[1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

[Juni '20]
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Benjamin
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[1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

In einer ekelhaft verregneten Winternacht kurz vor Jahresende betritt ein junger Mann den Hof der Wunder. Er ist in warme Kleidung gepackt und trägt einen Schaal um den Hals geschlungen um sich vor der kälte zu schützen. Sein beschwingter Gang zeut davon dass er auf der Suche nach etwas, oder jemandem ist. Sein Blick treibt forschend an den den Platz umgebenden Häusern vorbei. Nur wenige Reisende treibt es überhaupt nach draußen, also kommt der Jüngling entweder von hier oder es ist sehr wichtig was er heute Nacht sucht.
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Signora Achilla
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

In einer Nacht wie dieser waren die Straßen voller Schlamm, die Luft voller Regen und dem harschen Rauch von Holzfeuern, deren Holz nicht ganz trocken geblieben war. Die Straßen waren wie leergefegt, denn wer konnte, der suchte sich ein Dach über dem Kopf und eine warme Stube oder ein warmes Bett.

In Nächten wie dieser war der Zauber des Platzes der Wunder ein anderer als sonst. Er war weniger bunt, heischte weniger nach der Aufmerksamkeit seiner Gäste. Dunkel waren die Kluften zwischen den paar Buden und Zelten und unter den ausladenden Ästen von ein paar alten, krummen Bäumen, die hier wuchsen. Die bunten Tücher und Seile, die dazwischen gespannt waren, hingen dunkel und schwer vom Regen hinab.
Ein paar der Juden, der Zigeuner, der Quacksalber, Schauspieler, Magier, Huren und Scharlatane, die sich hier versammelten, hatten sich mehr schlecht als recht an Häuserwände und einander gedrückt, um dem Wetter irgendwie zu entgehen. Hier und da gab es ein kleines Feuer und Tonflaschen mit allem möglichen darin kreisten.

Es gab ein paar trockenere Fleckchen, sicherlich. Der einladendeste davon war wohl der Zigeunerkarren auf der einen Seite des Hofes, der nah genug an einer Häuserwand stand, dass dazwischen eine Zeltplane gespannt werden konnte. Die bot genug Schutz vor Wind und Regen, dass das Feuer dort warm brannte und dort drängten sich die Menschen in einer so dunklen Zeit.

Und wie so oft in den dunkelsten Zeiten des Jahres, wenn sie so beisammen hockten, wurden Geschichten erzählt. Gerade nun, als Benjamin seinen Weg auf den Hof fand und mehr als ein Paar Augen seinen Schritten mit einem gewissen Argwohn und nicht ohne eine gewisse Gier folgte, hatte eine alte Frau den Platz auf einem Kissen am Feuer bekommen. Ihre Haut war dunkel wie die Schale von alten Walnüssen - und wohl auch ebenso runzlig. Alte Bilder waren in ihre Haut gestochen und mit neu aufgemalten aus Henna und anderen Farben verwoben worden, dass sie selbst aussah wie eine Geschichte.

Sie hatte nur noch ein paar wenige Zähne, aber dafür funkelten ihre dunklen Augen im Feuerschein wach und jung, so wie sie ihre Geschichte begann. Es war eine sehr alte Geschichte, die schon lange mit den Fahrenden wanderte, durch viele Länder und Jahre:

“Es war einmal, in einem Land gar nicht so verschieden von diesem, dass in den kalten Wintern die Wölfe heulten. Der König begann eine Wolfsjagd in den Wäldern und ritt aus, mit Pfeil und Bogen, Speer und Hunden.”
Nicht wenige um das Feuer her kannten die Melodie der alten Geschichten wohl, doch es war auch die Art, wie sie vorgetragen wurde. Die alte Frau war eine Geschichtenerzählerin und ihre Worte hatten einen ganz eigenen Rhythmus, der es einem leicht machte, sich im Kopf auszumalen, wovon sie sprach. Es lag Magie darin, auf eine ganz eigene Weise.

