[1037] Ein Körnchen Wahrheit [Alain, Iulia]

[Juni '20]
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Iulia Cornelia
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Re: [1037] Ein Körnchen Wahrheit [Alain, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Die hagere, wenn auch kaum kleiner wirkende Gestalt neben dem ehemaligen Sprecher nickte und erklärte dem Wirt: „Sehr großzügig, aber nicht nötig. Wir werden selbst hingehen. So die Bewohner derart reizbar sind, wird es besser sein Jemanden bei uns zu haben, der ihr Vertrauen genießt.“ Der Gerüstete nickte verstehend, auch wenn er selbst damit nicht direkt angesprochen worden war.

Während die schlankere Gestalt ein Addio ergänzte und sich zielstrebig auf den Weg machte, die Taverne zu verlassen, gab der Sprecher einem anderen Begleiter ein kurzes Zeichen. Dieser kramte unter seiner Kleidung herum, trat dann auf den Tresen zu und legte wortlos ein paar genuesische Münzen darauf ab. Wohl als Ausgleich für die entgangenen Gäste oder auch für die Informationen.

„Lebt wohl.“, meinte der Sprecher dann noch bereits halb im Gehen, bevor sich die Gruppe draußen noch einmal umblickte, sich dann aber auf seinen Wink hin in Richtung Quinto aufmachte. Sie rannten nicht, aber gingen zügig, ganz so als hätte Keiner von ihnen sonderlich Lust darauf, länger in diesem Dorf zu verweilen, als er gerade musste.
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Alain le Beau
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Re: [1037] Ein Körnchen Wahrheit [Alain, Iulia]

Beitrag von Alain le Beau »

Der Gang durch das stille Nervi ist wenig beruhigend. Zwar ist kein Mensch zu sehen, aber die Truppe fühlt eine Vielzahl unsichtbarer Augen auf sich. Der Fischgeruch wird stärker. Irgendwo hier muss der Fang geräuchert und gelagert werden, nachdem man ihn aufgeschlitzt und die Innereien entfernt hat. Ein kurzer, scharfer Knall lässt die Wanderer aufschrecken. Jemand hat einen Fensterladen zugeschlagen. Oder war es der Wind? Endlich werden die Häuser weniger. Zur Rechten steht ein kleiner Wegschrein, mit Blumen behängt und mit Muscheln verziert. Im Dunkeln ist es schwer zu erkennen, welcher Heilige darin Wache hält. Offenbar eine Frau.

Die Straße nach Quinto windet sich hin und her, mal dem Meer zu, mal von ihm fort, wie ein gestrandeter Aal im Todeskampf. Wäre die bewaffnete Eskorte nicht so mannstark, müsste sie wohl Räuber fürchten. Oder auch nicht, denn es ist still, vom Flüstern der Blätter einmal abgesehen. Welcher Räuber könnte hier schon auf Beute hoffen? Plötzlich deutet einer der Männer nach rechts. In der Tat: Dort liegt ein Wagenrad im Straßengraben, stummer Zeuge vergangenen Unglücks. Es dauert nicht lange, da haben sie auch den Weg gegenüber entdeckt, gerade breit genug für einen Ochsenkarren und seinen Treiber. Ein tiefhängender Ast verbirgt ihn beinahe, obgleich er dahinter gut gepflegt und freigeschnitten scheint. Absicht?

Nachdem sie einige Seewäldchen passiert haben dann die nächste Überraschung: Aus dem Blätterwerk tritt eine Mauer hervor, mehr als mannshoch, düster und abweisend. Sie schmiegt sich an den Weg an. Weiter vorne sind Lichter zu sehen und ein Tor, flankiert von zwei kleinen Türmen. Auf den Mauern bewegt sich ebenfalls Licht. Erst langsam in ihre Richtung kommend, dann kurz innehaltend, dann rasch zum Tor zurückeilend. Jemand hat sie bemerkt.
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Iulia Cornelia
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Re: [1037] Ein Körnchen Wahrheit [Alain, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Die Besucher schienen sich nicht dafür zu interessieren, dass sie beobachtet wurden. Stattdessen war erst Anspannung in die Gruppe getreten, als der Knall sie überrascht hatte. Geübt hatte sich die Formation enger zusammengeschlossen, Speere wurden gegen die Dunkelheit gerichtet und Windlichter der Nacht entgegengestreckt, während die Schilde schützend vor sich gehalten wurden.

Als jedoch nichts weiter passierte wurde man langsam entspannter und tauschte fragende Blicke untereinander aus. Der Anführer hingegen sah nur auf die Person in der Mitte, die ihren Kopf in Richtung Kirche gedreht hatte. Für einen Moment standen sie alle nur da. Dann jedoch schüttelte die Person in der Mitte nur den Kopf. Auf das Nicken und den Wink des Anführers hin bewegte sich die Gruppe zügig weiter, bis sie schließlich das Tor erreicht hatten und dieser dort anklopfte.

