Bockfieber [Maria]

[Caterina]

Eine weitere Nonne trat dazu. Es waren also doch mehr.
Misstrauisch wurde die neu angekommene Frau betrachtet.
"Sofern eure Spannung darin besteht, mich zu überfallen, dann muss ich leider darauf verzichten", Caterina war ruhig. Zu ruhig für ihren Geschmack.

Zwar waren alle Muskeln gespannt und die Sinne noch immer scharf, doch konnte sie keine wirkliche Gefahr erkennen.
Was hatten diese Frauen vor?
Kurz blickte sich Caterina um und fragte dann ernst: "Wie viele seid ihr denn überhaupt?"

[Maria Penthesilea]

"So misstrauisch", sagte Maria Derimacheia grinsend. "Gut. Gut! Aber wenn wir dich überfallen wollten..." Sie zog den Mundwinkel hoch. Die Implikation war deutlich: Caterina hätte es nicht einmal gemerkt, bevor es zu spät gewesen wäre.

"Sie will, dass du dich uns anschließt", sagte eine Stimme über Caterina. Auf dem Dach des Hauses, auf der gegenüberliegenden Hofseite, saß eine weitere Nonne. Diese lächelte freundlich. "Wir suchen Frauen... mit gewissen Fähigkeiten. Ein offener Geist. Mangel an Furcht." Sie zuckte mit den Schultern. "Und in deinem Fall, vielleicht: Verfolgen. Wenn du nicht Glück hattest."

Maria Derimacheia nickte. "Und du kriegst? Spannung. Jeden Tag deines Lebens. Freiheit auch."

[Caterina]

Das wurden immer mehr!
Erstaunt blickte sich die Mailänderin um. Wieviele mochten wohl noch hier herumlungern?

Der Vorschlag Marias war seltsam, doch musste Caterina nicht nachdenken.
Niemals würde sie sich irgendjemanden verpflichten. Nein, als sie von ihren sterblichen Fesseln befreit wurde, war dies auch der Beginn der Freiheit. Niemals würde sie sich dies nehmen lassen.
Dennoch… Ihr Instinkt, er gierte nach den Worten der Schwestern.
Was war hier nur los?

„Besteht eure Freiheit daraus, sich der Gruppe zu verpflichten? Nein. Freiheit erlangte ich schon, sich euch anzuschließen würde mir wieder Ketten der Verpflichtung anlegen“, bei den letzten Worten trübten sich Caterinas Gesichtszüge.
„Außerdem“, die Toreador musste schmunzeln. „Stehen mir Kutten nicht.“, es war ein lascher Scherz, doch konnte sich die Mailänder diesen nicht verkneifen.

Mit einem tiefen Seufzer begann jedoch eine ehrliche Erklärung: „Was ihr mir erzählt gefällt mir wahrlich. Mein Instinkt leitete mich zu euch und ich spüre, das Potential, das ihr wecken könntet. Doch“
Die Worte stockten. Schließlich kamen sie leiser und düster heraus: „Niemals werde ich mich wieder binden lassen.“

Ehrliches Bedauern blitzte in Caterina Augen auf: „Es tut mir leid, ich möchte keine Nonne sein.“
Etwas schmunzelnd fügte sie hinzu: „Auch wenn ihr die schrägsten Kuttenträgerinnen seid, die mir bisher unterkamen“

[Maria Penthesilea]

Die drei Nonnen blickten sich verdutzt an. Dann begannen sie schallend zu lachen. Sich mühsam beherrschend gluckste Maria Derimacheia. "Wirken... wir unfrei?" Sie grinste breit. Dann schüttelte sie den Kopf. "Wir - nehmen Rat an. Oder nicht. Entscheidung des Einzelnen. Jedes Mal." Noch immer hielt sie sich die Seite, während die anderen Nonnen aus dem Grinsen gar nicht herauskamen.

Dann zuckte sie mit den Schultern, während das Lächeln weniger wurde. "Sei eine freie Frau. Einfach so? Du kommst nicht weit. Sie werden kommen. Männer..." Nun wirkte ihr Gesicht kalt - eine Erinnerung? "Sie werden dich zwingen. Wir? Wir bieten Kameradschaft. Keinen Zwang."

Den Kopf schief gelegt, schwieg sie für einen Moment. "Mehr zu sagen... gefährdet uns. Und dich. Es ist deine Wahl. Eine Wahl, die weiter offensteht. Wenn du uns wiederfindest."