“Der König sah den Wolf, zielte mit seinem Bogen auf ihn und schoss!” KNACK, dazu brach die alte Frau einen dünnen Reisigzweig entzwei und die jüngeren Zuhörer zuckten zusammen vor Schreck. Sie lachte ein bisschen dazu, doch fuhr dann fort.

“Doch der Pfeil ging fehl und traf nur einen Stein. Der Wolf, der wollte überleben, und so lief er davon so schnell ihn seine grauen Beine trugen. Der König und sein Jagdgefolge, die ritten hinterdrein in einer wilden Hatz.”

“So rannte der Wolf hierhin und dorthin, aber nirgendwo war er sicher. Doch dann fand er die gütige Dame, ein Edelfräulein, die auf dem Weg zum Kloster war, in dem sie leben sollte. Die Dame war herzensgut und sie konnte niemanden in der Welt leiden sehen. “Hab Mitleid mit mir!”, jaulte der Wolf. “Hilf mir, sonst schießen sie mich tot!”
Und da erbarmte sich die gütige Dame, stieg herab von ihrem Pferd und verbarg den Wolf unter ihrem Mantel und Kleid. Denn sind nicht alle Geschöpfe unter dem Himmelszelt die Kinder Gottes und Seiner Liebe wert?”

Da war ein wenig Gemurmel um den Feuerkreis. Ein paar Leute schlugen ein Kreuz vor der Brust, aber die meisten hörten stumm und grimmig zu, denn sie kannten die Geschichte. Der helle Feueschein zeichnete tiefe Schatten auf die winterhageren Gesichter der Leute.
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Benjamin
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Der Jüngling hat schnell den Zigeunerkarren und jene die er beherbergt ausfindindig gemacht. Er zieht den Schaal etwas enger um seinen Kopf, auch wenn der Regen ihn wahrscheinlich schon so durchnässt hat, dass er sich auch ein Nasses Tuch um den Kopf hätte spannen können. Schlendernden Schrittes, hat er sein Ziel doch nun gefunden, bewegt er sich auf die Gruppe zu und bleibt etwas außerhalb des Kreises stehen, nah genug jedoch um auch etwas Obdach unter der Plane zu bekommen. Er bleibt jedoch erstmal still. Seine Haut wirkt auf eine komische Weiße ebenso etwas dunkel, ein Halbblut aus dem Osten vielleicht, aber irgendwie hat sie doch einen anderern Ton. Die Gesichtszüge die man jedoch sieht wirken eher wie aus dem Abendland.

Die gierigen Augen scheint er kaum bis gar nicht wahrzunehmen, oder er ignoriert sie gekonnt und hat wohl auch keine Angst vor umtriebigen Gestalten. So steht er nun also da der Jüngling und lauscht andächtig der Geschichtenerzählerin.
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Signora Achilla
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

Es gab ein paar Gesetze unter den Fahrenden, den Heimatlosen und Zigeunern. Sie konnten sich von Familie zu Familie, von Land zu Land und Zeit zu Zeit ändern. Ein paar aber blieben doch immer gleich. Eines davon war, dass man einen Gast am Feuer nicht davon jagte, wenn er in Frieden kam - und noch dazu in so einer Nacht und in einer Runde wie dieser, in der Geschichten geteilt wurden. Geschichten wie diese banden die Leute aneinander. Sie waren der verflochtene Hintergrund ihrer Schicksale.
Man rückte ein wenig zur Seite für Benjamin, so dass er aus dem Regen kam. Trotzdem war es dicht an dicht, mit dem Geruch der Menschenleiber und auch der Tiere dazwischen. Der Duft von einem starken Kräutertee über dem Feuer mischte sich mit dem Gestank von Schweiß und Gosse, Rauch und Tannenharz, süßem Mohnkapselrauch und allerlei mehr.

