[1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

[Juni '20]
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Benjamin
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

„Schade.“ ist das erste und einzige Wort was Benjamin sagt „ Aber ihr habt natürlich Recht. Sie können es nie verstehen, nicht einmal wir verstehen es zur Gänze, wie sollen sie es denn dann können.“ er nickt ernst aber mit einem an eine Grimasse mahnendes Lächeln auf dem Gesicht.

„Ausgestoßen von Jenen die von Einem einst verlangten für was man nun ausgestoßen wird.“ er zuckt mit den Schultern „Es ist was es ist. Wir machen die Not zur Tugend indem wir darin besser werden für was wir gebraucht werden.“

„Dann gilt es.“ er nimmt ihr Hand. Hält sie, nicht zu stark aber auch nicht schwach. „Denn wenn unser Wort nichts mehr wert wäre, was wärs dann überhaupt noch? Um noch einmal darauf zurück zu kommen. Ich hatte euch vorher nach einem Schausteller oder einer Schausstellerin gefragt. Jemand mit starkem Willen und dem Wunsch etwas zu verändern, für sich und die Seinen. Jemand der Schmerzen aushalten können muss, extreme Schmerzen. Ich weiß, das was Ich suche ist selten, aber gerade deswegen ist es so wichtig. Er oder Sie werden wahrscheinlich nie wieder zurückkehren können. Doch es wäre ein Opfer was sich lohnen würde" der Junge scheint etwas zu planen, etwas großes.
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Signora Achilla
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

“Hmhh”, machte die Signora langgezogen und dachte ein kleines Weilchen nach. “Ich kenne ein paar wenige, die solche Qualitäten haben. Ob sie am Ende stark genug sind, das kann wohl nur eine Prüfung zeigen - und so, wie Ihr es klingen lasst, ist das keine, für die man proben könnte.”

Sie schwieg wieder ein wenig und begann dann, zu erzählen. Ihre Worte malten die Skizze von zwei Menschen für Benjamin: “Der eine ist nicht mehr blutjung. Er war einst ein stolzer, junger Mann - von Adel, wenn ich recht liege, doch sein Haus und Blut ist wohl gefallen. Der Vater war ein Brückenbaron, wenn überhaupt, ein Ritter Ohneland. Der Sohn? Tja.. der hatte am Ende nur die Gläubiger für die Schulden des Vaters am Hals und er lief davon. Oder so hab’ ich’s mir aus den Worten zusammengereimt, die er hier und da fallen ließ, wenn er trunken war und nicht wusste, was ihm so alles aus dem Herzen und dem Munde fiel.”

“Er ist nicht der beste Schauspieler, doch er hat wohl früher gelernt, wie man ein Schwert hält. Er kann Messerwerfen und Jonglieren, doch seine größte Kunst ist es, ein Schwert zu schlucken. Und das ist keine Kleinigkeit. Man muss sich und den eigenen Körper beherrschen, kämpft gegen das Würgen und Ersticken, gegen das Ziehen der Magensäfte die Kehle hinauf, gegen die Krämpfe vom ewigen Üben. Schmerzen kann er aushalten, denke ich - die am Körper und wohl auch die an der Seele, mit seinem Werdegang. Das ist der Erste, den ich Euch nennen könnte.”

Achilla suchte ein wenig in ihren Ärmeln und Taschen bis sie einen Stummel Kreide hervor gefischt hatte. Damit malte sie ein einfaches Schwert auf die Holzbretter des Tisches zwischen sich und Benjamin.

“Und die andere? Hmhh… die ist ein mutiger und kühner Schritt, doch vielleicht schöner noch als der gefallene Ritter, der nie einer werden konnte. Sie ist eine der schönsten Blüten am Platz der Wunder und zugleich eine seltene. ‘Bärtige Dame’ sagen ein paar, Hübscher… oder Hübscherin andere. Die Kirche will’s nicht verzeihen, niemals, und diese Blüte trägt Brand- und Peitschenmale aus Zeiten, wo man ihr’s hat austreiben wollen. Doch sie entkam - fragt mich nicht, wie - und überlebte. Vor allem aber blieb sie sich treu und das ist, was mich glauben lässt, dass sie die Sorte von Stärke besitzt, von der Ihr sprecht.”

“Alle beide haben gewiss Gründe, diese Welt verändern zu wollen. Alle beide sind verwirrt wie Menschen mit einem Leben voller tiefer Abgründe es leicht sind, aber ich denke, dass Ihr, wenn Ihr nur die richtigen Worte findet, ein Feuer in ihnen entfachen könntet. Doch das wäre Euer Teil darin: Ihr müsstet es mit ihnen ausmachen, wenn Ihr solche Dinge vor Euch habt.”

