[1037] Eine überraschende Einladung [Gasparo, Unbekannt (SL)]

[Juni '20]
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Il Canzoniere
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[1037] Eine überraschende Einladung [Gasparo, Unbekannt (SL)]

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Das Bischofskastell lag still da. Dunkel thronte es seit jenen Nächten über die Silouette Genuas. Kein Zeichen mehr von der Bischofsgarde die hier einst auf den Mauer patroullierte. Das schwere Tor verschlossen, statt einem Dutzend Soldaten von zwei schläfrigen Mönchen bewacht. Die Kettenhunde im Inneren durch ein paar streunende und irgendwie zufällig hier hineingeratene Katzen und einige Gänse nahe der Küche ersetzt.

Keine beleuchteten Wege sondern nur dann und wann ein verschlafener Mann der des Nachts zum Abort huschte. Seit zwei Jahren war das Kastell nicht nur ruhig, es war beinahe wie ausgestorben. Mit der Ankunft des neuen Bischofs war etwas mehr Leben zurückgekehrt, er hatte sein eigenes Gefolge aus Rom mitgebracht, die einige der Aufgaben Verstorbener übernommen hatten, aber alles in allem war es ruhiger als zuvor.

Gasparo hatte in dieser lauen Nacht eine simple Nachricht erhalten. Crispianus teilte ihm mit das ein junger Diener, wohl ein Leibdiener des Bischofs, Gasparo um ein Gespräch gebeten hatte. Zuerst hatte es geheißen es solle kurz vor Sonnenuntergang stattfinden, aber Crispianus habe sich etwas einfallen lassen. Nun würde es kurz nach Sonnenuntergang stattfinden. Im Prinzip würde es in wenigen Minuten beginnen. Der Weg war allerdings auch kein langer.
Es solle im Kastell, in der kleinen Kirche des heiligen Silvester, stattfinden. Offenbar sei Bischof Corrado selbst derjenige der mit Gasparo sprechen wollen würde.

Falls er vor dieser überraschenden Einladung nicht direkt reisaus nehmen würde, wäre der zweiminütige Weg schnell geschafft. Die kleine Kirche hatte Gasparo seit der letztjährigen Ankunft des Bischofs gar nicht mehr besucht, aber er war davor bereits mehrmals hier gewesen. Heute allerdings schien irgendetwas anders zu sein. Irgendetwas in ihm sträubte sich dagegen seine Schritte weiter in diese Richtung zu tun, umso näher er ihr kam. Als er die Tür erreichte war ihm regelrecht schlecht in der Magengegend. Ein unwohles Gefühl ergriff ihn. Noch war es nicht zu spät einfach auf dem Absatz kehrt zu machen und das Gespräch Gespräch sein zu lassen.

Was würde er tun?
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Gasparo
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Gasparo »

Gasparo hatte innerlich geflucht, als er die Nachricht erhielt. Seine Vorbereitungen, dem Bischof seine neuen Schüler zu präsentieren, waren bei weitem noch nicht abgeschlossen.

Aber gut, dieses Gespräch war unausweichlich und der Ventrue war selbstbewusst genug, dem Gesandten Roms … oder Mailands … gegenüber zu treten.

Gehüllt in sein feinstes Gewand, schwarz mit purpurnen Ärmeln, schritt er zur Kapelle, Sixtus und Crispianus an seiner Seite. Sein Leibwächter würde in einiger Entfernung zum Gebäude bleiben doch Sixtus als einziger weiterer Lehrer der Priesterschule sollte neben ihm stehen.

Als die Welle der Übelkeit Gasparo traf weiteten sich seine Augen. Ein solches Gefühl hatte er nicht mehr gespürt, seit sein Herz aufgehörte hatte zu schlagen. Auch davor war es nur eine blasse Erinnerung an fiebrige Kindheitstage. Kurz sah er sich zu seinen Ghulen um, ob sie ebenfalls betroffen waren.

Gasparo öffnete den Mund und schloss ihn wieder. War dies das Gefühl, dass Acacia hatte, bevor sie zermalmt wurde? Er hatte Warnungen vernommen, eine Aufgabe erhalten … eine Pflicht.

Er unterdrückte ein Würgen, würde sich vor seinen Untergebenen nicht derart schwach zu erkennen geben, und strich sein Gewand glatt. Gasparo glaubte, den Blick seiner Ahnen auf sich zu spüren, und schöpfte Mut aus diesem Gedanken.

„Geh voran“, knurrte er leise Sixtus zu, bevor er nach ihm die Kapelle betrat.