„Guten Abend. Ist der Herr des Hauses zu sprechen?“, war dann die kurze, aber nicht unhöflich klingende Frage des Gerüsteten, an die Person jenseits der Mauer gerichtet. Er hatte inzwischen die Maske über seinem Gesicht, wie alle Begleiter, abgelegt, weshalb seine Wangenknochen und Augen markant hervorstachen. Seine braunen Haare waren kurz geschnitten und seine Hautfarbe wies ihn als aus der Region kommend aus. Er wirkte gepflegt, guterzogen und keines falls wie ein Haudegen, auch wenn seine Sprache klar und befehlsgewohnt klang und sein Blick ernst.
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Alain le Beau
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Re: [1037] Ein Körnchen Wahrheit [Alain, Iulia]

Beitrag von Alain le Beau »

Hinter der Mauer sind leise Worte zu hören, sowie das Klirren von Metall. Schließlich, es mögen einige Minuten vergangen sein, meldet sich die Stimme eines Mannes, leicht außer Atem. "Ihr dort draußen. Gebt an wer ihr seid und aus welchem Grund ihr hier seid - zu dieser unchristlichen Zeit." Vielleicht war die Stimme etwas zu harsch, aber andererseits stand eine Gruppe unbekannter Bewaffneter vor dem Tor.
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Iulia Cornelia
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Re: [1037] Ein Körnchen Wahrheit [Alain, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

„Sind die bis zum Morgengrauen dauernden Feste eures Herren demnach unchristlich, oder was?“, kam die prompte und direkte Antwort von draußen, ergänzt von einem: „Ich bin doch kein Spatz, der Namen über Häusermauern pfeift.“

„Meine Herrin wünscht den euren zu sprechen. Sie hat ein…“, erklärte er, bevor eine kurze Unterbrechung folgte und er fortfuhr: „Womöglich auch zwei Geschäfte für ihn anzubieten. Wir rasten eine Stunde an dem Waldsee in der Nähe. Solange kann er sich überlegen, ob er Besuch aus gutem Hause empfangen will oder nicht.“
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Alain le Beau
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Re: [1037] Ein Körnchen Wahrheit [Alain, Iulia]

Beitrag von Alain le Beau »

Wieder eine kurze beratung auf der anderen Seite der Mauer. Dann erneut die Stimme. "Das wird nicht nötig sein. Wartet hier für einen Moment, wenn es... eurer Herrin beliebt." Erneut vergehen einige Minuten, dann hört die Gruppe, dass der Riegel des Tores gehoben wird. Kurz darauf öffnet es sich und ein fein gekleideter Mann tritt heraus, mit zwei Speerträgern an seiner Seite. Er sieht an dem Anführer des Trupps auf und ab, nickt ihm dann kurz zu und tritt zur Seite, um freien Blick auf die kleinere Figur dahinter zu erhalten.

Dann verneigt er sich. "Geehrte Herrin, seid willkommen in unserem bescheidenen Palast. Wen darf ich dem Herren des Hauses melden?"
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Iulia Cornelia
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Re: [1037] Ein Körnchen Wahrheit [Alain, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

„Es beliebt.“, hatte die schlichte Antwort von jenseits der Mauer gelautet, als sich die Männer danach von dort zurückgezogen und etwas abseits abgewartet hatten, bis die Wächter des Hauses das Tor geöffnet und auf sie zugetreten waren.

Von Seiten der Männer, die die hochgewachsene und schlanke Frau in ihrer Mitte umgaben, waren keine drohenden Gebärden erfolgt, als sich die Fremden genähert hatten. Zwar waren sie wachsam, aber nicht übermäßig angespannt, weshalb man auch den durchschielenden Blick des feingekleideten Herren ungehindert passieren ließ.

„Habt Dank für eure freundlichen Worte und den Empfang trotz so später Stunde.“, erwiderte die außergewöhnlich schöne junge Frau, die vorgetreten war und leicht nickte. Auf ihren Lippen lag ein sanftes Lächeln, welches sie von Natur aus sympathisch wirken ließ, ohne dass sie selbst viel dazu tun musste. Samtig weich wie Honig schmiegte sich ihre angenehm warme Stimme um die Gehörgänge der Anwesenden, als sie erklärte: „Ihr dürft ihm Iulia melden.“
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Re: [1037] Ein Körnchen Wahrheit [Alain, Iulia]

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Wenn der Mann den Namen schon einmal gehört hat, dann lässt er es sich zumindest nicht anmerken. Er verneigt sich erneut und winkt der Truppe, ihm zu folgen. Als die Besucher durch das Tor treten, wandern ihre Augen unwillkürlich die dunklen Mauern hinauf, die vor ihnen in den Nachthimmel ragen. Hier, mitten in der Wildnis von Nervi, hat jemand eine Art Festung errichtet, einen düsteren, gigantischen Bau. Eine Allee zieht den Blick auf das Eingangstor, das wie das Maul eines vielaugigen Ungeheuers unterhalb der Fenster liegt.