Die alte Geschichtenerzählerin lächelte ihr fast zahnloses Lächeln. Sie hatte ein buntes, dickes Schultertuch, das sie gerade um sich her ausbreitete wie die gütige Dame, die den Wolf verbarg.
“Der König mit seinem Gefolge kam angeritten und fragte, ob die Dame den Wolf gesehen habe. Die Dame wusste genau, dass der Wolf sterben musste, wenn sie ihn verriet, und so schüttelte sie den Kopf. ‘Mein Pferd hat sich erschrocken, dass ich abgestiegen bin. Doch was hier auch vorbeizog, das ist wohl schon weiter’, sagte sie. Der König sah, dass die Dame gut und freundlich war und wollte auch die Jagd schnell wieder aufnehmen. Und so nickte er und zog davon, weiter auf der Jagd.”

Ein Junge, der direkt bei der alten Erzählerin saß, lachte darüber. Hier war eine Runde, wo keiner es schade fand, dass die hohe Herrschaft an der Nase herumgeführt wurde. Die alte Frau strich ihm über den Kopf, aber fuhr dann fort.

“Als sie weg waren, da kroch der Wolf wieder hervor. Die herzensgute Dame lächelte und stieg wieder auf ihr Pferd, um selbst auch weiter zu reiten. Doch da sagte der Wolf: ‘Gute Dame, rettest du mein Leben noch ein zweites Mal?’
Ein wenig verwundert fragte die Dame: ‘Ja, aber wovor denn?’
Und der Wolf antwortete: ‘Vor dem Hungertod! Sieh, es ist Winter und ich bin ein Wolf. Vor Hunger heule ich schon zum Mond hinauf!’
Da seufzte die Dame und grub in ihren Satteltaschen, um ein paar Honigkuchen hervorzuholen, die sie ihm hinhielt. ‘Hier, die habe ich mir für den langen Weg zum Kloster aufgehoben.’
‘Aber das kann ich nicht essen!’, sagte der Wolf. ‘Ich esse nur Fleisch, je frischer, desto besser.’
Da war die Dame schon etwas erschrocken. ‘Willst du etwa mein Pferd essen, Wolf?’, fragte sie. Doch als das Pferd das hörte, da erschrak es kräftig. Es warf die Dame ab, trat den Wolf einmal kräftig in die Rippen und lief davon, so schnell es seine Beine trugen, dem König hinterdrein.’”

Es war keine zu freundliche Geschichte, die die alte Frau hier erzählte. Unbehagen kroch hier und da zwischen die Zuhörer. Die Dunkelheit umher schien ein Stück weit tiefer zu sein, die Kälte ein Stück weit beißender.

“Der Wolf raffte sich mühselig wieder auf und sagte: ‘Hach, gute Dame, du hast mir schon einmal das Leben gerettet, aber das wäre alles zunichte, wenn ich dann jetzt am Hunger sterbe! Und du bist so gütig und schön - das ist doch die Vollendung der Güte, wenn ich dein Fleisch essen kann. Und wir beide finden so Vollendung, nicht? Denn du bist die Güte und ich bin der Wolf.”

Die Worte hatten nun auch einen grimmigen Klang bekommen. Jeder am Feuer verstand, dass hier eine Lehre erzählt wurde, die man besser nicht vergaß.

“Die gütige Dame und der Wolf, die konnten sich so nicht einig werden. Und so beschlossen sie, vor drei Richter zu gehen, dass ein für alle Mal geklärt werden könne, wie es in solchen Fragen wohl weiter ginge. Und der erste Richter, den sie aufsuchten, war ein uralter, verdorrender Olivenbaum.
Der Olivenbaum hörte sich das Ganze an und dachte darüber nach, so wie er die Welt eben erfahren hatte. Er dachte daran, wie früher, als er jünger war, all die Leute gekommen waren, um seine Oliven zu pflücken und zu essen. Da hatte er ihnen gesagt, dass sie nur so viel essen sollten wie sie konnten. Und jetzt? Jetzt war er alt und kaum eine Olive wuchs mehr. Bald würde er ganz vergehen und die Leute würden kommen und Feuerholz aus ihm machen. So war das eben. Und so gab er dem Wolf recht, denn so ist der Lauf der Welt.”