(Sollten die Ghule ebenfalls Anzeichen zeigen etwas zu spüren, würde er beiden befehlen außerhalb zu bleiben und alleine das Gebäude betreten.)
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Il Canzoniere
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Il Canzoniere »

Sixtus schien keinerlei Anzeichen zu zeigen das es ihm ähnlich erging wie seinem Herren. Crispianus hingegen wirkte ebenfalls sehr bleich und ihm stand der Schweiß auf der Stirn. Irgendwie machte er einen kränklichen Eindruck auf Gasparo. Einen den er vor wenigen Minuten noch überhaupt nicht gemacht hatte.

Ob allein, zu zweit oder zu dritt. Die Kirche nahm sich in ihrem inneren Erscheinungsbild nichts. Seit der Ankunft des Bischofs im letzten Jahr hatte es hier einige Restaurierungen, kleinere Bauarbeiten und Aufwertungen gegeben, alles aber in eher kleinerem Maße. Sie wirkte heller und roch auch besser als das letzte mal als Gasparo hier gewesen war. Sie war recht klein, beinahe nur eine Kapelle und in ihren Grundzügen von römischer Bauweise, auch wenn dies nurnoch zu erahnen war.

Am Eingang gab es ein kleines Becken mit Weihwasser, neben dem ein junger Akolyt, von vielleicht zwölf Jahren stand. Einfach daran vorbeilaufen würde für Gasparo schier unmöglich sein. Weiter hinten im Raum stand der Bischof, sowie zwei seiner Begleiter aus Rom, Gasparo hatte beide zuvor schon einmal gesehen. Beide wirkten wehrhaft, wenn es darauf ankam, aber nicht feindselig. Ihre dunklen Roben wiesen sie als Priester aus. Die Machart der hölzernen Kreuze um den Hals als Anhänger des Bischofs von Rom.

Bischof Corrado selbst war ein Mann mittleren Alters, mit dunklem Haar. Eindeutig italienischer Herkunft. Hier und da zeigte sich jedoch bereits ein wenig grau in der einfach gehaltenen Frisur. Er trug die Amtsrobe des Bischofs, nicht jedoch den zeremoniellen Hut oder andere Intarsien seiner offiziellen Funktion. Er wirkte freundlich auf Gasparo, aber in ihm schien noch mehr zu schlummern. Auch eine gewisse Härte und Neugierde.
Sobald der Ventrue eintrat verstummten die drei und wandten sich zur Tür, als ob sie nur auf ihren Gast gewartet hätten.
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Gasparo
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Gasparo »

Den sonst so unverwüstlich wirkenden Crispianus Schwäche zeigen zu sehen war ein weiterer Quell der Beunruhigung. Mit einer knappen Geste bedeutete Gasparo ihm, in der Nähe der Kapelle zu verweilen.

Hinter Sixtus betrat er die Kapelle und warf aus der Entfernung einen abschätzenden Blick auf den Bischof. Ihm war bewusst, dass er den Sterblichen nicht unterschätzen durfte. Die Kirche war ein politischer Moloch. Wer ein so hohes Amt erlangte hatte ohne Zweifel politisches Gespür und Geschick.

Sixtus ging, jovial lächelnd, voraus. Im Vorbeigehen führte Gasparo die nötigen katholischen Riten wie das Berühren des Weihwassers, das Bekreuzigen, das geflüsterte „Il mio grazie a voi” durch, wie er es schon hundertmal getan hatte.

Dann näherten sich die Lehrermeister den Priestern. Sixtus räusperte sich und verbeugte sich tief, um mit einem Arm auf seinen Herrn zu zeigen. „Ich präsentiere, den Magister Trivium, Gasparo di Como.“

Gasparo begrüßte den Bischof mit allen gebührenden Ehren und Gesten und ließ sich ohne Zweifel erkennen zu lassen auch zu einer Verbeugung herab. *

„Eure Exzellenz, es ist mir eine Ehre und Freude, Euch kennenlernen zu dürfen.“ Er richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf und bedachte auch die anderen Priester mit einem Nicken. „Ich hatte gehofft, Euch bei unserem ersten Treffen meine neuen Schüler präsentieren zu können aber die Jungen sind noch nicht soweit, das zu zeigen, dass ich von Ihnen erwarte und Euch gebührt.“

Betrübt senkte er erneut seinen Kopf. „Es ist nicht einfach, mit einer komplett neuen Klasse wieder neu zu beginnen. Der Mord an den Kindern … an so vielen Seelen hier … schmerzt mich jeden Tag. Doch zu Ehren Gottes und der verblichen Exzellenz Landolfo scheue ich das Werk nicht.“