Damit nahm sie den Kreidestummel und malte eine offene Blüte neben das Schwert auf das Holz des Tisches. Dann legte sie den Stummel für Benjamin hin und sah ihn an, um zu sehen, was er dazu zu sagen hatte.
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Benjamin
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Sorgfältig beobachtet Benjamin wie die Signora die Kreide herausholt und die Zeichen auf den Tisch malt. Sein Kopf wiegt mal in die eine mal in die andere Richtung. Seine Hand liegt offen in ihre Richtung ausgestreckt als sie geendet hat. Seine Entscheidung ist wohl ganz klar, muss er doch nicht nochmal überlegen.

Sollte ihm die Signora die Kreide geben so nimmt er sie und zeichnet einen Kreis um das Schwert.

„Er soll es sein, was wollt ihr für ihn? Oder besser zuerst, sollte Ich mit ihm sprechen um ihm klarzumachen auf was er sich einlassen würde. Könntet ihr dieses Gespräch möglich machen, und was wär euer Preis werte Achilla? Wenn möglich würde Ich gleich heute ihnen das Angebot unterbreiten wollen wir haben zwar Zeit, aber auch nicht wirklich.“ er schnalzt mit der Zunge immer diese Eile. Ein bisschen ist er es Leid. Andererseits zeigte das auch, dass das was sie taten wichtig war.
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Signora Achilla
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

“Der Preis?” Die Signora setzte sich ein wenig schräg und schlug ein Bein über das andere. Kunstvoll drapierte sie ihr Kleid um sich her und meinte dann, nach dieser Zeit zum Überlegen:
“Der Preis ist wohl, dass Ihr versteht, dass dies zwei freie Geister sind. ‘s sind Fahrende, auch wenn sie nicht ohne Heimat geboren wurden. Ich kann sie nicht verkaufen und Ihr könnt sie wohl nur wirklich haben, wenn Ihr’s mit ihnen ausgemacht habt. Aber für’s Vermitteln, fürs Vorstellen, da nehm’ ich einen Preis: Ich wüsste gern was, über das Ihr als Liktor einen klareren Überblick haben könntet als ich von unten her.”

Es klang ein wenig verschmitzt, so wie sie es sagte. “Es ist keine große Sache. Doch ich wüsste gern, wer von uns vom Blute sich in Ravecca umtat und umtut, so dass ich’s für mich etwas klarer ordnen kann und nicht noch aus Versehen jemandem dort auf die Füße steige, bei einem recht kurzen Ausflug.”
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Benjamin
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Benjamin nickt verstehend. "Ich weiß das sie freie Seelen sind. Anders würd Ichs auch nicht haben wollen. Deswegen hatte Ich euch auch vorher gefragt ob eure Truppe, also jene die ihr in den engeren Kreis geholt habt, ihre Entscheidung in diesen Kreis einzutreten, aus freiem Willen getan haben." interessiert beobachtet der Jüngling ebenfalls wie die Signora ihr Kleid drapiert. Während er sich etwas verschwörerisch nach vorne beugt.

"Ihr schaut genau von der selben Warte auf die Dinge wie Ich werte Signora. In diesen Ländern ist mein Clan einer von den Niederen doch dort wo Ich herkomme gibt es ganze Domänen die von ihm regiert werden. Wir sind mehr als die Meuchelmörder die das Abendland aus uns machen will. Genau wie euer Clan, in Konstantinopel herrscht Ihr im Triumvirat mit den Kappadozianern und den Toreador. Vater, Sohn und Heiliger Geist. Ihr seid nicht nur das abscheuliche, verabscheuungswürde, ausgestoßene ungeliebte und doch von den Hohen dringend gebrauchte Kind, das aus euch gemacht wird." er zwinkert und lehnt sich entspannt wieder zurück.

Einen Moment wirkt er grüblerisch dann antwortet er auf ihre Frage. "Ich weiß nur folgendes. Ravecca gehörte einst Sousanna. Ihre Herrschaft ist zerschlagen und sie womöglich nicht mehr aufzufinden. Genaues kann Ich nicht sagen. Ich habe bisher von keinen neuen Ansprüchen auf das Siestiere gehört. Was Ich aber weiß, dass das Machtvakuum das durch Sousanna entstanden ist zum Teil von den Melissiden ausgefüllt wurde. Also den Ghulen ohne Herrn. Ich kann aber sicherlich mehr herausfinden und werd das auch tun und euch dann eine Nachricht zukommen lassen oder wir treffen uns ein weiteres Mal, wenn zum Beispiel eure Informationen zur Ergreifung von ebenjenen Melissiden geführt haben. Doch denke Ich komme Ich schon deutlich vorher zu eurer Information. Wie wollt ihr das die Nachricht euch erreicht?"

