[1037] Eine überraschende Einladung [Gasparo, Unbekannt (SL)]

[Juni '20]
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Il Canzoniere
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

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Der Turm in dem die Quartiere der Bischofsgarde untergebracht waren, war ziemlich alt. Römische Ziegelsteine, gebrannt vor hunderten von Jahren um römische Soldaten eine Basis gegen die Ligurer zu geben, säumten die viel jüngere Holztür die ein säumiger Tischler dem Kastell angefertigt haben mochte. Innen befand sich ein kleiner Raum mit einem Tisch und einer daran sitzenden Wache, ein Junge von vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahren, eindeutig ein Rekrut. Er konnte kaum die Augen offenhalten wie es schien. Was in diesem halbdunkel, von einer spärlichen Fackel erlecuhtet auch kein Wunder war.

Als Gasparo mit Crispianus eintrat, schreckte er hoch orientierte sich kurz und rief dann, mit ein wenig dünner Stimme: "Halt!"
Seine Hand fuhr zu der Klinge an der Seite, die, wie alle anderen im Raum, ebenfalls älter war als er selbst. "Wer seid ihr und was wollt ihr? Gibt es einen Notfall?" beinahe schien er zu hoffen das etwas passiert sei und diese schrecklich langweilige Wache ein vorzeitiges Ende fand.

Auf dem Tisch stand auch eine kleine Glocke mit der er wohl die anderen wecken konnte, noch hatte er jedoch die Hand nicht danach ausgestreckt.
Der Rest des Turmraums war leer. Nur die dunkel daliegende Treppe führte nach oben, zu den Quartieren.
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Gasparo
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

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Der Junge war Gasparo unbekannt. Es war Sixtus gewesen, der die meiste Zeit mit den Gardisten verbracht hatte, Sixtus, der ihnen Aufgaben gab und großzügige Rationen aus der Küche zugeteilt hatte, nachdem die anderen Würdenträger von den Schergen der Schatten beseitigt worden waren. Er selbst hatte in den letzten Jahren fast nur mit dem Anführer der neu aufgebauten Wachmannschaft zu tun gehabt. Dennoch … die Wache sollte wissen, wen er hier vor sich hatte.

„Wach auf!“ herrschte er den Burschen energisch an. Die Aufregung und Panik, die er in seine Stimme lag, war nur halb gespielt. Er machte einige Schritte auf ihn zu und hielt seinen Arm hoch, um die blutende Wunde zu zeigen. „Wir sind in Gefahr, alle! Das Böse ist hier, unter uns!“ Er gestikulierte in Richtung der Quartiere. „Dein Befehlshaber! Wo ist Giulio?“ Die Sonne war noch nicht lange untergegangen. Hatten sich die Gardisten wirklich schon zurückgezogen?

Crispianus blieb stumm und sah sich nach einem Schwert um. Seine Waffe hatte er, keine Gefahr erwartend, in seinem Raum gelassen. Selbst diese alten Klingen würden sich in seiner Hand gut anfühlen und er wäre seinem Herrn von Nutzen.
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Il Canzoniere
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Il Canzoniere »

Offenbar ein wenig eingeschüchtert ob des Auftretens des nächtlichen Besuchers, blickte er Gasparo mit großen Augen an, schaltete dann jedoch schnell. Er erhob sich, nickte und griff zur Handglocke.

Es dauerte nicht lange, da hatte das helle, läutende Alarmsignal eilige Bewegungen im oberen Teil des Turms ausgelöst. Nach wenigen Minuten eilten mehrere Männer herunter, darunter auch Giulio, der eine gewisse Alarmbereitschaft signalisierte. Das Kastell war in den letzten Jahrzehnten mehrfach Opfer mehr oder weniger schwerer Angriffe geworden, da schien sich mittlerweile eine gewisse Dringlichkeit etabliert zu haben. Gasparo registerierte das er die meisten Wächter, bis auf Gulio, noch nie gesehen hatte. Viele hatten sehr junge Gesichter, als wären es kaum mehr als Rekruten, auch wenn sie sicher schon ein oder zwei Jahre dabei sein mochten.

Der ernst dreinblickende Kommandant schaltete schnell als er den Ventrue sah. Er schickte die neugierigsten dreinblickenden Männer in zwei Gruppen hinaus um "die Lage auszukundschaften" und "Torhaus- und Turmmannschaften zu überprüfen", den anderen Befahl er den Turm zu halten, dann nickte er seinem nächtlichen Gast zu und würde ihm voran die Treppe hinaufgehen. Offenbar wollte er einen ruhigen Ort zum sprechen aufsuchen - es sei denn Gasparo ging sofort dazwischen.