Sein Blick schweifte durch die Kapelle. „Ich hoffe, Ihr habt das Kastell zu Eurer Zufriedenheit vorgefunden? Wir haben in den letzten beiden Jahren viel dafür getan, die Schäden zu beseitigen und die Substanz zu erhalten. Der überlebende Rat war hierbei eine bedeutende Hilfe.“


'Intelligenz + Etikette
@? Gasparo (Tommy): 7d10 = (6+4+5+6+6+5+4) = 36
(-1, hätten nur 6d10 sein sollen)
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Il Canzoniere
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Il Canzoniere »

Als Gasparo die nötigen katholischen Riten wie das Berühren des Weihwassers, das Bekreuzigen, das geflüsterte „Il mio grazie a voi” durch, wie er es schon hundertmal getan hatte ausführte, bereits bei der Benetzung der Finger mit dem kühlen nass, merkte er das etwas ganz und gar nicht stimmte. Statt wie sonst war es nicht das Gefühl des kühlen nass das er auf den Fingern spührte sondern ein heißer, kurzer, intesiver, brennender Schmerz der ihm durch die Hand und den ganzen Arm schnitt wie eine glühend heiße Nadel die mit einem einzigen Hammerschlag in seine Knochen getrieben wurde.
Die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben und da sah er es: der Akolyt neben dem Becken, der Gasparo aufmerksam ins Gesicht geblickt hatte sah es. Die Begleiter des Bischofs sahen es, aber auch der Bischof selbst.

Sofort verdüsterten sich die gesichter. Gasparo machte, aus Gewohnheit noch zwei Schritte in deren Richtung, dann könnte er innehalten.
Er ar aufgeflogen, dessen war er sich sicher. Das erschrockene Gesicht des Akolyten hatte es ihm verraten. Und auch die plötzliche Anspannung in der Körperhaltung der anderen Anwesenden.

Mit einem Mal erklang choraler Gesang in der kleinen Kirche, als ob es ein geheimes Signal gegeben hätte. Die Begleiter des Bischofes hatten begonnen zu singen. Das Lied hatte Gasparo schon hunderte Male gehört. Dieses mal jedoch, stellten sich ihm die Nackenhaare auf...
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Gasparo
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Gasparo »

„Flieh.“

Die innere Stimme … der Dämon in ihm … flüsterte die Worte während Gasparo mit geweiteten Augen auf das Weihwasser, den Jungen und dann die anderen Männer starrte. Er konnte sich nicht erinnern, einen solchen Schmerz schon einmal gespürt zu haben. Selbst das Licht der Sonne war anders gewesen … greifbarer.

„Flieh!“

Eine Falle. Sie hatten ihm einen Falle gestellt, hier, in seinem Heim, nach allem, was er für die Kirche getan hatte. Undankbares Gewürm! Dies hätte so nicht passieren dürfen! Sein Blut hatte ihm eine andere Bestimmung versprochen! Woher kam nur ihre Macht? Nur die Ahnen sollten solche Kräfte besitzen. Dieser Gesang … lieber sehe er sich konfrontiert mit Homers Sirenen.

„FLIEH!“

Es waren nur Augenblicke vergangen doch Gasparos aufkeimende Panik drohte ihn zu übermannen. Ohne seinen Blick von den Priestern zu nehmen machte er Schritte zurück, Richtung Tür. Er musste fort.

(- 2 BP, um Geschick und Widerstand um jeweils einen Punkt zu erhöhen)
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Il Canzoniere
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Il Canzoniere »

Als er begann vor der kleinen Gruppe singender Männer zurückzuweichen, wechselten diese vielsagende Blicke und begannen dann auf ihn zuzuschreiten. Mit raschem, festen Schritt, alle Augen auf Gasparo gerichtet. Der anwesende Akolyt hingegen wich zurück und drückte sich mit dem Rücken gegen die Wand, die nach einigen Schritten in seinem Rücken war. Offenbar schien er aber größere Sorge vor Gasparo zu haben als vor dem singenden Bischof.