[Caterina]

War die Toreadorin zuerst über das schallende Gelächter sichtlich verstört war es schließlich an ihr zu lachen:
„Meine Damen, Sie unterschätzen mich“
Schnell beruhigte sich Caterina wieder und ihre Augen funkelten böse: „Kein Mann wird mich zwingen. Nicht mehr.“

Wieder rasten die Gedanken. Wie viel konnte sie den Nonnen verraten? Hin und her überlegte die Mailänderin.
Der Bauch kämpfte gegen den Verstand. Eine ungewohnte Situation für die Kainitin, arbeiteten die beiden normalerweise zusammen.
Schließlich gab sie sich einen Ruck und fügte leise hinzu: „Nicht nachdem ich meinen ersten wahren Kuss empfing.“

[Maria Penthesilea]

"Wie romantisch", sagte Maria Derimacheia gutmütig spöttelnd. "Geschützt durch die Kraft der Liebe?" Ein Kopfschütteln. "Nein, da ist mehr. Hat man deinen Mann getötet? Deinen Liebhaber ermordet?" Die Nonne auf dem Dach klang etwas verträumt: "Oder war es ein verbotener Kuss? Zwei Frauen, in seliger Umarmung - oder dein Bruder vielleicht?" Sie schien daran wenig Schlimmes zu finden, offenbar.

Maria Derimacheia runzelte die Stirn. "Egal was es war: Wach auf. Alleine kommst du nicht weit. Und Liebe schützt dich nicht."

[Caterina]

„Für Nonnen seid ihr… aufgeschlossen“, kommentierte die Toreador die wenige Regung der Nonne am Dach.
Verstellten sich die Nonnen oder waren sie wirklich unwissend? Langsam gefiel Caterina dieses Spiel ebenso wie die Verfolgungsjagd davor.

Einen Versuch wagte die Mailänderin noch.
Während sie sich das fetzige Kleid glatt strich schnurrte Caterina: „Auch wenn all eure genannten Küsse wohl taten meine ich keinen davon.“
Schließlich wurde an der üppigen Haarpracht gespielt. Eine Locke drehte sich wie von selbst um den Zeigefinger der Frau und schien ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Wie nebenbei sah sie zu Maria und erklärte: „Mein wahrer Vater schenkte mir den Kuss der Rose und öffnete mir die Augen für die Schönheit.“
Verträumt dachte sie an Totto und fügte leise hinzu: „Mit Liebe hat das wenig zu tun.“

[Maria Penthesilea]

"Dein Vater?" Das schien selbst Maria Derimacheia zu schockieren. Ihre Gesichtszüge entgleisten und sie schaute Caterina ungläubig an. "Nun, das... das ist..."

Die Nonne auf dem Dach aber war seltsam still geworden. Dann glitt sie mit einer raschen Bewegung dort herunter. "Warte, Schwester..." sagte sie. Den Kopf schiefgelegt trat sie an Caterina heran. "Rose, ja? Kuss, ja?" Sie kniff die Augen zusammen. "Bist du... eine Jägerin?"

[Caterina]

Mit festem Blick und geschwellter Brust antwortete Caterina schlagartig, ohne nachzudenken: „Auf jeden Fall werde ich nicht gejagt“.
Plötzlich kamen die Erinnerungen an den Wald, in dem sie nach der Flucht aufwachte.
Leise fügte die Toreador hinzu: „Wenn die Ordnung stimmt“
„Seid ihr“, kurz musste Caterina überlegen. Sie entschied sich aber für den direkten Weg: „Fließt in euch auch das Blut des Tiers?“

[Maria Penthesilea]

Die Nonnen nickten einander verstehend zu. Dann sagte Maria Derimacheia: "Maria Polemusa..." sie nickte zur Dachnonne "...und Maria Evandre..." sie nickte zu der Nonne von der Tür "...vom Kult der Jagd. Maria Polemusa schwieg für einen Moment und sagte dann: "Wir spüren das Tier. Wir kennen das Tier. Wir wissen viel darum."

Nach einer weiteren Pause fügte sie hinzu: "Zum Beispiel dies: Jeder Jäger ist auch Beute. Immer. Selbst der größte aller Jäger. Denn auch er kann fallen. Wenn sich schwächere Jäger zusammentun. Niemand ist sicher - und jeder wird gejagt."

Maria Evandre, die bisher schweigsam geblieben war, fragte leise: "Bist auch du der Jagd zugetan?" Die Blicke der anderen ließen sie verstummen, aber die Frage war gestellt.