Um das Feuer her war es nun still geworden. Keiner mehr machte einen Laut, so dass alle die Worte der alten Frau gut hören konnten. Nur der Regen prasselte um alle her in den Schlamm.

“Der Wolf war damit wohl zufrieden und froh. Er grinste breit als sie zum nächsten Richter gingen, um sich dessen Worte anzuhören.
Der nächste Richter war eine kräftige, alte Eselin. Auch sie hörte sich die Geschichte in aller Ruhe an und dachte darüber nach so wie sie es eben konnte, mit dem Leben, das sie geführt hatte.
Sie dachte daran, wie sie, als sie jünger war, die Leute und ihre Lasten auf dem Rücken getragen hatte. Manchmal hatte sie ihnen auch Milch gegeben oder sogar etwas Filz aus ihrem Fell, so dass sie damit ihre Schuhe und Jacken ausstopfen konnten. Und jetzt, wo sie alt geworden war, da würde sie bald geschlachtet und gegessen werden. So war eben der Lauf der Welt. Das war es, was sie kannte und so gab sie dem Wolf natürlich recht, denn er folgte ja auch nur dem Lauf der Welt und seiner Art.”

Die, die die Geschichte noch nicht kannten, sahen nun mit großen Augen zu der alten Erzählerin. Und die, die sie kannten, standen und saßen stumm da, mit harten Gesichtern. Sie alle kannten den Lauf der Welt.

“Der Wolf grinste nur noch breiter, so zufrieden war er mit den Entscheidungen der Ältesten und Richter. Doch einer war noch über und zu dem gingen sie nun. Der letzte Richter war ein alter Bauer. Auch er hörte sich die ganze Geschichte in aller Ruhe an, so wie ein guter Richter es machen sollte. Dann sagte er: ‘Wolf, du bist doch viel zu groß, dass du unter den Mantel der gütigen Dame passt. Sieh dir an, wie zart und klein sie ist. Da ist doch was faul!’
Der Wolf war ganz empört über solche Zweifel und machte eilig vor, dass er doch unter den Mantel passte. Darauf hatte der Bauer nur gewartet und er griff den Mantel und zog ihn zusammen wie einen Sack. Den band er geschwind mit einem Seil zu, nahm sich seine Hacke für die Feldarbeit und prügelte auf den Wolf im Sack ein bis der fast am Ende war mit seinem Leben.
Das konnte sich die gütige Dame kaum mit ansehen und so bat sie den Bauern, doch damit aufzuhören. Und so gerade eben bevor der Wolf sein Leben aushauchen musste, hörte er auch auf und ließ den Wolf heraus.”

“Doch genau da kam die Frau des Bauern angelaufen, mit Tränen auf den Wangen. SIe zeigte auf den Wolf und rief: ‘Der da, der hat unseren kleinen Enkelsohn aufgefressen! Der ist ein Wolf und hat unseren lieben Enkel einfach gerissen!’
Und da sah die gütige Dame auf den Wolf und sah ihren eigenen Fehler. Sie nahm die Hacke vom Bauern in die Hand und prügelte den Wolf tot, ein für alle Mal. Und das ist das beste Ende der Geschichte.”