Die Mauer umläuft dieses Bauwerk, wohl zum Meer hin, wobei ihr Ende nicht zu erkennen ist. Denn zwei Hecken führen diagonal auf den finsteren Palast zu, verbergen die Sicht auf dessen Flanken. Einzig einige hellere Rauchschwaden zur Linken lassen erkennen, dass dort offenbar einige Wirtschaftsgebäude hinter der Hecke stehen müssen. Und dann sind da die Wachen. Speerträger, Männer mit finsteren Mienen und fränkischen Zügen, in türkise Wämse gekleidet. Hier und da ist auch Kettenwerk zu erkennen, aber nichts glänzt im Mondlicht mehr als die Schulterplatte, die scheinbar aus Fischschuppen gefertigt ist. Im Moment sind sechs Wachen zu sehen, aber weiter hinten auf den Mauern patrouillieren weitere Lichter. Ein älterer Mann, vielleicht ein Offizier, betrachtet die Truppe misstrauisch.

Schließlich sind sie am Eingangsportal angelangt. Dort öffnen zwei der Speerträger die Tür und lassen Iulia und ihre Männer eintreten. Es ist ein düsterer, größerer Raum in dem sie sich befinden, vom Licht zweier Laternen schwach erhellt. Trotz der Finsternis lässt sich erkennen, dass dies keine Bauernkate ist: Wandteppiche mit seltsamen, maritimen Mustern sind an den Wänden zu erahnen, es riecht angenehm nach altem Räucherwerk und hier und da blitzt im Licht Gold oder Silber auf, auf kleinen Tischen adrett drapiert. Aus der Düsternis blicken vier Augen herab, kalt und leer, die Augen von zwei Statuen, die Iulia nur erahnen kann. Einzig das sardonische Lächeln in der Mundpartie ist deutlich wahrnehmbar - oder kommt ihr das nur so vor?

"Wartet hier, ich bitte euch", reißt sie ihr Führer aus ihren Gedanken. Dann verschwindet er durch eine Seitentür.
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Iulia Cornelia
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Re: [1037] Ein Körnchen Wahrheit [Alain, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Iulia hatte kurz zu ihrem Hauptmann geblickt, bevor dieser stumm genickt und ihr nachgesehen hatte, bis sich das Tor hinter ihr geschlossen hatte. Weder er noch seine Männer hatten Anstalten gemacht, mit ihr mitzugehen. Stattdessen zogen sie sich zurück und lagerten etwas abseits.

Die junge Frau hatte sich derweil ein Windlicht reichen lassen, während sie den Männern unbeirrt nachschritt. Ihr von einem seidenen weißen Tuch bedecktes Haupt war erhoben und ihr Gang aufrecht schreitend. Gleichmäßig hob und senkte sich ihre Brust dabei, während ihre blaugrauen Augen sich in der Umgebung mit gelegentlichem Blinzeln ruhig umsahen.

Nachdem man sie gebeten hatte zu warten, stellte sie das Windlicht zu ihren Füßen ab, bevor sie die Hände entspannt an ihrem Körper ruhen ließ. Ihre Körpersprache war offen und ihre Schultern spiegelten die selbstbewusste Haltung wider, mit der sie bereits durch das ihr fremde Anwesen allein geschritten war.

Ihr Gesicht wirkte entspannt, als sie schlicht dastand und sich geduldete, als wäre es das völlig Selbstverständlichste in der Welt, auf hohe Herrschaften zu warten. Interessiert wanderte dabei ihr Blick ohne jegliche Eile durch den Raum, während sie den Geruch nach Räucherwerk in sich aufsog und darüber nachdachte, was hier wohl verbrannt worden war.
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Re: [1037] Ein Körnchen Wahrheit [Alain, Iulia]

Beitrag von Alain le Beau »

Die Wartezeit erlaubt ihr, weitere Details aufzunehmen. Diese Statuen etwa: Sie sind von äußerst hoher Kunstfertigkeit. Ein junger Mann und eine junge Frau, die einladend zwischen sich weisen, wo eine weitere Tür im Halbdunkel zu erkennen ist. Der Künstler hat sich einiges herausgenommen, was Bekleidung und Pose angeht. Ja, sie sind ausreichend bekleidet, aber die Drapierung des steinernen Stoffes impliziert, dass sich das im Sekundenbruchteil ändern könnte. Nein, die Posen sind nicht lasziv - aber definitiv auffordernd. Und das Lächeln... Je nachdem wie das Licht fällt, wirkt es lebensfroh, willkommen heißend oder ironisch und kalt.

Da öffnet sich die Tür zwischen den beiden Statuen. Die Kerzen flackern. Wieder tritt der Mann mit den reichen Gewändern ein. "Folgt mir, Herrin. Hier entlang, bitte." Sie sieht, wie weiß gekleidete Gestalten in dem Raum hin- und hereilen, ein flinker Tanz, bei dem Gegenstände hin- und hergetragen werden. Zwei Liegen erscheinen in der Mitte des Raumes, ein Tisch, eine Schale voll Obst, eine silberne Platte mit Brot, ein Weinkrug, dann Lichter, in einem Halbkreis um das Arrangement platziert. Iulias Begleiter weist auf eine der Liegen.
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