So oder so, nach einigen Augenblicken hatten der Ventrue die Möglichkeit mit seinem Bekannten zu sprechen der ihn fragend und nervös gleichzeitig anschaute. Irgendetwas lag ganz offensichtlich im Argen.
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Gasparo
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Gasparo »

Tatsächlich stürzte Gasparo auf Giulio zu, als er ihn sah. Die Stimme des Ventrue überschlug sich in einer Darbietung von Dramatik und Panik. „Giulio! Zieh Dein Schwert! Die Diener des Teufels sind in das Kastell zurückgehrt, um ihr Werk zu beenden und diesen heiligen Ort und alle, die hier wohnen und Jesus dienen, ein für alle Mal in die Hölle zu ziehen!

Wieder hob er seine blutende Wunde. „Der, der sich Bischof Corrado nennt, und seine Getreuen, sind nicht die, für die wir sie halten! Er hat mich gebissen, mit Fängen wie die einer Bestie! In diesem Moment schlagen sie Sixtus, den lieben, treuen Sixtus, ohne den ich hier nun nicht stehen würde, tot! Sie sind Dämonen!“

Mit weit aufgerissen Augen sah er nun auch die anderen Männer an, die Rekruten, die aber dennoch Sixtus als gute Seele des Kastells sehen sollten, als eine Art Haushälter der in den letzten Jahren dafür gesorgt hatte, dass Ihre Mägen und Weinschläuche immer etwas voller waren. „Nie hätte ich gedacht, dass der Teufel seine Hand hier nach uns ausstreckt, aber wie in den Garten Eden haben sie sich eingeschlichen und nun wollen Sie unser Blut und unsere Seelen!“ Er war sich nicht sicher, welche der Geschichten von den Kainiten die Gardisten genau gehört hatten. Die Gerüchte von den Schatten am Hafen, den Teufelsfratzen und unverwundbaren Schnittern, von brennenden Bestien und Werwölfen hatten unter den einfachen Leuten ein Eigenleben entwickelt. Nun lag es an Gasparo, diesen Wahn zu entzünden, hier und jetzt.

Wieder fuhr er herum und konzentrierte sich erneut auf den jungen Giulio, seine Stimme schwankend zwischen drohen und flehen. „Du weißt, was Pater Romeo sagte! Du muss ihm seinen Kopf nehmen, bevor er den Schatten befehlen kann! Oder ihn verbrennen!“ Nicht nur Gasparos Worte waren es, die auf den jungen Mann einprasselten. Auch mit seinem Geist griff er nach dem Verstand des Kommandanten, begann, mit seiner Ausstrahlung die Sinne seines Gegenübers zu blenden. Er musste ihm glauben, er musste ihm vertrauen, um sich gegen einen Unbekannten zu wenden, den er eigentlich für heilig hielt. „Es ist eine Prüfung für uns alle! Seid wie San Giorgio und bezwingt diesen Drachen! Seid wie San Ciriaco und vertreibt die Höllenbrut oder, so schwöre ich bei Gott, unsere Seelen sind alle zum Unheil verdammt!“

Er streckte den gesunden Arm aus und zeigte in die Richtung der Kapelle. „Die Monster sind vor der Kirche des heiligen Silvester! Schnell, vielleicht könnt Ihr noch verhindern, dass sie Sixtus verschlingen!“

Entzücken (-1 BP. -1 WK)
6d10 = (1+2+4+7+7+5) = 26
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Il Canzoniere
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Il Canzoniere »

Giulio, erst noch skeptisch, aber mit alarmiertem Blick, floß dahin als Gasparo die Kräfte seiner Ahnen anrief. Er nickte, ernst und griff nach dem Schwert an seiner Seite. Ehe er tief Luft holte und brüllte: "Ausrücken Männer, sie sind wieder da!" offenbar wusste man im Turm was dies hieß und Rufe erklangen, Metall klapperte und eilige Schritte liefen die Treppe hinunter. Auch Guilio bedeutete seinem Gast ihm zu folgen.

In Windeseile hatte sich ein Dutzend Männer der Garde versammelt und eilte mit ihrem Anführer und Gasparo durch die Nacht. Eine einzelne Fackel - die jemand aus einer Verankerung am Turm genommen hatte - schenkte kaum genug Licht um zu zeigen wo es entlang ging, trotzdem stürzte niemand und es ging zügig voran.