Stille hielt Einzug, für ein paar Augenblicke lang. Dann gab es Gemurmel und hier und da ein paar gewisperte Fragen, von den Jüngeren an die Älteren. Jemand hatte eine alte Leier und begann nun, auf ihr zu spielen und die alte Frau, die ihre Schuldigkeit getan hatte, bekam eine kugelige Pfeife, die sie mit beiden Händen packte, um genüßlich daran zu ziehen.
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Benjamin
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Als die Erzählerin geendet hat hören nahestehende den Jüngling etwas murmeln, aber nur die die ganz genau zuhören verstehen was er sagt. „Der einzige Weg ein Geschwür zu entfernen ist das Messer.“

Was auch immer er gesagt haben mag die Geschichte scheint ihn auf jeden Fall erreicht zu haben, getroffen würde so mancher gar sagen. So sitzt er da, und bewegt sich nicht als um ihn herum Geschäftigkeit ausbricht. Eine kleine Insel der Apathie im Chaos. Den Schaal hat er wohl irgendwann während der Geschichte ausgezogen und in Feuernähe gehangen um ihn zu trocknen.

Als man schon fast denkt er wäre erfroren, so still sitzt er da, da kommt wieder Bewegung in den jungen Körper. Seinem Körperbau und seiner Wendigkeit zu urteilen ist er bestimmt ein Akrobat. Seine Umgebung aufnehmend bewegt er sich ohne große Aufmerksamkeit zu erregen auf die Alte Vettel zu.

„Verzeiht Ich suche die Signora“ erklärt er sich „besteht die Möglichkeit, dass ihr mir weiterhelfen könnt?“ ein breites Grinsen folgt noch seinen Worten so als hätte er etwas verbotenes aber gerade deswegen lohnendes vor.
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Signora Achilla
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

Es war merkwürdig - doch es war wohl genau dieser Gesichtsausdruck von Benjamin, der ihm weiter half. Wer an den Platz der Wunder kam und eine “Signora” suchte - oder auch eine “Signorita” - der hatte eben etwas bestimmtes im Sinn. Und auch in dieser Runde gab es sicher die eine oder andere, die dem ältesten Gewerbe der Welt nachging und ihren Schnitt dabei machte.
Und eben das war wohl auch die Besonderheit: Dass Benjamin so fragte, obwohl er die Damen - und gewiss auch einen hübschen Jungen oder zwei - vor sich sah. Vielleicht hatte er auch einfach genau auf den Punkt getroffen, mit der Art, wie er diese Frage nach der Signora stellte.

Der Mann, mit dem er da gesprochen hatte, hob eine Hand halb vor das Gesicht als würde er eine Maske aufsetzen oder eine abziehen. “Sie wird versuchen, trocken zu bleiben wie wir alle”, sagte er und nickte an der Runde vorbei zu einem der Winkel dahinter. Ein paar blakende Talglichter wiesen den Weg während man es sich am Feuer wohl wieder mit Musik gemütlich zu machen versuchte.
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

"Habt dank Signore. Mögen eure Lieder fröhlich und eure Bäuche reich gefüllt sein." er verneigt sich zwinkert dem Mann noch einmal zu und schlüpft ohne viel weiteres Aufsehen zu erregen in Richtung des Winkels. Mit der Fingerfertigkeit eines Scharlatan aus den Geschichten von Tausend und einer Nacht lässt er dem Mann noch etwas in seinen Mantel gleiten. Etwas später würde dieser einen Dukaten, oder auch Florentiner Gulden genannt, in seiner Tasche finden. Genug Geld für drei Schweine oder Schafe die ihn und einige andere durch den Winter bis zur nächsten Vorstellung bringen würden. Doch wer würde diesen schelmisch grinsenden Jungen schon mit so etwas in Verbindung bringen?

