[1036] Älter werde ich stets, niemals doch lerne ich aus [Alain, Angelique]

[Mai '20]
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Angelique
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Re: [1036] Älter werde ich stets, niemals doch lerne ich aus [Alain, Angelique]

Beitrag von Angelique »

"Beim Lesen und Schreiben nicht. Beim Verstehen aber sehr wohl. Rechnen zu lernen, macht jeder gebildete Mann, sonst versteht er nämlich nicht mal im Ansatz die Gedanken der großen Weisen der Altvorderen. Und nützlich ist es in jeder Lebenslage. Aber gut, verzichten wir darauf, wenn es Euch lästig fällt und komzentrieren uns auf die grundsätzliche Arbeit."

Sie lächelte nachsichtig. "Nein, wirklich strafen wollte ich Euch nicht. Wie auch? Wie sollte ein kleiner Basilisk einen großen Drachen strafen können? Es war eher Humor. Aber mein Humor ist manchmal... kompliziert."

Dann brachte sie Alain beim Unterricht viele der einfacheren griechischen Philosophiegrundlagen bei und lockerte es mit Anekdoten auf. Heute Nacht zitierte sie viel über Diogenes, der sich über alle Konventionen seiner Zeit hinwegsetzte und eine leicht anarchistische Weltordnung vertrat und eine spöttisch-ironische Distanz zu religiösen Fragen gehabt hatte.
Sie hoffte, das gefiel dem divenhaften Drachen und erweiterte seinen Horizont.

Sie selbst merkte dabei, dass sie inzwischen eine andere Sichtweise auf Diogenes hatte als noch vor Jahrzehnten. Merkwürdig....
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Alain le Beau
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Re: [1036] Älter werde ich stets, niemals doch lerne ich aus [Alain, Angelique]

Beitrag von Alain le Beau »

"Ihr gebt aber leicht auf", lacht der Tzimisce gutmütig. "Ich hätte ja darauf bestanden, mich zu fesseln..."

Dann aber widmet er sich mit Freude dem Diogenes und scheint tatsächlich Gefallen an dessen Lektionen zu finden. Auch wenn Angelique erneut das Gefühl hat, dass Alains Hirn heute Nacht auf zwei Ebenen arbeitet. Oh, er macht pfiffige Bemerkungen und zieht sogar einige eigene Schlüsse aus dem Gelesenen, aber gelegentlich ertappt sie ihn dabei, wie er durch das Pergament hindurch in die Ferne starrt. Angeliques eigene Nachdenklichkeit entgeht ihm dabei völlig.
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Angelique
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Re: [1036] Älter werde ich stets, niemals doch lerne ich aus [Alain, Angelique]

Beitrag von Angelique »

Aber mit Gehirnen, die auf zwei Ebenen arbeiteten, kannte die multiple Malkavianerin sich sehr gut aus.
Es verlangte ihr zwar danach, in dieses faszinierende Hirn zu schauen, sie verkniff sich das aber.

Stattdessen nutzte sie die sinnierenden Momente des Tzimisce dazu, seine Aura zu studieren. Nicht, um irgendwelche Geheimnisse zu entlocken, sondern einfach nur, als würde sie ein exotisches Tier studieren.
Eher eine Macht der Gewohnheit und die in die Ewigkeit gemeißelte kindliche Neugier, die ihr über die Äonen half.

Aber natürlich interpretierte sie das Gelesene so, wie sie es lesen wollte. Sah nicht subtile Anzeichen von Alains inherenter Bosheit und Nichtmenschlichkeit, sondern hatte den verschleierten Blick einer stolzen Lehrerin auf einen Musterschüler.
Wo vernünftige Degenerierte der Kinder Arikels vielleicht das tiefe Rot hedonistischer Verdorbenheit lasen, gaukelte die spezielle malkavianische Sicht auf die Welt Angelique eine rosarote Farbe der romantischen Leidenschaft vor. Wo das dunkle Blau vielleicht vampirische Paranoia anzeigte, würde das Mädchen nur das Violett der Aufregung sehen.
Ja, selbst die blasse Aura der Kinder der Nacht würde in der Erwartungshaltung all der Anzeichen der Lebendigkeit, wie zum Beispiel die Fähigkeit zu essen, zum fröhlichen Regenbogen feenhafter Vitalität.

Angelique bekam ein völlig falsches Bild von dem sinistren Kind einer der fremdartigsten Blutlinien. Aber das war schon Ordnung. Für sie war das Küken vor ihr einfach nur missverstanden und irregeleltet. Die sanfte Hand einer liebenden Mutter würde schon das humanistische Potential dieser ungeschnittenen Gemme zum Funkeln bringen.