"Wäre es schon heute Nacht möglich euren gefallenen Adligen zu treffen? Ich weiß es heißt wir hätten alle Zeit, doch gerade Jetzt stimmt das nicht so ganz und Ich weiß wie lang ein bald in unserer Welt heißen kann." erwartungsvoll fixiert er die Maske, oder das was sich dahinter verbirgt, was auch immer es ist.
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Signora Achilla
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

“Wir können unser Glück versuchen. Wenn er sich nicht betrunken hat oder mit ein paar anderen irgendwo aufspielt, dann finden wir ihn am Platz der Wunder”, meinte die Signora und stand auf. “Sehen wir nach, eh? Es steht gut für uns, denn er hat nicht das Geld für’s Saufen alle Tage und nicht die Musik zum Aufspielen.”
Mit einer Geste lud sie ihn ein, wieder hinaus in die Nacht und zu den Lichtern am Platz der Wunder.

“Ich hab’ schon einiges gehört, von diesem Konstantinopel. Caspar, der Träumer, der Erzähler von Tausend Geschichten, er hat’s mir beschrieben und eines Nachts will ich es sehen. Wenn Ihr mögt, erzählt mir davon. Von den Wundern, von dem Glanz und seinen Schattenseiten, von den Menschen… .”
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Benjamin
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Benjamins Körper drückt sich aus dem Stuhl, seine Bewegungen sind dabei sehr fließend. Wieder kommt ein bisschen das Gefühl auf, das er in einem anderen Leben ein Akrobat hätte sein können. Während er aufsteht positioniert er sich leicht seitlich zur Signora und hält ihr seinen Arm hin, sodass sie, falls sie das wollte, ihren Hand auf ihm ablegen könnte. Sein Körper zeigt sonst sehr wenig Bewegung, lediglich das freundliche einladende Lachen ist wieder auf seinem Gesicht.

"Gerne. Schauen wir ob wir heute Nacht nicht noch einen Schritt in Richtung in die richtige Richtung tun können. Ist er bereits eingeweiht?" erkundigt er sich noch beiläufig, was man als subtiles Ausfragen deuten könnte, doch seine Intonation wirkt eher so als ob er die kommende Situation einschätzen wollen würde.

Auf ihre Frage nach Konstantinopel schüttelt er unzufrieden den Kopf. "Leider war Ich selber noch nie in der schwarzen Perle am Bosporus. Die See der Schatten und Byzanz befinden sich im offenen Krieg und so ist es mir bislang nicht vergönnt gewesen die dortigen Eigenheiten kennenzulernen. Wenn ihr wollt kann Ich aber gerne versuchen die atemberaubenden Olivenheine und zerklüfteten Klippen von Sizilien durch Worte zum Leben zu erwecken?"
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Signora Achilla
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

“Oh ja”, bat die Signora und legte sacht und geziert wie eine feine Dame ihre Hand auf seinen Arm. Ein paar der Motten umschwirrten so nun auch Benjamin, taumelnd und ohne rechten Sinn.
Sie ließ es aussehen als habe er die Führung - oder sie überließ sie ihm tatsächlich, wenn er den Weg zurück noch wusste. Doch wenn nicht, waren es nur subtile, kleine Fingerzeige von ihr, die den Weg durch das Wirrwarr Claviculas zurück zum Platz der Wunder wiesen.

“Ich war einmal schon weit im Süden. Mit den Fahrenden sind wir das Land hinab und hinauf gezogen. Doch von einem anderen Reisenden zu hören, das ist wie die Dinge aus einem neuen Winkel zu sehen und es weitet den Blick auf die Welt.”


Der Platz der Wunder empfing sie beide mit seinem Gemisch aus Düften und Verlockungen, Gestank und Schrecken, Geheimnissen und Wundern - den verborgenen ebenso wie den offen zur Schau gestellten.
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Benjamin
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Benjamin wirkt so als ob er wüsste wo sie hinmüssten, jedoch erkennt Achilla subtile Zeichen, dass er ihr auch gerne die Führung überlässt. An gewissen Weggabelungen verspürt sie ein kurzes verweilen, auch wenn der erste Impuls eine Bewegung hätte sein können. Das hier ist ihr Reich, ihre Leute, ihr Heim und er hat kein Interesse daran etwas zu ändern.

"Gerne doch. Sizilien ist ein Schmelztiegel. Christen mit Juden mit Muslimen mit Orthodoxen mit Lateinern. Die Herrschaft der Muslime über die Insel hat sie zu einer Blüte gebracht und jeder darf dort seine Religion frei ausleben, solange er dafür eine Steuer entrichtet, die wiederrum in den Ausbau der Handelsnetze wandert. Die Insel floriert. Auf den Plateaus findet man Olvineheine sofern das Auge reicht, bewässert durch detailliert ausgeklügelte Bewässerungssysteme. Und die Luft... wenn sich das Salz des Meeres mit dem sauren Duft der Zitronen mischt." ihm entfährt ein langer Seufzer so als bereite ihm das Erinnern eine besondere Wonne.