Benjamin geht derweil den von den Talglichter wirklich erbärmlich ausgeleuchteten Weg entlang und schaut sich nach einem Eingang oder ähnlichem um. Wer ihn genau beobachtet bemerkt, dass etwas von der gerade noch gezeigten Fröhlichkeit verschwunden und einer konzentrierten Wachsamkeit gewichen ist. Natürlich, er wusste zu wem er wollte, aber wer konnte schon genau sagen wer in diesen Zeiten mit wem Geschäfte machte. Er hat Ideen, wieso sollte er annehmen schlauer als die Menschen zu sein welche er die letzte Zeit verfolgt hat?
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Signora Achilla
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

Es waren nur ein paar Schritte, um den Karren her, an der Rückwand einer Bretterbude vorbei, in eine Nische am Rande des Hofs, die wohl in Wahrheit mehr eine Gasse war. Verwinkelt war es, verbaut und voller Menschen, die trockene und warme Flecken für sich gesucht hatten. Claviculas Armut bleckte ihre Zähne, hier am Rand des Platzes der Wunder.

Die Signora - oder jedenfalls eine Signora - saß in einer weiten Fensterhöhle, bei der es nicht für Fensterläden oder sonst etwas gereicht hatte, so dass die Feuchtigkeit ins Innere kroch. Auch dort schliefen wohl Leute, aber drei Gestalten waren wach und um sie her. Bei einem kostbaren, hellen Kerzenlicht saßen sie in Hörweite von Musik und Geschichten und nähten oder spannen.
Alle drei schienen zu den Fahrenden zu gehören, der Art der Kleider nach, mit den bestickten Kopftüchern und dem geschnitzten Holzschmuck, den sie trugen. Die eine, die Benjamin wohl suchte, trug auch eine Maske aus leichtem Holz und Stoff. Sie war braun und schwarz, doch mit noch recht frischer Kalkfarbe hatte jemand zierliche Eisblumen darüber gemalt. Die Zier würde wohl nicht viel von der Nässe aushalten, doch für jetzt schien das Weiß im Kerzenschein am allerhellsten hervor. Alle drei Frauen sahen von ihrer Arbeit auf als Benjamin heran kam.
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Dem jungen Mann scheint die Armut nichts auszumachen es sieht im Gengeteil eher danach aus, als ob er sie nicht wahrnehmen würde. Entweder er hatte schon deutlich schlimmeres gesehen oder war ebenfalls in einer dieser Gassen geboren worden. Obwohl die beiden sich noch nie offiziell begegnet waren hält er zielstrebig auf die Dame mit der Maske zu. Die um sie herum sitzenden Frauen mit einem Nicken, einem Lächeln und einem extra überspitzt klingenden "Die Damen, Ich hoffe Ich komme nicht ungelegen."

"Die Nacht zum Gruße Achilla, Ich bin Benjmain." er verneigt sich, wobei seine Haltung an einen leichten Hofknicks erinnert. "Können wir reden?" ein kurzes Huschen mit den Augen verrät, dass er sich über den Wissenstand der Anwesenden Weiber nicht im klaren ist.
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Signora Achilla
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Re: [1037] Kabale und Liebe [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

Achilla legte langsam das Flechtwerk nieder, an dem sie gearbeitet hatte, und sah sich Benjamin an. Sie musste ein wenig steif und umständlich von ihrem Sitz auf dem Fenstersims herunter klettern, doch dann stand sie mit ihm auf einer Höhe und im Straßenschlamm.
“Es ist eine dunkle und klamme Nacht, so dass wohl jeder eine Gesellschaft sucht”, sagte sie. “Und die meine, die ist wohl zu haben.” Es klang ein wenig verschmitzt, ein wenig nach süßer Verlockung und dem Versprechen auf ein warmes Lager irgendwo. Die beiden anderen Frauen behielten da ihre Zunge wohl einfach im Zaum und kümmerten sich um ihre Arbeit solange das Kerzenlicht noch reichte.

Und so machte die Signora einen gezierten, kleinen Knicks und würde sich bei Benjamin unterhaken, ganz wie so manch andere Signora in dieser Ecke es wohl mit dem einen oder anderen Herren tat.
“Es lässt sich sicher eine stille Ecke für uns finden”, bemerkte sie und lud damit ein in das Gassengewirr von Clavicula.
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