Gott helfe Genua!


heute, um 11:56 Uhr
@🌜 Angelique (Olaf) rolled 28. rolled 28. (6 + 6 + 4 + 7 + 4 + 1 = 28) Patzer
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Alain le Beau
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Re: [1036] Älter werde ich stets, niemals doch lerne ich aus [Alain, Angelique]

Beitrag von Alain le Beau »

Und während Angelique ihn so betrachtet, wendet sich ihr Alains Kopf zu, diese feinen Züge, dieses edle Antlitz. Die Lippen des Tzimisce öffnen sich zu einem sinnlichen Lächeln, welches Angelique in ihrer Entrückung umso intensiver wahrnimmt. Perlweiße Zähne, perfekt aneinandergereiht, scheinen ihrerseits eine Wärme auszustrahlen. Der Augenaufschlag mit den langen Wimpern untermalt die Szene wie ein Donner, der jedes erkaltete Herz erschüttern muss. Aber die Augen - diese Augen! Tiefe Bergseen, in denen man ertrinken könnte. Kein Künstler hat jemals ein Bild in solcher Vollkommenheit auf die Wand einer Kirche gebannt.

Sicher, für Alain mag es nur ein berechnendes, einstudiertes Lächeln sein, aber wie könnte die Malkavianerin das unter dem Einfluss ihres erweiterten Bewusstseins begreifen?

"Also ist der Beischlaf ein Naturbedürfnis wie das Essen und Trinken? Ah, ein weiser Mann, der Diogenes. Darum stürzen sich Mönche auch wie Verhungernde auf jedes Vergnügen, wenn sie die Gelegenheit dazu bekommen!" Der bretonische Akzent schmeichelt den Ohren der Malkavianerin, wie ein warmer Sommerregen. "Aber gleichzeitig ein Narr, wenn er sich Vergnügungen verwehrt hat. Warum sollte er das tun? Warum sollte sich irgendwer das verweigern, was er bekommen kann? Das Leben der Sterblichen ist viel zu kurz - und selbst wir Perfekten sollten keinen Augenblick vergeuden!"
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Re: [1036] Älter werde ich stets, niemals doch lerne ich aus [Alain, Angelique]

Beitrag von Angelique »

"Ja, da habt Ihr vollkommen recht", antwortete Angelique schließlich verhuscht. Die tanzenden Feenlichter, die sie immer in ihrer Kindheit gesehen hatte, waren wieder in ihrem Sichtfeld aufgetaucht. Und sie verschwanden auch nicht wieder.

Lag es daran, dass Alain wie sie ein Nachfahre der romanokeltischen Bevölkerung war? Warum meldeten sich die Faten jetzt wieder, wenn nicht aus diesem Grund?

Die hedonistischen Worte des großen Verführers fanden bei der Malkavianerin offene Ohren. Sie kam nicht mal auf die Idee, dass sie ein falsches Thema angeschnitten hatte, das ein Einfallstor für den Bretonen in ihr kaltes Herz sein konnte.

Eine weitere Schwäche ihres ewig kindlichen Gemüts war die Anfälligkeit für backfischhafte Schwärmerei bei einem schönes Gotteskind... oder Teufelskind in diesem Fall.
Ein Idiot würde sehen, dass Angelique die Art Lehrerin war, die der Verführung eines solchen Schülers nicht würde widerstehen können.
"Ich... werde einige Weisheiten des Epikur von Samos mit Euch als Übersetzungsübungen machen, wenn Ihr wollt, so wie sie Seneca überliefert. Die werden Euch auch sehr gefallen... Also, übersetzt bitte: ,Man muß versuchen, den nächsten Tag immer besser zu gestalten als den vorhergehenden, solange wir noch auf dem Wege sind; sind wir aber ans Ziel gelangt, so dürfen wir gleichmäßiger Fröhlichkeit huldigen.' "
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Re: [1036] Älter werde ich stets, niemals doch lerne ich aus [Alain, Angelique]

Beitrag von Alain le Beau »

Alain zieht eine Augenbraue leicht hoch, dann rückt er ein Stück näher an Angelique heran. "Wie schön ihr das Wort Fröhlichkeit bildet mit eurem kleinen Mund, Angelique..." Wieder der kokette Augenaufschlag. "Ich will mein Bestes tun. Also. Postridie... äh, vobis? Temptare." Die Übersetzung ist nicht gerade eine Meisterleistung, aber er wirkt dabei so fröhlich, dass Angelique ihm das kaum übel nehmen kann.
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Re: [1036] Älter werde ich stets, niemals doch lerne ich aus [Alain, Angelique]