Vor der kleinen Kirche des heiligen Silversters stand Sixtus, exakt dort wo Gasparo ihn zurückgelassen hatte. Er wirkte verunsichert und irgendwie auch froh darüber das die Tür der Kirche nicht aufgegangen war und das er weder dem Tod begegnet war noch in der Hölle schmorte. Trotzdem sah man ihm die Erleichterung an als er seinen Herren näherkommen sah. Seine Schulter strafften sich etwas.

Gasparo jedoch war langsamer geworden. Jene kleine Kirche die dort so unscheinbar lag erregte eine übelkeitserregende, noch sehr nahe Erinnerung. So kam es das er als letzter vor dem Eingang ankam. Die Gardisten der Bischofsgarde sahen sich wachsam um, zwei entzündeten Fackeln an der bereits brennende Flamme der dritten Fackel, ansonsten schienen sie zu warten. Auch Giulio war sich nicht sicher was er tun sollte, schien es. Fragend sah er Gasparo an. Die Hand am Schwertknauf.
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Gasparo »

Stolz schritt Gasparo zusammen mit den Wachen zur Kirche des heiligen Silvesters. Für einen Moment kehrte eine gewisse Sicherheit in seine Knochen zurück. Seine Beine fühlten sich nicht an wie zittrige Halme und er konnte seinen Rücken gerade machen. Diese Männer vertrauten ihm, gehorchten ihm, wie es sein sollte.

Doch dann fiel sein Blick auf Sixtus, der unentschlossen und nutzlos da stand und auf die verschlossenen Tore und es war, als würde ein unsichtbares Gewicht sich auf seine Brust legen. So hatte Gasparo sich die Situation nicht vorgestellt. Er hatte eine Konfrontation erwartet, Gottes Diener, die ihn verfolgten. Waren die Priester einfach dort drin geblieben nachdem sie ihn vertrieben hatten? Was ging in dem Bischof vor?

„Sixtus, komm' zu mir!“ Der Ventrue bemühte sich, seine Stimme eisern klingen zu lassen. Schwäche durfte nicht existieren und gab es sie doch, so musste sie unsichtbar bleiben.

„Es ist gut dich zu sehen, Sixtus.“ Zumindest fiel es ihm leicht, den Mann anzulügen, den er noch vor wenigen Minuten in den Tod schicken wollte. „Ist die Bestie, die das Gesicht Bischof Corradosn trägt, nicht herausgekommen? Ist der Dämon noch in der Kirche?“

(Ist die Antwort ja: )

Gasparo nickte entschlossen und starrte auf die Tore. Dann erhob er seine Stimme. „Ihr habt es gehört. Der Feind, der unsere Leben und unsere Seelen verschlingen will, ist dort drin! Ihr kennt die Geschichten und die Warnungen von Pater Romeo oder dem verehrten Ottovani Scuto! Die Teufel fürchten die reinigende Flamme Gottes! Räuchert sie aus!“ Dann fand sein Blick Giulio und in seinen Augen lag etwas Forderndes, Beschwörendes. „Rettet uns alle.“ Gasparo wich zurück, brachte Distanz zwischen sich, die Fackeln und das schreckliche Feuer. Crispianus eilte an seine Seite, doch Gasparo zischte ihm etwas zu. „Wenn Corrado oder einer seiner Priester aus der Kirche fliehen streckst du sie nieder.“ Wortlos zog wog der Ghul das Schwert in seiner Hand und entfernte sich wieder von seinem Meister.

Der Magister verschloss kurz seine Augen. Was würde noch passieren? Prometheus schreckliche Gabe erhellte den dunklen Himmel und er selbst hatte das Gespenst des Schreckens beschworen. In dieser Nacht mochte alles vernichtet werden, was er sich aufgebaut hatte aber all dies schien nebensächlich wenn er nur das Leben des Bischofs beendeten konnte, wenn er die Aufgabe erfüllen konnte, die ihm sein Clan gegeben hatte. Kein anderer Ventrue durfte je das spüren, was ihm angetan wurde. Nicht in Genua. Nicht durch Corrado.
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Il Canzoniere »

Der Angesprochene reagierte sofort. Wohl dankbar sich ein paar Meter vom Eingang der Kirche entfernen zu können, seinen Herren wohlauf zu sehen und nicht mehr mit diesem verwirrenden Auftreten dessen konfrontiert zu werden eilte er an Gasparos Seite. Auf die ihm gestellte Frage nickte er.

