaube nicht dran, dass einer oder eine wie wir sich damit noch aufhalten sollte, sich zu schämen. Nicht dafür, wie wir ausschauen… .” Sie machte eine Geste zu ihrem Gesicht, dann zu seinem. “...oder dafür, wie unser Selbst uns ausschauen lässt. Und was wäre das auch sonst für eine Posse? Wäre der ein Narr, der eine Regung zeigt, oder ich die Närrin, weil ich darauf ebenso antworte? Oder wiederum die Folge davon, aus Ärger, Strafe, Scham oder Leid - ein ganzer Strudel an vergeudetem Aufwand!”

Sie bot ihm die Hand an, mit welcher sie ihn berührt hatte - nicht zum Händedruck sondern vielleicht einfach nur zum Hinsehen auf den Stoff ihrer sonst leeren Handfläche. Ein paar Motten flatterten darum her.
“Natürlich kann ich nicht sagen, wie die Älteren damit umgehen würden. Ich sprach kaum je einen von Angesicht zu Angesicht. Ich könnt’ mir nicht vorstellen, dass einer wie der hohe Herr Godeoc sich um derlei scheren würde. Und würd’ ich ihn verärgern, ich würd’s sofort spüren.”
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1036] Die Schau muss weitergehen [Achilla, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Toma folgte ihrem Blick zu ihrer Hand und schaute ihr dann wieder in die Augen.
"Eben. Er würde euch bestrafen. So würde es ihn also doch kümmern. Die Älteren kümmert es wie sie wahrgenommen werden, denn sie wollen wohl kaum ihre Macht einbüßen. Es ist ein brüchiges Spiel auf Glas, der Abstand zwischen den Neugeborenen zu den Ancilla und die Ancilla zu den Ahnen. Es ist nicht Scham. Es ist das offenbaren von einem Selbst oder einem Fehler, dass andere ausnutzen könnten und selbst wenn es keins von beidem ist. Wenn es keine Wunde schlägt oder vergrößert, dann sagt doch jede Geste etwas aus und in unserer Welt etwas anderes als in der menschlichen.
Trost funktioniert nur wenn man jemanden völlig vertrauen kann und wie kann man das schon? Manche Fehler kann man nur einmal begehen."
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Signora Achilla
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Re: [1036] Die Schau muss weitergehen [Achilla, Toma]

Beitrag von Signora Achilla »

Für Achilla waren dies dornige Worte, die Toma aussprachen. Das machte sie nicht minder wahr. Es war keine freundliche Welt, in der sie beide gingen. Toma war weit tiefer in das Schachern um Macht und Namen, um Amt, Rang, Status und Politik von Tag und Nacht verstrickt als sie. Hier wurde dieser Unterschied deutlich.

“Ja”, gab sie zu. “Das ist wohl wahr und ich bin jung genug, dass es mich erschreckt. Alt genug, dass ich es erkennen kann. Ich selbst genug, dass ich es betrauern kann, kalt genug, dass ich bewundern kann. Schleift die Zeit uns alle glatt wie Steine im Fluss, bis wir die perfekte Form haben? Und wer nicht stark genug gemacht ist, der wird hinfort gerissen von der Strömung? Und wird die Strömung jetzt spürbar stärker, da es ein paar mehr hinfort gerissen hat, etwas flussaufwärts?”

Sie schnalzte mit der Zunge. “Doch wenn wir das Gespräch lieber in seichtere Gewässer lenken wollen, dann vielleicht zurück zu Eurem Wirken und unserem Handel?”
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1036] Die Schau muss weitergehen [Achilla, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Sie nickten auf die Worte der Signora. Es waren treffende Worte für sie mehr als für die Tzimisce, aber sie verstanden es dennoch.
"Ja. Wir werden geschliffen bis wir perfekt sind...oder fortgerissen und gehen verloren...oder bleiben liegen unter den anderen Steinen, wo uns niemand findet und wir nie das Licht sehen."
Sie wussten wo sie sein wollten. Wo wollte die Nosferatu sein?

Sie ließen diese Worte einen Moment sacken und sahen sie dann wieder an und gingen auf ihren Themenwechsel ein.
"Unser Handel, ja. Sagt uns wann ihr es probieren wollt und wir werden eurem Wunsch nachkommen."
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Signora Achilla
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Re: [1036] Die Schau muss weitergehen [Achilla, Toma]

Beitrag von Signora Achilla »

Die Signora ließ Tomas Worte stehen wie sie waren. Sie hatten offenbar nur einen Teil davon verstanden, doch das war recht so. Sie mochte es nicht, die Dinge zu entblättern bis sie bar und bloß dalagen, schmucklos und blank. Es war gut, so wie es war - und genug, um darüber nachzudenken.

“Mich hält nichts auf. Ich bin bereit sowie Ihr es seid”, erklärte sie frohgemut - und sei es nur, um das mulmige Gefühl zu verdrängen, das sie hatte. Es war köstlich, diese Ungewissheit. Was würde hieraus wohl werden? Und was aus ihr?
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1036] Die Schau muss weitergehen [Achilla, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Sie legten den Kopf leicht schief und blickten ihr in das zerstörte Gesicht. Es würde viel Arbeit bedeuten und ganz sicher waren sie sich nicht, ob sie sie wirklich gänzlich wieder herstellen konnten. Vieles war doch an dem Körper der Signora schon so weit gestorben dass es geradezu verwest schien.
Wie war das wohl, wenn man seinen eigenen Körper noch aktiv sterben fühlte, sterbend und von Leben erfüllt zugleich.
Sie dachten auch an Karkana, die sie bei Hofe gesehen hatten. Den Kappadozianern schien es wohl ähnlich zu gehen. Warum traf es nur manche?
Doch sich darüber Gedanken zu machen brachte sie nun nicht weiter.
Zu erst würden sie diese neue Erfahrungen, dieses Experiment probieren.

"Es wird dauern, daher sollten wir es in einer anderen Nacht angehen. So zeitig wie möglich. Für heute wäre es zu kurzfristig.
Ebenso würden wir euch bitten hierzu ins Gesindehause des Tarda Ora zu kommen. Wie wäre es direkt morgen Nacht?"
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