Beitrag von Angelique »

In ihrem momentanen Zustand konnte Angelique die mangelhafte Übersetzung tatsächlich nicht übel nehmen. Im Gegenteil fand sie es sogar süß. Als Lehrerin konnte sie für einige Zeit ihr mangelndes Selbstbewusstsein überwinden und sich gleichwertig und sogar überlegen fühlen.
Die fröhliche Lebendigkeit Alains wirkte so anziehend auf sie wie die Kerzenflamme für die Motte.

Und Komplimente gaben ihr für einen Augenblick das Gefühl, selber anziehend zu sein, obwohl das nur eine süße Lüge des Drachen war.
Unbewusst rückte auch sie ein bißchen näher.

Sie wollte von dieser Fröhlichkeit angesteckt werden. Sie wollte sie in sich aufnehmen wie ein Vampir die Umgebungstemperatur aufnahm, um sich lebendiger zu fühlen.
"Gayeza..." hauchte sie in ihrer Muttersprache und nicht im Gossenlatein, zu dem das Altitalienische Genuas zählte.

Es war ihr egal inzwischen, ob sie Latein lehrte vom hohen Sitz einer Lehrerin aus oder als Kissenteilerin wie eine zu diesem Zweck gekaufte Sklavin.
Sie wollte einfach nur ein bisschen von der Lebendigkeit Alains haben. Es war ein gefährliches Spiel und sie setzte nicht einmal die Kunst ein, des Tzimisce Leidenschaft zu verstärken. Sie war in diesem Moment wieder eine unschuldige Jungfrau, die verführt wurde und nicht das jagende Monster, das verführte.
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Re: [1036] Älter werde ich stets, niemals doch lerne ich aus [Alain, Angelique]

Beitrag von Alain le Beau »

Alain neigt sich zu der kleinen, alten Vampirin hinüber und sieht ihr tief in die Augen. "Der Fröhlichkeit huldigen... sagt, werte Angelique, wie sagt man 'küssen' in der Sprache der alten Römer?" Sein Kopf nähert sich dem ihren, dringt aber nicht rücksichtslos auf sie ein, sondern wartet. Entweder ist er höflich oder seiner Sache recht sicher. Oder ist das alles nur ein Missverständnis, ein Spiel für ihn? Sie sieht die warme Rötung seiner Haut, so natürlich und anders als die bleichen Gesichter der nächtlichen Gesellschaft. Diese Locken, die zum Zerzausen einladen. Diesen vollen, roten Mund. Und diese Augen, in denen der Schalk steht.
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Re: [1036] Älter werde ich stets, niemals doch lerne ich aus [Alain, Angelique]

Beitrag von Angelique »

"Osculatio", antwortete sie leise. Ihr Mündchen formte dabei auch einen Kußmund, so als sei das Wort dazu gemacht. "Es kommt von osculum, was so viel heißt wie ,kleiner Mund'. Im Vulgären ist culus auch das Wort für Anus, wohl weil er dem Kußmund ähnelt".

Sie schaute aus ihren großen Rehaugen hoch zu ihm. Sie war nicht wunderschön, aber viel hübscher als der Durchschnitt. Und den Schlafzimmerblick Alains beherrschte sie auch sehr gut.
"Das Verb ist aber basiare wie in unserem heutige baiser. Ich küsse heißt also basio. ,Ich würde geküßt' hieße basiarer. Der Imperativ wäre basia"

Bei ihren Worte sagte ihre ganze Körperhaltung basia!
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Re: [1036] Älter werde ich stets, niemals doch lerne ich aus [Alain, Angelique]

Beitrag von Alain le Beau »

Als Alains Lippen auf die des ewigen Mädchens treffen, durchfährt ein Schauder die beiden toten Körper. Die Macht des Auspex sendet Feuer durch tote Nervenbahnen, erfüllt die wandelnden Leichen mit unheiliger Lust. Welcher Sterbliche könnte solche Empfindungen nachvollziehen? Jede Berührung ist wie eine Explosion, jedes leise Stöhnen eine Arie, das Rosenwasser auf Alains Haut wie ein Garten für die Sinne. Als sich die beiden wieder voneinander lösen, wirft der Tzimisce einen Blick auf die Pergamente und grinst. "Vielleicht sollten wir unsere Lehrstunde heute anderswo fortsetzen?"
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