"Ja. Niemand hat die Kirche nach uns verlassen." erklärte er knapp.

Dann erhob Gasparo erneut seine Stimme. Hier, so direkt vor den sich dunkel gegen den Nachthimmel abzeichnenden Kirche kam er sich klein und unbedeutend vor, auch wenn ihm die Nacht ein wenig Schutz versprach und jene Sorge unter einem dunklen Mantel verbergen mochte.

Giulio, offenbar noch immer unter der Macht des Herren der Nacht stehend, verlor keine Zeit. Er bestätigte Gasparos Worte mit seinen eigenen "Ausführen!" rief er seiner Truppe zu, griff selbst nach einer der Fackeln und wollte sich just umdrehen um mit gutem Beispiel voranzugehen, als er bemerkte das jener Mann der die Fackel soeben entzündet hatte sie nicht losliße. Beide hatten die Hand am Schaft der Fackel und keiner schien willens dies zu ändern.
Mit eisernem Blick sah der Soldat, der soeben seinem Kommandanten einen direkten Befehl verweigert hatte, an. Was ein Ungehorsam. War doch die Rangfolge klar. Unerträgliche, offene Rebellion gegen die einzige Authorität die es vor Ort geben sollte. Und offenbar war er nicht allein. Auch die meisten der anderen machten keine Anstalten dem befehl Giulios Folge zu leisten. Nur zwei oder drei setzten sich in Bewegung, wurden jedoch sofort langsamer, als sie sahen was vor sich ging. Unschlüssig sahen sie sich an, während die anderen offenbar die seiten wechselten. Ein junger Mann, Gasparo hatte ihn erst wenige Male gesehen, erhob das Wort: "Das ist nicht rechtens. Ich bin ein Mann Gottes und ich werde keine Kirche ausräuchern. Ihr steht unter Arrest, Hauptmann Giulio. Ihr werdet euch vor Gott, dem Bischof und seinem Rat verantworten müssen. Für das was ihr gerade tun wolltet." dann fiel sein Blick auch auf die anderen drei Anwesenden, die nicht zur wache gehörten. "Festsetzen." war der klare Befehl des Aufrührers. Einige der Männer reagierten, während andere noch immer unschlüssig dastanden.
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Gasparo »

Wann hatte es dieses Gewürm gewagt, ein Rückgrat zu entwickeln? Befehle in Frage zu stellen? Jahrelang hatten die Menschen jedes Gerücht, jedes Flüstern über die Monster aufgesogen wie ein Schwamm und nun, wo Gasparo sie brauchte, entwickelte sie ein Gewissen? Oder war es nur diese eine Gegner.

Wieder fühlte er die Macht seines Blutes in sich aufwallen, spürte, wie die Vitae in seinen Adern brannte und wie Wachs seine Stimme nährte. Seine Worte sollten in den Ohren der Männer erneut klingen als hörten sie den Priester, der ihnen als Kind die Angst vor Gott näherbrachte, der Großvater, der ihnen von schweren Zeiten des letzten Jahrtausends erzählte oder der Vater, der sie alles gelehrt hatte was nun in ihren kleinen, bemitleidenswerten Spatzenhirnen steckte.

„Nein, begeht nicht diesen Fehler! Richtet euren Zorn nicht gegen jene, die euch retten wollen sondern gegen die Monster, die aus dem Süden kamen um eure Seelen in den Abgrund zu reißen! Hört auf mich und beendet die Gefahr für Genua!“

Doch die Worte klangen selbst in seinen Ohren nicht so, wie sie sollten. Hatte der Eindruck des Göttlichen, dieser gleißende Schmerz der noch immer an ihm nagte, ihm sogar diese Kraft genommen?

(Präsenz Stufe 1, Charisma und Vortrag, + Willenskraft – Vertrauenswürdig)
@👑 Gasparo (Tommy): 5d10 = (10+1+5+6+6) = 28
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Il Canzoniere »

Giulio blickte entsetzt zu dem Anführer der Meuterer und wollte gerade das Schwert erheben, da hatte er auch schon einen Speer vor der Brust schweben und erstarrte. Nervös blickte er hin und her, während sein Atem rasch ging.Noch hatte er die Waffe in der Hand.

Sixtus glitt mit zwei Schritten vor seinen Herren und den beiden Bischofsgardisten entgegen die es auf Gasparo abgesehen hatten. Wild entschlossen und grimmig blickte er sie an, zwischen ihnen klafften die wachen. Die anderen der Wache, bis auf den Rädelsführer, schienen unschlüssig was zu tun. Offenbar fanden sie es genauso unheimlich ihren Hauptmann festzusetzen wie eine Kirche anzuzünden und wollten weder das eine noch das andere tun. Hofften aus der Situation einen Hinweis gewinnen zu können.