Auch Sixtus wich zuück, warf fragende Blicke zu seinem Herren hinüber, dabei leicht zwischen seinem Herren und der Gruppe auf sie zuschreitender Männer. Nach wenigen Augenblicken erreichten Gasparo und sein Diener schließlich die Eingangstür. Es trennten sie noch einige Meter zu den forsch foranschreitenden Sängern von denen eine bedrückende KRaft ausging. Gasparo hatte den Eindruck ersticken zu müssen, so sehr schnürte es ihm die Kehle zu. Die vorgetragenen Strophen waren ihm bekannt, er hatte sie sogar selbst schon benutzt, daher war klar das es nicht der Inhalt des Liedes war, welches ihn quälte. Es war jenes was zwischen den Zeilen schwang. Das er ein Mörder und Sohn eines Mörders sei. Das er sich mit seinen Taten stets tiefer und tiefer in die Hölle befördert hätte und er es ist nicht wert sei auf dem Anlitz dieser Welt zu wandeln. Das die gestohlene Zeit, von der er lebe, für etwas besseres benutzt werden könne als seine krankhaften Ziele, das all seine Sünden, das nächtlichen Jagen, die Intrigen und das innewohnende Tier Steine seien die an ihn gebunden wurden um es ihm zu erschweren aufzusteigen. Die ihn hinab zum Grund des bodenlosen Gewässers zu ziehen in welchem er seit Jahren hinabsank. Das er all diese Dinge loswerden müsse um wieder atmen zu können oder auch nur Licht zu sehen.

Er fühlte sich vergiftet, verraten und verloren auf einmal. Die gloriose Macht Gottes verängstigte das Tier seinerseits und es war froh das er bereits die Tür aufstieß und floh, andernfalls hätte es sicher selbiges versucht.

Draußen blickte Crispianus, mit dem selben, verstörten Gesichtsausdruck wie eben noch. Sonst war der Hof des Kastells beunruhigend leer.
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Gasparo
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Gasparo »

Als das Tor hinter ihm zufiel unterdrückte Gasparo den Impuls zu schreien. Für einen Moment bemerkte er, wie anders seine Panik war als jene, die er noch vor Dekaden gefühlt hätte. Sein Herz schlug nicht schneller, er hatte keine Schwierigkeit, Luft zu bekommen. Kein Schweiß benetzte seine Stirn.

Doch auch ohne die körperlichen Reaktionen war sein Gefühl der Angst, der Verwirrung, der Hilflosigkeit fast überwältigend. Die schrille Schreie der Bestie in ihm, die nur noch von den singenden Stimmen übertönt wurden, waren nur schwer zu bändigen.

Was auch immer hier passierte, was auch immer ihm gegenüberstand, diese Bedrohung durfte ihn nicht verschlingen.

Er fuhr zu Sixtus herum. Gasparos Gesicht zeigte Wut und seine Stimme überschlug sich fast. Oder war es doch Verzweiflung? „Sixtus, wenn sich diese Türen öffnen wirst du den Bischof mit Deinen eigenen Händen erschlagen, verstehst Du? Du wirst ihn umbringen oder selbst vergehen in Asche und Staub! Kämpfe mit der Macht meines Blutes in Dir!°“

Dann drehte er sich von seinem Diener, der ihn seit so lange Zeit begleitete, von dem alten, vertrauten Gesicht, von dem Mann, der ihn Nacht für Nacht als erstes sah, ab. Mit großen Schritten ging er auf Crispianus zu und auch an ihm vorbei, in Richtung der Quartiere der Bischofsgardisten. „Wir gehen zu Giulio.“ Der Magister rannte nicht. Sein Selbstverständnis hielt selbst in dieser Situation den Ventrue davon ab, würdelos durch das Gebäude zu hetzen wie ein rotznäsiges Kind. „Die Wachen haben hier gedient bevor Rom seinen Höllenhund entsandte. Sie kennen uns, Crispianus, und nicht diesen Emporkömmling!“
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Il Canzoniere »

Noch während er sprach wusste er das es falsch war was er hier tat. Hatte er eben wirklich "Ermorde den Bischof!" gesagt, während Sekunden zuvor Gottes Unbillen ob seiner sündigen Existenz auf sich ruhen gespührt hatte? War das erste was er tat nachdem er sich bekreuzigt und das Haus Gottes verlassen hatte eine Todsünde zu befehlen? Ekel, Reue, Abscheu vor sich selbst und Selbsthass überfluteten ihn mit einer Macht wie er es noch nie erlebt hatte. Speiübel stolperte er, so würdevoll wie es ging, aber auch nur das beste aus seiner elenden Lage machend, fort in die NAcht hinaus.

Sixtus blickte seinen Herren mit Schweiß auf der Stirn an, dann nickte er, trat einige Schritte zurück und rollte den Kopf über den Nacken, als ob er sich auf das kommende vorbereiten würde.