"Die Hauptstadt ist al-Madina oder in der Sprache der Christen, Palermo. Minarette und Moscheen denen in weiter Ferne ein Kirchenturm gegenübersteht machen die Silhouette bei Nacht unverkennbar und der Ätna der bedrohlich über Allem droht. In ihm steckt ein immerwährendes Feuer, obwohl seine Kuppe vollständig mit Schnee und Eis bedeckt ist. Doch alle hundert Jahre, so erzählt man sich, öffnet er seinen Schlund, schleudert riesige Feuerbälle und die Erde bebt so stark dass ganze Häuser und Stadtteile in sich zusammenstürzen. Das Tal der Tempel zum welchem mein Clan eine besondere Beziehung hat und so vieles mehr..." seine Stimme hebt sich bei seinem letzten Satz etwas, ob dies aufgrund von etwas Positivem oder Negativem ist, wer kann das schon wirklich sagen?

Als sie am Hof der Wunder ankommen, zügelt sich Benjamin wieder. "Es gibt noch so viel mehr, doch dazu gerne an einem anderen Ort zu einer anderen Zeit. Lasst uns schauen wo sich der Mann der Stunde befindet, ja?"
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Signora Achilla
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

Das Wetter war in der Zwischenzeit weder schlechter noch besser geworden. Ein feiner Nieselregen hing in der Luft, der zum Morgen hin wahrscheinlich zu einem dichten Nebel werden würde, wenn die Seewinde ihn nicht fortrissen.
Achilla lauschte den Worten von der Ferne mit einer gewissen, schwärmerischen Andacht. Sie malte sich aus, wie es in Sizilien nun wohl war, wie die Sonne das Land trocken und hart buk, wie die warmen Nächte die hohen Kiefern umschmeichelten oder welche Geheimnisse wohl dort im Tal der Tempel blühten.

“Ich würd’ Euch gern lauschen, auch zu anderer Zeit”, erwiderte sie für Benjamin und wies dann doch den Weg zu einer kleinen Schaubühne. Hier waren auf den Brettern und auch an der mit Brettern verstärkten Häuserwand dahinter einige Brandflecken zu sehen, ebenso wie unzählige Kerben von unzähligen Messerwürfen.

“Seht Ihr, dort? Dort tritt er hin und wieder auf, als Casparo, der Klingenmeister. Manchmal wohl auch als Claudio Umberccano Feuerbart.” Sie schnalzte mit der Zunge, vergnügt wahrscheinlich.

Die Menschen hier waren arm und zugleich auch nicht. Es war nicht die schmutzstarrende, rußgeschwärzte, elende Armut von Clavicula sondern die bunt angemalte, halbseidene der Schausteller und Scharlatane, Magier und Musikanten, Gaukler, Akrobaten, der Fahrenden, Vogelfänger, Sterndeuter - und wohl auch der Schwertschlucker.

Casparo schlief offenkundig, und gar nicht so weit von seiner Bühne entfernt. Er war in eine Decke gewickelt und genoss die relative Trockenheit am Rande des Platzes. Der Mann war breitschultrig und hatte einen völlig kahlen Kopf, doch dafür einen dichten, schwarzen Bart. Als die Signora sich vorsichtig über den Schlafenden beugte, schreckte dieser auf. Er hatte schon eines seiner Wurfmesser in der Hand und hätte damit wohl auch ohne Federlesen zugestochen, wäre Achilla nicht flink oder vorausschauend genug gewesen, einen kleinen Sprung wieder zurück zu machen.

“Ai, Casparo”, sagte sie, halb beruhigend, halb neckend. “Lass deine Klingen ruhen. Ich will dir nicht an die Gurgel und nicht an den Geldbeutel. Der ist schmal genug, eh?”
Der Mann schnaufte, aber er schien die Signora gut genug zu kennen, dass er das Messer sinken ließ und sich etwas wacher blinzelte.

“Was gibt’s?”, fragte er nach. Casparos Stimme war rauh und heiser, was bei seiner Kunst nicht eben eine Seltenheit war. Erst jetzt schien er Benjamin klar zu bemerken und sah auch zu ihm herüber, dann stand er mit seiner Decke um die Schultern auf.
“Ich hab’ geträumt, dass zwei Freunde kommen und mich auf Wein und Brot einladen”, behauptete er mit einem gewinnenden Lächeln. Er war vielleicht noch nicht ganz wach, doch dafür reichte es schon.
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