Da läutete die kleine Glocke St. Silvesters, gut hörbar für jeden der hier im Kastell schlafen würde und sicher auch unten in Mascharana oder Platealonga. Nicht langsam und gemächlich, wie sie es zu später Nacht in vollen Stunden tat, sondern schnell und hektisch, wie sie es zuletzt getan hatte als der Boden des Kastells mit Leichen übersäht gewesen war. Es würde nicht lange dauern, dann wäre das ganze Kastell, ja die halbe Stadt auf den Beinen. Von den Mauern und vom Tor erschallten Rufe der anderen Gardisten die gerade Wache hielten. Offenbar wollten sie wissen was los war.

Guilio ergriff die Chance und brüllte zurück: "Monster aus..." die letzten beiden Wörter gingen in einem Gurgeln unter. Der Mann vor ihm hatte zugestochen und Guilios Lunge durchbohrt. Auch die anderen beiden griffen nun Sixtus an, der sich grimmig zur Wehr setzte.

Das erste Blut benetzte den Boden.
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Gasparo »

Mit geweiteten Augen sah Gasparo zum Glockenturm hinauf. Das donnernde Geräusche spiegelte das Chaos seiner Gefühlswelt wieder und schien ihn gleichzeitig zu verhöhnen. War es Gott, der ihm mit diesem Läuten noch einmal so eindringlich zeigen wollte, wie verdammt seine Existenz in den Augenblick des Allmächtigen war? Alles brach auseinander, in ihm und um ihn herum. Die Ordnung, die sein Clan, seine Familie, ihm immer wieder vorgelebt hatte, verschwand im Rauschen der Verzweiflung und Panik.

Wortlos drehte er sich von dem Geschehen vor der Kapelle des heiligen Sylvester um. Eine keifende Stimme in seinem Inneren verspottete ihn, betonte, dass eine Umkehr nun einer Aufgabe gleichkäme, einer Enttäuschung und Demütigung. Doch es war zu spät. Fast widerstrebend begann er zu laufen. Es fühlte sich falsch an. Gasparo, der sonst so elegant und bedächtig durch diesen Hof schritt, rannte wie ein flegelhaftes Balg, ungeschickt aber von der unheiligen Macht seines Blutes angetrieben.

Das Kastell war verloren. Er hatte verloren.

Er konnte nicht sehen was sich hinter ihm abspielte, aber er hörte keine Schritte dichtauf oder anderes, offenbar hatte der Teil der Truppe die zweifelte oder an ihn glaubte den anderen Teil zumindest aufgehalten. Rufe wurden nun laut, von überall. Menschen schreckten aus dem Schlaf auf, in der Angst eines weiteren fürchterlichen Angriffs. Diese Glocken zu solch einer Uhrzeit hatten bisher immer etwas fürchterliches bedeutet. Die durch die Nacht huschende Gestalt Gasparos kam problemlos voran. Noch waren wenige Leute unterwegs. Nur vereinzelte Wachen eilten von hier nach da, gut erkennbar an den getragenen Fackeln die wie Glühwürmchen ihren Schein durch die Nacht zogen.

Noch war Gasparos Hauptgedanke, nur Distanz zu bringen zwischen sich und die Glocken, zwischen sich und das Kastell ... zwischen sich und den Bischof. Doch wo sollte er hin? Während sich der Ventrue Mascharana näherte ging er in Gedanken die Möglichkeiten durch, wohin er konnte. Sollte er einen seiner Verbündeten in Mascharana aufsuchen? Ilario vielleicht? Aber nein, die Gefahr war zu groß, dass er die Schergen der Kirche dorthin führte. Auch seine Blutdiener, seine Schüler, waren vielleicht schon entdeckt.

Das war zumindest seine Absicht. Er erreichte eilig das Tor des Kastells, welches bisher zwar nicht jedem Angriff stattgehalten hatte, aber den meisten. Wie in jeder Nacht war es geschlossen. Normalerweise konnte er hier problemlos ein und ausgehen, aber wie würde es heute Nacht sein? Die kleine Gruppe Torwächter blickte nervös und neugieirg zugleich umher, hielt Ausschau nach Anzeichen für Gefahr. Hier und da brachte eine Fackel ein wenig Licht in die Finsternis, aber alles in allem war auch das Tor nicht sonderlich gut erleuchtet.