Crispianus hingegen war froh nicht an der Stelle seines Mitghuls zu sein und warf diesem einen nervösen Blick zu ehe er Gasparo hinterhereilte. Rasch bewegten sie sich über den dunklen Hof, der nur von Sternen und einem fahlen Mond beschienen viel weniger vertraut wirkte als noch vor wenigen Augenblicken. Das Tier in ihm war in Aufruhr, sein sonst so analytischer, ruhiger Geist war in Aufruhr und die Last des schrecklichen Fluchs der in seinem Blut - auf das er so Stolz war - brodelte wie Gift in ihm. Hybris. Er war nichts der Herr der Nacht, er war ihr Sklave. Seine noble Abstammung war nichts weiter als eine lange Reihe verfluchter Kreaturen die sich im Schatten der Existenz herumdrückten und stolz behaupteten sie wären die dortigen Herrscher.

Würgend und mit zittrigen Knien erreichte er das Quartier der Bischofsgarde am anderen Ende des Kastells. Unten vor dem Turm stand keine Wache, was in diesen Nächten jedoch nicht mehr weiter ungewöhnlich war. Die Garde hatte in den Nächten horrende Verluste erlitten.

Es war offen.
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Gasparo
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Re: [1037] Eine überraschende Einladung [SL, Gasparo]

Beitrag von Gasparo »

Zitternd stützte sich Gasparo mit ausgestrecktem Arm am nackten Mauerwerk ab. Die Angst um sein Überleben mischte sich mit dem Unverständnis über das gerade Erlebte. Er erinnerte sich, wie ihn als Kind die Sonne blendete oder wie er in das Mittelmeer eingetaucht war, hilflos und überwältigt vom Ausmaß des Horizonts.

Ähnlich fühlte er sich nun, in diesem Moment. Das Grauen, das sich ihm in der Kirche des heiligen Silvester offenbarte, dröhnte ohrenbetäubend in seinem Geist. Es brannte gleißend und fast schien es ihm als zündete die Erkenntnis wie eine gierige Flammenzunge an, was ihm lieb und teuer war.

Dumpf nahm Gasparo wahr, wie starke Hände ihn packten und auf wackelige Füße stellten. Wann war er gestürzt? Er wusste es nicht. Mit einem Knurren und weit aufgerissen Augen starrte er Crispianus vor ihm an und sein Diener wich zurück. Gasparo sah nackte Angst und er hoffte, dass seine eigene Emotionen sich nicht im Gesicht des Ghuls widerspiegelten.

Erneut straffte er sich, machte seinen Rücken gerade und senkte sein Arme. Der Kiefer war krampfhaft geschlossen und seine Nägel bohrten sich schmerzhaft in seine Handflächen.

„Dies darf nicht sein.“ Die Stimme schnitt durch seinen rebellierenden Geist wie eine Klinge aus Eis. Wer sprach diese Worte? Gasparo sah vor seinem inneren Auge das greise Gesicht seines Vaters. Oder war es doch sein Schöpfer, dessen Blut ihn neu schuf? Waren es die feinen Züge des Maximinianus oder war es die donnernde Stimme des höchst verehrten Lucius Tarquinius Priscus, die sich an ihn wendete? Waren es die Worte von Ventrue selbst, die nach Jahrtausenden durch sein Blut gereist waren um ihm nun zu erlösen?

„Was sagt ihr, Herr?“ Crispianus starrte ihn weiter fragend an.

„Dies darf nicht sein“, wiederholte Gasparo. Mit jeder Silbe schien die Schwäche aus seinem Tonfall zu verschwinden und der kalten, verbitterten Entschlossenheit zu weichen, mit der der Magister oft sein Gegenüber ansprach.

Er krempelte den linken Ärmel seines Gewandes hoch und fuhr seine Fänge aus. Ohne Regung oder Laut zog er das Werkzeug seiner Art über seinen Arm, um eine oberflächliche Wunde in sein eigenes Fleisch zu schlagen. Kurz konzentrierte er sich und zwang einen Spur von Blut an seine Haut. Nicht viel, aber sichtbar war es, als er die Hand auf die Verletzung legte.

Dann betrat er die Unterkunft der Gardisten, um Giulio, den Befehlshaber, und den anderen Wachen gegenüberzutreten. Gasparo di Como war noch nicht bereit, seine Ahnen an Gott zu verraten.

Selbstbeherrschung:
4d10 = (7+9+4+6) = 26
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