Gasparo verfluchte die Männer, die noch immer dort ihren unwichtigen Dienst taten. Vorher hätte er sie gebraucht aber nun waren sie nur noch Hindernisse. "Was tut Ihr hier? Giulio braucht euch an der Kapelle! Hört ihr nicht die Glocken? Du, ÖFFNE das Tor für mich und dann helft eurem Anführer!"

Der Mann blickte verdutzt, erkannte Gasparo dann jedoch. Ehe er jedoch etwas sagen konnte übermannte der Geist des Ventrues ihn und er drehte sich auf der Stelle um, schritt an seinen irritiert dreinschauenden Mitwächtern vorbei und begann, unter einigen Mühen, den schweren Riegel vor dem Tor zur Seite zu schieben. Erst nach einigen Augenblicken kamen ihm die anderen zu Hilfe. Gasparo unterdessen hörte bereits eilige Schritte durch die Nacht eilen. Hierher. Es klang wie eine einzelne Person.

Gasparo drehte sich um und versuchte in der Dunkelheit zu erspähen, wer sich näherte. Dann ging er ungeduldig in Richtung des Tores und würde es wortlos durchschreiten, sobald sich die Gelegenheit bietet. Er hatte das Tor gerade passiert, da tauchte Crispianus wortlos neben ihm auf. Gasparos feine Nase für diesen einen Geruch roch sofort das Blut welches offenbar von diesem vergossen wurde und auch seine Kleidung tränkte. Auch er hatte offenbar etwas abbekommen, ließ sich davon aber nichts anmerken.

"Heile dich", zischte er Crispianus an. "Ist Sixtus gefallen?" Es lag keine Trauer in seiner Stimme, nur die kühle Frage, um seine Gedanken zu ordnen. eilte er weiter, Richtung Porta di Castello. Er wagte es nicht, Broglio zu betreten oder den noch weiteren Weg durch die Straßen zu gehen.

Der Geruch wurde nicht unbedingt weniger intensiv, aber Gasparo merkte an den Bewegungen seines Dieners, dass es ihm besser zu gehen schien. "Ich bin mir nicht sicher. Giulio ist tot. Ich habe sie so lange aufgehalten wie ich konnte. Sixuts wollte mir helfen, aber er wurde getroffen, ich habe ein paar Treffer eingesteckt und habe mich dann zurückgezogen, hatte gehofft ihr würdet es durch das Tor schaffen." Es waren nur wenige Minuten um den Hügel auf dem das KAstell thronte nach Norden, zum Wasser, und von dort zur kleinen Porta di Castello, wo einige aufgeregt dreinschauende Männer der Stadtwache von Mascharana ihren Dienst taten. Offenbar waren die Tore - aus Sicherheitsgründen bei solch einem Alarm - geschlossen. Auf den Straßen jedenfalls war einiges los. Schon lange hatte Gasparo die nächtlichen Gassen nicht mehr so voll gesehen wie heute Nacht. Überall schauten Neugierige und Bedienstete aus den teilweise ummauerten Anwesen der reichen Mascharani.

Gasparo kannte einige Männer der örtlichen Stadtwache, hatte er ja lange genug in Mascharana. Er straffte sich und ging selbstbewusst auf das Tor zu. "Wer hat das Kommando? Das Kastell wird angegriffen. Bischoff Corrado schickt uns. Sendet Männer hinauf und helft unserem geistlichen Führer. Für mich öffnet ihr das Tor. Ich werde den Grafen selbst warnen, dass erneut Meuchelmörder in Genua ihr Unwesen treiben."

Die Worte trafen genau den richtigen Tonfall. Umso eigenartiger machte es jene Begebenheit das sie oben auf dem Kastell einfach nicht wirken hatten wollen. Der Wachhabende Offizier, irgendwo hatte Gasparo ihn bereits einmal gesehen blickte erschrocken und nickte dann. "Pepe, Guiseppe, lasst die beiden hinaus. Enrico, sag dem capitano Bescheid, Filippe, Emaldo, Mario, Francesco, ihr kommt mit mir!"

Pepe und Guiseppe öffneten den beiden nächtlichen das Tor und schickten nach draußen in den heute etwas windigen Abschnitt der kleinen Küstenstraße hinab nach Pisa oder nach Osten gen der Ländereien des Grafen schicken.

Gasparo ließ sein Heim und das Chaos Genuas hinter sich, während die Finsternis der Nacht in seine Seele zu strömen schien.
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